Predigt von Hans Löhr (HL) am
letzten Sonntag nach Epiphanias. Predigttext: Psalm 73,23
Liebe Gemeinde,
in der Predigt geht es heute darum, was es für dich bedeutet, dass Gott der Mittelpunkt dieser Welt und deines Lebens ist.
Ist dir heute schon was runter
gefallen? Wenn ja, dann hast du es wahrscheinlich wieder aufgehoben. Aber du
wirst dich kaum gefragt haben, warum Gegenstände immer nach unten fallen und
nicht nach oben. Diese Frage hat sich vor 450 Jahren der Physiker Isaac Newton
gestellt. Der Legende nach lag er unter einem Baum als ihm ein Apfel auf den
Kopf fiel. Da begann er sich zu fragen, warum fällt eigentlich der Apfel immer
nach unten, selbst wenn ich ihn zunächst in die Höhe werfe.
(Kleines Experiment mit Apfel: HL wirft einen von der Kanzel, eine
Kirchenbesucherin / ein Kirchenbesuch fängt ihn auf.)
Und so kam Newton zum Schluss, es muss eine Kraft geben,
die den Apfel und alle anderen Gegenstände nach unten zieht, auch wenn ich sie
zunächst nach oben werfe. Newton nannte sie Schwerkraft und konnte die Stärke
dieser Kraft mit einer mathematischen Formel berechnen.
Jetzt konnte man erstmals erklären, was die Planeten und
somit auch unsere Erde in ihrer Kreisbahn um die Sonne hält und was den Mond in
seiner Bahn um die Erde.
Als Kind habe ich das mit einer vollen Milchkanne
ausprobiert. Ich habe mich dann schnell mit der Kanne gedreht. Mein
ausgestreckter Arm war die Kraft, die die Kanne festhielt. Die Drehbewegung
hielt die Milch in der Kanne. Ich musste mich nur schnell genug mit ihr drehen.
Alles ging gut, sonst hätt es mindestens eine Strafpredigt gegeben.
Albert Einstein hat vor über 100
Jahren noch eine genauere Erklärung für die Schwerkraft gefunden. Doch die erspare ich dir und mir.
Schließlich ist das eine Predigt und kein Vortrag über Physik
Zurück zu den Planeten und zu meiner Milchkanne. Jetzt frage
ich dich: Worum kreist du eigentlich? Was zieht dich in seinen Bann und was hält
dich?
Wir in Sommersdorf / Thann machen, wie alle Menschen, gern die
Dinge zum Mittelpunkt unseres Daseins, die uns erfreuen, zum Beispiel unsere
Familie, auch das, was wir gern tun, oft auch unsere Arbeit. Als Jesus die beiden Schwestern
Martha und Maria besuchte, kreisten Martas Gedanken um die Frage, was muss ich
jetzt alles tun, um meinen Gast anständig zu bewirten? Und so machte sie sich
in der Küche zu schaffen. Für Maria aber stand Jesus im Mittelpunkt. Sie wollte
lieber die Zeit, da er in ihrem Haus war, in seiner Nähe verbringen und ihm zuhören.
Marta missfiel das. Aber Jesus sagte: »Du machst dir immer so viele Sorgen, wie
du alles richtig macht. Deine Schwester aber macht das Richtige und nimmt sich
Zeit für mich« (Lukas 10,38-41). Wir kreisen nicht nur wie Marta um unsere Pflichten, sondern auch um unsere Probleme. Es gibt viele Dinge, worum sich unsere Gedanken drehen.
Oft genug drehen wir uns um uns selbst. Und manchmal lässt uns das alles nachts
nicht schlafen.
Dabei ist doch von jeher Gott der einzige Mittelpunkt,
um den sich alles dreht und nicht um andere Dinge oder Menschen. Er hält alles
in seiner Bahn, die größten Sterne und mein kleines Leben. Und das gilt, ob du
das weißt oder nicht, ob es dich interessiert oder nicht. Der Mond denkt sich,
wenn er denn denken könnte: 'Wieso? Ich kreise doch um die Erde und nicht um die
Sonne.' Aber er vergisst, dass er gemeinsam mit der Erde auch um die Sonne
kreist. Und so geht es auch mir immer wieder. Meine Gedanken und Aktivitäten
kreisen um alles Mögliche. Darüber verliere ich Gott aus den Augen und schaue
nur noch auf das, was mich im Augenblick in seinen Bann zieht. Kein Wunder,
dass ich mir dann Sorgen mache über private Dinge genauso wie über den Zustand
dieser Welt. Aber zur selben Zeit, jetzt in diesem Augenblick, hält mich Gott,
lebe ich in seinem Kraftfeld und werde von ihm gehalten. In der Bibel, im Psalm
73 Vers 23 heißt es dazu: »Was auch geschieht, du hältst mich bei meiner rechten
Hand.« Und im Psalm 71 steht: »Ja, seit meiner Geburt bist du mein Halt. Vom
ersten Tag an hast du für mich gesorgt. Ich will dich loben mein Leben lang.«
Darum sage ich jetzt nicht nur zu
mir, sondern auch zu dir:
Corona? – Gott hält dich. Ukraine-Krise? Gott hält dich. Klimawandel? Gott hält
dich. Steigende Energiepreise? Gott hält dich. Familiäre Sorgen? Gott hält dich.
Schwierigkeiten auf der Arbeit? Gott hält dich. Gesundheitliche Probleme? Gott
hält dich. Ja, wir kreisen um unsere Probleme wie der Mond um die Erde. Doch
zugleich kreisen wir um Gott. Er ist und bleibt unser Mittelpunkt und unser
Halt. Und er hält uns umso fester, je turbulenter die Zeiten sind. Dafür will auch ich ihn loben mein Leben lang. Und vielleicht machst du mit.
In einem alten Lied heißt es dazu:
„Tobe, Welt, und springe; / ich
stehe hier und singe / in gar sichrer Ruh. / Gottes Macht hält mich in acht, / Erd
und Abgrund muss verstummen / ob sie noch so brummen.“
Wir beide, du und ich, sind bei
alledem von ihm gehalten, im Glück wie im Unglück. Würde ich mir das nur öfter
klarmachen, ich würde leichter leben.
Ich glaube sagen zu können, dass man
einem Menschen anmerkt, wenn sein Mittelpunkt Jesus Christus ist und er sich
nach ihm richtet, wenn er sich von seiner Kraft gehalten weiß. Man sieht ihm das
nicht an der Nase an, aber man spürt das an seinem Verhalten.
In unserer Gemeinde gibt es solche
Menschen. Oft sind es die, die das selbst gar nicht wissen, die einfach so ohne
jede Absicht eine Wohltat für andere sind. Und dabei musst du gar kein
vorbildliches Leben führen und mit missionarischem Eifer anderen auf die Nerven
gehen. Ich glaube, es genügt, wenn ich einem Menschen abspüre, dass er auf Gott
vertraut. Dann kann ich ihm trauen. Dann geht mir in seiner Gegenwart das Herz
auf und ich fühle mich gut.
Zum Schluss noch ein tröstliches Wort. Manche, vielleicht
sogar viele von euch haben jetzt das Gefühl, dass sie zwar um alles Mögliche
kreisen, aber nicht um Christus, nicht um Gott. Mir geht es doch nicht anders.
Die meiste Zeit des Tages bin ich mit meinen Gedanken wer weiß wo. Aber muss ich
deswegen ein schlechtes Gewissen haben? Wir Menschen sind nun mal so. Doch eines sollten wir wissen, besser: darauf sollten wir vertrauen, dass wir
trotzdem um Gott, um unsere Sonne kreisen, auch wenn wir das nicht erkennen.
Wir sind wie der Mond, der um die Erde kreist und meint, sie habe
die Kraft, ihn festzuhalten. Aber in Wirklichkeit wird der Mond zusammen mit
der Erde von der Sonne gehalten und kreist um sie.
Nein, ein schlechtes Gewissen muss
niemand haben, wenn ihn andere Dinge in Bann ziehen. Aber schade ist es schon,
wenn mir nicht bewusst ist, was mich mit allen anderen Dingen der Schöpfung
wirklich hält und worauf ich mich verlassen kann. Dein und mein Kraftzentrum
sind nicht unsere Sorgen und auch nicht unser kleines Glück oder worum wir
sonst kreisen. Die Kraft die uns hält, ist der heilige und lebendige Gott, ist
seine bedingungslose Liebe, die uns in Jesus begegnet. Amen