Donnerstag, 31. Mai 2018

Der Faustgruß (Fist Bump) hl

​​Losung: Ich weiß, dass der HERR des Elenden Sache führen und den Armen Recht schaffen wird. Psalm 140,13 

LehrtextSelig seid ihr Armen; denn das Reich Gottes ist euer. Lukas 6,20

Liebe Leserin, lieber Leser,

gestern bin ich über eine große Fußgängerbrücke gelaufen, auf der ein vielleicht 40-jähriger, beinamputierter Mann im Rollstuhl saß und bettelte. Ich dachte mir: Nein, dem gebe ich jetzt nichts. Der ist in unserem Sozialstaat, nicht zuletzt auch durch meine Steuern, so gut abgesichert, dass er leben kann und medizinisch versorgt wird. Ich hab dann die Passanten beobachtet, die ihn erst aus dem Augenwinkel anschauten und dann gleich woanders hinblickten. Doch hin und wieder hat er auch etwas bekommen. Ich ging weiter und wusste nicht so recht, ob ich mich jetzt richtig verhalten hatte oder nicht.
     Auf dem Rückweg war er immer noch da. Ich ging nahe an ihm vorbei, schaute ihm in die Augen und lächelte. Doch es war offensichtlich, dass er von mir nichts bekommen würde. Da lächelte er zurück und  hielt mir seine Faust zum Faustcheck hin, so wie der ehemalige US Präsident Obama seine Anhänger und Freunde lässig begrüßt. Ich nahm an und wir stießen die Faust zusammen. Was er dabei dachte, weiß ich nicht. Mir jedenfalls ging es gut damit. Und ich hatte beim Weitergehen kein schlechtes Gewissen, dass ich ihm kein Geld gegeben hatte.
     Und nun zur heutigen Losung. Wissen wir das wirklich, was da steht? Ist es so, dass Gott sich für die Sache der Elenden einsetzt und den Armen zu ihrem Recht verhilft?
Ich denke, die Antwort hängt davon ab, was ich Gott zutraue. Ist er die „alles bestimmende Wirklichkeit“? Oder gibt es Bereiche in Raum und Zeit, in denen er nicht bestimmt. Ich jedenfalls traue Gott zu, dass er in der Tat alles bestimmt, auch wenn mir das manchmal vielleicht nicht einleuchtet oder ich einfach nicht verstehe, was er auch mit den schrecklichen Dingen zu tun hat, die auf dieser Erde passieren. 
     Ja, was unser Land betrifft, ist es so, dass über die sozialen Absicherungen auch die Elenden ein Existenzminimum haben und vor Gericht in aller Regel auch den Armen Recht zuteil wird. Ja, Gott hat auch damit zu tun, dass es bei uns zur Zeit einen sozialen Rechtsstaat gibt, der auch den Mittellosen zugute kommt. Natürlich meinen viele, sich das auf ihre Fahnen schreiben zu müssen, auf die Fahnen der Parteien und Gewerkschaften und was es sonst noch für Fahnen gibt. Doch ich glaube, dass Gott auch solche Menschen in seinen Dienst nimmt, um anderen zu helfen, selbst wenn ihnen das nicht bewusst ist oder sie von ihm nichts wissen (wollen). 
     „Ja aber zu anderen Zeiten und in anderen Ländern geht's den Elenden und Armen schlecht.“ So könnte nun ein Einwand lauten. Das ist schon richtig. Aber ich lebe hier und versuche mein Leben jetzt mit Gott zusammen zu bringen, zu glauben und zu vertrauen. Bevor ich immer alle möglichen Einwände vorbringe und das Negativ in den Vordergrund stelle, schau ich doch erst einmal auf das, was gut ist und wofür ich dankbar sein kann. Und da ist es nun mal so, dass ich hier und jetzt in einem Land lebe, wo es auch den Elenden und Armen besser geht als je zuvor. Damit will ich nicht sagen, dass es ihnen gut geht. Ich möchte nicht an ihrer Stelle sein. Und ihre Situation ist nach wie vor verbesserungsbedürftig. 
     Im Lehrtext nennt Jesus die Armen selig, was so viel wie ein Glückwunsch ist. Er konnte das sagen, weil er selbst arm war. Ich traue mich das nicht zu sagen, weil ich nicht arm bin und auch nicht sein will. Denn aus meinem Mund klingt dieser Satz zynisch. Vielleicht hat Jesus damit gemeint, dass die Armen täglich erleben, wie sie ganz und gar von Gott abhängig sind und von denen, die seine Barmherzigkeit an sie weitergeben. Vielleicht ist es wirklich so, dass arme Menschen Gott näher sein können als reiche. Denn materieller Besitz kann schon auch eine Mauer sein, die uns von Gott trennt. Und doch, so meine ich, gibt es einen Unterschied zwischen denen, die freiwillig arm sind wie zum Beispiel bestimmte Mönche und Nonnen und denen, die das gezwungenermaßen sind. Denn wer unter seiner Armut leidet, hat ein Recht darauf, dass ihm von denen geholfen wird, die nicht arm sind. Dieses Recht hat ihm Gott verliehen. Und dieses Recht ist meine Pflicht.

Gebet: Herr, du hast ein Herz für die Armen. Wie könnte ich da zu ihnen herzlos sein? Gib mir einen Blick dafür, wer Not leidet und wer meine Zuwendung braucht. Ich danke dir für alle, denen das Elend und die Armut anderer nicht egal sind und die auf bewundernswerte Weise sich einsetzen und helfen. Amen

Herzliche Grüße

Hans Löhr

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 Hans Löhr / Sommersdorf 5 / 91595 Burgoberbach

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