Donnerstag, 31. Mai 2018

Der Faustgruß (Fist Bump) hl

​​Losung: Ich weiß, dass der HERR des Elenden Sache führen und den Armen Recht schaffen wird. Psalm 140,13 

LehrtextSelig seid ihr Armen; denn das Reich Gottes ist euer. Lukas 6,20

Liebe Leserin, lieber Leser,

gestern bin ich über eine große Fußgängerbrücke gelaufen, auf der ein vielleicht 40-jähriger, beinamputierter Mann im Rollstuhl saß und bettelte. Ich dachte mir: Nein, dem gebe ich jetzt nichts. Der ist in unserem Sozialstaat, nicht zuletzt auch durch meine Steuern, so gut abgesichert, dass er leben kann und medizinisch versorgt wird. Ich hab dann die Passanten beobachtet, die ihn erst aus dem Augenwinkel anschauten und dann gleich woanders hinblickten. Doch hin und wieder hat er auch etwas bekommen. Ich ging weiter und wusste nicht so recht, ob ich mich jetzt richtig verhalten hatte oder nicht.
     Auf dem Rückweg war er immer noch da. Ich ging nahe an ihm vorbei, schaute ihm in die Augen und lächelte. Doch es war offensichtlich, dass er von mir nichts bekommen würde. Da lächelte er zurück und  hielt mir seine Faust zum Faustcheck hin, so wie der ehemalige US Präsident Obama seine Anhänger und Freunde lässig begrüßt. Ich nahm an und wir stießen die Faust zusammen. Was er dabei dachte, weiß ich nicht. Mir jedenfalls ging es gut damit. Und ich hatte beim Weitergehen kein schlechtes Gewissen, dass ich ihm kein Geld gegeben hatte.
     Und nun zur heutigen Losung. Wissen wir das wirklich, was da steht? Ist es so, dass Gott sich für die Sache der Elenden einsetzt und den Armen zu ihrem Recht verhilft?
Ich denke, die Antwort hängt davon ab, was ich Gott zutraue. Ist er die „alles bestimmende Wirklichkeit“? Oder gibt es Bereiche in Raum und Zeit, in denen er nicht bestimmt. Ich jedenfalls traue Gott zu, dass er in der Tat alles bestimmt, auch wenn mir das manchmal vielleicht nicht einleuchtet oder ich einfach nicht verstehe, was er auch mit den schrecklichen Dingen zu tun hat, die auf dieser Erde passieren. 
     Ja, was unser Land betrifft, ist es so, dass über die sozialen Absicherungen auch die Elenden ein Existenzminimum haben und vor Gericht in aller Regel auch den Armen Recht zuteil wird. Ja, Gott hat auch damit zu tun, dass es bei uns zur Zeit einen sozialen Rechtsstaat gibt, der auch den Mittellosen zugute kommt. Natürlich meinen viele, sich das auf ihre Fahnen schreiben zu müssen, auf die Fahnen der Parteien und Gewerkschaften und was es sonst noch für Fahnen gibt. Doch ich glaube, dass Gott auch solche Menschen in seinen Dienst nimmt, um anderen zu helfen, selbst wenn ihnen das nicht bewusst ist oder sie von ihm nichts wissen (wollen). 
     „Ja aber zu anderen Zeiten und in anderen Ländern geht's den Elenden und Armen schlecht.“ So könnte nun ein Einwand lauten. Das ist schon richtig. Aber ich lebe hier und versuche mein Leben jetzt mit Gott zusammen zu bringen, zu glauben und zu vertrauen. Bevor ich immer alle möglichen Einwände vorbringe und das Negativ in den Vordergrund stelle, schau ich doch erst einmal auf das, was gut ist und wofür ich dankbar sein kann. Und da ist es nun mal so, dass ich hier und jetzt in einem Land lebe, wo es auch den Elenden und Armen besser geht als je zuvor. Damit will ich nicht sagen, dass es ihnen gut geht. Ich möchte nicht an ihrer Stelle sein. Und ihre Situation ist nach wie vor verbesserungsbedürftig. 
     Im Lehrtext nennt Jesus die Armen selig, was so viel wie ein Glückwunsch ist. Er konnte das sagen, weil er selbst arm war. Ich traue mich das nicht zu sagen, weil ich nicht arm bin und auch nicht sein will. Denn aus meinem Mund klingt dieser Satz zynisch. Vielleicht hat Jesus damit gemeint, dass die Armen täglich erleben, wie sie ganz und gar von Gott abhängig sind und von denen, die seine Barmherzigkeit an sie weitergeben. Vielleicht ist es wirklich so, dass arme Menschen Gott näher sein können als reiche. Denn materieller Besitz kann schon auch eine Mauer sein, die uns von Gott trennt. Und doch, so meine ich, gibt es einen Unterschied zwischen denen, die freiwillig arm sind wie zum Beispiel bestimmte Mönche und Nonnen und denen, die das gezwungenermaßen sind. Denn wer unter seiner Armut leidet, hat ein Recht darauf, dass ihm von denen geholfen wird, die nicht arm sind. Dieses Recht hat ihm Gott verliehen. Und dieses Recht ist meine Pflicht.

Gebet: Herr, du hast ein Herz für die Armen. Wie könnte ich da zu ihnen herzlos sein? Gib mir einen Blick dafür, wer Not leidet und wer meine Zuwendung braucht. Ich danke dir für alle, denen das Elend und die Armut anderer nicht egal sind und die auf bewundernswerte Weise sich einsetzen und helfen. Amen

Herzliche Grüße

Hans Löhr

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 Hans Löhr / Sommersdorf 5 / 91595 Burgoberbach

Mittwoch, 30. Mai 2018

Möbel für die Seele hl

Losung: Lobet den HERRN, alle seine Werke, an allen Orten seiner Herrschaft! Lobe den Herrn, meine Seele! Psalm 103,22 

LehrtextLasst euch vom Geist erfüllen. Ermuntert einander mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern. Epheser 5,18-19 

Liebe Leserin, lieber Leser,

in der Bibel stehen Psalmgebete, die solltest du meiner Meinung nach unbedingt kennen. Dazu gehören der Psalm 23 ganz "Der Herr ist mein Hirte", der Psalm 63,1-9 "Gott, du bist mein Gott, den ich suche", der Psalm 104, 1-24 "Lobe den Herrn, meine Seele! Herr, mein Gott, du bist sehr herrlich", der Psalm 121 ganz "Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen",  der Psalm 139,1-18 "Herr, du erforschest mich und kennest mich", der Psalm 145, 1-18 "Ich will dich erheben, mein Gott" und der Psalm 146 ganz "Halleluja, lobe den Herrn, meine Seele!". 
     Diese Psalmen sollte man ruhig auch mal in einer anderen Übersetzung lesen, zum Beispiel "Hoffnung für alle", dann entdeckt man noch neue Kostbarkeiten. Das ist aus den vielen Psalmworten der 150 Psalmen nur eine kleine Auswahl. Vielleicht hast du Lieblingspsalmen, die ich hier nicht aufgeführt habe. Doch der Psalm, aus dem unser heutiges Losungswort stammt, gehört unbedingt auch dazu, Psalm 103. Hier ein Auszug mit dem Losungswort:

GebetDas Hohelied der Barmherzigkeit Gottes

1 Von David. Lobe den HERRN, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen!
2 Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat:
3 der dir alle deine Sünde vergibt und heilet alle deine Gebrechen,
4 der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit,
5 der deinen Mund fröhlich macht und du wieder jung wirst wie ein Adler .....
22 Lobet den HERRN, alle seine Werke, / an allen Orten seiner Herrschaft! Lobe den HERRN, meine Seele!

Im Lehrtext heißt es, dass man sich gegenseitig mit Psalmen und Lobpreis-Liedern ermuntern kann. Ich füge hinzu: Auch sich selbst kann man so "ermuntern" (schönes altes Wort) und öffnen für den "Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit " (2. Timotheus 1,7).
Lieder, Gebete und Psalmen sind so was wie Möbel für die Seele, in denen man wohnen kann. Mein Eindruck ist, dass viele Seelen obdachlos sind, auch wenn die Körper in schönen Häusern wohnen. Doch eine Seele braucht ein Zuhause, in dem sie geborgen ist. Für mich ist es der Glaube.

Herzliche Grüße

Hans Löhr

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Kleine Übung: Nachdem du das gelesen hast, nimm dir noch ein paar Sekunden Zeit und frage dich: Welchen Gedanken will ich behalten? Dann atme ruhig und tief, schließe die Augen und mach dir bewusst: Jetzt, in diesem Augenblick umgibt mich Gott wie die Luft, die ich atme. Er hält mich mit seiner Kraft, wie die Sonne die Erde in ihrer Bahn hält. Er will auch in mir leben, um mir ganz nah zu sein. Ich öffne mich und lass ihn in mir wirken. So von ihm umhüllt und erfüllt, gehe ich meinen Weg.
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 Hans Löhr / Sommersdorf 5 / 91595 Burgoberbach

Dienstag, 29. Mai 2018

Vertrauensprobe hl

Losung: Nach dem Wort des HERRN brachen die Israeliten auf, und nach seinem Wort lagerten sie sich. 4.Mose 9,18 

LehrtextSimon sprach: Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen; aber auf dein Wort will ich die Netze auswerfen. Lukas 5,5 

Liebe Leserin, lieber Leser,

wenn man die heutige Losung liest, könnte man meinen, dass die Israeliten besonders gottesfürchtig und gehorsam gewesen seien; so als ob sie immer nur das taten, was Gottes Wort ihnen sagte. Doch wir wissen aus der Bibel, dass Mose seine liebe Not mit dem Volk hatte, es auf dem Kurs zu halten, den Gott ihm bestimmt hatte. Man denke nur an den Tanz ums goldene Kalb (2. Mose 32,1-35). Und weil die Israeliten so schwache Menschen waren wie alle Menschen, gab ihnen Gott ein starkes Zeichen, nach dem sie sich richten konnten. Am Tag stand über dem heiligen Zelt eine Wolke und in der Nacht ein Feuerschein. Dann blieben die Israeliten, wo sie waren. Erhob sich aber die Wolke, brachen sie sofort auf und zogen weiter bis die Wolke still stand und sie sich wieder lagerten.
     So ein eindeutiges Zeichen dafür, was Gott will und wie ich leben soll, würde mir auch gefallen. Dann würde es genügen, auf die äußere Wolke zu schauen, statt nach Glauben und Gewissen meine Entscheidungen treffen zu müssen.
     Als Simon Petrus noch Fischer war, stellte Jesus sein Vertrauen zu ihm auf die Probe. Zumindest verstehe ich das so. Er, der gelernte Zimmermann, verlangte von dem Berufsfischer Petrus, dass dieser mit seiner Mannschaft noch einmal auf den See hinausfahren und die Netze auswerfen sollte. Ich stelle mir vor, wie erschöpft und enttäuscht die Fischer nach einer ganzen Nacht erfolglosen Arbeitens gewesen waren. Wie sie endlich ihre leeren Netze wieder gereinigt und geflickt hatten und nur noch den einen Wunsch hatten, zu schlafen und neue Kraft zu schöpfen für die Arbeit in der nächsten Nacht. Darum war es eine große Zumutung, was Jesus von ihnen verlangte, der doch nach menschlichem Ermessen vom Fischen keine Ahnung hatte. 
     Welch große Liebe muss Petrus zu Jesus gehabt haben, dass er ihm diesen Wunsch erfüllte! Und dann wäre fast das Boot gesunken, so viele Fische fingen sie an diesem Tag. Jetzt wusste Petrus, wem er folgen würde. Und er nahm den Auftrag an, künftig nicht mehr Fische zu fangen, sondern Menschen für Jesus und Gottes neue Welt  zu gewinnen.
     Ich glaube, vor allem wir Männer stehen unserem Glauben oft im Weg, indem wir ihn mit dem Argument „Ich weiß es besser“ aussperren. Wir vertrauen dann unserem Verstand mehr als dem Wort Gottes, unserer Vernunft mehr als dem Ruf Jesu. Wir meinen dann, was nicht in unseren Kopf passt, gibt es nicht. Aber der Glaube ist ein Wagnis, dass ich es mit Gott probiere, ihm ohne Netz und doppelten Boden mein Leben anvertraue und Dinge sage und tue, die anderen unvernünftig erscheinen. Und so stellt sich mir immer wieder die Frage: Wem will ich mehr vertrauen? Mir und meiner Kraft, meinem Verstand, meiner Erfahrung oder Gott? Oft ist das gar keine Alternative. Oft passen der Glaube, meine Kraft mein Verstand und meine Erfahrung zusammen. Manchmal aber auch nicht. Dann muss ich mich entscheiden, ob ich noch einmal „auf den See hinausfahre und das Netz auswerfe“. Ob ich bereit bin, Dinge zu beginnen, die nur dann Erfolg haben können, wenn Gott seinen Segen dazu gibt. Ob ich ihn mehr liebe als meinen Stolz.

Gebet: Herr, auch ich hätte gern so eine Wolke über mir, die mir zeigt, wie ich leben soll. Doch du willst mein Vertrauen. Wird es stark genug sein, dir zu folgen? Wird es stark genug sein, geduldig auf deine Hilfe zu warten? Wird es stärker sein als alle Anfechtungen und Zweifel? Ich weiß es nicht. Doch das weiß ich, dass du mein Gottvertrauen stärken musst, damit ich es nicht verliere. Amen

Herzliche Grüße

Hans Löhr 

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 Hans Löhr / Sommersdorf 5 / 91595 Burgoberbach

Montag, 28. Mai 2018

Tränen im Krankenbett hl

Losung: So spricht der HERR: Ich habe dein Gebet gehört und deine Tränen gesehen. Siehe, ich will dich gesund machen. 2.Könige 20,5 

LehrtextLazarus war krank. Da sandten die Schwestern zu Jesus und ließen ihm sagen: Herr, siehe, der, den du lieb hast, liegt krank. Johannes 11,2-3 

Liebe Leserin, lieber Leser,

betest du, wenn du krank bist? Ich schon. Warst du schon mal todkrank wie Hiskia, der König von Juda, von dem im heutigen Losungswort die Rede ist?  Bei mir war das einmal der Fall als ich fünf war. Ob ich damals gebetet habe, weiß ich nicht mehr. Vielleicht hat meine Mutter am Krankenbett mit mir ein Kindergebet gesprochen: "... Kranken Herzen sende Ruh, nasse Augen schließe zu." (siehe unten) Hast du das als Kind auch gebetet? Aber das war bestimmt so, dass meine Mutter für mich gebetet hat und andere vielleicht auch. Meine Patin Marie zum Beispiel. Und vielleicht auch die eine oder andere Diakonissenschwester im Neuendettelsauer Krankenhaus. Damals, so glaube ich, hatte man dafür noch Zeit.
     Ich habe damals auch geweint wie König Hiskia. Mit Schrecken denke ich noch daran, wie der Arzt mein Rückenmark punktiert hat und zwei starke Pfleger mich dabei festgehalten haben, damit ich mich nicht bewegte. Das war blanker Horror. Aber ich habe auch aus Heimweh geweint.
     Hiskia hat geweint, weil er vom Propheten Jesaja zu hören bekam: "Bestelle dein Haus! Regle deine letzten Dinge. Du wirst nicht wieder gesund und musst sterben."  Er, der mächtige und starke König hat geweint. Warum auch nicht. Er musste sich seiner Tränen nicht schämen.
     Und Gott? Er hat die Tränen Hiskias gesehen so wie er die Tränen eines jeden Menschen sieht. Da hat ihm der König leid getan. Hiskia wurde noch einmal so weit gesund, dass er noch einige Jahre lebte.
Ich persönlich bin überzeugt, dass der Glaube nach wie vor eine starke Medizin ist und das Gebet ein wirksames Medikament. Natürlich ist das keine Alternative zur Kunst der Ärzte und zu einer erprobten Arznei. Aber die Medizin heute ist auch keine Alternative zum Glauben und zum Gebet. Am besten wirkt beides zusammen. Gerade die seelischen Kräfte tragen wesentlich dazu bei, dass ein Mensch wieder gesund wird. Ob es heute Ärzte gibt, die ihren Patienten empfehlen, zu glauben und zu beten?
     Aber auch das hilft einem Kranken, dass ihn Menschen, die ihm wichtig sind, besuchen. Darum haben die Schwestern des Lazarus Jesus über den Zustand ihres Bruders informiert. (Lehrtext)
Doch zurück zu den Tränen. Ich habe bei meinen Besuchen als Pfarrer im Krankenhaus manches "gestandene Mannsbild", wie man in Bayern sagt, weinen sehen, vor allem, wenn ich mit dem Patienten gebetet hatte. Da hat sich dann in seinem Innern eine Blockade gelöst und er war bereit, seine Angst zu zeigen, seinen Zustand zu akzeptieren und sich auf den Heilungsprozess einzulassen.
     Und was geschieht mit den Kummertränen, die wir schon geweint haben und noch weinen werden? König David sagt im Psalm 56,9 zu Gott: "Sammle meine Tränen in deinen Krug; ohne Zweifel, du zählst sie." Nein, keine Träne wird umsonst geweint. Keine wird von Gott übersehen. Er zählt jede einzelne. Er weiß, wie es um dich und mich steht. So oft hat er schon geheilt, getröstet und geholfen, auch denen, die ihn nicht kennen. Das war bei Hiskia so. Das war bei mir so. Das war bei dir so. Das wird auch künftig so sein, bis wir einmal alle bei ihm sind und er selbst, der Allmächtige, uns behutsam und liebevoll die Tränen trocknet für immer.

Gebet
1. Müde bin ich, geh' zur Ruh',
schließe meine Äuglein zu.
Vater, laß die Augen dein
über meinem Bette sein. 
2. Hab ich Unrecht heut getan,
sieh' es, lieber Gott, nicht an!
Deine Gnad' und Christi Blut
machen allen Schaden gut. 
3. Alle, die mir sind verwandt,
Gott, lass ruhn in deiner Hand.
Alle Menschen groß und klein,
sollen dir befohlen sein. 
4. Kranken Herzen sende Ruh,
nasse Augen schließe zu.
Gott im Himmel, halte Wacht,
gib uns eine gute Nacht! 
Kindergebet von Louise Hensel (1798 –1876)

Herzliche Grüße

Hans Löhr

Siehe auch die Losungsauslegung vom 20. Juli 2015: Gottes großes Taschentuch 

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 Hans Löhr / Sommersdorf 5 / 91595 Burgoberbach

Sonntag, 27. Mai 2018

Warum liebt dich Gott ? (Predigt) hl

Predigt von Hans Löhr in Reuth, St. Kunigund und Neuendettelsau, St. Nikolai am 27.5.2018

Liebe Gemeinde,

ich möchte heute zu euch über das Thema sprechen „Warum liebt dich Gott?“ Dass er dich liebt, daran solltest du auf keinen Fall zweifeln. Aber warum tut er das? Dazu schaue ich mit euch einen Liedvers genauer an und erzähle die Geschichte von der Puppe Anna. Das alles geschieht im Licht der Bibel und des Glaubens.
In diesen wunderschönen Maitagen muss man einfach die schönen alten Loblieder aus dem Gesangbuch singen wie wir das in diesem Kirchengottesdienst tun. Ich möchte aber nun auf den Kehrvers eines neuen Lobliedes zu sprechen kommen. Es erfreut sich in zeitgemäßen Gottesdiensten wie im ElfvorElf-Gottesdienst im Gemeindehaus (in Neuendettelsau) oder in unserem Lichtblickgottesdienst in der Schule in Burgoberbach großer Beliebtheit. Darum wird es oft gesungen.
Der Kehrvers lautet:
Und ich danke dir, (Gott), dass du mich kennst und trotzdem liebst.
Und dass du mich beim Namen nennst und mir vergibst.
Auf den ersten Blick ist an diesem Vers nichts Besonderes. Aber ich glaube, dass er einen schwerwiegenden Fehler enthält. Vielleicht hat der eine oder andere von euch ihn schon erkannt. Ich werde im Lauf der Predigt darauf zu sprechen kommen, weil ihr dann vielleicht besser versteht, warum mir dieser Vers nicht gefällt.
Doch zunächst will ich von der Puppe Anna erzählen. Das ist schon viele Jahre her, dass meine kleine Nachbarin Tabea damals eine Stoffpuppe mit diesem Namen hatte. Tabea liebte ihre Puppe über alles. Vom Aufwachen am Morgen bis zum Einschlafen am Abend war Anna überall mit dabei. Tabea hat sie auch aufs Klo mitgenommen. Entsprechend mitgenommen sah Anna bald aus. Ihr Kleid war zerrissen, ihr Stoffgesicht war kaum noch zu erkennen, von den Haaren hatte sie auch nur noch die Hälfte auf dem Kopf. Und trotzdem wurde Anna heiß und innig von Tabea geliebt. Sie schien Annas erbärmlichen Zustand gar nicht zu bemerken. Tabeas Mama wollte die verschlissene Stoffpuppe ersetzen und kaufte eine, die genauso wie Anna aussah, nur eben neu war. Eines Morgens also lag die neue Anna auf Tabeas Kopfkissen. Aber was für ein Geschrei kam aus dem Kinderzimmer! Tabea schrie nach ihrer alten Anna. Die neue mochte sie nicht mal anfassen. Für sie gab es eben nur die eine Anna, mit der sie durch dick und dünn gegangen war. Die Puppe war ihr, so wie sie war, ans Herz gewachsen. Denn Anna war für Tabea unverwechselbar. Ihr Geruch, ihr Aussehen, die Macken - alles an der Puppe war einzigartig und durch nichts zu ersetzen.
Und nun frage ich euch: Warum hat Tabea ihre Puppe geliebt? Obwohl oder weil sie so schäbig war?
Noch mal zurück zum Kehrvers aus jenem neuen Lied. Da heißt es:
Und ich danke dir, (Gott), dass du mich kennst und trotzdem liebst.
Und dass du mich beim Namen nennst und mir vergibst.
Weißt du jetzt, was an dem Kehrvers nicht stimmt?
In einem der bekanntesten Bibelworte aus dem Evangelium des Johannes, Kapitel drei Vers 16, heißt es: »So hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn für sie hergab. Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben.« Ich halte fest: Gott hat nicht die Kirche geliebt, sondern die Welt. Für sie hat er seinen Sohn hergegeben, damit alle eine Hoffnung haben.
So weit, so gut. Aber welche Menschen hat er geliebt? Die guten, die braven, die frommen, die anständigen, die tüchtigen und tugendhaften? Sind das die Menschen, die Gott geliebt hat und liebt?
Fragen wir den Apostel Paulus, was er dazu schreibt. In seinem Brief an die Christen in Rom in Kapitel fünf Vers acht heißt es: »Wie sehr Gott uns liebt, zeigt er uns damit, dass Christus für uns starb, als wir noch Sünder waren.« Das, liebe Freunde, gehört zum absoluten Zentrum zumindest des evangelischen Glaubens, dass Gott die Sünder geliebt hat und liebt, solche, die Fehler machen, scheitern, versagen, schuldig werden an ihren Mitmenschen an Gott und an sich selbst. Das sind die Menschen, die Gott liebt, für die Jesus in der Krippe lag und am Kreuz hing und auferstanden ist. Ich weiß nun nicht, ob ihr hier auch dazu gehört. Ob ihr auch solche seid, die an Gott und ihren Mitmenschen scheitern, die nach außen, vor den Leuten, den schönen Schein wahren, wo es aber innen, im Herzen, oft genug erbärmlich ausschaut. Ich jedenfalls gehöre dazu, zu den Sündern, wie die Bibel sagt. Ich gehöre zu denen, die Gott liebt. Aber warum? Obwohl ich ein Sünder bin, oder weil ich das bin? Was meinst du?
Ich sage jetzt, was ich meine und warum ich den Kehrvers aus jenem Lied nicht mag. Gott liebt mich doch nicht, weil ich liebens-wert wäre. Im Gegenteil. Er tut das, weil ich seine Liebe brauche. Wäre ich ein perfekter Mensch, bräuchte ich Gottes Liebe, bräuchte ich Jesus nicht. So aber ist sie wie eine rettende Medizin. Sie heilt meine seelischen Wunden und meinen brüchigen Glauben. Sie heilt meine Seele, die ausschaut wie die Puppe Anna, und macht sie wieder gesund und schön. Ja, das kann Gottes Liebe, die Jesus zu uns gebracht hat und weswegen er so viel auf sich genommen hat, damit wir nicht verloren sind. Seine Gemeinde ist die Gemeinde der geliebten Sünder. Eine andere interessiert ihn nicht. Wer kein Sünder sein will, weil er meint, er würde schon alles richtig machen, der muss sich eine andere Gemeinde suchen, zum Beispiel die große Gemeinschaft, die Mega-Church der Selbstgerechten.
Weil mir aber das Lied, aus dem jener Kehrvers stammt, so gut gefällt, habe ich eine kleine Änderung vorgenommen und ein Wort ausgetauscht. Ich habe das Wort „trotzdem“ durch das Wort „darum“ ersetzt. Nun stimmt der Kehrvers in meinen Augen und heißt:
Und ich danke dir, (Gott), dass du mich kennst und darum liebst.
Und dass du mich beim Namen nennst und mir vergibst.
Herr, du richtest mich wieder auf,
und du hebst mich zu dir hinauf.
Ja, ich danke dir, dass du mich kennst und darum liebst.
Ja, liebe Freunde, Gott kennt dich und mich ganz genau. Ihm brauche ich nichts vorzumachen. Er weiß längst, dass bei mir der Lack ab ist und ich mir im Laufe des Lebens manche Blessuren geholt habe. Doch gerade das macht mich in seinen Augen einzigartig und unverwechselbar so wie die Puppe Anna in Tabeas Augen. Er kennt die Brüche in meinem Leben, sieht die Narben an meiner Seele und weiß, was mir weh tut. Und darum, darum (!) kommt er mit entgegen wie der Vater in Jesu Geschichte dem Verlorenen Sohn entgegenkommt. Und er schließt mich in seine Arme – und dich hier in der Kirchenbank auch. Jetzt ist alles wieder gut und ich kann sagen: Ja, ich danke dir, dass du mich kennst und darum liebst. Amen

Samstag, 26. Mai 2018

Die doppelte Freiheit hl

Losung: HERR, behüte meinen Mund und bewahre meine Lippen! Psalm 141,3 

LehrtextGebt acht: dass die Freiheit nicht zu einem Vorwand für die Selbstsucht werde, sondern dient einander in der Liebe! Galater 5,13 

Liebe Leserin, lieber Leser,

wir beide genießen eine große Freiheit: Freiheit von Krieg, Hunger, Seuchen, Analphabetismus, Verfolgung, Elend, politischer Willkür, religiösem Fanatismus und so weiter. Vielleicht bist du auch frei von Krankheit, Angst,Streit, Einsamkeit, Minderwertigkeitsgefühlen, Partnerschaftsproblemen, Ärger und Sorgen. Wenn das so ist, dann lass dich beglückwünschen, dann gehörst du zu den glücklichsten Menschen auf diesem Planeten. 
     Und trotzdem fehlt noch eine Freiheit, die einen Mensch zum Menschen und einen Christ zum Christen macht: die Freiheit, andere zu lieben, ihnen zu dienen, zu helfen, für sie da zu sein. Darauf weist der Apostel Paulus im heutigen Lehrtext hin. Und noch eine Freiheit fehlt meines Erachtens, die da nicht erwähnt wird, nämlich die Freiheit, Gott zu lieben. 
     Für die Freiheit von etwas, muss man in der Regel gar nicht so viel tun. Für die Freiheit zu etwas muss ich mich entschließen. Doch wenn ich mich aus meiner Bequemlichkeit und „Selbstsucht“ (Lehrtext) aufraffe und auch für andere da bin, dann, so glaube ich, bin ich wirklich ein freier und glücklicher Mensch. Nur schade, dass ich ich mich dazu immer wieder überwinden muss, obwohl ich doch weiß, wie viel Gutes zu mir zurückkommt, wenn ich so frei bin, anderen Gutes zu tun. Und zeigt sich meine Liebe zu Gott nicht auch in der Liebe zu ihnen?
     Die Losung heute deutet darauf hin, wie schnell man sich durch ein unbedachtes Wort schaden und die Achtung von anderen verlieren kann. David, der als Urheber dieses Psalms genannt wird, weiß, dass es mit seiner Selbstbeherrschung so weit nicht her ist. Darum bittet er Gott, ihm zu helfen, seine Zunge zu hüten. Da kann ich mich David voll und ganz anschließen. Aber vielleicht ist auch das eine Freiheit, es zu riskieren, dass man sich mal den Mund verbrennt.

Gebet: Mein Gott, im Glauben bin ich frei gegenüber jedermann. Da bist nur du Herr über mich. Da lasse ich mir von niemandem meinen Glauben absprechen. In der Liebe aber bin ich ein Diener derer, die mich brauchen, in der Familie und darüber hinaus. Erhalte mir die Freiheit zu glauben und zu dienen. Gib mir zum Glauben den nötigen Freimut und zum Dienen die nötige Kraft. Amen

Herzliche Grüße

Hans Löhr

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Freitag, 25. Mai 2018

Warum sich Gott klein macht hl

Losung: Ein Tag des HERRN der Heerscharen kommt über alles Stolze und Hohe und über alles, was sich erhebt, und es wird niedrig sein. Jesaja 2,12 

Lehrtext
: Johannes der Täufer sprach: Bringt Früchte, die der Umkehr entsprechen! Und fangt nicht an, euch zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater. 
Lukas 3,8  

Liebe Leserin, lieber Leser,

ja, so hat sich das der Prophet Jesaja vorgestellt, wenn der „Tag des Herrn“ (Losung) kommt. An seiner Stelle hätte ich das wahrscheinlich auch so getan, wenn mich nicht Gott in Jesus eines Besseren belehren würde. Er erniedrigt nicht, auch nicht die Stolzen und die Hochgestellten. Er setzt niemanden herab. Sondern er tut, was wir an Weihnachten feiern und in dem Lied „Lobt Gott, ihr Christen alle gleich“ (EG 27,3) singen:
Er (ent)äußert sich als seiner G'walt,
wird niedrig und gering
und nimmt an eines Knechts Gestalt,
der Schöpfer aller Ding.
     Damals in Bethlehem, das war „der Tag des Herrn“, der Tag unseres Herrn Jesus Christus. Indem Gott sich in ihm den Niedrigen und Geringen zuwendet, relativiert er „alles Stolze und Hohe“, macht er deutlich, wie hohl und erbärmlich das ist. Mit der Verkündigung der Geburt Jesu an den völlig unbedeutenden Teenager Maria relativiert Gott den Hohenpriester (Papst, Bischof). Mit der Geburt Jesu in Bethlehem relativiert er die Hauptstadt Jerusalem. Mit dem Futtertrog relativiert er die goldene Wiege. Mit dem Stall relativiert er den Königspalast des Herodes. Mit der Engelsbotschaft an die Hirten relativiert Gott alle großen und kleinen Theologen. Er macht sie nicht klein, sondern macht die Hirten groß. 
     Und nun muss ich mich fragen, welchen Eindruck „alles Stolze und Hohe“ auf mich macht. Lasse ich mich davon blenden? Bewundere ich den Glamour und die Prominenz? Beneide ich die Reichen und die Schönen? Die Mächtigen und die Erfolgreichen? Die Stars der Unterhaltungsindustrie und die Helden des Sports? Ja, wenn man ihnen leibhaftig begegnet, ziehen sie schon die Aufmerksamkeit auf sich. Aber wenn man hinter die schönen Fassaden blickt, sieht's auch nicht anders aus als "bei Hempels unterm Sofa". Das behaupte ich nicht. Das habe ich verschiedentlich erlebt.
     Johannes der Täufer warnt im Lehrtext, sich etwas auf sein religiöses Bekenntnis und die Glaubenshelden der Vergangenheit einzubilden. Die Tatsache, dass ich meinem Bekenntnis nach ein „lutherischer Christ“ bin, nützt mir bei Gott garnichts. Und bei den Menschen auch nicht besonders viel. Aber wenn ich einem dreijährigen Kind eine Freude mache, dann freuen sich auch die Engel im Himmel. Und wenn ich dem Paketboten ein Trinkgeld gebe, dann freut er sich und mir tut es gut. Oder meinst du, dass das keine „Früchte sind, die der Umkehr entsprechen“ (Lehrtext)?

Gebet: Herr, du hast dich klein gemacht, damit die Kleinen groß sind. Du warst äußerlich arm, um mich innerlich reich zu machen. Du bist am Kreuz gestorben, damit ich lebe. Du hast alles für mich getan. Alles. Was tue ich für dich? Woran merken meine Mitmenschen, ob mein Glaubensleben fruchtbar ist? ...

Herzliche Grüße

Hans Löhr

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Donnerstag, 24. Mai 2018

Schlüsselgeschichten hl

Losung: Wohl dem, dem die Übertretungen vergeben sind, dem die Sünde bedeckt ist! Psalm 32,1 

Lehrtext Jesus sagt über die Frau: Ihre vielen Sünden sind vergeben, denn sie hat viel geliebt; wem aber wenig vergeben wird, der liebt wenig. Lukas 7,47 

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Geschichte, aus der der heutige Lehrtext kommt, ist eine Schlüsselgeschichte. Sie steht nicht für sich, sondern mit ihr und ähnlichen Schlüsselgeschichten, Schlüsselpsalmen und Schlüsselworten der Propheten (siehe unten) kannst du dir die ganze Bibel erschließen. Sie gibt dir einen Einblick in das Herz von Jesus und damit in das Herz Gottes. Vielleicht sollte man darum solche Geschichten auch Herz-Gottes-Geschichten nennen. Sie zeigen uns sein wahres Wesen. Alles, was sonst in der Bibel im Alten wie im Neuen Testament von und über Gott gesagt wird, muss sich daran messen lassen. Alles, was mit solchen Geschichten vereinbar ist, ist von allergrößter Bedeutung für den Glauben und damit auch für das Leben. Was sonst noch in der Bibel steht und damit nicht vereinbar ist, kannst du getrost hintanstellen. Denn die Tatsache, dass irgendein Wort in der Bibel steht, bedeutet noch nicht viel. Entscheidend ist, ob in ihm Gott aufleuchtet, wie er in Jesus zu uns Menschen gekommen ist und kommt. Das gilt auch für Losung und Lehrtext. Vieles was sonst noch in der Bibel steht, ist vielleicht nützlich und interessant zu lesen. Aber Gebote und Verbote, Laster- und Tugendkataloge und was es sonst noch für moralische Vorschriften gibt, das kannst du auch in anderen Religionen und deren heiligen Büchern finden. Dafür hat es Jesus nicht gebraucht. Aber auch eine Geschichte wie die, auf die der Lehrtext hinweist, bringt dir nicht viel, wenn du sie nur kennst, vielleicht sogar auswendig vortragen kannst oder gar nach allen Regeln der theologischen Wissenschaft auszulegen imstande bist. Das ist bestenfalls eine Vorstufe. Entscheidend ist, dass dich die Schlüsselgeschichten der Bibel im eigenen Herzen berühren. Dann beginnen sie zu leuchten. Dann beginnen sie zu wirken und verändern Menschenleben.
     
Und nun zur Schlüsselgeschichte mit dem heutigen Lehrtext. 
     Eine Hure, eine von den Frauen, die bis heute verachtet werden, sieht in ihrem dunklen Leben plötzlich Licht. Sie hört von einem Mann, der so ganz anders ist als alle anderen zu ihrer Zeit. Sie hört, was er von Gott sagt und wie er mit Menschen umgeht, die am Rand der Gesellschaft leben wie sie, mit solchen, die körperlich und seelisch krank sind oder die man wegen ihres schlechten Rufs Sünder nennt. Vielleicht hat sie sich auch, wie der betrügerische Zachäus (Lukas 19,1-10), einmal unter die Menschenmenge geschmuggelt, um mit eigenen Augen zu sehen, wer und wie Jesus ist. Und dann spürt sie, wie in ihr eine Liebe zu diesem Mann wächst, eine Liebe, die sie sich nicht erklären kann, die sie weinen lässt, wenn sie nur an ihn denkt. Für ihn, so fühlt sie, bin ich nicht Luft. Er verachtet mich nicht. Er stößt mich nicht weg. Er macht mir keine Vorhaltungen und belehrt mich nicht. Vielleicht kann er mein kaputtes Leben heilen. Und die Liebe zu ihm, die in ihr wächst, wird so groß und stark, dass sie ihre Scheu und Angst überwindet. Sie begeht einen unverzeihlichen, gesellschaftlichen Tabubruch. Sie geht trotz ihres schlechten Rufs einfach in das Haus des hochgestellten Pharisäers Simon und zeigt Jesus ihre Liebe und Verehrung. Sie fällt vor seinen Füßen auf den Boden und weint und weint. Sie trocknet mit ihren Haaren die Tränen von seinen Füßen und salbt sie mit kostbarem Salböl. Nein, sie bittet nicht um Vergebung. Sie bittet nicht darum, in die gutbürgerliche Gesellschaft aufgenommen zu werden. Wie sollte sie auch angesichts der Lehre ihrer Religion darauf hoffen können? Alles was sie will, ist, ihm zu zeigen, wie sehr sie ihn liebt, wie wichtig er für sie ist, was er ihr bedeutet. Und Jesus? Er lässt sich diesen zweideutigen Auftritt gefallen. Mehr noch, er stellt die Hure dem ehrenwerten, tadellosen Pharisäer als leuchtendes Beispiel vor Augen, was Liebe ist und was sie vermag und sagt: »Ihre vielen Sünden sind ihr vergeben; darum hat sie mir so viel Liebe erwiesen. Wem aber wenig vergeben wird, der liebt auch wenig.« Zu der Frau sagt Jesus: »Deine Sünden sind dir vergeben. Geh in Frieden. Dein Vertrauen (Glaube) hat dich gerettet!« (Lukas 7,47-50)
     Liebe Leserin, lieber Leser, es ist nicht das Glaubensbekenntnis, das uns rettet und hilft. Es sind nicht die kirchlichen Dogmen. Es ist die Liebe zu Gott wie er sich uns in Jesus zeigt. Es ist die Liebe zu dem, der uns zuerst geliebt hat (1. Johannes 4,19). Es ist deine und meine Liebe, die darauf vertraut, dass Gott uns vorbehaltlos annimmt und eine neue Chance gibt (vergibt). Es ist die Liebe jener Hure mit der auch ich ihn lieben soll und will. So kommt sein heilendes Licht in mein Leben, auch und gerade in meine dunklen Ecken.

Gebet: Herr, deine Liebe heilt. Du schenkst sie allen, die ihrer bedürfen und sich danach sehnen. Du stillst mein Verlangen, verstanden und anerkannt zu werden, Du hältst bei mir aus, hilfst mir meine Lasten zu tragen und gehst mit auf meinem Lebensweg. Du hältst deine schützende und segnende Hand über mir. Das alles erfahre ich, wenn ich dich wiederliebe. Ja, Herr, das will ich. Nichts soll mich daran hindern. Amen

Herzliche Grüße

Hans Löhr

Eine kleine Auswahl biblischer Schlüsselgeschichten, -psalmen, -worte: Psalm 23; Psalm 63; Psalm 139; Psalm 145 (jeweils ohne die Vergeltungswünsche), Jesaja 25; Micha 4,1-5,
Lukas 4,14-44; Markus 2,23-27; Lukas 6,27-35; Lukas 10,25-37; Markus 10,46-52; Lukas 15,11-32; Matthäus 19,13-15; Johannes 8,2-11; Johannes 13,1-15; Kolosser 1,15-17
[auch die Schlüsselgeschichten des Alten Testaments müssen von den Schlüsselgeschichten des Neuen Testaments korrigiert werden. Vergleiche z.B. Lukas 4,16-19 mit Jesaja 61,1-2]

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 Hans Löhr / Sommersdorf 5 / 91595 Burgoberbach

Mittwoch, 23. Mai 2018

Von der Kraft der Geduld und ihrer Grenze hl

Losung: Ein Geduldiger ist besser als ein Starker und wer sich selbst beherrscht, besser als einer, der Städte einnimmt. Sprüche 16,32 

Lehrtext: Lasst uns dem nachstreben, was zum Frieden dient und zur Erbauung untereinander. Römer 14,19  

Liebe Leserin, lieber Leser,

was soll man noch viel zum heutigen Losungswort sagen? Geduld und Selbstbeherrschung gelten seit jeher und überall als Tugenden in nahezu allen Lebensbereichen. Und es bleibt wohl für jeden eine lebenslange Aufgabe, Geduld zu bewahren und sich in Selbstbeherrschung zu üben - für mich jedenfalls. Beide Seelenkräfte kommen eher unscheinbar daher und entfalten doch eine starke Wirkung. Sie entscheiden über Gelingen und Misslingen, Sieg und Niederlage. Ich glaube, dass wir uns ohne sie nicht ertragen und auch nicht lieben könnten und dass Gott das vielleicht auch nicht könnte. Darum spricht man nicht zu Unrecht von der "göttlichen" Geduld, die erst Raum schafft für Barmherzigkeit, Gnade und Liebe. Ein Uhrmacher braucht viel Geduld, ein Schachspieler, eine Gärtnerin. Am meisten Geduld aber brauchen Eltern. Oder braucht man mit sich selbst nicht noch mehr Geduld, täglich und lebenslang? 
     Beherrsche dich selbst und du bist ein König, andernfalls ein Sklave. - Klingt gut, oder? Diesen Satz kannst du bedenkenlos in ein Poesiealbum für kleine Mädchen schreiben. Aber auch Geduld und Selbstbeherrschung haben ihre Grenzen, wenn Missstände nicht mehr länger ertragen werden dürfen. Wir Theologen sprechen gern von Jesus als dem sanften Lamm Gottes, das geduldig "die Sünd' der Welt" trägt. Aber er hat auch in heiligem Zorn die Tische der Geldwechsler im Tempel umgeschmissen und die Händler mit ihren Opfertieren davongejagt und, wie vor seiner Zeit schon der Prophet Jeremia, hat er gebrüllt: "Dieses Haus ist zum Beten für alle da und ihr habt aus ihm eine Räuberhöhle gemacht!"  (Markus 11,17) Das erfuhren die Bischöfe, Pfarrer, Theologieprofessoren und "die Angesehensten des Volkes" (!) und sie, die religiösen und politischen Führer, trachteten danach, dass sie ihn umbrächten (Markus 11,18, Lukas 19,47). 
     Und noch etwas. Hätte es jemals die Reformation gegeben, wenn Martin Luther ein so geduldiger und beherrschter Mensch gewesen wäre? Wenigstens in Ausnahmefällen muss der Geduldsfaden auch mal reißen und muss man der Empörung freien Lauf lassen. Darum sollten auch die Mächtigen die Geduld derer, über die sie Macht haben, nicht allzu sehr auf die Probe stellen.
     Doch, der Apostel Paulus hat schon recht, dass man in der Regel »nach dem streben soll, was zum Frieden dient und zur Erbauung untereinander« (Lehrtext). In der Regel; denn auch Paulus konnte ganz schön heftig und aufbrausend werden.

Gebet: Herr, ich danke dir für die Geduld, die du mit mir hast. Ich hätte sie nicht. Doch du bist langmütig und barmherzig. Du verstehst und verzeihst. Das soll mich motivieren, mit meinen Mitmenschen und mit mir selbst geduldiger zu sein. Gib mir die Weisheit zu unterscheiden, wann Geduld nötig ist und wann sie ein Ende haben muss. Amen

Herzliche Grüße

Hans Löhr

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Alle bisherigen Losungsauslegungen kann man hier im Internet-Blog nachlesen: <http://glaubenswachstum.blogspot.com/>
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 Hans Löhr / Sommersdorf 5 / 91595 Burgoberbach

Dienstag, 22. Mai 2018

Von der Kraft der Schwachen hl

Losung: Wenn ich schwach bin, so hilft mir der HERR. Psalm 116,6 

LehrtextPaulus schreibt: Darum will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, auf dass die Kraft Christi bei mir wohne. 2.Korinther 12,9 

Liebe Leserin, lieber Leser,

     als meine Kinder klein waren und beim Spazierengehen müde wurden, habe ich sie öfter, wie das ein Vater eben so tut, auf meinen Schultern getragen. Sie hatten kein Problem damit, sich und mir ihre Schwäche und Müdigkeit einzugestehen. Sie haben sich einfach darauf verlassen, dass sie schon getragen werden, wenn die Kräfte sie verlassen.
     Warum nur tun wir Erwachsene uns so schwer, in Gegenwart anderer auch mal schwach zu sein bzw. Schwäche zu zeigen? Gerade Männer beißen lieber die Zähne zusammen und leiden als sich oder anderen einzugestehen, dass sie im Grunde nicht mehr können. Schließlich will man ja kein Weichei sein, kein Softie, kein Warmduscher oder wie die Ausdrücke alle heißen, sondern ein echter Kerl. Ich kenne das auch von mir. Besonders intelligent ist ein solches Verhalten nicht, weil man weder sich noch anderen nützt, wenn man sich überfordert hat. Aber wann sind wir Männer schon intelligent, wenn sie meinen, anderen imponieren zu müssen?
     Gott jedenfalls brauche ich bestimmt nicht zu imponieren, am wenigsten mit meiner Kraft. Vor ihm darf jeder schwach sein. Auf ihn darf jeder vertrauen, dass ihm dann geholfen wird. Denn was ein menschlicher Vater kann, kann unser himmlischer Vater sowieso. Er hat uns bisher immer wieder getragen gerade dann, wenn wir das gar nicht gemerkt haben. Er wird das auch in Zukunft tun. Wie heißt es in der Bibel? So spricht der Herr: „Ja, ich will euch tragen bis ins Alter und bis ihr grau werdet. Ich will es tun, ich will heben und tragen und erretten.“ (Jesaja 46,4)
     Den Apostel Paulus im heutigen Lehrtext verstehe ich so, dass man auch mal schwach sein können muss, um die Kraft Jesu Christi zu spüren genauso wie man beim Beten auch mal schweigen muss, um Gott reden zu hören. Paulus hat am eigenen Leib erfahren, was Jesus Christus gesagt hat und was seitdem viele getröstet hat: »Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.«

Gebet: Herr, du hast mir dein Versprechen gegeben, dass du mich tragen willst bis an mein Lebensende. Darauf verlasse ich mich wie sich meine Kinder darauf verlassen haben, dass ich sie trage, wenn sie nicht mehr können. Meine Kraft ist begrenzt. Mit ihr komme ich nicht weit. Aber dein ist die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Daraus schöpfe ich immer wieder neue Energie und Zuversicht. Amen

Herzliche Grüße

Hans Löhr

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 Hans Löhr / Sommersdorf 5 / 91595 Burgoberbach

Montag, 21. Mai 2018

Bin ich ein Christ? hl

Losung: Wer dem Geringen Gewalt tut, lästert dessen Schöpfer. Sprüche 14,31 

LehrtextEure Güte lasst kund sein allen Menschen! Der Herr ist nahe! Philipper 4,5 

Warnung! Nicht weiterlesen, wenn du in den heutigen Bibelworten Trost und Erbauung suchst!

Liebe Leserin, lieber Leser,

ungefähr 2500 Jahre ist unser Losungswort alt. Lassen wir die ersten 500 Jahre mal beiseite und nehmen nur die letzten 2000 Jahre Christentum. Wie verhielt es sich da mit der Gewalt gegen Geringe? (Losung)
- Im allerchristlichsten Russland waren die Bauern bis Anfang des 20. Jahrhunderts Leibeigene der adeligen Großgrundbesitzer, die man nach Lust und Laune ausbeuten, schlagen und nach Sibirien deportieren konnte. 
- In den allerchristlichsten Südstaaten der USA wurden offiziell bis ins 19. und inoffiziell bis ins 20. Jahrhundert Menschen aus Afrika versklavt, mit Bullenpeitschen geschlagen, gefoltert, misshandelt, missbraucht, erniedrigt und manchmal willkürlich getötet. 
- Im allerchristlichsten Deutschland, im Land von Luther, Goethe und Immanuel Kant,  herrschte bis vor 73 Jahren ein politisches System, das Millionen Menschen als Untermenschen denunzierte, in Kriegsgefangenen- und Konzentrationlagern versklavte und in Vernichtungslagern vergaste und verbrannte. Darunter allein 1.200.000 Kinder, einemillionzweihunderttausend. In dieser Zeit wurden auch in in den Dörfern unserer Kirchengemeinde die behinderten deutschen Kinder abtransportiert und in der Kreisstadt Ansbach zu tausenden tot gespritzt, mit Krankheitserregern infiziert oder man hat sie einfach verhungern und an Entkräftung sterben lassen. Das geschah durch Christen unter den Augen der evangelischen wie katholischen Kirche, zum Teil mit deren Billigung.
     In allen diesen Ländern gab es zu jenen Zeiten Bibeln, in denen unser heutiges Losungswort stand oder auch der Lehrtext. Gab es Pfarrer und Priester, die die Nächstenliebe predigten. Wie war, wie ist sowas möglich? Wie konnten getaufte Menschen in christlichen Ländern nur solche Gräueltaten verüben? Warum sind noch immer so viele Christen in den Vereinigten Staaten, in Südafrika und auch in unserem Land rassistisch? Warum nur haben die Kirchen so erbärmlich versagt, auch meine Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern? Und wie geht es den Geringen in christlichen Ländern heute?
     Offenbar bedeutet es gar nichts, wenn ich Mitglied einer Kirche bin und nicht auch Mitglied einer Gemeinschaft, die Gottes Heiliger Geist stiftet. Offenbar bedeutet es gar nichts, wenn bei der Taufe mein Kopf nass gemacht wurde, aber mein Herz nicht getauft wurde. Offenbar bedeutet es gar nichts, wenn in den Kirchen religiöse Riten und Rituale gefeiert werden, aber der persönliche Glaube dabei keine Rolle spielt.
     Nein, Christen sind nicht solche, die getauft und Mitglied einer Kirche sind, die Weihnachten feiern und Kirchensteuer zahlen, die ihre Kinder konfirmieren lassen und Kreuze als Folklore aufhängen. Christen sind, die in den "Geringen" unter ihren Mitmenschen Gott ehren und ihm dienen (Matthäus 25). Die wissen, dass vor Gott alle gleich sind und darum auf jede Form von Überheblichkeit verzichten. Die es nicht ertragen können, wenn einem anderen Unrecht geschieht. Die Gewalt verabscheuen und sich davor hüten, andere mit Worten und Taten zu verletzen. Die nicht vergessen, was wir Menschen Gott angetan haben, als er in Jesus zu uns kam, um uns seine Liebe zu schenken ... 
     Bin ich ein Christ? Oder tue ich nur so?

Gebet: Herr, ich möchte mich nicht nur mit dem Mund zu dir bekennen, sondern auch mit meinem Leben. Damit das wenigstens ansatzweise gelingt, musst du mir immer wieder mein Versagen vergeben. Gib mir den Willen und die Kraft , hilfsbereit zu sein gegenüber denen, die meine Hilfe brauchen. Barmherzig zu denen, die darauf angewiesen sind. Gütig auch zu denen, die meine Güte nicht verdienen. So will ich dir nachfolgen so gut ich kann. Amen

Herzliche Grüße

Hans Löhr

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