Donnerstag, 20. August 2015

Das Geheimnis der Taufe hl

Losung: Fürwahr, du bist ein verborgener Gott, du Gott Israels, der Heiland. Jesaja 45,15

Lehrtext: Jesus sprach: Der Menschensohn wird überantwortet werden den Heiden, und er wird verspottet und misshandelt und angespien werden, und sie werden ihn geißeln und töten; und am dritten Tage wird er auferstehen. Die Zwölf aber begriffen nichts davon, und der Sinn der Rede war ihnen verborgen. Lukas 18,32-34

Liebe Leserin, lieber Leser,

heute kreist unser gemeinsames Nachdenken über die Bibel um eines der größten Geheimnisse des Glaubens, um den Grund und Abgrund von Theologie:
Wo war Gott, als Jesus gequält, gekreuzigt und umgebracht wurde? Hatte er sich in irgend einen fernen Himmel zurückgezogen? Hat er sich in dunklen Wolken verborgen?

unauflöslich, unzertrennlich, unwiderruflich

Die Antwort ist ungeheuerlich und für Muslime, Juden, Buddhisten oder Ungläubige, ja selbst für viele Christen nicht nachzuvollziehen: Er selbst war der Gekreuzigte. Er litt in und mit seinem Sohn. Er starb durch die Grausamkeit der Menschen, die er doch geschaffen hatte. Er wehrte sich nicht, sondern liebte. Er strafte nicht, sondern vergab. So ist Gott gestorben! - - - So und nur so hat er aber auch den Tod und die Macht der Finsternis besiegt. Ja, das ist paradox, widersinnig. Da kommt man im Denken nicht mehr mit. Aber gerade im Leiden und Sterben Jesu war Gott mit ihm auf das Engste verbunden: unauflöslich, unzertrennlich, unwiderruflich.
Wenn du dich in Leid und Not, in deinen seelischen und körperlichen Schmerzen fragst, wo denn jetzt Gott ist, auch dann heißt die Antwort: bei dir. Vielleicht verstehst du das nicht. Vielleicht spürst du das nicht. Und trotzdem, es ist so.

Gott im Flüchtlingsboot…

Er sitzt auch im Boot bei den Flüchtlingen im Mittelmeer. Er leidet in den geheimen Folterkellern. Er sitzt in den Todeszellen. Er ist bei den Krebspatienten und bei den Menschen mit Demenz im Pflegeheim. Selbst bei den misshandelten Kindern... Wie soll man das begreifen? Ich kann das nicht.
Freilich rettet Gott auch immer wieder aus allen diesen Schrecken. Aber dann rettet er auch wieder nicht, dann stirbt Jesus, dann gehen die Boote unter, dann leiden Gefangene unter den Qualen der Folter, dann werden die zum Tod Verurteilten getötet, dann sterben Krebspatienten, Menschen mit Demenz kehren daraus nicht mehr zurück, und die misshandelten Kinder bleiben geschädigt ihr Leben lang. So ist die dunkle Seite der Wirklichkeit. Wir alle wissen das, doch niemand weiß warum.
Manche sagen, einen solchen Gott, der das zulässt, wollen wir nicht und brauchen wir nicht. Aber welchen dann? Würde denn ein anderer Gott nützen oder keiner?
Mein Problem ist jetzt, dass ich etwas nahezu Unsagbares in Worte fassen muss. Deshalb geht es mir nun nicht darum, mit Argumenten einen Zweifelenden zu überzeugen, sondern einen Glaubenden zu stärken, ja mich meines eigenen Glaubens zu vergewissern. Da hilft es nichts, wenn ich mir selbst etwas ausdenke. Da muss und will ich mich an der Bibel festhalten, am Wort Gottes.

Das Geheimnis der Taufe

Und so sage ich nun in Übereinstimmung mit dem Apostel Paulus (Römer 6) von dir und von mir, was ich weiter oben von Jesus gesagt habe: In der Taufe wurden wir mit diesem Jesus, mit seinem Leiden und Sterben auf das Engste verbunden: Unauflöslich, unzertrennlich, unwiderruflich. In der Taufe sind wir seinen Tod mit ihm gestorben, im Taufwasser ‚ertrunken‘. In der Taufe wurden wir aus diesem Element des Todes herausgezogen, gerettet in ein neues Leben hier und jetzt und ins ewige Leben: »Denn wenn wir mit Jesus verbunden und ihm gleich geworden sind in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein (Paulus: Römer 6, 5) .«
Das alles ändert nichts daran, dass – und jetzt spreche ich von mir, weil ich dich nicht vereinnahmen will –, dass ich, der ich glaube, die dunkle Seite der Wirklichkeit erleide wie alle anderen auch: Angst, Schmerzen, Leid, Sterben und Tod. Aber ich erleide dies als Getaufter, der in alledem mit Jesus und durch ihn mit Gott auf das Engste verbunden ist und bleibt. Dazu musste ich nichts tun. Doch damit das für mich Wirklichkeit wird, vertraue ich darauf, dass es so ist, wie die Bibel sagt.

Mit Kreide auf den Tisch geschrieben

Ob mir das einmal helfen wird, wenn ich in Todesangst bin? Wenn es mit mir zu Ende geht? Ich weiß es nicht. Als Martin Luther nicht mehr wusste, was er noch glauben sollte, hat er mit Kreide auf den Tisch geschrieben „Ich bin getauft!“. Das, so heißt es, habe ihm geholfen, am Glauben festzuhalten.
Ja, Gott mag dir manchmal verborgen sein. Aber dann hat er sich nicht in einen fernen Himmel zurückgezogen, sondern sich ‚eingewickelt‘ in deiner Angst, in deiner Not, in deinem Leid. Da wirst du ihn finden als deinen ‚Heiland‘ (Losung), deinen Retter und Erlöser. Er bleibt bei dir, was auch immer mit dir geschieht. Das glaube ich.

Gebet: Herr, das Leben kann so schön sein. Warum kann es nicht so bleiben? Warum hat es auch seine dunkle, grausame Seite? Es geschehen so viele Dinge, die ich nicht verstehe. Aber ich hoffe, dass du verstehst, was geschieht. Du bist nicht nur ein Gott für die guten Zeiten. Du bist in Jesus in die tiefsten Tiefen des Leids hinabgestiegen, um auch denen nahe zu sein, die abgestürzt sind. Auch da bist du bei mir. Auch auf der Schattenseite des Lebens bist du mein Licht. Halte du auch dann an mir fest, wenn ich nicht mehr die Kraft habe, an dir festzuhalten. Amen

Herzliche Grüße
Ihr / dein Hans Löhr

1 Kommentar:

  1. „So ist Gott gestorben!“ „Ja, das ist paradox, widersinnig. Da kommt man im Denken nicht mehr mit.“

    So ist es. Ich komme, oder besser, ich gehe da nicht mehr mit. Rechnen Sie und die Theologen, die das vertreten, eigentlich mit der Möglichkeit, dass diese Idee so falsch und widersinnig klingt, weil sie wirklich falsch ist? Laut Bibel hat Jesus am Kreuz noch mit Gott, dem Vater, gesprochen. „Warum hast Du mich verlassen?“ „Ich befehle meinen Geist in deine Hände.“ Waren das Selbstgespräche? Und war Gott hinterher wirklich für zwei Tage tot?

    Die Dreieinigkeitsvorstellung ist eine sehr bemühte Konstruktion. Obwohl ich die Gottesbilder der Juden und der Muslime geradliniger und logischer finde, halte ich mich dennoch so weit wie möglich loyal. Wenn die Dreieinigkeit aber dann noch in weitergehende Gedanken eingebaut wird und, wie hier, letztlich dazu benutzt wird, Gott für tot zu erklären, bin ich raus.

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