Mittwoch, 16. Oktober 2019

selbstbestimmt und tierlieb hl

Losung: Haltet mich nicht auf, denn der HERR hat Gnade zu meiner Reise gegeben. 1.Mose 24,56

Lehrtext: Jesus sah einen Menschen am Zoll sitzen, der hieß Matthäus; und er sprach zu ihm: Folge mir! Und er stand auf und folgte ihm. Matthäus 9,9

Liebe Leserin, lieber Leser,

die heutige Losung kommt aus der schönen Geschichte, wie der älteste Knecht Abrahams in die weit entfernte, alte Heimat seines Herrn ziehen muss, um dort dessen Sohn Isaak eine Frau zu suchen. Als er endlich in Mesopotamien, an der Stadt Nahors, angekommen war, ließ er am Brunnen seine Kamele lagern. Zu dieser Tageszeit kamen die jungen Frauen aus der Stadt, um Wasser zu schöpfen. Da betete der Knecht, dass ihm die Brautwerbung gelingen möge und sagte, dass er um das Mädchen werben wolle, das nicht nur ihm, sondern auch seinen Tieren zu trinken gäbe. Und so geschah es. Als er die wunderschöne Rebekka ansprach, sagte sie: »Trinke, mein Herr! Und eilends ließ sie den Krug hernieder auf ihre Hand und gab ihm zu trinken. Und als sie ihm zu trinken gegeben hatte, sprach sie: Ich will deinen Kamelen auch schöpfen, bis sie alle genug getrunken haben. Und eilte und goss den Krug aus in die Tränke und lief abermals zum Brunnen, um zu schöpfen, und schöpfte allen seinen Kamelen.« (1. Mose 24,18-20)
     Der dänische Philosoph und Theologe Søren Aabye Kierkegaard (1813 bis 1855) schrieb zu dieser Szene: »Dass einer Christ geworden, erkennt man daran, dass er – wie Rebekka – handelt: „Ich will nicht bloß dir zu trinken geben, sondern auch deinen Kamelen.“« Dem ist nichts hinzuzufügen.
     Abrahams Knecht erkannte am Verhalten Rebekkas, dass ihm der HERR Gnade zu seiner Reise gegeben hatte. Und so hatte er keinen Grund mehr, noch weiterzusuchen und länger zu bleiben (Losung). Rebekka wurde von ihren Eltern gefragt, ob sie denn auch mit ihm in die Fremde nach Kanaan ziehen wolle, um dort den ihr unbekannten Isaak zu heiraten, und sie stimmte zu.
    Dazu zwei Überlegungen:
     Erstens Barmherzigkeit gegenüber Tieren als Zeichen für Gottes Gnade – die Bibel überrascht mich immer wieder mit solchen wunderbaren Wendungen und zeitlosen Werten. Ich bin zutiefst überzeugt, die Welt wäre menschlicher, wenn die Menschen gegenüber den Tieren barmherziger wären. Und ich denke, dass wir Menschen nur gemeinsam mit den Tieren eine Zukunft haben und darum Tierquälerei letztlich uns selbst schadet. Gegen die Massentierhaltung kann jeder von uns etwas tun, indem er sich überlegt, wie viel Fleisch und Wurst er tatsächlich braucht und wie die Tiere gehalten wurden, die er isst.
     Zweitens Selbstbestimmung eines Mädchens hinsichtlich ihres künftigen Mannes – und das im Orient, wo heute noch immer über Frauen verfügt wird, als seien sie das Eigentum der Väter und Ehemänner. Aber das war bei uns im christlichen Deutschland bis weit ins letzte Jahrhundert zumindest auf dem Land ganz ähnlich. Auch da erstaunt mich die Bibel und zugleich erschreckt es mich, wie weit man in den Jahrhunderten danach wieder hinter sie zurückfallen konnte. Ich bin zutiefst überzeugt, die deutsche Geschichte wäre nicht so überaus grausam verlaufen, wenn die Frauen mehr Rechte gehabt hätten. Dass es nicht so war, hat auch mit dem misogynen Paulus und seinem, in diesem Fall bis heute verhängnisvollen Einfluss auf die Kirche zu tun.
     In der Luther-Übersetzung des Lehrtextes kann der Sinn der beider Bibelworte leicht missverstanden werden. Denn weder in der Losung noch im Lehrtext geht es um Folgsamkeit, um Gehorsam oder Unterordnung, sondern um die freie Entscheidung des Menschen. Rebekka hätte sich gegen die Heirat mit Isaak entscheiden können und Zachäus gegen die Einladung Jesu. Denn genau darum handelt es sich, dass Jesus Menschen einlädt, mit ihm zu leben und sie nicht dazu zwingt. Damals wie heute entscheiden Menschen selbst, ob und wie sie glauben wollen. Und wenn sie das nicht entscheiden dürfen, ist ihr erpresster Glaube nichts wert.

Gebet: Herr, wir brauchen mehr, wir brauchen viele Menschen wie Rebecca, die nicht nur ein Herz für andere, sondern auch für Tiere haben. Und du brauchst viele, die sich freiwillig und gern für den Glauben, für ein Leben mit dir entscheiden. Doch im Grunde kann ich mich gar nicht gegen dich entscheiden, weil du dich von Anbeginn der Welt für mich entschieden hast. Danke für diese gute Botschaft. Ich wünsche mir, dass du sie allen Menschen zuteilwerden lässt. Amen

Herzliche Grüße


Hans Löhr

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