Losung: Ich, ich bin euer Tröster! Wer bist du denn, dass du dich vor Menschen
fürchtest, die doch sterben? Jesaja 51,12
Lehrtext: Der in euch ist, ist größer als der, der in der Welt ist. 1.Johannes 4,4
Liebe Leserin, lieber Leser,
wenn schon im Lehrtext heute
vom Teufel die Rede ist, dann denken wir eben mal über ihn nach. Dazu
bringe ich das Bibelwort in einer neueren Übersetzung (Die Gute Nachricht Bibel
GNB) und in seinem Zusammenhang:
»Den Geist Gottes erkennt ihr daran: Er bekennt, dass Jesus Christus als Mensch
aus Fleisch und Blut zu uns gekommen ist. 3 Jemand, der das leugnet, hat
nicht den Geist Gottes, sondern aus ihm spricht der Geist des Antichristen.
Dass dieser kommen wird, habt ihr schon gehört, ja, er ist schon jetzt in der
Welt. 4 Doch ihr, meine geliebten Kinder, gehört zu Gott. Ihr habt diese
Lügenpropheten durchschaut und überwunden. Denn
Gott, der in euch wirkt, ist stärker als der Teufel, von dem die Welt
beherrscht wird.(Lehrtext) 5 Die falschen Propheten
gehören ganz zu dieser Welt. Deshalb verbreiten sie nichts als menschliche
Vorstellungen und Gedanken, und alle Welt hört auf sie. 6 Wir dagegen
gehören zu Gott. Jeder, der Gott kennt, wird auf uns hören. Wer aber nicht zu
Gott gehört, wird uns ablehnen. Daran erkennen wir den Geist der Wahrheit und
den Geist der Täuschung.« (1. Johannes 4,2-6)
In Teufels Küche
Wenn du das liest und auf dich wirken
lässt, was meinst du dann dazu?
In den antiken Religionen zur Zeit der
Entstehung des Neuen Testaments waren solche Vorstellungen weit verbreitet. Sie
heißen in der Fachsprache: Dualismus und Manichäismus. Man konnte sich
das Böse nicht anders erklären, als dass es eben auch einen Bösen geben müsse,
der es bewirkt. Denn Gott könne doch nichts Böses wollen und tun. Also wurde
kurzerhand der Teufel zum Herrn der Welt erklärt, in der Menschen eben auch Böses
widerfährt.
In einem Punkt gebe ich dem Lehrtext recht: Gott, »der in uns wirkt, ist stärker«. Aber er ist nicht stärker als irgendein Teufelsphänomen, das nur in der Einbildung der Menschen existiert, sondern ganz real: Er ist stärker als die Angst, das Leid, die Schuld, die Verzweiflung und der Tod. Abgesehen vom Tod habe ich das alles selbst schon mehrfach erlebt und weiß es auch von anderen Menschen.
Wer sich aber mit dem Teufel einlässt, und sei es nur in Gedanken oder weil er meint, es gehöre zum Glauben mit dazu, der gerät sprichwörtlich in Teufels Küche. Der muss von einem Widerspruch zum nächsten taumeln, weil die Wirklichkeit einfach zu vielschichtig ist, als dass man sie mit so einfachen Gegensätzen wie Gut und Böse, Licht und Finsternis, Gott und Teufel erklären könnte.
Wer nicht so denkt und glaubt, wird verteufelt
Aber
damit nicht genug. Alle, die nicht ebenso denken und glauben, werden gleich
mitverteufelt wie es auch der Verfasser des ersten Johannesbriefs tut. Die Tatsache, dass er von anderen Christen
kritisiert wurde, war für ihn der Beweis, dass diese anderen eben Lügenpropheten
sein mussten, also Diener des Teufels. Wo diese Schwarzweiß-Sicht von den Menschen und der Welt an die Macht gekommen ist, wurde sie brandgefährlich. Sie hatte im Laufe der Kirchengeschichte entsetzliche Folgen bis heute. Zahllose Menschen mussten so ihr Leben lassen, weil man diejenigen, die angeblich nicht rechtgläubig waren, mit Berufung auf solche Sätze in der Bibel verfolgt und verbrannt hat. Auch die Denkmuster und Greuel des Stalinismus und anderer totalitärer Weltanschauungen haben hier ihre Wurzeln.
Trotzdem ist es für nicht wenige bis heute immer
wieder eine große Erleichterung, wenn es für die komplexen Probleme dieser Welt einfache Lösungen und auf schwierige Fragen einfache Antworten gibt. Besonders leicht
tut man sich, wenn man solche Sätze aus der Bibel unkritisch nachspricht
und auf das eigene Denken verzichtet. Das gilt dann sogar noch als Nachweis,
dass man doch einen starken Glauben habe.
Ja, ich lehne dieses Denken ab und kritisiere solch problematischen Botschaften wie die aus dem ersten
Johannesbrief, denn
nicht der Teufel bewirkt Vulkanausbrüche, Erdbeben oder
Tsunamis. Das sind natürliche Phänomene, die man heute dank wissenschaftlicher
Arbeit erklären und verstehen kann. Auch Naturkatastrophen haben positive Folgen. So waren sie in der Evolution entscheidende Voraussetzungen für die Entstehung von Leben auf der Erde.
Und nicht der Teufel ist in die
Geisteskranken gefahren. Auch solche Krankheiten sind ausschließlich natürlich
erklärbar, weil entweder die Biochemie nicht stimmt, Gendefekte vorliegen oder
andere Störungen im Gehirn existieren. Eine erstaunliche Zahl solcher Krankheiten
ist heute dank moderner Medizin gut behandelbar, manch sogar heilbar.
Nicht der Teufel bricht Kriege vom Zaun,
sondern Menschen. Und er steckt auch nicht hinter der Corona-Pandemie oder
anderen Infektionen. Auch wenn uns solche Krankheiten verunsichern, solange wir
sie nicht beherrschen können.
Nicht der Teufel spricht aus den Menschen, die eine andere Meinung und ein anderes Verständnis vom Evangelium haben, nur weil sie durch Nachdenken und ihre persönlichen Glaubenserfahrungen zu anderen Ergebnissen kommen.
Und nicht der Teufel herrscht über die Welt, sondern der Mensch, den die anderen Geschöpfe aus ihrer Sicht allerdings für einen Teufel halten könnten. Über den Menschen aber herrscht Gott. Ohne diesen Glauben kann man gleich alle Hoffnung fahren lassen.
Die Hölle, das sind die anderen ...
Wir leben in einer Welt, in der
wir Menschen uns gegenseitig die Hölle heiß machen, in der es aber auch immer wieder ein Stück Himmel auf Erden werden kann. »Die Hölle, das sind die anderen«,
heißt ein bekanntes Zitat des französischen Philosophen Jean Paul Sartre. Da
ist was dran. Aber auch ich kann für andere die Hölle sein. Was wird, hängt entscheidend davon ab, ob ich mich an Jesus orientiere oder mich von
meinen negativen Gefühlen und Einstellungen leiten lasse.
Leider wird über solche negativen Texte wie den aus dem ersten Johannesbrief in den Kirchen kaum gepredigt. Offenbar scheuen sich viele Pfarrerinnen und Pfarrer gegen solche Bibelworte öffentlich Stellung zu beziehen und sie zu kritisieren. Vielleicht haben sie Angst, die Gemeinde zu verwirren oder von evangelikalen, sogenannten bibeltreuen Christen angegriffen zu werden. Das ist ein Fehler. Denn viele, die sich nach einem jesustreuen Glauben sehnen, werden von solchen Negativbotschaften verständlicherweise abgestoßen. Bibeltreu ist nicht, wer jedes Bibelwort für unantastbar hält, sondern wer in den vielen, unterschiedlichen, von Menschen verfassten Schriften der Bibel das Evangelium freilegt: Die gute Nachricht von Gottes Liebe und Barmherzigkeit, die mit Jesus Hand und Fuß bekommen hat und uns bewegt, zu glauben, zu lieben und zu hoffen.
Wenn die Losung recht hat, und ich zweifle
nicht daran, dann haben wir keinen Grund uns vor Menschen oder vor irgendwelchen
Teufeln zu fürchten. Mag das Böse in der Welt auch groß und mächtig sein. Gott
ist größer. Vieles von dem Negativen, was geschieht, macht mich sprachlos. Aber
ich lasse es mir genügen, dass Gott es versteht und weiß, wie er damit umgeht,
damit schließlich und endlich alles gut wird.
Gebet: Herr, wie soll ich wissen, was wirklich böse
ist, wenn das, worunter ich im Augenblick leide, langfristig gute Folgen hat? Du
»kannst und willst ja selbst aus dem Bösesten Gutes entstehen lassen. Dafür
brauchst du Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.«
(Dietrich Bonhoeffer)
Wer sonst außer dir hat die Macht und die Kraft dazu? Darum halte ich an dir
fest, auch wenn ich jetzt manches nicht verstehe. Amen
Herzliche Grüße,
Ihr / dein Hans Löhr.
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