Sonntag, 28. Januar 2018

Alles im Leben dient einem bestimmten Zweck hl

Gastpredigt im G plus-Gottesdienst in Wendelstein 

Liebe Freunde in Wendelstein,

„Alles im Leben dient einem bestimmten Zweck“. Über diesen Satz will ich heute mit Euch gemeinsam nachdenken. Manchmal kann man den Zweck glasklar erkennen. Wenn du auf Deine Kinder oder Enkel schaust, dann weißt Du, welchem Zweck Deine Ehe gedient hat, auch wenn sie noch andere Dimensionen hat. Aber damals, als Du geheiratet hast, konntest Du noch nicht wissen, welche und wie viele Kinder und Enkelkinder Du haben würdest.
Und so ist es auch mit anderen Dingen. Oft wissen wir nicht, welchem Zweck dieses oder jenes Ereignis dient, das uns widerfährt, sei es etwas Gutes oder etwas Schlimmes. Eine bestandene Prüfung zum Beispiel, welchem Zweck wird sie dienen? Welche Türen im Leben werden dadurch geöffnet? Oder eine Krankheit. Wer sucht sie sich schon aus? Auch sie dient einem Zweck. Nur weißt Du das in der Regel nicht, wenn Du gerade krank bist. Oft kann man den Zweck dessen, was einem widerfährt, erst im Nachhinein erkennen. Und manchmal wird man den Zweck einer Sache nie erfahren.
Uns fehlt einfach der Überblick über unser gesamtes Leben. Wir können nur das sehen, was hinter uns liegt. Aber nicht das, was noch alles auf uns zukommen wird. Wenn wir das wüssten, wüssten wir, wozu dieses oder jenes führt, das heute geschieht. Aber bei Lichte besehen ist es auch ganz gut, dass wir das nicht wissen. Wer von uns will schon wissen, wann und wie er sterben wird? Wüssten wir es, könnten wir womöglich heute nicht mehr unbeschwert leben.
Aus der Bibel erfahren wir, dass Gott den Überblick hat, mehr noch, dass er jeden Tag unseres Lebens kennt, auch den letzten. Alle sind sie, so heißt es im Psalm 139, in seinem Buch aufgeschrieben. Und Jesus sagt: »Fürchtet Euch nicht, macht Euch keine Sorgen um die Zukunft, selbst die Haare auf Eurem Kopf sind gezählt.« Damit sagt er, dass Gott alles, was mich betrifft bewusst ist. Was auch immer mit mir geschieht, wie auch immer ich mich fühle, er weiß es. Er hat gute Absichten mit mir und ebenso mit dir. Und was uns widerfährt, muss dazu dienen, diesen Plan zu erfüllen. Auch die negativen und bösen Dinge in unserem Leben können ihn nicht daran hindern, seinen guten Plan für uns auszuführen. Auch meine eigene Sünde und Schuld hält ihn davon nicht ab. Auch deshalb vergibt er uns, damit wir uns in diesem Leben nicht verlieren, sondern weiterkommen auf dem Weg zu ihm.
Das alles sagt sich leicht in einer Predigt. Doch im Alltag kannst du das nicht so ohne weiteres annehmen. Ist es denn wirklich so, dass auch die negativen Dinge, die Du erlebst, dazu dienen, dass Gott seinen guten Plan mit Dir erfüllen kann? Eine schwere Enttäuschung, eine Scheidung, eine Krankheit, chronische Schmerzen, berufliche oder finanzielle Probleme - dient das alles einem guten Zweck? Ist es wirklich so, dass das alles für uns geschieht und nicht gegen uns?
Die Antwort darauf hängt wohl davon ab, welche Möglichkeiten ich Gott zutraue. Glaube ich denn, dass Gott wirklich Gott ist und dass er alles bestimmt, was jemals geschehen ist, jetzt geschieht und geschehen wird? Oder weise ich Gott nur einen kleinen Bereich in meinem Leben zu, wo er bestimmen darf? Vielleicht lasse ich ihn nur am Sonntag zwischen zehn und elf in mein Leben. Vielleicht nur dann, wenn ich ihn mal schnell brauche. Doch sonst treffe ich die meisten Entscheidungen ohne ihn und lebe auf eigene Faust, ohne nach seinem Willen zu fragen.
Wenn das so ist, dann bin ich es, der mit seinem Kleinglauben den Einfluss Gottes aufs eigene Leben begrenzt. Dann beschneide ich Gott in seinen Möglichkeiten und hindere ihn daran, in jedem Augenblick meines Lebens für mich da zu sein. Es ist mein Glaube, durch den Gott für mich entweder groß oder klein ist, bedeutend oder unbedeutend, wirksam oder unwirksam. Begrenze ich Gott nur auf die guten Dinge in meinem Leben oder glaube ich, dass er auch der bösen Dinge Herr wird und auch sie ihm dazu dienen müssen, dass schließlich alles gut wird? Bin ich bereit, ihm zu vertrauen, auch wenn ich manches nicht verstehe?
Gestern auf dem Friedhof stand eine Mutter am Grab ihres Kindes, das vor ein paar Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Der Schmerz brennt noch immer in ihr. Sie kann es noch immer nicht richtig glauben, dass ihre Tochter nicht mehr wiederkommt. Dient auch dieser Todesfall einem guten Zweck? Als Mensch muss ich sagen: Nein. Dieser Tod war einfach nur sinnlos. Er hat Menschen tiefes Leid zugefügt. Was soll daran gut sein? Und was an dem furchtbaren Terroranschlag gestern in Kabul, der 95 Menschen das Leben kostete?
Wie bringe ich das mit Gott zusammen? Ich kann ihm das Leid dieser Mutter und das Leid vieler anderer Menschen nur klagen und ihm sagen: „Herr, ich verstehe das alles nicht. Wozu das alles?“ Und dann stehe ich wieder vor einem Kruzifix und sehe den leidenden und sterbenden Christus. Wie bringe ich das mit Gott zusammen? Muss ich darauf unbedingt eine eigene Antwort finden? Selbst das Zentrum meines Glaubens, das Kreuz Jesu, werde ich in seiner ganzen Tiefe und Tragweite nie ganz verstehen. Ich kann es aber für mich annehmen und in dem sterbenden Jesus meinen Herrn erkennen und seine Liebe zu mir.
Manchmal, wenn ich über das alles nachdenke, sage ich zu mir: ‚Hans, Du willst wissen, wozu das Böse und das Leid gut sein soll? Weißt Du denn nicht, dass zum Leben alles gehört, Gutes und Böses, Glück und Unglück? Zur Gesundheit gehört die Krankheit. Zum Glück der Zweisamkeit der Verlust des Partners. Zur Freude das Leid. Ein anderes Leben gibt es nicht. Und ist bei allem, was Du als negativ und böse erlebst, das Leben nicht doch besser als der Tod? Und hat nicht manche schlechte Erfahrung Dich weitergebracht, stärker und reifer gemacht? Und hat nicht Gott auch manche Schuld in Segen gewandelt? Hüte dich also davor, alles, was dir schwarz erscheint, aus deinem Leben verbannen zu wollen. Halte die Kontraste und Spannungen aus, sonst machst du vieles nur noch schlimmer.‘ So sage ich zu mir.
Aber jeder wird auf solche Fragen seine eigene Antwort geben. Ich meine, zum Leben gehört alles, Licht und Finsternis. Und jeder von uns empfängt es ganz mit seinen guten und mit seinen leidvollen Seiten. Wir hängen doch trotzdem am Leben oder gerade deshalb, weil uns großes Leid lehrt, die kleinen Freuden zu schätzen und weil die Freude weiß, dass es sie ohne Schmerz nicht geben kann. Wir hängen doch gerade deshalb so am Leben, weil der Tod auf uns wartet und darum jeden Tag kostbar macht.
So ist es wohl. Jedenfalls für mich. Und trotzdem werde ich vieles, was mir und anderen widerfährt, nicht verstehen. Das muss ich auch nicht. Es soll mir reichen, dass Gott es versteht, dass er weiß, was er will und tut. Denn was schließlich und endlich gut ist, das bestimme nicht ich. Das bestimmt er. Ich werde ihm nicht vorschreiben, was er zu tun und zu lassen hat. Stattdessen will ich ihm vertrauen und sagen:
„Herr, Du meinst es gut mit mir. Das gilt auch dann noch, wenn böse Tage kommen. Umso mehr verlasse ich mich auf Dich, weil nur Du mein Unglück wenden kannst. Und wenn es nicht geschieht, wenn Leid und Schmerzen nicht weichen wollen, sollen sie mich nur umso mehr zu Dir bringen, damit ich erfahre, wie Du mich in allem hältst und trägst. Aber solange es mir gut geht, will ich dich loben und preisen.“
Ja, Freunde, wenn es mir gut geht und alles normal ist, frage ich nicht: warum ich? Das nehme ich dann als selbstverständlich hin. Aber was versteht sich schon von selbst? Alles im Leben dient einem bestimmten Zweck. Nichts von allem, was geschieht, geschieht gegen mich, sondern muss dazu beitragen, dass der gute Plan erfüllt wird, den Gott für mich von Anbeginn an hat. Solange ich das glaube, kann ich auch das Leid leichter annehmen, das mir widerfährt. Doch auch im Glück und in der Freude, will ich ihn nicht vergessen, sondern nur umso besser erkennen, was wir, aufs Ganze gesehen, für einen wunderbaren Gott haben. Amen 
Hans Löhr

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 Hans Löhr / Sommersdorf 5 / 91595 Burgoberbach

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