Samstag, 2. November 2024

Richten und Strafen hl

Losung: Der HERR wird einem jeden seine Gerechtigkeit und Treue vergelten. 1.Samuel 26,23

Lehrtext: Paulus schreibt: Richtet nicht vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch ans Licht bringen wird, was im Finstern verborgen ist, und das Trachten der Herzen offenbar machen wird. Dann wird auch einem jeden von Gott Lob zuteilwerden. 1.Korinther 4,5

Liebe Leserin, liebe Leser,

Vorbemerkung: Diese Auslegung ist aus Zeitgründen nicht ausgereift und überarbeitet. Ich bitte um Verständnis.                         

Wer andere richtet und verurteilt, meint in der Regel, er sei im Recht. Aber stimmt das wirklich? Haben sich die Rechts- und Moralvorstellungen im Laufe der Geschichte und in den verschiedenen Ländern nicht schon oft verändert? Hat man nicht selbst im Lauf seines Lebens andere Maßstäbe hinzugewonnen und alte Maßstäbe verworfen? Hat man sich nicht auch immer wieder mal geirrt und einem anderen mit dem eigenen Vor-Urteil Unrecht getan? Das Recht, das Menschen setzen und aufschreiben, angefangen beim babylonischen König Hamurabi (1810 bis 1750 vor Christi Geburt) bis in die Gegenwart, ist genauso den Veränderungen der Zeit unterworfen wie alles andere auch. Deshalb sollte man zurückhaltend sein mit den eigenen Urteilen, die sich schnell als Vorurteile herausstellen können und vor allem damit, andere zu richten und zu verletzen.

Und wie ist es mit der Strafe? Ein Rechtsstaat, besser noch, ein Richter, der diesen Namen verdient, weiß, dass er keinem Angeklagten gerecht werden kann. Jede Straftat hat ihre Vorgeschichte, manchmal schon in der Kindheit und Jugendzeit des Straftäters. So wie auch jeder Krieg seine Vorgeschichte hat. Es ist für viele, sehr viele eine schmerzliche Einsicht, gegen die sie sich mit Händen und Füßen sträuben, dass es keine 100-prozentig Schuldigen und keine 100-prozentig Unschuldigen gibt, keine 100-prozentig Bösen und keine 100-prozentig Guten. Schließlich gehört das auch zu den Grundeinsichten unseres Glaubens, dass Jesus sowohl für die sogenannten Guten als auch für die Bösen am Kreuz gehangen hat; für die sogenannten Unschuldigen wie für die Schuldigen. Darum wurde auch als seine letzten Worte diese Bitte überliefert: »Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun!«

Gesetze und Sanktionen sind unverzichtbar

Aber ein Stamm oder ein Volk kann auf gemeinsame Werte, Vorschriften und Gesetze nicht verzichten, wenn das Zusammenleben einigermaßen funktionieren soll. Das gilt auch für Sanktionen (Strafen), selbst wenn denjenigen, die gestraft werden, in einem gewissen Umfang Unrecht widerfährt. Nur eine Strafe verbietet sich ohne Wenn und Aber, die Todesstrafe, die z.B. noch in Nordkorea und in den USA verhängt wird. Kein Mensch darf über das Lebensrecht eines anderen verfügen, auch nicht zu militärischen Zwecken. Wer einen anderen tötet oder befiehlt oder zulässt, dass das geschieht, aus welchen Gründen auch immer, lädt schwere Schuld auf sich.

Im Lehrtext schreibt Paulus, dass man "nicht vor der Zeit richten" soll, bis der Herr (Jesus) kommt. Nun kann man zurecht einwenden: Paulus rechnete damit, dass Jesus noch zu seinen Lebzeiten oder bald danach wiederkommen würde, "zu richten die Lebenden und die Toten" (Glaubensbekenntnis). Und in der Tat mussten die Christen alsbald das Zusammenleben erst in der Familie und Gemeinde und ab dem 4. Jahrhundert auch im römischen Staat mit Geboten und Gesetzen regeln. Die Wiederkunft Jesu steht ja bis zu diesem Tag aus. Deshalb haben sie ersteinmal die heidnischen, römischen Gesetze übernommen, auf denen auch heute noch ein Teil unserer modernen staatlichen Rechtsprechung fußt. Und das heißt eben auch, dass sie seitdem nun doch richten und strafen.

Staat, Gesetze, Ordnungen, Institutionen sind Fiktionen, von Menschen erdacht

Da kommt kein Staat umhin, auch wenn sich die Gesetze der einzelnen Staaten wegen der unterschiedlichen Traditionen, Kulturen und Religionen zum Teil erheblich unterscheiden. Nur eines sollte man schon beachten: Als Staatsbürger sind wir den staatlichen Gesetzen und Rechtsvorschriften unterworfen. Als Mitglieder unserer Gesellschaft haben wir es mit verschiedenen Sitten, Gebräuchen, Moral und Regeln zu tun. Das sind für uns Bürgerinnen und Bürger Rahmenbedingungen, die für alle gelten und nach denen man sich richten soll. Das wiederum stabilisiert eine Gemeinschaft und trägt zum inneren Frieden bei. Doch das alles ist Menschenwerk (Fiktion), auch wenn man den Staat und seine Ordnungen noch so beweihräuchert.

Ein verhängnisvoller Trugschluss

Die Werte, die Jesus mit Leib und Seele gelebt hat, sind noch einmal andere als die staatlichen Werte und Gesetze unserer Zeit. Ein verhängnisvoller Trugschluss mit ebensolchen Folgen ist, wenn man glaubt, unsere menschlichen Vorstellungen von Recht und Gesetz, von Urteilen und Strafen könnten direkt auf Gott zurückgeführt werden, wie er sich in Jesus zeigt. Nicht von ungefähr sagt er beispielsweise in der Bergpredigt: »Ihr habt gehörtdass den Alten (den Menschen des AltenTestaments) gesagt ist: „Auge um Auge, Zahn um Zahn“. Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin« (Matthäus 5,38+39).

Und so untersagt er denen, die sich nach ihm ‚Christen‘ nennen auch, dass sie sich gegenseitig richten: »Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. Denn wie ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden. Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge? Oder wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen! – und siehe, ein Balken ist in deinem Auge? Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; danach kannst du sehen und den Splitter aus deines Bruders Auge ziehen« (Matthäus 7,1-5). Der Balken, von dem hier die Rede ist, ist die Selbstgerechtigkeit, der ein fehlendes Unrechtsbewusstsein auf dem Fuß folgt.

"Richtet nicht!" - mehrmals kehrt diese Anweisung auch beim Apostel Paulus wieder (Römer 2,1; 14,13; 1. Korinther 4,5). Ich muss mir das als Erstem gesagt sein lassen, da ich mit Kritik und Urteilen aller Art schnell bei der Hand bin. Ich muss endlich lernen, auch den ‚Balken in meinem Auge‘ wahrzunehmen, bevor ich andere verurteile – falls das dann überhaupt noch angebracht ist.

Gebet: Herr, du musst mir viel vergeben, vor allem, wenn ich mich als einen von den Guten halte. Du musst mir den Spiegel deiner Gerechtigkeit vorhalten, damit ich darin den Balken meiner Selbstgerechtigkeit sehe. Ja, vergib mir, denn auch ich weiß oft nicht, was ich mit Worten anrichte und welche Folgen das hat. Amen

Herzliche Grüße,

Ihr / dein Hans Löhr 

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»Die Bibel ist so voller Gehalt, dass sie mehr als jedes andere Buch Stoff zum Nachdenken und Gelegenheit zu Betrachtungen über die menschlichen Dinge bietet.«
 J.W. von Goethe aus: „Dichtung und Wahrheit“
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1728 erschien in Herrnhut die erste Tageslosung, ein Bibelwort aus dem Alten Testament, das für jeden Tag des Jahres ausgelost wird. Dazu wird der Lehrtext, ein passendes Bibelwort aus dem Neuen Testament, ausgesucht. Inzwischen erscheinen die täglichen „Losungen“ in etwa 50 Sprachen.
Ich lege Losung und Lehrtext aus, weil einer Untersuchung zufolge das Nachdenken über Bibelworte den Glauben am stärksten wachsen lässt.
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5 Kommentare:

  1. Auch für diese Auslegung kann ich nur danken lieber Herr Löhr .
    Ich wünsche uns allen ein gesegnetes Wochenende.

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  2. Und vergib uns unsere Schuld! Wie gut, dass Jesus das in seinem Gebet festgelegt hat. Wichtig ist jedoch auch, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Möge der Herr mir das in mein schreiben. Einen behüteten und gesegneten Tag allen.

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  3. In mein Herz schreiben, muss es im Kommentar heißen.

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  4. Auch ich sage Danke. Es ist so schwer den Spagat zu gehen zwischen "Weltlicher Ordnung", die nur mit klaren Regeln und Sanktionen funktioniert, und dem "Richtet nicht" auf der anderen Seite.
    Ich bin da bei Bonhoeffer, der bei der Frage zu dem "Attentat auf Hitler" sagte, dass es Entscheidungen gibt, wo man sich bei beiden Möglichkeiten schuldig macht.

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    1. Das Richten und Verurteilen geht leider sooo schnell!
      Danke für die Gedanken und noch einen gesegneten Samstag!

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