Liebe Freunde,
soll nur einer
sagen, wir Franken wären nicht einfallsreich. So gibt es seit kurzem für das Smartphone,
den kleinen Taschencomputer, mit dem man nicht nur telefonieren, sondern noch alles
Mögliche machen kann, den schönen fränkischen Ausdruck: Wischkästla.
Heutzutage muss ja
jeder so ein Wischkästla haben, wenn er gerade mal 10 Jahre alt ist. Und selbst
Rentner können darauf nicht verzichten, wenn sie mit
den Jüngeren noch mithalten wollen.
Wie unschwer zu
erraten, habe also auch ich so ein Ding. Am Donnerstag hat mir jemand ein
Foto auf mein Wischkästla geschickt und darunter geschrieben: „Jesus in der
Abstellkammer.“ Man sieht auf dem Bild allerlei
Gerümpel und dazwischen ein paar Kreuze, die irgendjemand entsorgt hat, weil er sie
nicht mehr braucht und weil man heutzutage niemandem mehr ein Kruzifix schenken
will. Also füllen sich die Abstellkammern in unserem Land zunehmend mit Kreuzen.
Ab und zu, wenn auch sehr selten, bringt jemand so ein
Kruzifix ins Pfarrhaus, weil er sich scheut, es wegzuwerfen. Er hofft dann,
dass der Pfarrer schon irgendwie eine Verwendung dafür haben werde. Aber das
ist wie ‚Holz in den Wald tragen‘. Und was mach ich? Offengestanden, ich stell es dann zu den
anderen Kreuzen, die schon meine Vorgänger geschenkt bekommen haben, auf den
Dachboden. Auch ich habe eine Hemmung, ein Kruzifix einfach in den Mülleimer zu
werfen.
Also stehen nun diese
Kreuze und Kruzifixe entweder auf dem Dachboden oder in der Abstellkammer.
Warum mir der Bekannte dieses Foto geschickt hat, weiß ich nicht. Ich habe kurz
überlegt, was ich ihm antworten könnte und hab dann folgendes
zurückgeschrieben:
„Jesus in der
Abstellkammer? – Ja, da will er auch sein zusammen mit den Menschen, die von
anderen als Gerümpel angesehen werden, weil sie nicht so viel her machen oder
nicht mithalten können und deshalb in die Abstellkammern der Gesellschaft
verbannt worden sind. Dein Bild regt mich an, darüber mal zu predigen
vielleicht schon am nächsten Sonntag.“ Und das geschieht jetzt. Ihr habt also
diese Predigt jenem Bekannten zu verdanken.
Ja, liebe
Gemeinde, so war das schon als Jesus auf der Erde war. Er hat insbesondere die
Menschen in den Rumpelkammern der damaligen Gesellschaft aufgesucht, um ihnen
dort nahe zu sein und zu helfen.
So wurde ihm zum
Beispiel vorgeworfen, dass er sich zu Fressern, Weinsäufern und Huren an den
Tisch setzt, um mit ihnen zu essen. Dass er sich also mit Sündern gemein macht.
Ja, das hat er getan. Ganz bewusst. Er suchte Menschen auf, die am Rande der
Gesellschaft leben mussten und als verloren galten. Darum ging er auch zu den Lepra-Kranken,
die man in den Schluchten und Wüsten ausgesetzt hatte und die deshalb ‚Aussätzige‘
hießen. Er gab sich mit Geisteskranken ab, um die viele einen Bogen machten. Er
kümmerte sich um Blinde und Verkrüppelte und immer wieder um Menschen, die man
Sünder nannte, weil sie aus dem Rahmen fielen.
Seine Jünger, und damit auch uns hier, hält er dazu an, sich um die Menschen in den Abstellkammern
zu kümmern, um die Hungrigen und Einsamen, um die Kranken und Gefangenen, um
die Obdachlosen und Ausländer und fügt den Satz hinzu, der wie ein Stolperstein
in unserem Weg liegt: »Was ihr einem von diesen meinen geringsten Brüdern und
Schwestern Gutes tut, das tut ihr mir.«
Und dann, liebe
Freunde, wurde unser Herr Jesus Christus selbst als Gerümpel, als Abfall verachtet.
Man hat ihn bespuckt, beleidigt, gequält und schließlich zwischen zwei anderen Abfallmenschen ans Kreuz gehängt. Da konnten dann die braven Bürger von
Jerusalem ihm noch einmal ihre ganze Verachtung zeigen. Er hatte ja keine
Möglichkeit mehr, sich zu wehren.
Ja, so war das:
Gott, der Herrscher des Universums, der sich den Menschen in dem kleinen Kind
in der Krippe zeigt, endet in unserer Welt als Abfall am Kreuz. Das ist die
Wahrheit über ihn und letzten Endes auch über uns. Denn wer von uns könnte
schon seine Hand dafür ins Feuer legen, dass er damals, hätte er in Jerusalem
gelebt, sich anders verhalten hätte als die Menschen, die Jesus gekreuzigt haben?
Und nun, 2000
Jahre später, wird Jesus am Kreuz in Gestalt eines Kruzifixes wieder in eine
Abstellkammer abgeschoben, dorthin, wo diejenigen, die mit ihm nichts anfangen
können, meinen, dass er hingehört; dorthin, wo er in dieser Welt schon immer
war und sein will: Nicht als Dekoration für die Mächtigen und Reichen, sondern
als Zeichen für diejenigen, die sich selbst am Rand der Gesellschaft erleben,
die sich selbst abgestellt, ja weggeworfen vorkommen.
Und wie ist das
nun mit dir und mir? Hören wir das mit mehr oder weniger Interesse? Oder spüren
wir auch ein wenig Betroffenheit, weil vielleicht jeder schon einmal erlebt hat,
dass er plötzlich nicht mehr dazu gehörte und an den Rand gedrängt worden ist?
Hand aufs Herz,
wer ist denn schon so selbstsicher, wie er sich nach außen gibt? Wie sieht‘s
denn wirklich in uns aus?
· Da lebst du
vielleicht schon seit vielen Jahren in einer Partnerschaft und musst merken,
dass der andere an dir kein Interesse mehr hat.
· Da hast du
vielleicht eine alte Mutter, die dich noch immer von oben herab behandelt wie
du von ihr schon als Kind behandelt worden warst.
· Da spürst du, wie
du immer mehr an den Rand der Gesellschaft gerätst, weil du jetzt eben nur
noch ein Rentner bist, von dem man sich nichts mehr erwartet und der auch
keinen Einfluss mehr hat.
· Da hast du den Eindruck, dass dich die Eliten des Staates vergessen haben und es ihnen egal ist, wie es dir geht und was du denkst,
· Da bist du
tagsüber der starke Mann. Aber nachts wachst du mit Angstschweiß auf der Stirn
auf und machst dir Sorgen, was wohl wird, wenn du richtig alt bist, wenn du
dann vielleicht völlig auf andere angewiesen bist, weil du dir selbst nicht
mehr helfen kannst oder wenn du gar dement bist?
· Andere machen sich
Sorgen um ihre Kinder oder Enkel.
· Andere um ihre
Gesundheit.
· Andere um ihren
Arbeitsplatz, um ihre finanzielle Situation,
· oder sie fühlen
sich schlecht, weil sie im Leben das nicht geschafft haben, was sie sich
vorgenommen hatten, weil sie versagt haben oder schuldig geworden sind und was
auch immer.
Da kann es dann
schon sein, dass du dich in der Abstellkammer des Lebens vorfindest, während
die Musik woanders spielt.
Aber da kann es
auch sein, dass dir zum ersten Mal in deinem Leben Gott so richtig nahe kommt
und du verstehst, warum Jesus für den Glauben so wichtig ist.
· Mögen andere dich
zur Seite schieben. Er tut‘s nicht.
· Mögen andere dich
irgendwo abstellen. Er tut‘s nicht.
· Magst du für
andere nur noch Luft sein. Für ihn bist du der Mensch, den er liebt und für den
er da sein will.
· Er lässt dich
deinen Wert, den du bei Gott hast, erkennen.
· Er achtet deine
Menschenwürde, die dir niemand nehmen darf, weil Gott sie dir gegeben hat.
· Er kann deinem
Leben einen neuen Sinn geben und dich erkennen lassen, dass du noch immer allen
Grund hast, dankbar zu sein und dich deines Lebens zu freuen.
Am Freitag wurde
Donald Trump als 45. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt. Er ist nun
der mächtigste Mann der Welt. Vor der Vereidigung hat er, wie es in den USA
üblich ist, einen Gottesdienst besucht. Ob er sich darüber Gedanken gemacht
hat, zu wem er da in die Kirche kam? Ob er das Bild des Gekreuzigten angeschaut
und in ihm den Menschen gesehen hat, der von den Mächtigen verfolgt, verhaftet,
gefoltert, verurteilt und hingerichtet worden ist? Ob er in diesem Menschen den
Welterlöser erblickt hat, auch seinen ganz persönlichen Erlöser? Ob er nur ein
für ihn nichtssagendes Ritual absolviert hat oder ob er Jesus Christus demütig
um seine Hilfe, um seinen Geist, um seinen Segen gebeten hat?
Ich weiß es nicht.
Aber ich weiß,
dass sich Jesus in erster Linie nicht bei den Milliardären, bei den Mächtigen, bei
den Schönen, bei den Berühmten aufgehalten hat, sondern bei den Menschen in den
gesellschaftlichen Abstellkammern, bei den Geringsten von seinen Brüdern und
Schwestern.
Ich weiß, wer ihn
dort nicht suchen will, wird ihn nirgends finden. Ich weiß, dass das auch für
mich gilt.
Ich weiß aber auch,
dass alle diese Menschen, die sich im Licht der Öffentlichkeit sonnen, ihre
Schattenseiten haben. Und dass nicht wenige von ihnen insgeheim ihre
Abstellkammer-Erfahrungen machen, von Abstiegsängsten geplagt werden, von
Verlustängsten, vom Neid der anderen und von ihren ganz persönlichen Schwächen
und geheimen Niederlagen. Auch Donald Trump.
Und wenn er dann in seiner
privaten Abstellkammer sitzt, so muss auch er nicht einsam sein, wenn er will,
wenn er bereit ist, sich vor Jesus auf eine Stufe zu stellen mit den Illegalen
aus Mexiko, den kriminellen Schwarzen aus den Gettos, den Schwulen aus San Francisco, den Menschen, die den Arzt nicht bezahlen können, mit seinen
politischen Gegnern und allen, die er in der Öffentlichkeit angegriffen hat und
die er am liebsten in die Abstellkammern seines Landes abschieben möchte.
Jesus in der
Abstellkammer? Ein gutes Bild, ein wichtiges hat man mir da auf mein
Wischkästla gesendet. Es hilft mir zu verstehen, wer Gott ist, was er will und wo er sich finden lässt. Amen
Hans Löhr
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