Kirchweihpredigt von Hans Löhr. Sommersdorf 2019.
Liebe Gemeinde,
Hand aufs Herz, woran denkst du als Erstes bei dem Wort Kirchweih? An die Kirche? Bestimmt nicht. Machen wir uns nichts vor, die Kirche oder der Kirchweihgottesdienst hat auf einer fränkischen Kerwa noch nie eine besondere Rolle gespielt. Ich denke auch erst daran, seitdem ich Pfarrer bin und mich Jahr für Jahr auf Kirchweihgottesdienste vorbereite.
Meine frühesten Kirchweihfeste, an die ich mich erinnern kann, waren in Neuendettelsau. Und wenn da meine Eltern gesagt haben, wir gehen auf die Kirchweih, dachte ich ans Karussellfahren und an die Stände mit billigem Spielzeug und Süßigkeiten: Klebrige Waffeln, Bärendreck (Lakritz), Kokosbrocken, Wasserpistolen, Windrädchen und mit Sägespänen gefüllte Bälle an einer Gummischnur. Als Jugendlicher dachte ich an die Schießbude, an den Autoscooter und an die Mädchen, die man auf dem Kirchweihplatz treffen konnte. Aber an die Kirche geschweige denn an den Gottesdienst dachte ich nicht.
Irgendwie scheinen Kirche und Rummelplatz mit Karussell und Bierzelt nichts miteinander zu tun zu haben. Warum eigentlich? Ist denn Kirche so freudlos und lustfeindlich? Früher war das so. Und dieses Image, dieser Eindruck wirkt bis heute nach. Aber auf Gott konnte und kann sich die Kirche dabei nicht berufen. Und weil es in der Bibel noch keine Kirchweih gab wie wir sie kennen, erzähle ich von einem anderen, einem rauschenden Fest:
Die Geschichte steht im Johannesevengelium: Zwei Tage später, heißt es da, wurde in dem Dorf Kana in Galiläa eine Hochzeit gefeiert. Auch Jesus hatte man mit seinen Jüngern eingeladen. Da ging während des Fests der Wein aus, was für den Gastgeber höchst peinlich war.
Nun gab es im Haus sechs steinerne Wasserkrüge. Man benutzte sie für die Waschungen, die das jüdische Gesetz verlangt. Jeder von ihnen fasste 80 bis 120 Liter. Jesus forderte die Diener auf: »Füllt diese Krüge mit Wasser!« Sie füllten die Gefäße bis zum Rand.
Dann ordnete er an: »Nun bringt dem Mann, der für das Festmahl verantwortlich ist, eine Kostprobe davon!« Die Diener befolgten seine Anweisungen. Der Mann probierte das Wasser: Es war zu Wein geworden! Er wusste aber nicht, woher der Wein kam.
Da rief er den Bräutigam zu sich und hielt ihm vor: »Jeder bietet doch zuerst den besten Wein an! Und erst später, wenn die Gäste schon einiges getrunken haben, kommt der billigere Wein auf den Tisch. Aber du hast den besten Wein bis jetzt zurückgehalten!«
Mit über 700 Litern besten Weines ein Fest zu retten – das war das erste Zeichen, das Jesus setzte und in dem Gottes Liebe zu den Menschen aufblitzte. Seine Freunde, die Jünger, hatten das alles miterlebt und sie fassten immer mehr Vertrauen zu ihm. (Übersetzung: „Hoffnung für alle“ sowie „Willkommen daheim“)
Vielleicht, liebe Gemeinde, passen Kirche und ausgelassenes Feiern wirklich nicht so gut zusammen. Aber Gott und ein rauschendes Fest mit fröhlichen Menschen, mit Musik und Tanz, mit gutem Essen und gutem Wein – das passt auf jeden Fall zusammen. Das ist mir durch jene Geschichte klar geworden, die ich gerade erzählt habe. Jesus, der für uns Gottes Menschenfreundlichkeit und Liebe verkörpert, dieser Jesus hat mit umgerechnet 1000 Boxbeuteln vom besten Wein das Fest gerettet. 1000 Boxbeutel! Wer von euch hat auf seiner Hochzeit so viel Wein ausgeschenkt? Hätten’s nicht hundert Flaschen auch getan oder 50? Hat es unbedingt der beste Wein sein müssen? Hätte es nicht ein Wein für 2,20 Euro die Flasche auch getan? Nein, bei Gott kommt nur das Beste auf den Tisch und das im Überfluss.l
Gottes Großzügigkeit und bedingungslose Liebe, sein weites Herz und seine grenzenlose Gnade – davon hätte man mal in den letzten 2000 Jahren öfter in der Kirche predigen sollen, dann hätte sie bei vielen jetzt nicht den Ruf, langweilig, ernst und freudlos zu sein. Dann würden ihr heutzutage nicht so viele den Rücken kehren. Denn viele versprechen sich nichts mehr von Kirche, von Gottesdienst, von Predigten. Viele kennen gar nicht die neuen Lieder, die wir im Lichtblickgottesdienst singen, und wissen nicht, wie sie beten sollen. Neulich erst hat mir ein alter Schulfreund, der mit Kirche nichts am Hut hat, gesagt:
„Hans, manchmal gehe ich in eine leere Kirche oder Kapelle und zünde für die Menschen, die mir wichtig sind, eine Kerze an. Aber neulich war ich in einer Kapelle und habe zum ersten Mal, wirklich zum ersten Mal in meinem Leben mit meinen eigenen Worten gebetet. Ich habe einfach halblaut vor mich hingesagt, was mich bewegt, was mir wichtig ist, was ich brauche und wofür ich dankbar bin. Keine Ahnung, ob Gott das hört, von dem ich nicht weiß, ob es ihn überhaupt gibt. Aber danach ging es mir richtig gut und ich bin mit einem frohen und leichten Herzen aus der Kapelle wieder hinausgegangen.“
Gut, dass er einen solchen Bau gefunden hat, den andere lange vor ihm, aber auch für ihn errichtet haben.
Gut, dass er einen solchen Bau gefunden hat, den andere lange vor ihm, aber auch für ihn errichtet haben.
Übrigens, unsere Kirche ist auch offen. Und ich kenne den einen oder anderen, der ab und zu mal hineingeht und dann entweder still in der Kirchenbank sitzt, um zur Ruhe zu kommen oder auch betet. Das wär doch mal was für jeden von euch hier, ob ihr glaubt oder nicht. So eine leere, stille Kirche tut einfach gut. Probier‘s einfach mal aus.
Aber unsere Vorfahren haben auch deshalb in unseren Dörfern Kirchen gebaut, weil sie einen Raum haben wollten, wo sie sich Gott nahe fühlten, wohin sie ihre Kinder bringen konnten, damit sie getauft und später, bei der Konfirmation, eingesegnet werden, wo die Paare getraut werden und wo man, wie in der Reichsach-Kapelle, für die Verstorbenen eine Trauerfeier halten kann.
Sie haben eine Kirche gebaut, weil hier gemeinsam über das Ganze nachgedacht wird, über Leben und Tod, über Freude und Leid, über Gelingen und Versagen, ja auch über Schuld und Vergebung. Und das Ganze, von dem in der Kirche die Rede ist, heißt Gott. Denn das glauben wir als Christen, dass er die Welt und auch uns selbst geschaffen hat und dass alles, was wir sind und haben, von ihm kommt.
Sie haben eine Kirche gebaut, weil hier gemeinsam über das Ganze nachgedacht wird, über Leben und Tod, über Freude und Leid, über Gelingen und Versagen, ja auch über Schuld und Vergebung. Und das Ganze, von dem in der Kirche die Rede ist, heißt Gott. Denn das glauben wir als Christen, dass er die Welt und auch uns selbst geschaffen hat und dass alles, was wir sind und haben, von ihm kommt.
Dieser Kirchenraum ist auch ein Zufluchtsort in Zeiten von Not, Krieg und Katastrophen. Wohin sollt ihr denn sonst gehen, wenn ihr von einer Katastrophe getroffen werdet? Wo sollt ihr denn sonst gemeinsam Trost finden? Wo um Hilfe bitten?
Im Gebiet der ehemaligen DDR sind nur noch etwa 15 Prozent Christen. Die anderen sind, was den Glauben betrifft, irgendwas oder gar nichts. Ich erinnere mich an den Amoklauf im April 2002 in Erfurt. Damals sind in einer Schule mehrere Kinder und Lehrer zu Tode gekommen. Bei der Trauerfeier war der Dom in Erfurt brechend voll. 5000 Menschen kamen und suchten Trost und Halt.
Ähnlich war es bei uns am Ende des letzten Weltkrieges und kurz danach, als die Not besonders groß war und viele ihre Väter und Söhne, Männer und Brüder, Nachbarn und Freunde verloren hatten. Auch da waren die Kirchen plötzlich wieder ein Zufluchtsort für viele.
Und noch etwas geschieht im Kirchenraum, was euch, was dir gut tut und neuen Lebensmut gibt. Hier erfährst du, dass du einen Wert und eine Würde hast, die dir niemand nehmen kann. Hier erfährst du, dass dich nicht der Zufall ausgespuckt, sondern Gott selbst geschaffen hat. Hier erfährst du, dass er dich bedingungslos liebt, egal wie du bisher zu ihm gestanden bist und wie du das auch zukünftig halten wirst. Gott sagt zu, bei dir zu sein, still und unaufdringlich und doch spürbar, sodass du ihm sagen kannst, was du auf dem Herzen hast.
Menschen bauen Kirchen, damit ihr Glaube einen festen und vertrauten Ort hat, an dem er gelebt werden kann. Natürlich kann man überall an Gott glauben. Aber wir Menschen sind Gewohnheitstiere und haben nun mal unsere Lieblingsplätze, die wir für bestimmte Dinge immer wieder aufsuchen.
Und so ein Lieblingsplatz zum Gottesdienst-feiern, zum Singen und Beten war zur Zeit der Bibel der Tempel in Jerusalem. Da heißt es im Psalm 27: Um eines habe ich den Herrn gebeten; das ist alles, was ich will: Solange ich lebe, möchte ich im Hause des Herrn bleiben. Dort will ich erfahren, wie gut der Herr es mit mir meint, still nachdenken am heiligen Ort. Er bietet mir Schutz in schwerer Zeit ... In seinem Tempel will ich dankbar für ihn singen.
Was für die Gläubigen in der Bibel der Tempel in Jerusalem war, ist für die Christen in Sommersdorf und den umliegenden Dörfern die Schlosskirche. Sie ist euer Lieblingsplatz zum Singen und Beten. Anders gesagt, auch die Seele braucht Heimat. Und eure Seelen fühlen sich hier daheim. Dazu feiern wir den Kirchweihgottesdienst. Feiere mit. Es wird dir gut tun. Amen
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Hans Löhr / Sommersdorf 5 / 91595 Burgoberbach