Lichtblickpredigt zum neuen Jahr von Hans
Löhr
Psalm 121 Der
treue Menschenhüter.
Ich hebe
meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe?
Er wird deinen Fuß nicht
gleiten lassen, und der dich behütet, schläft nicht. Siehe, der Hüter
Israels schläft noch schlummert nicht.
Der HERR behütet dich;
der HERR ist dein Schatten über deiner rechten Hand, dass dich des Tages
die Sonne nicht steche noch der Mond des Nachts.
Der HERR behüte dich vor
allem Übel, er behüte deine Seele. Der HERR behüte deinen Ausgang und
Eingang von nun an bis in Ewigkeit!
Liebe
Freunde,
„Ich
hebe meine Augen auf zu den Bergen, woher kommt mir Hilfe?“ Über diesen Satz will
ich heute mit euch nachdenken und mit einem eigenen Erlebnis beginnen:
Endlich hatte ich es geschafft. Am Abend
war unsere kleine Gruppe, die den Kilimandscharo besteigen wollte, an der
letzten Hütte angekommen. Um Mitternacht schon sollte es dann wieder weitergehen
auf den Gipfel des höchsten Berges von Afrika. Aber das konnte ich mir in dem
Augenblick nicht vorstellen. Die letzte Dreiviertelstunde bis zur Kibo-Hütte
auf 4750 m hatte mir noch einmal alles abverlangt. Keuchend und mit zittrigen
Beinen schaute ich zurück auf den Sattel, den wir in den letzten Stunden
durchwandert hatten. Schaute zurück auf vier Tage, die wir nun schon am
Kilimandscharo unterwegs waren. Hinter uns lagen Bergwanderungen in sengender
Sonne und strömendem Regen. Und nachts war es eiskalt. Mal war der Weg leicht,
mal beschwerlich. Und nun also die letzte Etappe. Bei Sonnenaufgang wollten wir
oben sein und hinunterschauen auf Tansania und hinüber nach Kenia.
Aufgeben ist keine Option
Damals an der letzten Hütte fragte ich
mich: Werde ich die letzten zwölfhundert Höhenmeter noch schaffen? Die dünne
Luft hatte mir doch heute schon den ganzen Tag zugesetzt. Wie soll das erst
werden, wenn es noch höher hinauf geht? Hoffentlich werde ich nicht auch noch
höhenkrank wie der junge Chinese neben mir in der Hütte. Aber dann dachte ich
mir: Jetzt hast du es bis hierher geschafft. Jetzt wirst du die letzte Etappe
auch noch schaffen. Aufgeben ist jedenfalls keine Option. Ob ich damals gebetet
habe, weiß ich nicht mehr. Aber als ich dann am nächsten Morgen bei
Sonnenaufgang oben am Kraterrand stand, habe ich gedankt. Das weiß ich noch.
„Ich
hebe meine Augen auf zu den Bergen, woher kommt mir Hilfe?“ So beginnt der Psalm
121. Er war ursprünglich ein Wallfahrtslied. Man nimmt an, dass die Menschen,
die zum Tempel in Jerusalem pilgerten, diesen Psalm gebetet haben, als sie aus
den Ebenen aufbrachen in das Gebirge zum Berg Zion. Vielleicht hatten sie Angst
vor Räubern, die sich im Gebirge versteckt hielten, oder vor wilden Tieren, vor
Stürmen, vor reißenden Bächen oder vor einem plötzlichen Wintereinbruch. Und so
fragten sie sich: Woher kommt mir Hilfe?
Ich
hebe meine Augen auf zu den Bergen, die vor mir liegen im neuen Jahr. Woher
kommt mir Hilfe? Ich schaue auf zu meinen ganz persönlichen Bergen und zu den
Problembergen dieser Welt. Welche anstrengenden Wegstrecken werden auf mich
warten? Welche Sorgenberge mich bedrücken? Werde ich sie erklimmen oder werde
ich an ihnen scheitern?
Rückschau und Vorschau
Ich
schaue zurück auf die Berge des Jahres 2019, die hinter mir, die hinter dir,
die hinter uns allen liegen. Der eine oder andere Berg ist noch nicht
bezwungen. Mit ihm plagen wir uns auch im neuen Jahr ab. Aber da waren auch
Berge, die uns unübersteigbar schienen und die nun doch hinter uns liegen. Dafür
können wir heute dankbar sein. Die Herausforderungen türmten sich
zweitweise auf wie ein Gebirge, doch jetzt liegen sie hinter uns.
In
der Rückschau war dann manches doch nicht so schwer, wie es zunächst schien. Nun
schauen wir voraus auf die Berge des Jahres 2020. Noch sind sie eingehüllt im Nebel
der Zukunft. Aber wir wissen, dass sie auf uns warten. Und so fragen wir uns an
der Schwelle zum neuen Jahr wie jene Pilger nach Jerusalem: „Woher kommt mir
Hilfe?“ Und wir antworten mit ihnen: „Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel
und Erde gemacht hat.“
Ganz
ähnlich haben wir vorhin zu Beginn des Gottesdienstes gesprochen. Ich habe mit Vers
acht aus Psalm 124 begonnen: „Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn…“ und ihr
habt geantwortet: „…der Himmel und Erde gemacht hat“.
Aber
jetzt mal ehrlich: Nimmst du da den Mund nicht etwas zu voll, wenn du so sprichst?
Kannst du wirklich ohne rot zu werden sagen: „Mir hilft Gott, der Himmel und Erde
gemacht hat?“ Das klingt doch arg vollmundig und unbescheiden. Nun, das mag
schon sein. Aber das soll dich nicht kümmern. Ich hoffe sehr, dass du in diesem
Fall so unbescheiden, bist und das voll Überzeugung sagst. Oder hast du das nur
aus Gewohnheit so vor dich hingesagt und glaubst es gar nicht?
Mein
Eindruck ist, dass viele Christen das nicht wirklich glauben. Sie sagen das
zwar mit dem Mund, glauben aber nicht mit dem Herzen, dass ihnen der Schöpfer
der Welt hilft.
Wenn wir doch so glauben würden!
Ach,
liebe Freunde, wenn wir doch wirklich so glauben würden! Müsste dann nicht jede
Furcht, jede Sorgen und jede Angst überwunden sein? Denn wer den Allmächtigen auf
seiner Seite hat, was soll der noch fürchten? Worüber soll der sich noch Sorgen
machen? Wovor soll der noch Angst haben? Etwa vor einem anderen Menschen oder
vor einem Teufel oder gar dem Tod? Sind die etwa mächtiger als der Schöpfer der
Welt? Sind jene bedrohlichen Mächte mächtiger als der, der auch dich gemacht
hat, weil er es wollte? Und der dich darum liebt, weil du sein Kind bist? Nein,
das sind sie nicht. Wer auch sollte mächtiger sein als unser Gott?
Denke
jetzt mal in der Stille ein paar Augenblicke darüber nach …..
Niemand
ist mächtiger als Gott. Und doch fürchten wir alle hier uns immer wieder vor
diesem und jenem, vor Krebs, Schlaganfall und Demenz, vor der Klimakatastrophe,
vor Terror und Krieg. Und hinzu kommen noch die ganz persönlichen Ängste, die
jeder hier hat. Plötzlich sind wir, die wir soeben noch vollmundig gesagt haben
„Uns hilft der Herr, der Himmel und Erde gemacht hat“, plötzlich sind wir
wieder kleinmütig, bescheiden und verzagt. Plötzlich nagt der Zweifel an
unserem Herz und schleicht sich der Kleinglaube ein. Was ist dann mit dem
Gottvertrauen?
Im
Evangelium steht eine Geschichte, aus der die Jahreslosung für das neue Jahr
kommt. Ein Vater hat ein schwerkrankes Kind und ist ganz verzweifelt. Als er
Jesus sieht, sagt er: »Hab doch Mitleid mit uns! Hilf uns, wenn du kannst!«
»Wenn ich kann?«, fragt Jesus erstaunt
zurück. »Alles ist möglich, wenn du mir vertraust.« Verzweifelt schreit der
Mann: »Ich vertraue dir ja – hilf mir doch, meinen Unglauben zu überwinden!«
Und das Kind wird gesund.
Zwischen Zweifel und Vertrauen
Ich
weiß nicht, wie es dir geht. Ich
jedenfalls erkenne mich in dem Vater wieder. Auch in meiner Brust wohnen zwei
Seelen. Einerseits vertraue auch ich Jesus, in welchem Gott in seiner ganzen
Fülle wohnt, wie es in der Bibel heißt. Und so versuche ich als Pfarrer immer
wieder anderen Mut zu machen, dass auch sie ihm vertrauen. Andererseits aber
ist da immer auch ein Rest Zweifel in mir: Wird er mir auch wirklich helfen,
wenn ich ihn brauche? Ja, bisher hat er das getan. Aber wird er das auch im
neuen Jahr tun? Kann ich mir da wirklich sicher sein? Und darum bitte auch ich
gemeinsam mit dem Vater des Kindes: „Herr, hilf mir meine Zweifel und meinen
Unglauben zu überwinden.“ Das also ist die Jahreslosung, das Bibelwort für das
Jahr 2020.
Und
so frage ich jetzt dich: Machen wir nicht einen Fehler, wenn wir Gottes Hilfe
immer nur darauf beschränken, wo wir selbst unsicher und hilflos sind? Wenn ich
dich zum Beispiel fragen würde: „Erzähl mir doch mal, wo und wann hat dir Gott
in deinem Leben geholfen?“, dann wirst du mir wohl von dramatischen Ereignissen
berichten, von einer schwierigen Geburt vielleicht oder einer schweren
Krankheit, von einem Unfall, den du alles in allem gut überstanden hast und so
weiter.
Aber wer wird schon zu mir sagen: „Gott,
der Himmel und Erde geschaffen hat, hilft mir jetzt, in diesem Augenblick. Er
sorgt dafür, dass ich atmen kann, dass mein Herz schlägt und mein Gehirn
funktioniert. Er hüllt jetzt die Erde in eine schützende Atmosphäre, damit es
für uns warm genug bleibt und wir nicht in der Kälte des Weltraums erfrieren.
Das alles und noch viel, viel mehr geschieht jetzt in diesem Augenblick, damit
wir leben können.“
Gott ist kein Notarzt
Wer wird das zu mir sagen? Aber genau darum
geht es doch, dass wir uns immer wieder gemeinsam vergewissern: Gott ist kein Notarzt.
Er hilft uns nicht nur in Notfällen. Er erhält uns in jeder Sekunde am Leben. Würde
er seine Hand wegziehen, wir müssten augenblicklich vergehen. Selbst die Sterne
würde aus ihrer Bahn fallen und im Nu wäre alles wieder wie am Anfang: tohu wa bohu
– wüst und leer.
Auch damals, als ich den Kilimandscharo
bestiegen habe, hat er mir die Kraft gegeben für jeden einzelnen Schritt. Und
er gibt sie mir und dir auch heute noch, jeden Tag. Damals habe ich es bis zum Gipfel
geschafft. Und du schaffst es heute, deine Problem- und Sorgenberge zu
bezwingen. Sie mögen sich bedrohlich vor dir auftürmen und dich einschüchtern. Aber
wir beide sagen gemeinsam zu ihnen: „Ja, ihr mögt groß und mächtig
sein. Aber unser Gott ist größer und mächtiger.“ Ich sage: „Unsere Hilfe kommt
von dem Herrn“, und ihr hier antwortet: „der Himmel und Erde gemacht hat.“
Amen
Amen
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AntwortenLöschenWas bedeutet dieser Kommentar?Reklame für Motorradklamotten?
LöschenRita Stammer