Losung: Lass ab vom Bösen und tue Gutes; suche Frieden und jage ihm nach. Psalm 34,15
Lehrtext: Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Ehre. Römer 15,7
Liebe Leserin, lieber Leser,
"Tut Gutes!", heißt es heute in der Losung. Das sagt sich so leicht. Aber was ist das genau, das Gute? „Sind wir uns halt wieder gut“, sagt die Frau zu ihrem Mann nach einem Streit - oder er zu ihr. Offenbar heißt „gut sein“ auch, miteinander gut auskommen und im Frieden leben. Kannst du zustimmen, wenn ich sage: Im Frieden leben heißt, dass sich nicht einer auf Kosten des anderen durchsetzt, sondern jeder immer wieder ein Stück zurücksteckt. Dass man nicht auf seinen Maximalforderungen besteht, sondern den Kompromiss sucht, mit dem beide leben können, ohne ihr Gesicht zu verlieren. Und das bedeutet natürlich auch, miteinander im Gespräch zu bleiben, sich auch mal auf die Zunge zu beißen und den einen oder anderen aufkommenden Ärger wieder runter zu schlucken. Den »Frieden suchen und ihm nachjagen« (Losung), das muss ich schon wollen und dafür muss ich eben auch etwas tun.
Das gilt nicht nur in der Partnerschaft oder in der Familie. Das gilt auch am Arbeitsplatz, in der Kirchengemeinde und in der Politik. Auch der Friede zwischen Staaten mit unterschiedlichen Interessen ruht auf der Bereitschaft zum Kompromiss und darauf, dass man immer wieder miteinander redet, gerade dann, wenn es Probleme gibt. Die beste Voraussetzung für den Frieden im Kleinen wie im Großen ist, wenn es für beide Seiten eine WIN-WIN-Situation gibt, wie es neudeutsch heißt. Wenn also beide dem Kompromiss etwas Gutes abgewinnen können und niemand als Verlierer den Schauplatz verlassen muss.
Dazu gehört auch, was der Apostel Paulus in seinem Brief an die Christen in Rom schreibt (Lehrtext). Er fordert sie und somit auch mich auf, den anderen erst einmal so anzunehmen, wie er ist und ihn nicht schon wieder anders haben zu wollen. Wer Kinder in der Pubertät hatte, weiß, dass das der Königsweg zu einem gedeihlichen Miteinander in der Familie ist. Natürlich hätte ich gerne, dass mein Sohn oder meine Tochter so ist, wie ich mir das vorstelle. Aber meine Eltern hätten das auch gern gehabt und mussten Geduld mit mir haben so wie ich mit meinen Kindern. Sie sind nun mal nicht ich. Gott weiß, warum er sie als einzigartige Menschen geschaffen hat, die eben so sind wie sie sind. Und er weiß auch, was einmal aus ihnen wird, wie sie sich entwickeln werden, was noch alles bei ihnen zum Vorschein kommt.
Von Jesus Christus glaube ich, dass er mich auch heute noch so annimmt, wie ich bin trotz meiner Schwächen und meines Versagens. Aber das habe ich jetzt falsch ausgedrückt. Nicht „trotz“, sondern wegen meiner Schwächen und meines Versagens. Er weiß, dass ich seine Liebe brauche. Er weiß, dass ich mich nur dann positiv ändern kann, wenn er mich annimmt und mir den Rücken stärkt.
Das heißt in der Sprache des Glaubens „Gnade“. Sie gehört zu den zentralen Einsichten Martin Luthers, dessen Reformation heute auf den Tag genau vor 500 Jahren mit der Veröffentlichung der 95 Thesen begonnen hat. Er hatte In der Bibel wiederentdeckt, was solange verschüttet war, dass jeder durch Jesus von Gott angenommen ist noch bevor ein Mensch etwas dazu tun kann. Das ist die frohe Botschaft, das „Evangelium“. Und, liebe Leserin, lieber Leser, diese Botschaft ist deshalb froh, weil Gott nicht erst auf unseren Sünden herumreitet bis wird demoralisiert im Dreck liegen, um uns dann da wieder herauszuholen. Sie ist deshalb froh, weil er uns nicht nach Menschenart gönnerhaft sagt: „Ich nehme dich an trotz deiner Sünde und trotz deines Versagens". Damit würde er mir nur ein schlechtes Gewissen machen. Die Botschaft ist froh, weil sie mich froh und frei macht, weil Gott mir damit sagt: „Ich liebe dich egal, was gewesen ist, weil du mein Kind bist und bleibst. Denn alles, was du brauchst, um ein freier und froher Mensch zu sein, ist Liebe: „All you need is love!" - Immer und überall.
Gebet: Herr, das wär's, wenn ich andere so annehmen könnte, wie du mich annimmst, so bedingungslos, voraussetzungslos und vorurteilsfrei, so „voll Wärme und Licht im Angesicht“. Aber ich kann das nicht. Ich kann es deshalb nicht, weil ich ja nicht einmal mich selbst so annehmen kann. Weil ich nicht einmal mich selbst so lieben kann, wie du mich. Umso mehr brauche ich dich, dass du mich mit deiner Liebe zum Guten veränderst. Erhalte mir den Glauben, dass du das tust und ich mich darauf fest verlassen kann. Amen
Herzliche Grüße
Hans Löhr
Nachtrag: Oh Boy, 50 Jahre ist es her, dass diese Hymne, dass "All you need is love" veröffentlicht wurde und ich damals vor dem Schwarzweiß-Fernseher saß mit einem dicken Kloß im Hals, weil mir die Beatles aus dem Herzen sangen.