Predigt von Hans Löhr in
Unternbibert und Rügland
Predigtwort: Klagelieder des Jeremia 3,22
Liebe Leserin, lieber Leser,
ein Pfarrer ist mit seiner Frau im Auto unterwegs. Sie sitzt etwas
verkrampft neben ihm, weil er wieder mal zu schnell fährt. Da fragt er sie:
„Glaubst du an Schutzengel?“ „Ja.“ „Warum?“ Und sie sagt: „Wir leben noch.“
Aber jetzt zu dir und im Ernst:
Sag mal, wie kann es sein, dass du noch lebst? Müsstest du nicht längst tot
sein? Ich jedenfalls war in meinem Leben mehrmals in Todesgefahr, sei es durch
Krankheiten oder Unfälle. Und ich nehme mal an, dass das bei den meisten von
euch nicht anders ist
Also, wie kann es sein, dass wir
alle noch am Leben sind? Manche sagen vielleicht: „Schwein gehabt.“ Andere: „Das
waren glückliche Zufälle.“ Wieder andere verweisen auf die Statistik und sagen,
dass eben die Lebenserwartung in Deutschland über 80 liege und es deshalb
normal sei, dass Jüngere noch am Leben sind.
Nun gut, das kann man alles
sagen. Die Bibel sagt etwas anderes. Im Alten Testament heißt es: »Die
Güte des HERRN ist's, dass wir noch am Leben sind; seine Barmherzigkeit hat
noch kein Ende.« (Klagelieder des Jeremia 3,22)
Natürlich hat jeder von uns für
sich selbst Verantwortung, dass er, so gut es geht, auf sein Leben und das
seiner Mitmenschen achtet. Und dazu gehört nun mal auch, dass ich nicht riskant
Auto fahre und auch sonst so lebe, dass ich meine Gesundheit nicht gefährde.
Doch eine Garantie ist das nicht.
Du kannst schuldlos in einen
schweren Unfall verwickelt werden. Du kannst so gesund leben wie möglich und
trotzdem Krebs bekommen oder einen Schlaganfall.
Aber du kannst eben auch das Risiko,
frühzeitig zu sterben, verringern, indem du mit dir sorgsam umgehst. Hier wie
auch sonst gilt der Satz: Wir sollen tun, was in unseren Kräften steht und Gott
wird das Seine dazu tun. Nur rumsitzen und die Hände in den Schoß legen, reicht
nicht.
Aber auch das gilt: Gott, der
jeden von uns ins Leben gerufen hat, wird ihn auch wieder zu sich rufen zu der
Zeit, da er will. Kann ich denn dann
mein Leben nicht verlängern, indem ich gesund esse und mich viel bewege? Kann
denn nicht in bestimmten Fällen ein Arzt mein Leben retten und es durch
Therapien und Medikamente verlängern?
Aus menschlicher Sicht ist das
so. Doch Gott, so glaube ich, hilft uns auch durch unsere Lebensweise und durch
die Kunst der Medizin. Er ist auch in der Praxis und auf der Intensivstation.
Er ist dabei, wenn du in die Röhre musst oder zur Bestrahlung, auch wenn du
nicht daran denkst. Er nimmt uns die Verantwortung für unser Leben nicht ab.
Doch letzten Endes geschieht nur, was er will. Das ist ein Widerspruch, den ich
nicht auflösen kann, sondern aushalten muss.
Und Gott hilft uns auch durch
seine Gebote. „Durch sie lebt der Mensch“, heißt es in der Bibel. Und wenn wir
uns nicht danach richten, bestraft nicht er
uns, sondern wir bestrafen uns selbst. Das unsägliche Leid, das die Nazis über
so viele Menschen gebracht haben, hat nicht er verhängt. Es war die Folge, dass
die meisten Deutschen den Nazis zugejubelt hatten und dann von ihnen ins
Verderben gestürzt wurden.
Ich denke noch einmal an unser
Bibelwort: »Die Güte des HERRN ist's, dass wir noch am
Leben sind; seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende.« Dieses Wort, liebe
Freunde, sagt mir: „Fürchte dich nicht vor deinem Gott. Er ist kein
unerbittliches Schicksal. Er setzt seinen Willen nicht rücksichtslos durch.
Sondern du hast einen barmherzigen und gütigen Gott. Ihm kannst du vertrauen
und ihm kannst du danken.“
Ja, das glaube ich. Und trotzdem
geschehen manchmal Dinge, die mich erschüttern, die ich nicht verstehe, die ich
mit einem gütigen Gott nicht zusammenbringe. Jeder von euch hat sich bestimmt
schon mal gefragt: „Warum? Warum, Herr, konntest du das zulassen? Warum müssen manche
so sehr leiden und manchmal auch ich?“
Und dann hast du auch die
Erfahrung machen müssen, dass es auf solche Fragen keine Antwort gibt. Für
manches ist eben unser Kopf und auch unser Herz zu klein. Niemand von uns kennt
die langfristigen Folgen von Unfällen, Katastrophen und Leid. Niemand
überblickt das Ganze außer ihm. Und gerade dann, wenn ich keine Antwort mehr
weiß, ist es umso wichtiger, dass ich meine Fragen und meine Sorgen, meine
Schmerzen und meinen Kummer in seine Hand lege und darauf vertraue, dass er
weiß, was er tut und alles zu einem guten Ende bringen wird.
Nein, ich weiß nicht, warum
Unglück geschieht. Ich weiß aber auch nicht, warum Glück geschieht. Wenn es mir
schlecht geht, bin ich schnell bei der Hand mit der Frage „warum?“. Doch wenn
es mir gut geht, frage ich in aller Regel nicht so. Das halte ich dann für
selbstverständlich. Aber ist es das? Ist es selbstverständlich, was der
Liedvers sagt:
»Dass unsere Sinnen / wir noch
brauchen können / und Hände und Füße, / Zung‘ und Lippen regen«? Nein, das ist
es nicht. Und ist es denn selbstverständlich, dass du noch lebst und nicht
schon längst tot bist? Nein, das ist es auch nicht. Und darum heißt es am Ende
dieses Verses: »Das haben wir zu danken seinem Segen. Lobet den Herren!«
Das, liebe Freunde, was uns
selbstverständlich scheint, der ganz normale Alltag ohne besondere
Vorkommnisse, das ist Segen.
Es kommt eben darauf an, wie ich
diese Welt und mein Leben sehe. Ich kann es so sehen, wie die meisten in meiner
Umgebung. Kann so denken und so urteilen wie sie. Ich kann diese Welt so sehen,
wie es in der Zeitung steht oder im Fernsehen gezeigt wird als eine Welt ohne
Gott. Und ich kann auch mich so sehen als einen Menschen ohne Gott, der sein
Schicksal in die eigenen Hände nehmen muss und wenn er daran nichts ändern
kann, es hinnehmen muss, wie es ist. Ja, wenn ich alles so sehe, bin ich in
guter Gesellschaft.
Aber will ich das? Will ich ohne
Gottvertrauen leben und ohne Zuversicht, auch wenn es nach menschlichem Ermessen
nichts zu hoffen gibt? Will ich in ständiger Furcht oder zumindest in Sorge
leben vor einer Ansteckung mit Corona trotz Impfung oder vor den Folgen des
Klimawandels oder vor familiären oder wirtschaftlichen Problemen? Nein, das
will ich nicht. Und du wirst das auch nicht wollen.
Alle unsere Vorfahren, deine und
meine, hatten ein deutlich schweres Leben als wir. Und vermutlich hätten sie
die vielen Pest-, Hunger- und Kriegszeiten nicht ausgehalten, hätten sie nicht
immer neue Kraft aus ihrem Glauben geschöpft und auf Gott vertraut allen
Katastrophen zum Trotz.
Und deshalb frage ich: Warum
soll ich das, warum sollst du das nicht auch tun? Der Glaube hilft uns, diese
Welt und unser eigenes Leben in einem anderen Licht zu sehen als nur in dem der
Computer und Handybildschirme und Fernsehapparate.
Der Glaube hilft uns, im Licht
des heutigen Bibelwortes zu sagen: »Die
Güte des HERRN ist's, dass wir noch am Leben sind; seine Barmherzigkeit hat
noch kein Ende.« Ja, wir haben einen barmherzigen und gütigen Gott, wie er uns
in Jesus Christus begegnet. Er hat uns am Leben erhalten bis zu dieser Stunde.
Und er wird das auch in Zukunft tun solange er will. Doch dazu braucht er auch
uns, indem wir besonnen, vernünftig und verantwortungsvoll leben. Amen
Herzliche Grüße!
Ihr / dein Hans
Löhr
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