Losung: Das sei ferne von uns, dass wir uns auflehnen gegen den HERRN und uns
heute von ihm abwenden. Josua 22,29
Lehrtext: Die Jünger
in Emmaus sprachen: Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete auf
dem Wege und uns die Schrift öffnete? Und sie standen auf zu derselben Stunde
und kehrten zurück nach Jerusalem. Lukas 24,32-33
Liebe Leserin, lieber Leser,
wenn ein
Mensch leidet und sich in seinem Schmerz gegen Gott auflehnt, – dafür habe ich
Verständnis. Das kann man auch immer wieder in den Psalmen der Bibel nachlesen
oder im Buch Hiob. Da klagen Menschen Gott ihr Leid, mehr noch, sie klagen ihn
an, warum es ihnen so schlecht gehen muss. Und wenn einem dann sein Leid zu
schwer wird und sein Glaube darunter zerbricht und er sich von Gott abwendet, -
auch dann will und kann ich ihn nicht verurteilen. Ich kann da nur betroffen
daneben stehen und das tun, wozu er nicht mehr fähig ist, nämlich Gott bitten,
ihm zu helfen. Und dabei halte ich daran fest, dass Gott sich von ihm nicht
abwendet. Denn das glaube ich, dass er mir treu bleibt auch dann, wenn ich ihm
nicht mehr treu bleiben kann.
Und was ist mit den Vielen, die sich in unserem Land von ihm
abgewandt haben? Da frage ich mich, von wem haben sie sich eigentlich
abgewandt? Und ich denke mir, sie zeigen einem Gott die kalte Schulter, dem ich
sie auch zeigen würde, weil er im besten Fall nur ein Zerrbild von dem
Gott ist, der mir in Jesus begegnet. Um es einmal zugespitzt zu sagen: Ein
alter Mann mit Bart über den Wolken und mit einem drohenden Zeigefinger - das
ist nicht Gott. Das ist eine Karikatur. Dieser Gott ist nicht nur tot, wie
Nietzsche sagte. Er hat nie gelebt. Mit ihm will ich nichts zu tun haben. Und
es ist eine Schande für meine Kirche, dass so viele evangelische Christen ein
solches Gottesbild hatten, von dem sie sich nun zurecht verabschiedet haben.
Natürlich kann man sich Gott ähnlich einem Menschen vorstellen, um
eine persönliche Beziehung zu ihm haben zu können. Man sollte aber auch wissen,
dass das eine Hilfskonstruktion ist, eine Vorstellung von dem unsichtbaren
Gott, der alle menschlichen Vorstellungen sprengt. Das einzige Bild, das die
Bibel von Gott zulässt, ist Jesus Christus (Kolosser 1,15). In ihm
begegnet mir nicht Gottes äußere Erscheinung (seine Wirklichkeit), sondern sein
Wesen (seine Wahrheit). In ihm erkenne ich erst, wer und wie Gott ist. In ihm
erkenne ich aber auch wie Gott mich sieht, nämlich als den, der von ihm geliebt
wird.
Diesen Gott hatte Jesus seinen Jüngern gezeigt, indem er ihnen,
wie es im Lehrtext heißt, „die Schrift öffnete“ und sie plötzlich ganz neu
verstanden, was da von ihm geschrieben steht. Ich wünsche dir, dass dir dieser
Gott an Weihnachten begegnet. Ich wünsche uns beiden, dir und mir, dass wir
heute schon seine Nähe spüren.
Gebet: Herr, ich bitte dich für alle, die dich nie richtig kennengelernt haben, dass du ihnen begegnest. Ich bitte dich aber auch für die, deren Glaube unter ihrem Leid zerbrochen ist, dass du trägst und heilst. Komm zu uns allen in diesen Tagen und stärke uns im Glauben. Amen
Herzliche Grüße
Hans Löhr
Ein alter Mann über den Wolken und mit einem drohenden Zeigefinger – das ist bestimt nicht der Endgegner unter den heute als absurd empfundenen Gottesvorstellungen. Ein unsichtbarer Freund, ein Mensch, der für die Sünden aller anderen zu Tode gefoltert wird und diese damit angeblich sühnt, ein dreieiniger Gott, ein Deus ex machina, der angeblich an allen Naturgesetzen vorbei ins Weltgeschehen eingreift, es aber nie tut, wenn es mal dringend nötig wäre, das sind Vorstellungen, bei denen heute viele Menschen abwinken.
AntwortenLöschenTheologen und Pfarrrer haben viel Übung darin, Menschen mit solcher Kritik rhetorisch-dialektisch einzuseifen, ein persönliches Bekenntnis hinterherzuschicken und dann zu glauben, sie hätten es mal wieder geschafft. Wem das ein paar Mal passiert ist, der geht dann einfach.
Lieber Thomas Jakob,
AntwortenLöschenwir beide haben unterschiedliche Gottesvorstellungen. Ich will Ihnen die meine nicht überstülpen. Wenn wir über Gott reden, redet jeder von uns innerhalb seines Interpretationsrahmens. Wie jeder Rahmen, so ist auch dieser eine Begrenzung.
Ich will den Ihren nicht definieren und schon gar nicht qualifizieren, sondern respektiere ihn. Mein Interpretationsrahmen ist, dass ich mich dafür entschieden habe, Gott im Licht der Aussagen der Bibel zu glauben und zu verstehen. Als Christ rede ich christologisch von ihm. Wer und was und wie Gott ist, erkenne ich im Reden und Wirken, im Leben und Leiden von Jesus. Mit dieser Gotteserkenntnis im Hinterkopf und im Herzen lese ich die ganze Bibel, also auch das Alte Testament. Dabei geht es mir nicht um historische Genauigkeit. Auch nicht um exegetische Präzision. Mir geht es um den Glauben, um das Gottvertrauen, das mir in meinem Alltag hilft. Deshalb steht auch unter jeder Losungsauslegung ein Gebet.
Frohe Weihnachten!
Hans Löhr