Liebe Weihnachtsgemeinde,
als
meine Eltern schon sehr alt waren und ich längst ein Pfarrer mit eigener
Familie, da schockte mich meine Mutter mit der Ankündigung: »Heuer will ich
keinen Christbaum mehr.«
Wie
bitte? Die Eltern haben keinen Christbaum mehr? Ja aber was wird dann aus
Weihnachten? Der Christbaum daheim, und „daheim“ war für mich lange das
Elternhaus, der ist doch sowas wie das zentrale Symbol, das sichtbare Zeichen
für Geborgenheit und Heimat, für Familie und Kindheit, für das Gefühl, einen
eigenen Platz in dieser Welt zu haben, an dem man gleichzeitig Kind und
Erwachsener sein darf. Der Christbaum mit den echten Wachskerzen und den
burgunderroten und goldenen Glaskugeln, mit den kleinen Holzfiguren, die noch
aus der Vorkriegszeit stammten und die schon die Großeltern am Christbaum
hängen hatten, und mit den Strohsternen, die ich zusammen mit meiner Mutter als
Kind gebastelt hatte – diesen Christbaum sollte es nicht mehr geben? Ja wo ist
denn dann der Ort, wo ich mich in dieser Welt und Zeit daheim fühlen kann?
Eigentlich
hatte ich zuvor noch nie intensiv über den Christbaum nachgedacht. Er war eben
immer an Weihnachten da. Das war ganz selbstverständlich. Aber jetzt, da es
hieß, es solle ihn nicht mehr geben, da wurde mir erst bewusst, welch tiefe
Gefühle ich mit ihm verbinde, was er für mich bedeutet. Der Christbaum und
meine Eltern, das war für mich eine Einheit. Und als meine Mutter ankündigte,
dass es keinen Baum mehr geben werde, da war es mir, als würde es auch sie bald
nicht mehr geben.
Der
Christbaum hat auch viel mit meinem Glauben zu tun. Er ist sozusagen das äußere
Zeichen für mein inneres Glaubensgefühl. Und für mich ist auch der Glaube mehr
Gefühl als Verstand. Denn alles, was ich soeben gesagt habe von Daheimsein und
Geborgensein, von einem Platz in dieser Welt, von Lebensmittelpunkt und
Elternhaus, das alles fließt ineinander und ist der Stoff, aus dem mein Glaube
gewebt ist. Und mitten hineingewebt ist der goldene Faden der
Weihnachtsgeschichte mit dem Stall und der Krippe, den Engeln und den Hirten,
den Weisen aus dem Morgenland und vor allem mit dem Christuskind. Und diesen
goldenen Erzählfaden begleiten die goldenen Fäden der Weihnachtslieder, die das
alles wieder aufnehmen und zur Sprache und zum Klingen bringen und sagen: Du
Menschenkind bist von Gott geliebt unwiderruflich, bedingungslos.
Natürlich
gehörten damals auch die Geschenke dazu, die Vorfreude beim Warten vor der
Wohnzimmertür bis das Bescherungsglöckchen bimmelte und ich als Kind endlich
den Baum sehen konnte, den meine Mutter auf vertraute Weise geschmückt und der
den Weihnachtsduft von Fichtennadeln und Wachskerzen verströmte.
Das,
liebe Freunde, war und ist für mich Weihnachten, das alles ist ein wesentlicher
Teil meines Glaubens und somit auch meines Lebens. Klar könnte ich auch ohne
Christbaum leben. Aber ich möchte nicht. Ich möchte nicht auf den Baum
verzichten, dann würde es bei uns zu Hause und auch in mir nicht Weihnachten
werden. Und ich denke, vielen von euch hier geht es ähnlich. Wenn wir zum
Beispiel den schönen Baum hier in der Kirche heuer einmal nicht aufgestellt
hätten, wären wohl die meisten beunruhigt. Weihnachten ohne Baum? Das geht
einfach nicht. Jedenfalls nicht bei uns in Franken. Und wenn das doch in der
einen oder anderen Wohnung der Fall ist, dann meistens aus traurigen Gründen.
Wenn sich auch vieles in unserer Zeit ändert, der Christbaum soll bleiben. Und
beruhigt stelle ich fest, dass auch meine halbwüchsigen Kinder darauf großen
Wert legen, auch wenn sie in diesem Alter sonst kritisch sehen, was ihren
Eltern wichtig ist.
Nachher,
am Ende dieses Gottesdienstes, singen wir alle wieder gemeinsam „Stille Nacht,
heilige Nacht“. Und dabei werden die elektrischen Lichter ausgemacht und nur
der Christbaum und die Altarkerzen leuchten in die Dunkelheit der Kirche. Dann
hat mancher von uns einen Kloß im Hals oder ein bisschen Gänsehaut oder eben
ein besonderes Gefühl. Und ich glaube nicht, dass viele hier ganz unberührt sein
und die Kirche wieder gleichmütig verlassen werden.
Von diesem Licht erzählt auch Kevin, ein Motorradtrainer aus Nord Texas. Er hat
eine wöchentliche Video-Kolumne und gibt wertvolle Tipps für sicheres
Motorradfahren. Sein Beitrag, den er vorgestern veröffentlicht hat, beginnt mit
einer nächtlichen Motorradfahrt. Man sieht aus dem Blickwinkel des Fahrers die
erleuchteten Armaturen am Lenker und den Lichtkegel, den der Scheinwerfer auf
die Straße wirft. Dazu sagt Kevin, der Fahrlehrer:
»Du fährst nachts eine dir unbekannte
Strecke. Wolken bedecken den Himmel, du siehst keine Sterne und auch sonst kein
Licht. Plötzlich bricht die Elektrik an deinem Motorrad zusammen und der
Scheinwerfer geht aus. Was wirst du tun? Nur ein dummer Biker wird jetzt
weiterfahren auf einer Straße, die er nicht sehen kann. Jeder andere wird
bremsen und am Straßenrand halten. Die Angst vor der Dunkelheit, in die du blind hineinfährst,
ist einfach zu groß.«
Okay,
dachte ich mir, das weiß ich auch. Aber welche Tipps wird er jetzt geben? Soll
man für einen solchen Fall eine Notbeleuchtung dabeihaben? Da fährt Kevin
überraschend fort:
»2000 Jahre zuvor wurde das größte Licht, das
die Welt je gesehen hatte, in einem Stall geboren. Die meisten Leute damals
haben es nicht erkannt, und auch heute erkennen es die meisten nicht. Doch
dieses Licht scheint. Es gibt Hoffnung, es schenkt innere Freiheit. Das Licht
deckt unser Versagen auf, aber es lädt uns auch ein. Die Geschichte der
Schöpfung beginnt damit, dass Gott zuerst das Licht geschaffen hat. Licht war
es, das den Hirten die Geburt des Christuskindes angekündigt hat. Die Bibel ist voll von Worten, die vom Licht
sprechen. Im Buch der Psalmen heißt es: ‚Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und
ein Licht auf meinem Weg‘. Weihnachten ist die Zeit, da wir alle vom Licht
angezogen werden. Es ist die Zeit, in der wir das Licht, das wir empfangen
zu anderen widerspiegeln sollen.«
Und dann sagt Kevin noch zu seinen Motorrad-Fans:
Aber ich wäre kein guter Fahrlehrer,
würde ich euch nicht auch von größeren Dingen erzählen. Du siehst das Licht von
Jesus Christus auch heute noch hell scheinen in dieser korrupten Welt, in der
es drunter und drüber geht. Mein Gebet für euch an
diesen Feiertagen ist, dass ihr inmitten eurer Familie und Freunde etwas widerspiegelt von dem
warmen Licht, das von Jesus ausgeht. Er sagt in der Bibel: „Ich bin das Licht
der Welt. Wer sich an mir orientiert, muss nicht in der Finsternis herumirren. Ich
gebe ihm das Licht, das ins Leben führt.“ (Johannes 8,12)
Soweit
Kevin, der Motorrad-Trainer aus Nord Texas. Da er sich mit Motorrädern bestens
auskennt, hat er eine große Fangemeinde. Tausende Männer schauen Woche für
Woche seine Videos. Tausenden hat er damit eine Weihnachtspredigt gehalten -
und jetzt euch hier auch. Viele wollen davon nichts wissen. Er weiß das, und
hat‘s trotzdem gemacht, auch auf die Gefahr hin, Fans zu verlieren. Aber einige
werden doch aufhorchen, werden ihm vielleicht mehr zuhören und mehr Glauben
schenken als einem Pfarrer. Und wer weiß, vielleicht bringt er mit seinen
Worten so manchen coolen Biker zum Nachdenken und ermutigt ihn zum Glauben.
Und
so bitte ich auch dich, darüber nachzudenken. Was machst du, wenn dich eine
persönliche Katastrophe aus der Bahn wirft und in deinem Leben plötzlich das
Licht ausgeht? Wenn du nicht mehr weißt, wo vorn und wo hinten ist? Öffne dich
dem, was du hier hörst. Lass dich innerlich berühren, wenn wir später „Stille
Nacht, heilige Nacht“ singen und nur noch der Christbaum leuchtet. Dieses Licht
begann damals in der Krippe zu scheinen. Seitdem ist auch dein Leben in das
Licht von Gottes Liebe getaucht. Er schenkt es dir. Amen
HL
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