Freitag, 17. November 2023

Herr, zeige mir deine Wege hl

Losung: Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR. Jesaja 55,8 

Lehrtext: Die göttliche Torheit ist weiser, als die Menschen sind, und die göttliche Schwachheit ist stärker, als die Menschen sind. 1.Korinther 1,25

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

auf meine Auslegung gestern habe ich in den Kommentaren deutliche Kritik erhalten. Und ich verstehe meine Kritiker gut. Denn was und wie sie es sagen entspricht dem sogenannten gesunden Menschenverstand. Das gilt unter uns Menschen als vernünftig und verantwortungsbewusst: ‚Wir dürfen keinen romantischen Träumen von einer paradiesischen Welt nachhängen, sondern müssen uns den harten Realitäten im Hier und Jetzt stellen. Danach müssen wir unser Verhalten und unsere Politik ausrichten.‘

So denkt wohl die übergroße Mehrheit in unserem Land und vermutlich in allen Ländern auf der Erde. Und trotzdem bleibe ich bei meinen Aussagen. Hoffentlich nicht aus Trotz, sondern wegen meines Gottvertrauens. Ja, auch im Glauben kann ich mich täuschen. Das ist das Risiko, das ich eingehe, wenn ich mich dazu öffentlich äußere.

Die eigenen Interessen und der Glaube

Und nun meine Antwort heute in Verbindung mit Losung und Lehrtext. Alles was wir Menschen denken, sagen, tun und glauben ist von unseren Interessen bestimmt. Wohl die meisten möchten sich vor dem schützen, was ihnen unbekannt und gefährlich erscheint. Sie möchten das, was sie sich erarbeitet haben und ihnen gehört, nicht so mir nichts dir nichts mit Fremden teilen. Sie möchten möglichst unbehelligt unter ihresgleichen bleiben und sich nicht ständig herausfordern lassen durch die kulturellen und religiösen Prägungen von Zugewanderten und Geflüchteten. Wie gesagt, ich kann das gut verstehen, weil ich auch in mir ähnliche Bedürfnisse entdecke.

Jetzt aber kommt, was du wohl auch erwartest, mein Aber. Meine Religion, besser mein Glaube kann nicht eine Bestätigung dessen sein, was ich ohnehin so denke, so will und befürchte. Gerade mein Glaube an Gott, wie er sich mir in Jesus zeigt, fordert mich heraus und bürstet meine Erwartungen und Wünsche gegen den Strich.

Um so zu sein wie die meisten sein wollen, hätten wir kein Weihnachten gebraucht, keinen Karfreitag und auch kein Ostern. Da hätten wir Juden oder Muslime werden oder Anhänger der germanischen Götterwelt bleiben können. Oder wir könnten so sein, wie es die wachsende Mehrheit der Deutschen in unserem Land ist: ohne Interesse am Glauben, ohne Interesse an Gott, ohne Interesse an Jesus, mit einem Wort: Atheisten*. Oder wenn schon christlich, dann wenigstens so, dass wir bleiben können, wie wir ohnehin schon sind.

Vorsicht, Anmaßung

Nun aber kommen uns die heutige Losung und der Lehrtext in die Quere. Da wird uns zuerst der ungeheure Abstand zwischen Gott, dem Schöpfer von Himmel und Erde und uns allerwinzigsten Menschlein bewusst. Was für eine Anmaßung, wenn ich meine, dass er so denken müsse wie ich. Dass er die Wege gehen müsse, die ich gehen will. Dass er seine eigene Schöpfung so versteht, wie ich meine sie zu verstehen. Wenn‘s nicht so traurig wäre, müsste man lachen.

Ich lese in der Bibel vom Glauben der Menschen von vor 2000 bis 3000 Jahren. Sie haben nach bestem Wissen und Gewissen ihre Lebens- und Glaubenserfahrungen so gedeutet, wie sie es damals für richtig hielten. Das muss ich zunächst einmal anerkennen. Doch ich kann das nicht eins zu eins für mich heute im Jahr 2023 übernehmen. Ich muss das an meinen Lebens- und Glaubenserfahrungen überprüfen. Vor allem aber muss ich in der Bibel nach dem roten Faden des Evangeliums, der guten Nachricht von Gott suchen. Und da werde ich hauptsächlich im Neuen Testament fündig, in den Evangelien, die von Jesus erzählen und in den Briefen der Apostel, die vom Glauben erzählen. Danach versuche ich mich auszurichten.

Keine Grantie

Aber selbst dann kann ich keine Garantie dafür übernehmen, dass das, was ich gefunden habe, das allein Richtige sei. Auch ich habe damit zu tun, mich immer wieder von meinen Urteilen und Vorurteilen, von meinen Interessen und Wünschen zu befreien. Und darum will ich nicht, dass du, der du das liest, genauso glaubst wie ich, sondern die Losungsauslegungen kritisch liest und dich fragst, „was davon hilft mir im Glauben auf dem Hintergrund meiner Lebenserfahrungen und wovon bin ich nicht überzeugt?“ Aber auch da gilt, dass gerade die ungewohnten und herausfordernden Gedanken umso wichtiger für dich sind. Sie sollen dich zum Nachdenken bringen und fragen lassen, „will ich sie mir zu eigen machen? Bin ich bereit, neue Wege im Glauben zu gehen? Und will ich mich dabei auch meines eigenen Verstandes bedienen und nicht nur nachsagen, was andere vorsagen?“

Ich werde heute vor dem Einschlafen etwa so beten:

 

Gebet: Herr, ich mache mir Sorgen, wie es mit mir weitergeht. Ich mache mir Sorgen wie es mit dieser Welt weitergeht und damit auch mit allen, die mir nahestehen. Wohin führen uns unsere Wege? Welche sollten wir gehen und welche nicht? Immer wieder muss ich mich in meinem Leben entscheiden, muss weitergehen und kann nicht einfach stehenbleiben. Darum bitte ich dich:
Herr, zeig mir deine Wege, dass ich sie im Vertrauen auf dich gehen kann, auch wenn sie beschwerlich sind, auch wenn sie durch Leid und Angst führen. Denn ich vertraue darauf, dass du den Weg weißt, dass du mich führst, wenn ich ihn nicht sehe, dass du mich trägst, wenn ich keine Kraft mehr habe, ihn zu gehen. In diesem Sinn vertraue ich dir alle meine Lieben an, alle Menschen die du geschaffen hast, deine ganze Welt. Wir retten sie nicht mit unserem Verstand und unseren Gedanken, mit unserer Weisheit und Kraft. Aber du hast die Macht dazu und wirst tun, was für deine ganze Schöpfung am besten ist. Dafür will ich dich heute preisen und dir danken. Amen

                                                                  

Herzliche Grüße!

Ihr / dein Hans Löhr

*genauer: Agnostiker (bitte googeln)

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1728 erschien in Herrnhut die erste Tageslosung, ein Bibelwort aus dem Alten Testament, das für jeden Tag des Jahres ausgelost wird. Dazu wird der Lehrtext, ein passendes Bibelwort aus dem Neuen Testament, ausgesucht. Inzwischen erscheinen die täglichen „Losungen“ in etwa 50 Sprachen.
Ich lege Losung und Lehrtext aus, weil einer Untersuchung zufolge das Nachdenken über Bibelworte den Glauben am stärksten wachsen lässt. 

4 Kommentare:

  1. Lieber Herr Löhr, ich bin froh, über Ihre täglichen Auslegungen und sage danke dafür!!!

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  2. "Seid um nichts besorgt (bedeutet aber nicht oberflächlich oder verantwortungslos sein), sondern bringt mit Gebet, Flehen und Danksagung eure Anliegen vor Gott und der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und euren Sinn bewahren in Christus Jesus.
    (Philipper 4,4f)

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  3. Danke Herr Löhr für die täglichen Auslegungen,die so ehrlich und authentisch sind. Sie sind unter anderem der Grund, dass ich mich nicht vom christlichen Glauben abgewendet habe und ihn immer noch in meinem Herzen bewahre.
    Ich wünsche Ihnen viel Gesundheit und Kraft, damit wir noch lange Ihre Auslegungen lesen können. 🙏

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