Dienstag, 23. Juni 2020

Gefangen und doch frei hl

Losung: Er sendet seine Rede auf die Erde, sein Wort läuft schnell. Psalm 147,15 

Lehrtext: Paulus: Ich leide für die rettende Botschaft, die ich verkünde. Deswegen hat man mich sogar wie einen Verbrecher ins Gefängnis geworfen. Aber Gottes Wort ist nicht gebunden. 2.Timotheus 2,9 

Liebe Leserin, lieber Leser,

»Gottes Wort ist nicht gebunden« – bei diesem Bibelwort aus dem heutigen Lehrtext fällt mir immer mein väterlicher Lehrer und Freund Pfarrer Karl Steinbauer (1906-1988) ein. Als junger Pfarrer hat er sich von den Nazis nicht einschüchtern lassen und ist ihren Anordnungen nicht nachgekommen, wenn sie mit Gottes Wort und seinem Gewissen nicht vereinbar waren. Unter anderem kam er 1937 nach Weilheim ins Gefängnis. Später war er dann gemeinsam mit Martin Niemöller im KZ Sachsenhausen. Im Krieg wurde er schwer verwundet. Anfang 1945 wurde er auf geradezu wundersame Weise vor dem Kriegsgericht von der Anklage wegen Wehrkraftzersetzung aufgrund seiner Weihnachtspredigt freigesprochen.

Blick aus dem Zellenfenster 

     Als Theologiestudent und Vikar hatte ich viel Kontakt mit ihm und so die Gelegenheit, den Schriftverkehr aus jener Zeit einzusehen. Unter anderem befand sich darunter eine Zeichnung, die er im Gefängnis Weilheim angefertigt hatte: Es ist ein Blick aus seinem Zellenfenster. Ein Blick durch die Gitter auf ein kleines Kirchlein. Unter der Bleistiftzeichnung steht der heutige Lehrtext: »Aber Gottes Wort ist nicht gebunden.«


     Steinbauer befand sich in einer ähnlichen Situation wie Paulus, von dem das Wort stammt. Beide waren inhaftiert, weil sie nach dem biblischen Motto lebten und handelten „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (Apostelgeschichte 5,29). Beide wussten: Den Menschen kann man einsperren. Doch die Botschaft des Evangeliums, die gute Nachricht von Gott nicht. Das hat in der Antike zur Zeit des Paulus nicht funktioniert. Das hat im Nationalsozialismus nicht funktioniert. Das funktioniert auch heute nicht und auch nicht in Zukunft. Man kann Menschen mundtot machen, aber nicht das Evangelium.
     Dass dir und mir heute Gott in Christus begegnet und wir ihm rückhaltlos vertrauen können, diese Botschaft verdanken wir Jesus, aber auch bekannten und unbekannten Menschen vor uns, die dafür mit ihrer Freiheit und manchmal auch mit ihrem Leben bezahlt haben. »Ihr seid teuer erkauft; werdet nicht der Menschen Knechte.« (1. Korinther 7,23)

Gebet: Herr, ich danke dir für die Menschen, die unter Leiden und Gefahren dein Wort gelebt und weitergegeben haben. Ich will nicht vergessen, was es sie gekostet hat und wie viel ihnen deine Botschaft und ihr Glaube wert war. Durch sie habe ich gelernt, dass durch dein Wort auch die Gefangenen im Gefängnis frei sind. Doch dein Wort befreit uns auch aus dem Gefängnis des Streits, der Unversöhnlichkeit, der Gier und der Sucht, aus der Verzweiflung und Angst und schließlich auch aus dem Grab. Amen 

Herzliche Grüße,

Ihr / dein Hans Löhr 

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5 Kommentare:

  1. Vielen Dank für die Auslegung! Irgendwie ist das Datum der gestrigen Auslegung nach oben gerutscht. Bitte überprüfen Sie das und korrigieren Sie es gegebenenfalls. Alles Gute und herzliche Grüße

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  2. Vielen Dank für den Hinweis.

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  3. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  4. Lieber Herr Löhr,
    mit 1. Korinther 7 habe ich so meine Schwierigkeiten. Darüber sollte
    es eine eigene Auslegung geben. Aus welchen Motiven schreibt Paulus
    so. Stellenweise unbarmherzig. Aus dem Zusammenhang kann ich zu Vers. 23 sehr wohl Ja ! sagen. Vielleicht schreiben Sie mal dazu.

    Herzliche Grüße

    Marlis
    sehr

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    1. Liebe Marlis,
      Sie können mir gerne in einer E-Mail schreiben, was genau Sie beschäftigt und womit Sie Ihre Schwierigkeiten haben. Was Paulus in seiner Zeit und Gesellschaft vor 2000 Jahren geschrieben hat, ist kein unumstößliches Gesetz.
      Herzliche Grüße
      Hans Löhr

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