Samstag, 22. November 2014

Gott gegenüber laut werden hl

Losung: Wenn ich rufe zu dir, HERR, mein Fels, so schweige doch nicht. Psalm 28,1

Lehrtext: Die Blinden schrien: Ach Herr, du Sohn Davids, erbarme dich unser! Aber das Volk fuhr sie an, dass sie schweigen sollten. Doch sie schrien noch viel mehr. Matthäus 20,30-31

Liebe Leserin, lieber Leser,

manchmal reicht es nicht, einfach nur stumm zu beten. Manchmal muss man Gott gegenüber auch laut werden. Ich hoffe weder für dich noch für mich, dass wir in eine Situation kommen, in der wir zu ihm schreien müssen wie die Blinden von Jericho. Aber ich weiß von Menschen, die waren so verzweifelt, dass sie nur noch schreien konnten.
Ich will mal ganz vorsichtig fragen, ob nicht vielleicht schon im Schrei zu Gott eine erste kleine Hilfe steckt. Jedenfalls stelle ich es mir noch schlimmer vor, im tiefsten Leid zu verstummen. Dann wäre ich wohl total einsam mit mir und meiner Verzweiflung. So aber gibt es immer noch eine Beziehung zwischen ihm und mir, immer noch eine letzte Hoffnung, dass er meinen Schrei nicht überhört.
Ganz böse wird es, wenn andere den Verzweiflungsschrei eines Menschen ersticken möchten wie die Leute von Jericho den Schrei der beiden Blinden. Wer im Krankenhaus oder im Mietshaus in seinem Leid laut schreit, gilt schnell als Störenfried. Da ist dann die Beruhigungsspritze nicht weit. Gut, man möchte andere nicht beunruhigen. Aber ist es das, was Menschen wirklich hilft?
Warum haben die Blinden so geschrien? Weil sie in Jesus ihre letzte Chance gesehen haben. Die Blinden haben die Chance gesehen. Die Sehenden aber waren blind. Und wie ging die Geschichte weiter? Jesus, der den Blinden geholfen hat, wurde bald darauf von den Sehenden gekreuzigt. Dort hat er in seiner größten Not laut zu Gott geschrien. Er ließ es nicht bei einem geflüsterten Gebet bewenden. Er schrie so laut, dass nicht nur der Vorhang im Tempel zerriss, sondern auch Gottes Vaterherz. Aber der Bibel zufolge gab es keinen anderen Weg, die Macht des Bösen und des Todes zu brechen als diesen. Nur sein in Ohnmacht und Liebe hingenommenes Leid hatte dazu die Kraft. 
Heute dürfen wir die Schreie der Leidenden nicht überhören noch ersticken. Es ist unsere Christenpflicht, alles Erdenkliche zu tun, um ihnen zu helfen. Leid, das von Menschen verursacht wird, darf man nicht einfach hinnehmen, sondern muss es bekämpfen; vielleicht nicht mit Waffen, aber doch mit allem, was Gott uns an Herz, Verstand und Mitteln gegeben hat. Manchmal reicht es nicht, einfach nur stumm zu beten. Manchmal muss man Gott und den Menschen gegenüber auch laut werden.

Gebet aus dem Buch der Psalmen:  Herr, mein Gott, du allein kannst mir noch helfen! Tag und Nacht schreie ich zu dir! Höre mein Gebet, vernimm mein Flehen! Amen. (Psalm 88,2.3)

Herzliche Grüße

Hans Löhr 

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