Mittwoch, 14. Mai 2025

Gefährliche Selbstgerechtigkeit hl

Lies bitte zuerst diese Geschichte:

Jesus erzählte ein weiteres Gleichnis. Er wandte sich damit besonders an die Menschen, die selbstgerecht sind und auf andere herabsehen: 10 »Zwei Männer gingen hinauf in den Tempel, um zu beten. Der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zolleinnehmer. 11 Selbstsicher stand der Pharisäer dort und betete: ›Ich danke dir, Gott, dass ich nicht so bin wie andere Leute: kein Räuber, kein Betrüger, kein Ehebrecher und auch nicht wie dieser Zolleinnehmer da hinten. 12 Ich faste zwei Tage in der Woche und gebe von allen meinen Einkünften den zehnten Teil für dich.‹ Lehrtext: 13 Der Zolleinnehmer dagegen blieb verlegen am Eingang stehen und wagte es nicht einmal aufzusehen. Schuldbewusst betete er: ›Gott, sei mir gnädig und vergib mir, ich weiß, dass ich ein Sünder bin!‹ 14 Ihr könnt sicher sein, dieser Mann ging von seiner Schuld befreit (= gerechtfertigt) nach Hause, nicht aber der Pharisäer. Lukas 18,9-14 (Übersetzung: Hoffnung für alle)

Liebe Leserin, lieber Leser,

immer geht es in dieser Geschichte um einen von den betrügerischen Zolleinnehmern. Jene "Typen", wie man heute abwertend sagen würde, sind von den Leuten damals verachtet worden. Sie arbeiteten für die verhasste, römische Besatzungsmacht. Dabei hauten sie auch noch ihre eigenen Landsleute, die Juden, übers Ohr. 

Aber was ist mit dem selbstgerechten, unsympathischen Pharisäer, dem Anhänger einer religiös-politischen Partei in Palästina zur Zeit Jesu? Stimmt, er trug die Nase ziemlich hoch, sogar noch im Jerusalemer Tempel, sogar noch beim Beten, sogar noch vor Gott. Jesus sagt in seiner Geschichte von ihm: "Dieser ging nicht gerechtfertigt wieder nach Hause." 

Und warum? Hat Gott ihn auf diese Weise für seine zum Himmel stinkende Selbstgerechtigkeit bestraft? Ich glaube vielmehr, er stand sich mit seinem unmöglichen Betragen selbst im Weg - und hat es nichteinmal gemerkt. Vielleicht hat er deshalb nie erfahren, wie es ist, von Gott angenommen und geliebt zu sein, obwohl er das doch, wie jeder andere, auch brauchte. Obwohl er sich doch, wie jeder andere, danach sehnte. Manchmal merkt man eben nicht, wenn man geliebt wird, sei es von Gott oder von Menschen, solange man in sich selbst gefangen ist.

Eigentlich war er der arme Kerl in jener Geschichte. Für mich jedenfalls. Denn er hatte nur sich und seinen Dünkel. Mit dem kam er in den Tempel. Mit dem ging er wieder nach Haus. Mit dem wollte er mit Gott sprechen und führte doch nur ein Selbstgespräch. 

Der Zolleinnehmer ging leichten Herzens wieder nach Hause. Der Pharisäer aber ging, wie er gekommen war: mit einem Herz voll Selbstgerechtigkeit und Verachtung für den Zolleinnehmer. Da war kein Platz mehr für Gottes Liebe und Barmherzigkeit. Schade, wenn man sich mit seinen negativen Gefühl selbst so im Weg steht. Schade, wenn man sich ständig mit anderen vergleicht statt mal bei sich zu bleiben und bei seinem Gott.

Gebet: Herr, hilf mir, dass ich meine negativen Gefühle und Gedanken beherrsche, damit sie mich nicht beherrschen. Mit deiner Hilfe wird es gelingen. Ich weiß, ich kann dir nichts vorweisen, worauf ich stolz sein könnte. Vor dir stehe ich mit einem leeren Herzen. Vor dir bin ich innerlich arm (Matthäus 5,3)Doch gerade so schaffst du Raum, in mir zu wohnen. So muss ich nicht andere herabsetzen, um selbst etwas zu gelten. So kann ich dich lieben, indem ich mich denen zuwende, die in der Welt wenig gelten. Amen

Herzliche Grüße,

Ihr / dein Hans Löhr

»Die Bibel ist so voller Gehalt, dass sie mehr als jedes andere Buch Stoff zum Nachdenken und Gelegenheit zu Betrachtungen über die menschlichen Dinge bietet.« J.W. von Goethe aus: „Dichtung und Wahrheit“
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1728 erschien in Herrnhut die erste Tageslosung, ein Bibelwort aus dem Alten Testament, das für jeden Tag des Jahres ausgelost wird. Dazu wird der Lehrtext, ein passendes Bibelwort aus dem Neuen Testament, ausgesucht. Inzwischen erscheinen die täglichen „Losungen“ in etwa 50 Sprachen.
Ich lege Losung und Lehrtext aus, weil einer Untersuchung zufolge das Nachdenken über Bibelworte den Glauben am stärksten wachsen lässt.
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Dienstag, 13. Mai 2025

Gott lässt deine Hand nicht los hl

Losung: Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten. Psalm 139,9-10

Liebe Leserin, lieber Leser,

wo ist dein Gott in diesem Moment? Im Psalm 23 Vers 4  heißt es: "Herr, du bist bei mir." Ich glaube, das gilt auch für mich und für dich. Noch ausführlicher wird der Psalm 139. Da sagt David: Du umgibst mich von allen Seiten", von allen! Und weiter: Wo ich auch war, wo ich auch gerade bin, wo ich auch sein werde - du bist da: An den entlegensten Orten. Am äußersten Meer, selbst in der schwärzesten Finsternis. Ja sogar noch im Grab hältst du meine Hand.

Auch für mich?

Das alles denke ich mir nicht aus. Ich lasse es mir von der Bibel gesagt sein. Und jetzt liegt es an mir, mich darauf zu verlassen: Werde ich mir die Worte Davids zu eigen machen? Werde ich glauben, dass sie auch für mich gelten?

Wenn Gott Gott ist, wenn er der ist, der sich in Jesus Christus zeigt, dann müssen jene Psalmworte auch dann noch gelten, wenn ich nicht glaube. Denn dass er bei mir ist, jederzeit und überall, darauf habe ich keinen Einfluss. Das ist so. Das ist auch dann so, wenn ich davon nichts zu spüren meine. Und warum nicht auch bei dir? 

Im Psalm 139, aus dem das Losungswort kommt, heißt es noch genauer: Gott kennt mich. Er versteht mich. Er sieht mich. Er weiß, was ich sage. Er hält seine Hand über mir. Wie sollte ich das begreifen? - Ja, wie sollte auch ich das begreifen! Und wie du?

Glauben auf Probe

Manchmal, wenn mein Glaube schwindet und die Zweifel wachsen, dann sage ich mir: Hans, glaube doch wenigstens mal auf Probe. Tu so, als ob du dich auf Gott verlassen, als ob du ihm vertrauen könntest. Tu so, als ob die Worte aus dem Psalm 139 und dem Psalm 23 dir persönlich gesagt und für dich wahr seien. Und ebenso die vielen anderen stärkenden und tröstenden Worte der Bibel. Sei mal ein paar Tage oder Wochen Gott einfach nur dankbar, egal was sonst gerade ist, und stelle deine Bitten vorerst zurück. Bete im Geist jener beiden Psalmen und lass in dieser Zeit mal ihn für dich und deinen Glauben sorgen. Und dann, Hans, frage dich nochmal: Wo ist dein Gott jetzt? 

Gebet mit Psalm 139: 

HERR, du erforschest mich und kennest mich. 2 Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne. 3 Ich gehe oder liege, so bist du um mich und siehst alle meine Wege. 4 Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, HERR, nicht alles wüsstest. 5 Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir. 6 Diese Erkenntnis ist mir zu wunderbar und zu hoch, ich kann sie nicht begreifen. 7 Wohin soll ich gehen vor deinem Geist, und wohin soll ich fliehen vor deinem Angesicht? 8 Führe ich gen Himmel, so bist du da; bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da. 9 Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, 10 so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten. 11 Spräche ich: Finsternis möge mich decken und Nacht statt Licht um mich sein –, 12 so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir, und die Nacht leuchtete wie der Tag. Amen

Herzliche Grüße,

Ihr / dein Hans Löhr

»Die Bibel ist so voller Gehalt, dass sie mehr als jedes andere Buch Stoff zum Nachdenken und Gelegenheit zu Betrachtungen über die menschlichen Dinge bietet.« J.W. von Goethe aus: „Dichtung und Wahrheit“
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Ich lege Losung und Lehrtext aus, weil einer Untersuchung zufolge das Nachdenken über Bibelworte den Glauben am stärksten wachsen lässt.
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Sonntag, 11. Mai 2025

verirrt, gesucht, gefunden hl

Losung: Wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen, spricht der HERR. Jeremia 29,13-14

Liebe Leserin, lieber Leser,

so wie in der Losung dachten Menschen zur Zeit des Alten Testaments. So denken viele, vielleicht die meisten bis heute. So habe auch ich lange Zeit gedacht. 

Jesus sagt es in seinem Gleichnis vom Verlorenen Schaf anders. Er stellt solches Denken sozusagen vom Kopf auf die Füße, weil er Gott anders erlebt. Weil Gott in ihm anders ist und wirkt. Er lehrt jenes Wort nicht nur anders. Er lebt es anders. Er selbst ist der gute Hirte, der das entlaufene Schaf sucht und findet. Er bestraft es nicht, dass es weggelaufen ist. Er legt es sich auf die Schulter und trägt es voll Freude nach Haus. Jetzt heißt für mich das heutige Losungswort:

Gebet: Weil du, Herr, mich von ganzem Herzen suchst, will ich mich von dir finden lassen. Hier bin ich. Amen

Herzliche Grüße,

Ihr / dein Hans Löhr

Und hier die biblische Geschichte aus Lukas 15,1-6: 

"Immer wieder kamen viele Zolleinnehmer und andere verrufene Leute zu Jesus, um ihn zu hören. 2 Die Pharisäer und Schriftgelehrten ärgerten sich und schimpften: »Mit welchem Gesindel gibt der sich da ab! Er isst sogar mit ihnen!« 3 Da erzählte Jesus ihnen folgendes Gleichnis: 4 »Stellt euch vor, einer von euch hätte hundert Schafe und eins davon geht verloren, was wird er tun? Lässt er nicht die neunundneunzig in der Steppe zurück, um das verlorene Schaf so lange zu suchen, bis er es gefunden hat? 5 Wenn er es dann findet, nimmt er es voller Freude auf seine Schultern 6 und trägt es nach Hause. Dort angekommen ruft er seine Freunde und Nachbarn zusammen: ›Freut euch mit mir, ich habe mein verlorenes Schaf wiedergefunden!‹" (Übersetzung: 'Hoffnung für alle')

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Textkritische Erwägungen für Interessierte:

Fortsetzung mit Vers 7: Ich sage euch: So wird auch im Himmel Freude herrschen über einen Sünder, der zu Gott umkehrt – mehr als über neunundneunzig andere, die nach Gottes Willen leben und es deshalb gar nicht nötig haben, zu ihm umzukehren.

Dieser Vers 7 wurde vermutlich später hinzugefügt. Er ändert den Sinn des Gleichnisses und macht aus dem Evangelium, aus der frohen, befreienden Botschaft Jesu wieder ein forderndes Gebot (Gesetz): 'Komm zurück, tu Buße!' - Jetzt findet nicht mehr der Hirte das entlaufene "Schaf". Jetzt muss es selber Buße tun und zurückkommen. 

Solche Verse dienten damals vielleicht zur Disziplinierung der Mitglieder der frühen Christengemeinden: 'Geht nicht wieder weg. Und wenn doch, dann kommt schnell zurück!' Wer sie hinzugefügt hat, ist unbekannt. Die theologische Forschung ist mehrheitlich der Auffassung, dass es sich hierbei um eine "Gemeindebildung" handeln könnte.

Samstag, 10. Mai 2025

Erstaunliche Einsicht hl

Losung für 11.05.2025: Du sollst nicht stehlen. 2. Mose 20,15

"Jede Kanone, die gebaut wird, jedes Kriegsschiff, das vom Stapel gelassen wird, jede abgefeuerte Rakete bedeutet letztlich einen Diebstahl an denen, die hungern und nichts zu Essen bekommen, denen, die frieren und keine Kleidung haben. Eine Welt unter Waffen verpulvert nicht nur Geld allein. Sie verpulvert auch den Schweiß ihrer Arbeiter, den Geist ihrer Wissenschaftler und die Hoffnung ihrer Kinder." *

Dwight D. Eisenhower, 1890-1969, 34. Präsident der USA

Liebe Leserin, lieber Leser,

erstaunlich, zu welchen Einsichten der ehemalige Weltkriegsgeneral und spätere Präsident der Vereinigten Staaten doch noch gelangt ist. Ob so etwas in unserem Land auch noch mal möglich sein wird? Nun, auch in den USA hat man diese Einsicht Eisenhowers schnell wieder vergessen.

Und dann noch das 5. Gebot

Immerhin gilt für Christen uneingeschränkt auch noch das 5. Gebot: "Du sollst nicht töten!". Alle Versuche, für das Militär eine Ausnahme zu reklamieren, können mich nicht überzeugen, auch wenn fast alle christllichen Kirchen das gebilligt oder aktiv unterstützt haben. Nur die kleinen, jesustreuen Friedenskirchen bilden eine Ausnahme.

Nicht stehlen, nicht hassen, nicht töten. Wie die Welt wohl aussähe, wenn sich Christen und ihre Kirchen und Gemeinden öfter daran gehalten hätten? Wenn Jesu Gebot, die Feinde zu lieben, mehr befolgt worden wäre? Wenn Petrus das Schwert hätte stecken lassen, damals im Garten Gethsemane? 

Zuerst muss ich mich selbst überwinden

Es bringt meines Erachtens nichts, darauf zu warten, bis andere damit beginnen. Bis ein Papst, ein Bischof oder eine Pfarrerin dazu aufrufen. Ich muss selbst in mir die irrationalen Ängste, etwaige Gewaltfantasien und den Irrglauben überwinden, dass militärische Gewalt Probleme lösen könnte. Über kurz oder lang ist sie nur die böse Saat für neues Verderben.

Meine Großeltern haben den ersten und den zweiten Weltkrieg erlebt. Meine Großväter waren damals an der Front. Mein Vater war im zweiten Weltkrieg Soldat. Ich erinnere mich noch an die Kriegsruinen in Nürnberg, die ich als Kind gesehen, aber nicht begriffen habe. An die Bilder aus dem Vietnamkrieg. Und jetzt habe ich die Bilder aus Gaza vor Augen. Allesamt Dokumente von Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Allesamt Zeugnisse des großen Diebstahls von Heimat und Glück, von Gesundheit und Leben an so vielen Kindern. Wofür? Für mich allesamt Zeugnisse, von der Missachtung Gottes und seiner Gebote.

Ein General und Präsident hatte einmal eine erstaunliche Einsicht. Wie er dazu kam, weiß ich nicht. Vielleicht war er  Christ, einer, für den Jesus mehr war als eine Krippenfigur.

Gebet: Herr, du nennst die selig, die nicht nur vom Frieden reden, sondern ihn machen im Kleinen wie im Großen**. Ich möchte so ein Friedensmacher sein, möchte in mir damit beginnen und damit fortfahren bei den Menschen, unter denen ich lebe. Ich möchte die Kraft dazu aus dem Frieden gewinnen, denn du gelebt hast. Du wirst sie mir geben. Dazu öffne ich mich deinem Geist. Amen

Herzliche Grüße,

Ihr / dein Hans Löhr

Eisenhower hielt diese eindringliche Rede im Jahr 1953 vor der American Society of Newspaper Editors. In dieser Zeit des Kalten Krieges warnte er vor den immensen Kosten und dem Verlust an menschlichem Potenzial, die mit der fortwährenden Aufrüstung einhergehen. (Quelle: Gemini)

** Seligpreisung Jesu, Matthäus 5,9

Dienstag, 6. Mai 2025

Warum? Wozu? hl

Losung: Und Gott, der HERR, antwortete Hiob: "Wo warst du, als ich die Erde gründete und zum Meer sprach: »Bis hierher sollst du kommen und nicht weiter; hier sollen sich legen deine stolzen Wellen!«?" Hiob 38,4.11

Ja, liebe Leserin, lieber Leser,

wo war Hiob damals, der große Leidensmann im Alten Testament? Und wo waren wir, als Gott den Himmel und die Erde erschaffen hat? Als in der Frühzeit der Erdgeschichte ein riesiger Asteroid unseren Planeten getroffen hat und dabei der Mond entstanden ist? Wo waren wir, als zahllose Katastrophen wie Vulkanausbrüche, Erdbeben, sintflutartiger Regenfälle und andere Ereignisse dazu beigetragen haben, dass das Leben wider alle Wahrscheinlichkeit aus kleinsten Anfängen entstanden ist und bis heute besteht?

Der große Zusammenhang

Nein, du musst das alles nicht wissen, um glauben zu können. Aber es schadet auch nicht. Im Gegenteil. Mir hilft es zu ahnen und bisweilen zu verstehen, wie alles zusammenhängt. Alles: Freude und Leid. Krankheit und Gesundheit. Hass und Liebe. Krieg und Frieden. Aber eben auch Entstehen, Wachsen, Blühen, Frucht bringen, Vergehen. Und dass alles zurück in den Urgrund der Schöpfung, in die Hände des Schöpfers geht. Aus denen wir geboren sind. In die hinein wir wieder sterben werden.
Und bei alledem haben wir Menschen seit Jahrtausenden immer wieder Grund zu fragen:

Gebet: Herr, warum darf gerade ich leben und das Licht der Sonne sehen? Und warum muss ich sterben in der Todesnacht? Warum wohnen großes Glück und furchtbares Unglück oft Tür an Tür? Warum darf ich mich freuen? Warum muss ich leiden am Leib und an der Seele? Warum gibt es das Gute nicht ohne das, was ich als böse empfinde? Warum nur? Warum? .....

So hat sich Hiob gefragt und deshalb Gott angeklagt. Er, so sagt die Bibel, ist der Mensch in seinem Glück und zugleich in seinem Schmerz, so wie du und ich: Manchmal himmelhoch jauchzend. Manchmal zu Tode betrübt.
Doch Gott beantwortet in der Hiob-Geschichte unsere Frage nach dem Warum nicht. Er erlöst uns davon. Ja, die Klage und manchmal auch die Anklage ist berechtigt. Aber dass ich ihm danke und ihn lobe für all das Gute, ist mindestens ebenso berechtigt. Und was mich betrifft, habe ich alles in allem mehr, viel mehr Gründe dazu. Hiob selbst sagt am Anfang der Erzählung: "Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen?" (Hiob 1,22) Aber dann kommt es doch so knüppeldick, dass ihm nur noch Jammern und Wehklagen bleibt. 

Was ich daraus lernen kann

Was sollten die ersten Hörer und Leserinnen der Hiobsgeschichte aus alledem lernen? Was soll ich heute aus ihr lernen. Vielleicht das:
— Auf manches Warum gibt es einfach keine Antwort. 
— Auch, was mir unerträglich scheint, muss ich schließlich doch tragen. 
— Hinter manchem Leid kann ich keinen Sinn finden. 
— Und bei dem Entsetzlichen, das Menschen einander antun können, darf ich den Verstand nicht verlieren

Und Gott?

Das alles kann ich aus der Hiob-Erzählung für mich lernen. Das Wichtigste aber wird wohl sein, über alledem Gott nicht zu verlieren. Er ist kein Zuschauer, wenn wir leiden. Er ist in Jesus in die Tiefen menschlicher Angst, Leiden und Schmerzen gekommen, in Todesangst und Qualen. Er teilt unser Schicksal - um bei uns zu sein. 

Warum gibt es Leid? Ich weiß es nicht. Wozu? Leid hat keinen Zweck. Es gehört für alle Geschöpfe von Anfang an zum Leben. Wo es nicht anders geht, muss ich es aushalten und zugleich das Leiden anderer lindern so gut ich kann. Und schließlich will ich vertrauen, dass Gott weiß, was ich nicht weiß. Dass er schafft und geschehen lässt, was ich nicht verstehe (Losung). Dass er mich in Jesus durch alle Höhen und Tiefen begleitet bis ich wieder ganz bei ihm bin, wo alles begonnen hat.

Gedicht:
Menschen gehen zu Gott in ihrer Not,
flehen um Hilfe, bitten um Glück und Brot
um Errettung aus Krankheit, Schuld und Tod.
So tun sie alle, alle, Christen und Heiden.

Menschen gehen zu Gott in Seiner Not,
finden ihn arm, geschmäht, ohne Obdach und Brot,
sehen ihn verschlungen von Sünde, Schwachheit und Tod.
Christen stehen bei Gott in Seinen Leiden.

Gott geht zu allen Menschen in ihrer Not,
sättigt den Leib und die Seele mit Seinem Brot,
stirbt für Christen und Heiden den Kreuzestod,
und vergibt ihnen beiden.
Dietrich Bonhoeffer: Christen und Heiden (Juli 1944)

Herzliche Grüße,
Ihr / dein Hans Löhr

Start in den Tag hl

 Mein Morgengebet:

(Hände in Kopfhöhe):

Vater im Himmel, 


(Arme mach oben):

Komm zu mir in deiner Kraft.


(beide Hände auf den Kopf):

Schütze mich mit deiner Macht. 


(Hände in Hüfthöhe öffnen und nach oben): 

Mit deinem Segen fülle mich. 


(Arme um den Oberkörper legen):

In deine Liebe hülle mich. 


(beide Hände auf's Herz legen):

Bleib bei mir in Jesu Namen.


(Arme weit öffnen):

Du bist meine Freude. Amen


Herzliche Grüße,

Ihr / dein Hans Löhr