Erntedankfest, 2.10.2022; 08:45 h Sommersdorf, 10:15 Uhr Thann
Bibelwort: »Danket dem Herrn, denn er
ist freundlich und seine Güte währet ewiglich!« (Psalm 107, 1)
Liebe
Gemeinde,
wir
danken heute Gott für die Ernte auf den Feldern und in unseren Gärten. So
machen es Christen seit hunderten von Jahren. So machen wir es auch heute
wieder. Doch immer mehr Menschen meinen, wir sollten besser den Bauern danken
für ihre Arbeit in der Landwirtschaft, auf den Feldern und Fluren und in den
Ställen. Andere sagen: „Dankt auch den Ingenieuren für die Landmaschinen, ohne
die Landwirtschaft heute nicht möglich wäre.“ Wieder andere sagen: „Dankt den
Chemikern für den Kunstdünger. Erst durch ihn sind hohe Erträge möglich.“ Ich
meine, das alles sind keine Alternativen, wo nur das eine oder das andere gilt.
Alles wirkt zusammen, dass es auch heuer wieder trotz Hitze und Trockenheit im
Juli und im August eine zufriedenstellende Ernte gibt.
Aber heute
und hier im Gottesdienst danke ich zuerst Gott, dem Schöpfer, für seinen Segen
in diesem Jahr. Ohne ihn würde nichts gedeihen und könnten wir nicht leben. Ich
bin aber auch den Bauern, den Ingenieuren und Chemikern, ebenso den Frauen
unter ihnen und vielen anderen dankbar, die ihren Beitrag leisten, dass wir
genug zu essen haben. Nicht zuletzt auch den Bäckern, den Lkw-Fahrern, die
Lebensmittel in die Läden bringen und denen, die sie verkaufen. Für sie alle
ist das Erntedankfest ihr Ehrentag.
Doch
einen wesentlichen Unterschied gibt es: Sie alle stehen nicht mit Gott,
dem Schöpfer, auf derselben Stufe, sondern sind, wie wir, seine sterblichen
Geschöpfe. Deshalb denken wir heute zwar auch an die Menschen, die ihren
Beitrag leisten, damit wir nicht hungern müssen. Aber wir feiern Gott den
Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde. Vor ihm neigen
wir uns in Ehrfurcht und Respekt. Ihn loben und preisen wir, ihm sagen wir Dank
für seinen Segen und seine Güte. Und dazu singen wir jetzt erst einmal einen
Liedvers (EG 505,1):
Die Ernt ist nun zu Ende, / der Segen
eingebracht, /
woraus Gott alle Stände / satt, reich und fröhlich macht. /
Der treue Gott lebt noch, / man kann es deutlich merken /
an so viel Liebeswerken, / drum preisen wir ihn hoch.
Soweit,
so gut. Doch wann ist uns eigentlich schon bewusst, welche unfassbaren Wunder
Tag und Nacht nötig sind, dass wir Menschen auf dieser Erde sein und von ihrem
Ertrag leben können? Wann denken wir schon mal daran, woher alles kommt, auch
unsere Nahrung? Und damit meine ich nicht nur unsere Felder und Gewächshäuser,
sondern die riesigen Zeiträume, die vergehen mussten, bis unsere Erde
entstanden ist und auf ihr Leben möglich wurde.
Wunder Wasser
Ich
nehme als Beispiel nur mal das Wasser. Es scheint nichts Besonderes zu sein, da
alle, die auf die Erde kommen, es bereits vorfinden und als etwas
Selbstverständliches ansehen. Dabei ist es eines dieser großartigen Wunder, wie
Wasser überhaupt entstanden ist. Ohne Wasser, das hat sich inzwischen
herumgesprochen, gäbe es kein Leben. Heute rede ich von dem unglaublichen
Vorgang, wie nach den Erkenntnissen der Wissenschaft das Wasser auf unsere Erde
gekommen ist.
Also woher kommt es? Die naheliegende Erklärung ist: Wasser verdunstet an der Oberfläche der Ozeane. Daraus bilden sich Wolken, die dann das Wasser in Form von Regen oder Schnee wieder abgeben. Das Wasser sammelt sich in Bächen und Flüssen und fließt zurück ins Meer. Und dann beginnt der Kreislauf von vorne.
Welche Probleme wir haben, wenn es längere Zeit nicht regnet, haben wir erst
wieder diesen Sommer erfahren. Die Schlosswiese vor meinem Haus war total
vertrocknet, alles nur noch gelb und braun. Aber kaum hat es Anfang September
ein paar Tage geregnet, war innerhalb kurzer Zeit alles wieder grün
Doch
wie kam das Wasser auf die Erde? Dazu erzähle ich euch nun die unglaubliche,
aber wahre Geschichte von der weiten Reise des Wassers vom Rand unseres
Sonnensystems bis zu uns. Ich erzähle sie für die unter euch, die noch staunen
und sich wundern können - also hoffentlich für alle. Und ich erzähle sie so
ähnlich, wie die Bibel ihre Geschichten erzählt.
Als Gott sich daran machte, den Menschen zu erschaffen, wussten seine schlauen Engel schon, dass das höchst kompliziert sein und lange dauern würde, sehr lange. Sie wussten auch, dass es dazu Wasser brauchen würde, viel Wasser, ganze Ozeane. Aber die junge Erde hatte kein Wasser mehr. Der Sonnenwind hatte die Bestandteile des Wassers von der Erde hinweggeweht nach ganz weit draußen an den Rand des Sonnensystems, hinter den letzten Planeten, wo es zu Schnee und Eis gefror. „Ui“, sagten die Schlauen unter den Engeln, „jetzt wird es nichts mehr mit dem Leben auf der Erde und schon gar nichts mehr mit den Menschen.“ „Wartet ab“, sagte Gott, der Herr, „habt nur Geduld.“
Dort, ganz weit draußen in der
Kälte des Weltalls, stießen die Schnee- und Eiskristalle aneinander und wuchsen
zu großen Meteoriten und Kometen an. Sie zogen ruhig ihre Bahnen bis der Planet
Neptun ihnen unter dem Einfluss der Schwerkraft nahekam und ihre Bahnen störte.
Nun machten sie sich auf die Reise ins Innere des Sonnensystems, dorthin wo die
anderen Planeten waren, wo unsere Erde um die Sonne kreist. Und dann schlugen
sie in einem wahren Bombenhagel in die noch junge Erde ein, und die großen
Mengen gefrorenen Wassers, die sie mitbrachten, schmolzen und verdampften. Doch
inzwischen war die Schwerkraft der Erde stark genug, dass der Sonnenwind die Wasserstoff- und Sauerstoffgase, aus denen Wasser besteht, nicht mehr verwehen konnte. Es bildete sich eine Atmosphäre um
unseren Planeten und dann regnete es vierzigtausend Jahre ununterbrochen,
Tag und Nacht, zehnmal so stark wie der stärkste Monsunregen in den
Tropen.
Die
ozeanischen und pazifischen Becken füllten sich, die giftigen Gase wurden aus
der Atmosphäre ausgewaschen und es entstanden aus toter Materie lebende Zellen
aus denen alles besteht, was lebt, ob Pflanzen, Tiere oder wir Menschen. Bis
heute weiß man nicht, wie es möglich war, dass aus etwas Totem Leben entstehen
konnte.
Doch
zurück zum Wasser. Seine beiden Wasserstoffatome entstanden mit dem Urknall von 13,82 Milliarden
Jahren. Sein Sauerstoffatom aber entstand Millionen Jahre später bei
der Explosion riesiger Sonnensterne. So alt ist das Wasser, in den Weltmeeren.
So alt ist das Wasser, das aus dem Wasserhahn kommt. So alt ist das Wasser, aus
dem wir Menschen bestehen, immerhin zu 70 Prozent.
„Wow“,
sagten die schlauen Engel, als sie dieses Schauspiel sahen, „Herr, das ist ja
unglaublich. Was gibst du dir nur für Mühe, damit auf diesem winzigen
Erdenplaneten Leben entstehen kann?“
Ja,
liebe Freunde, das ist in kürzester Form die Geschichte vom Wasser und damit
auch von uns. Und diese Geschichte stimmt noch obendrein. Wer‘s genau wissen
möchte, soll sich doch mal im Internet mit dem Nizza-Modell befassen.
demütig und dankbar
Solche
fantastischen Geschichten lassen sich zuhauf erzählen, wenn man sich für die
Entstehung des Lebens auf der Erde interessiert. Da kommt man aus dem Staunen
nicht mehr heraus. Und wer wie ich glaubt, dass Gott der Schöpfer von allem ist,
wird ganz von selbst demütig und dankbar. Er spürt in sich große Ehrfurcht vor
dem kleinsten Leben, vor den Pflanzen, Insekten und Würmern bis zu den großen
Tieren und zu uns. Alles hat denselben Ursprung. Alles lebt von denselben
Voraussetzungen. Und alles lebt vom Wasser.
Aber
die Engel fragten: „Herr, so ein unglaublicher Aufwand! Wofür? Und Gott sagte:
„Für das Leben, für die Menschen, – für dich.“ Da lobten die Engel Gott, den
Herrn. Und sie loben ihn bis in alle Ewigkeit für die zahllosen Wunder der
Schöpfung, die sich fortwährend ereignen. Und heute, am Erntedankfest, können
wir Menschen in ihr Lob einstimmen und ihm für seine Wunder danken, unter
denen wir beide, du und ich, das größte sind. Das wollen wir mit den Liedern
auch tun.
Für mich ist das Erntedankfest inzwischen ein Dankbarkeitsfest für das Leben überhaupt. Ich erlebe es als ein Geschenk, staunen und dankbar sein zu können, wenn ich in der Natur bin, aber auch, wenn ich Kinder sehe und die Freundlichkeit anderer Menschen erfahre. Gott sei Dank ist es so. Denn dass ich danken kann, macht mich zufriedener, gelassener und zuversichtlicher. Ich nehme mir vor, dass möglichst jeder Tag so ein kleines Erntedankfest ist. Dazu muss ich nur meine Augen und Ohren aufsperren und die Wunder Gottes wahrnehmen, von denen ich lebe.
Es wäre
doch zu schade, wenn wir nicht alles daran setzen würden, die Erde lebenswert
zu erhalten, damit auch noch unsere Kinder und Kindeskinder eine Zukunft haben
und Gott loben können. Ja, lobet und „danket dem Herrn, denn er ist freundlich
und seine Güte währet ewiglich“. Amen
EG 506,
1.2.4.5 "Wenn ich, o Schöpfer, deine Macht"
Herzliche Grüße,
Ihr / dein Hans Löhr
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