Montag, 31. Oktober 2016

Wir Auserwählten hl

Losung: Jauchze und rühme, du Tochter Zion; denn der Heilige Israels ist groß bei dir! Jesaja 12,6

Lehrtext: Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein? Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben - wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken? Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hier, der gerecht macht. Wer will verdammen? Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und uns vertritt. Römer 8,32

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Auserwählten Gottes sind keine Heiligen. Sie sind Sünder, denen vergeben ist, die durch den Glauben an Jesus Christus gerecht gemacht worden sind.
Sie sind Menschen, die vor dem heiligen Gott erkennen, dass sie nicht so leben, wie er es von ihnen erwartet, und wie es ihnen gut täte. Sie bleiben ihm, ihren Mitmenschen und sich selbst immer wieder etwas schuldig. Aber sie wissen das. Es tut ihnen leid und so bitten sie Gott um Vergebung.
Die Auserwählten Gottes sind du und ich. Sie sind aber auch Frauen und Männer, die nach unseren weltlichen Gesetzen als kriminell gelten, weil sie eines dieser Gesetze gebrochen haben und dafür nun im Gefängnis sitzen. 
Aber auch wenn sie nach weltlichen Maßstäben verurteilt worden sind, so sind sie doch nicht von Gott verurteilt. Auch wenn sie bestraft werden, so bestraft er sie doch nicht. Auch wenn sie von uns, ihren Mitmenschen, schief angesehen und gemieden werden, so sieht Gott sie nicht schief an und meidet sie nicht. 
Sie sind und bleiben seine Auserwählten. Denn sie haben einen ‚Rechtsanwalt‘, einen Fürsprecher, der ihnen zu ihrem Recht verhilft, der sie vor Gott vertritt: Jesus Christus.
Und wir, die wir uns nach weltlichen Maßstäben und Gesetzen nichts zu Schulden haben kommen lassen, können ohne sie nicht Gottes Auserwählte sein. Ohne den Mörder zu seiner Rechten, der mit Jesus gekreuzigt worden ist und den er mit „ins Paradies“, mit zu Gott genommen hat, kann auch ich nicht „im Paradies“, nicht bei Gott sein.
So also sieht Gottes Gnade aus. So weit greift seine Vergebung. So tief reicht seine Liebe. Ich kann das nur ohne jeden Abstrich annehmen. Denn Gottes Gnade ist nicht verhandelbar. Die lässt er sich nicht von mir verwässern, falls ich der Meinung sein sollte, dass es doch Menschen gäbe, die dieses Geschenkes nicht würdig seien. Meine Meinung zählt nichts. Mein Urteil hat keine Bedeutung. Seine Gnade ist alles. Sein Urteil zählt allein.
Darum passt der Lehrtext so gut auf den heutigen Reformationstag. Aus ihm leuchtet, was für Martin Luther zur Erleuchtung wurde: Einzig und allein auf Gottes Gnade kommt es an wie sie in Jesus Christus sichtbar geworden ist, was wir allein aus der heiligen Schrift, aus der Bibel, wissen und nur im Glauben annehmen können.
Und dazu passt dann auch die heutige Losung, dass ich mich über diesen Gott freue und ihn rühme, bei dem jeder, ausnahmslos jeder, der ihm vertraut, angenommen wird, was auch immer zuvor gewesen sein mag. Darum will auch ich auf meinen Gott vertrauen und frei und unbeschwert leben. Dazu helfe er mir!

Gebet: Herr, seitdem ich aus der Bibel weiß, dass ich dir gehöre und mich nichts, aber auch gar nichts von deiner Liebe trennen kann, lebe ich zuversichtlicher und getroster. Du bist mein Rückhalt, mein Leib- und Seelenwächter, mein Fels und mein Schutz. Du machst mir Mut zum Leben und Lust zum Glauben. Du bist meine Stärke und meine Freude. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr 

Sonntag, 30. Oktober 2016

Luthers Entdeckung: Gottes Glaube (Predigt) hl

Liebe Gemeinde,

heute am Gedenktag der Reformation möchte ich mit euch über unseren evangelischen Glauben nachdenken. Denn was auch immer zur Reformation, zur Erneuerung der Kirche beigetragen hat, an ihrer Wiege stand nicht die Gewalt mit Feuer und Schwert, nicht Macht oder das große Geld, auch keine große wissenschaftliche Erkenntnis. An der Wiege der Reformation stand still und unscheinbar der Glaube, das schlichte Gottvertrauen, welches Martin Luther in der Bibel wiederentdeckt hat. So wie wir uns  vorhin gemeinsam mit seinem Glaubensbekenntnis dazu bekannt haben (siehe unten).
Unser Reformator war ja zunächst auch gar nicht auf große äußere Veränderungen und Reformen bedacht. Ihm ging es in erster Linie um die Reform, um die Erneuerung des Glaubens. Eine Reformation der Kirche muss auch heute, so meine ich, immer beim einzelnen Gläubigen beginnen, sonst wird daraus eines der vielen wirkungslosen Reformprogramme, das schnell wieder verpufft. Von Martin Luther habe ich gelernt, dass die Reformation zuerst eine Reformation, eine Erneuerung des Herzens ist.
Er hatte sich damals ängstlich gefragt: »Wie kriege ich einen gnädigen Gott?« Was muss ich tun, damit ich vor ihm bestehen kann und nicht auf ewig verdammt bin? Doch ihm war bald klar, dass er trotzdem, dass er ins Kloster ging, betete, fastete, beichtete und so weiter immer ein Sünder bleiben würde. Er wusste, dass er aus sich heraus nicht heilig werden konnte. Darüber wäre er fast verzweifelt.
Eines Tages hat er in der Bibel entdeckt, dass Gott gar nicht erst gnädig gestimmt werden muss, sondern dass es sein Wesen ist, gnädig zu sein. In Jesus Christus hat Martin Luther den gnädigen Gott gefunden, den, der den Thron des Weltenrichters verlässt und die Menschen in ihrer Angst aufsucht, der ihnen sein Vertrauen schenkt und so ihren Glauben weckt, der die Verkrümmten aufrichtet, die Verlorenen sucht und den Schuldigen vergibt.
Und das, liebe Gemeinde, ist wohl die bedeutendste und zugleich am wenigsten verstandene Entdeckung der Religionsgeschichte. Martin Luther hat wiederentdeckt, was Jesu zentrale Botschaft war: Nicht wir Menschen müssen an Gott glauben, sondern Gott glaubt zuerst an uns Menschen. Diese Einsicht finde ich in keiner anderen Kirche oder Religion. Sie erst weckt auch in uns einen freien und dankbaren Glauben.
Die Menschen, denen Jesus begegnete, haben genau dies erfahren: Da glaubt einer an meinen Wert. Da glaubt einer, dass ich es wert bin, dass er mir hilft, dass er mich heilt und mir vergibt. Und warum? Weil ich ein kostbares und einzigartiges Geschöpf Gottes bin, von ihm gesegnet und von ihm geliebt. Das habe ich mir nicht verdient. Womit auch. Das ist mir geschenkt.
Nach dieser Entdeckung wusste Luther, worauf es bei Gott ankommt. Dass du dir nicht erst im Selbstzweifel den Kopf und das Herz zerbrechen darfst, ob du denn auch würdig und fromm genug bist, von Gott angenommen zu werden. Sondern dass du schlicht und einfach darauf vertraust, dass es so ist, dass du von ihm angenommen und ihm recht bist. Das meint Glauben in erster Linie und nicht ein Fürwahrhalten von religiösen Sätzen, Dogmen und übernatürlichen Wundern.
Von Luther habe ich gelernt, dass ich Gott vertrauen soll, weil er an mich glaubt so wie ein Vater an seinen Sohn, seine Tochter glaubt. Denn er weiß, was in seinem Kind steckt, auch wenn es versagt hat. Er schaut nicht auf einzelne Fehler, sondern traut ihm zu, aus den Fehlern zu lernen und seinen Weg zu machen. Einem solchen Vater kann ich wieder vertrauen. An ihn kann ich glauben, weil ich weiß, was in ihm steckt: Ein Herz voll Gnade und Liebe, voll Güte und Barmherzigkeit.
Martin Luther hat es so gesagt: Wenn du schon durch die Taufe Christ bist, wenn du schon an Gott glaubst, dann wäre es dumm, an ihn nur ein bisschen und nicht ganz und gar zu glauben. »Einen Gott haben«, so schreibt er zum ersten Gebot, »heißet etwas haben, darauf das Herz gänzlich vertraut.« Denn dieses «Gebot fordert: das ganze Herz des Menschen und alle Zuversicht auf Gott allein zu setzen und auf niemand anders.«
# Mit nichts als diesem Vertrauen hat sich der Mönch aus Wittenberg allen Ängsten, Zweifeln und Anfechtungen entgegen geworfen.
# Mit nichts als diesem Vertrauen hat er den Kaiser und den Papst herausgefordert.
# Mit nichts als diesem Vertrauen hat er sich an das Werk gemacht, die Kirche zu reformieren.
Das heißt nicht, dass Luther keine Ängste und Zweifel, keine Schwierigkeiten und Leiden mehr gekannt hätte. Aber das hat es für ihn doch geheißen, dass er in allen Ängsten und Zweifeln, in allen Schwierigkeiten und Leiden immer wieder festen Boden unter die Füße bekam, eine Basis, auf der er selber stehen konnte. Eine Basis, auf der unsere lutherische Kirche heute noch steht und wir mit ihr. Und diese Basis heißt Gottvertrauen.

Amen

(Das gesprochene Wort ging über die schriftliche Fassung hinaus)

Glauben heißt vertrauen
Ein Bekenntnis Martin Luthers

Ich glaube an Gott
den Vater, den allmächtigen Schöpfer des Himmels und der Erde.

Das heißt:
Ich setze mein Vertrauen in keinen Menschen auf Erden,
auch nicht in mich selbst,
auch nicht in meine Kraft, Können, Besitz, Frömmigkeit oder was ich sonst habe.

Ich setze mein Vertrauen in keine Kreatur, sie sei im Himmel oder auf Erden.
Ich wage und setze mein Vertrauen
allein in den unsichtbaren, unbegreiflichen, einzigen Gott,
der Himmel und Erde erschaffen hat und allein über alles Geschaffene herrscht.

Ich glaube nichtsdestoweniger an Gott,
ob ich auch von allen Menschen verlassen oder verfolgt wäre.
Ich glaube nichtsdestoweniger an Gott,
ob ich auch arm, unverständig, ungebildet und verachtet bin oder nichts besitze.
Ich glaube nichtsdestoweniger an Gott, ob ich auch ein Sünder bin.
Denn dieser mein Glaube muss schweben über allem, was da ist und nicht ist.

Ich verlange auch kein Zeichen von Gott, um ihn auf die Probe zu stellen.
Ich vertraue beständig auf ihn, wie lange er auch auf sich warten lässt.
Ich setze ihm kein Ziel, keine Zeit und kein Maß,
sondern überlasse alles seinem göttlichen Willen
in einem freien und aufrichtigen Glauben.

Wenn er denn allmächtig ist, -
was mag mir fehlen, dass er mir's nicht geben könnte?
Wenn er der Schöpfer des Himmels und der Erde ist und Herr über alle Dinge, -
wer will mir etwas nehmen oder schaden?
Weil er denn Gott ist,
so weiß er, wie er's mit mir aufs Beste machen soll.
Weil er mein Vater ist, will er's auch tun und tut es herzlich gern.
Und weil ich daran nicht zweifle und setze mein Vertrauen auf ihn,
so bin ich gewiss sein Kind, Diener und Erbe ewiglich
und mir wird geschehen, wie ich glaube.

Luthertext revidiert von Hans Löhr Weimarer Ausgabe Band 6 S.215, 23-216, 29



Samstag, 29. Oktober 2016

Herrschen oder dienen? hl

Losung: Da sprachen die Männer von Israel zu Gideon: Sei Herrscher über uns, du und dein Sohn und deines Sohnes Sohn, weil du uns aus der Hand der Midianiter errettet hast. Gideon aber sprach: Ich will nicht Herrscher über euch sein und mein Sohn soll auch nicht Herrscher über euch sein, sondern der HERR soll Herrscher über euch sein. Richter 8,23

Lehrtext: Jesus sprach: Ihr wisst, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an. Aber so ist es unter euch nicht; sondern wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein. Markus 10,42-43

Liebe Leserin, lieber Leser,

das klingt gut, was Gideon da sagt als ihm die Herrschaft angetragen wird. Er verweist auf Gott und sagt, dass ER über das Volk herrschen soll. Damit stellt Gideon klar, wer tatsächlich die Macht hat über Himmel und Erde, wer tatsächlich herrscht über Raum und Zeit. 
Dieser Gedanke nahm 2000 Jahre später in der deutschen Kaiserkrone wieder Gestalt an. Otto der Große wurde mit ihr im Jahre 962 zum Kaiser des Heiligen römischen Reiches Deutscher Nation gekrönt. Seitdem ist sie fast tausend Jahre lang  bis 1806 das Herrschaftssymbol für alle deutschen Kaiser und Könige geblieben. 
Auf ihr befindet sich die lateinische Inschrift „per me reges regnant“. Auf Deutsch: Durch mich (Christus, den König der Könige) herrschen die Könige. Und so haben sich auch die deutschen Kaiser und Könige als Herrscher von Gottes Gnaden verstanden und sich zumindest den Anschein gegeben, dass sie nicht selbstherrlich regieren wollten. Ganz anders Napoleon, der sich selbst zum Kaiser gekrönt hat, indem er sich eine Krone eigenmächtig auf den Kopf setzte.

Trotz des Untergangs des Heiligen römischen Reiches Deutscher Nation ist dieser Gedanke nicht verschwunden. Die Bibel hält daran fest, dass Gott durch Christus die Erde und das Universum regiert und alle menschliche Regierungsgewalt von ihm nur geliehen ist. Manchen, die an die Spitze ihres Staates aufgestiegen sind, ist das noch heute bewusst. Sie sagen, wenn sie den Amtseid ablegen: „So wahr mir Gott helfe!“ Sie haben eine Ahnung davon, dass sie Gottes Geist brauchen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Für die meisten Regierungschefs aber spielt das heute keine Rolle mehr.
Doch wie ist das nun in der Gemeinschaft der Gläubigen, in den Gemeinden und Kirchen? Die Aussage von Jesus ist klar und unmissverständlich: „Wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein.“ In der Gemeinde und in der Kirche soll es keine Herrscher geben wie sonst in der Welt, sondern Dienstleister. Sie sollen sich demütig in den Dienst an der Gemeinschaft stellen und dafür sorgen, dass sie gut geleitet und zusammengehalten wird.
In der Reformationszeit hat man das noch verstanden. Luther und seine Mitstreiter haben die Herrschaftstitel in der Kirche abgeschafft. Doch inzwischen haben viele lutherische Kirchen wieder eine Hierarchie mit Bischöfen und Bischöfinnen bzw. Regionalbischöfen und Regionalbischöfinnen an der Spitze. Offenbar sind wir Menschen zu schwach, um es auszuhalten, ohne Titel und Machtansprüche zu regieren und regiert zu werden. 
Um es drastisch zu sagen: Jesus hat noch sein Kreuz auf sich genommen und wurde an dasselbe geschlagen. Die Herrschenden unserer Kirche vom Bischof bis zum Dekan tragen es als Machtsymbol vor sich auf dem Bauch. Doch damit sowas funktioniert, braucht es immer zwei: den einen, der das für sich beansprucht und den anderen, der sich das gefallen lässt.

Gebet: Herr, deine Krone war die Dornenkrone und dein Thron war das Kreuz. So hast du uns Menschen gedient und uns von dem Bösen erlöst. So regierst du uns noch heute. Du bist der demütige König der Liebe. Du hast dich besonders der gering Geschätzten angenommen. Du hast deinen Jüngern die Füße gewaschen und uns damit ein Beispiel gegeben, wie auch wir Verantwortung übernehmen sollen. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr

Freitag, 28. Oktober 2016

Rechne mit seiner Macht hl

Losung: Fraget nach dem HERRN und nach seiner Macht, suchet sein Antlitz allezeit! Psalm 105,4

Lehrtext: Herr, lehre uns beten. Lukas 11,1

Liebe Leserin, lieber Leser,

womit rechnest du? ‚Mit dem Schlimmsten‘, sagt der Pessimist. „Es ist noch immer gut gegangen“, sagt der Rheinländer, der Optimist. Und du?
Das heutige Losungswort gibt dir eine klare Empfehlung: „Sei glücklich, dass du zu Gott gehörst! Frage nach dem Herrn, und rechne mit seiner Macht, wende dich immer wieder an ihn!“
Frage, rechne mit seiner Macht! – Das lass ich mir heute ganz persönlich gesagt sein. Wenn ich Zeitung lese oder die Tagesschau sehe, fühle ich mich oft ohnmächtig und hilflos. Was wird werden in Deutschland? Was in Europa? Wird der Nationalismus, die Deutschtümelei von neuem unsere Gesellschaft und unser Land zerstören? Was wird noch alles auf meine Kinder und Enkelkinder zukommen?
Und wenn ich daran denke, dass meine Lebensspanne mit jedem Tag kleiner wird, frage ich mich ebenfalls: Was wird werden? Wie werde ich damit zurechtkommen, alt zu sein? Und darum sage ich jetzt zu mir: Hans, rechne mit seiner Macht! Nicht du musst die Welt auf deinen Schultern tragen. Nicht du hast dein Leben in der Hand. Darum sei glücklich, dass du zu Gott gehörst. Tue heute, was in deinen Kräften steht und überlasse ihm, was morgen sein wird.
Und wenn doch die Sorgen überhandnehmen, dann, liebe Leserin, lieber Leser, lass uns beide so beten, wie Jesus es uns gelehrt hat (Lehrtext):

Gebet: Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name! Dein Reich komme! Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden! Unser tägliches Brot gib uns heute, und vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen

Herzliche Grüße


Ihr / dein Hans Löhr 

Donnerstag, 27. Oktober 2016

Wann wird es Tag? hl

Losung: Denke keiner gegen seinen Bruder etwas Arges in seinem Herzen! Sacharja 7,10

Lehrtext: Das Auge kann nicht zur Hand sagen: Ich brauche dich nicht, auch nicht der Kopf zu den Füßen: Ich brauche euch nicht. Vielmehr sind eben jene Glieder des Leibes, die als besonders schwach gelten, umso wichtiger. 1.Korinther 12,21-22

Liebe Leserin, lieber Leser,

Ein Rabbi stellte seinen Schülern einmal folgende Frage: "Wann erkennt man, dass es Tag wird?"
Einer antwortete: "Vielleicht dann, wenn man einen Hund von einem Schaf unterscheiden kann?" Der Rabbi schüttelte den Kopf. "Oder vielleicht dann, wenn man von weitem einen Dattel- von einem Feigenbaum unterscheiden kann?" Der Rabbi schüttelte wieder den Kopf.
"Aber wann beginnt denn dann der Tag?" Der Rabbi antwortete: "Dann, wenn ihr in das Gesicht eines beliebigen Menschen schaut und darin eure Schwester oder euren Bruder erkennt. Bis dahin ist die Nacht noch bei uns."

Diese Geschichte nimmt auf, was Friedrich Schiller gedichtet und Ludwig van Beethoven komponiert hat: „Freude, schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium… alle Menschen werden Brüder, wo dein sanfter Flügel weilt“ (=Europahymne). Angst und Hass trennen. Freude und Vertrauen verbinden. Sie sind die Voraussetzung, dass ein Mensch im anderen den Bruder, die Schwester erkennen kann.
Aber sind wir Menschen alle tatsächlich Geschwister? Sind auch Afrikaner und Chinesen, Muslime und Homosexuelle, Atheisten und Juden meine Brüder? Von mir aus gesehen nicht. Doch in dem Gedicht von Friedrich Schiller heißt es auch: „Brüder, überm Sternenzelt muss ein lieber Vater wohnen.“ Ich möchte das anders ausdrücken. Für mich wohnt Gott nicht über einem fernen Sternenzelt, sondern bei mir und in mir auf der Erde.
Aber darin stimme ich Schiller zu, dass Gott der Vater aller Menschen ist, und wir alle demzufolge seine Kinder und darum untereinander Brüder und Schwestern. Wir sind das von Gott aus gesehen und darum Menschengeschwister im Glauben, auch wenn viele, vielleicht die meisten das nicht glauben. Das ist so ähnlich wie mit unserem Grundgesetz, in dem es heißt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Auch dieser Satz gilt für alle Menschen, unabhängig davon, wer ihn glaubt oder befolgt.
Natürlich sind wir Menschen verschieden, aber „Verschiedenheit ist kein Grund für Ausgrenzung.“ (Carolin Emcke) Und dass ich einem anderen das gleiche Lebensrecht zubillige wie mir, setzt nicht voraus, dass er mir ähnlich sein muss. Die Menschheit ist ein Leib genauso wie die Christengemeinde (Lehrtext). Es können nicht alle Auge sein oder Kopf. Der Leib braucht auch Hände und Füße und alle anderen Glieder, die sich unterscheiden und doch zusammenwirken, damit das große Ganze sein kann. Nur als Verschiedene können wir eine Gemeinschaft sein, in der einer für den anderen da ist und ihn bereichert.
Gott hat uns als Verschiedene geschaffen. Wie langweilig und armselig wäre auch das Leben, wären alle Menschen so wie ich. Als Verschiedene sind wir seine Kinder und für einander Brüder und Schwestern. Das zu akzeptieren, ist nicht einfach. Das muss gelernt werden, indem man einander begegnet und miteinander ins Gespräch kommt. Das Zusammenleben der Verschiedenen geht nicht ohne Konflikte ab. Damit Menschen verschiedener politischer Einstellung, unterschiedlicher kultureller Prägungen und mit anderen Religionen miteinander auskommen können, müssen sie sich so sehen, wie es der heutige Lehrtext sagt: Als verschiedene Glieder an einem Leib, die zusammengehören und aufeinander angewiesen sind. Und dazu braucht es die Bereitschaft, sich immer wieder einmal in die Lage des Anderen zu versetzen, um mich und mein Leben mit seinen Augen zu sehen.
So und nur so haben wir als Menschengeschwister und Gotteskinder eine gemeinsame Zukunft.
Wann wird es Tag? Wenn du im Gesicht eines anderen Menschen den Bruder oder die Schwester erkennst.

Gebet: Herr, du siehst seit Kain und Abel wie schwer sich der Bruder mit dem Bruder tut. Du siehst tief in mir die Skepsis gegenüber dem, der anders ist als ich und damit infrage stellt, dass allein meine Weltsicht, mein Glaube, meine Werte gültig sind. Doch damit erlöst du mich davon, totalitär sein zu müssen. Ich muss mich nicht mehr ständig selbst behaupten. Muss nicht mehr immer rechthaben. Muss mich nicht in mir selbst einsperren. Du gibst mir den fremden Bruder als Chance, dass ich mich öffnen und mit ihm austauschen kann. So machst du uns beide reicher und freier. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr 

Mittwoch, 26. Oktober 2016

Im Land, da man nicht sät hl

Losung: So spricht der HERR: Ich gedenke der Treue deiner Jugend und der Liebe deiner Brautzeit, wie du mir folgtest in der Wüste, im Lande, da man nicht sät. Jeremia 2,2

Lehrtext: Lasst uns festhalten an dem Bekenntnis der Hoffnung und nicht wanken; denn er ist treu, der sie verheißen hat. Hebräer 10,23

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Erntedankfestgottesdienste heuer waren kaum besser besucht als die an anderen Sonntagen auch. Warum auch, wenn doch die Supermärkte immer voll sind. Schließlich leben wir in einem Land, in dem man erntet, was man sät, in dem man den Lohn bekommt, den man sich erarbeitet und das Gehalt, das man verdient hat. Das ist nun schon so lange der Fall. Warum sollte das anders werden? Wozu also einen Erntedankfestgottesdienst besuchen?
Ich denke, er wird noch von denen besucht, die wissen oder ahnen, dass die vollen Supermärkte nicht selbstverständlich sind. Die wissen oder ahnen, dass unser Wohlstand von vielen Dingen abhängig ist, die sich ändern können. Nicht nur von den Witterungsbedingungen, sondern auch vom inneren und äußeren Frieden, von den wirtschaftlichen Verhältnissen, von sozialer Gerechtigkeit, von internationalen Beziehungen…
Manche meinen, vom Wetter abgesehen haben wir Menschen das selbst in der Hand. Das stimmt schon in gewisser Hinsicht. Aber die Frage ist doch auch, wovon lassen wir, die wir das in der Hand zu haben meinen, leiten? Woran orientieren wir uns? Welche Werte sind uns wichtig? Es ist auch die innere Einstellung, die auf die äußeren Verhältnisse einwirkt.
Und die innere Einstellung eines jeden von uns, und damit meine ich auch den Glauben, tritt spätestens dann zutage, wenn die Verhältnissen problematisch werden. Wenn man sich nicht mehr verlassen kann auf das, was man gesät, erarbeitet, geschaffen hat. Wenn du dich plötzlich in der Wüste persönlicher oder auch gesellschaftlicher Krisen vorfindest.
Schon mancher hat sich wieder an Gott erinnert, wenn er durch die Wüste einer langen Krankheit wandern musste oder wenn die politischen Verhältnisse plötzlich instabil wurden und man nicht wusste, wovon man morgen würde leben können. Aber wer kann sich schon an jemand erinnern, den er nicht kennt?
Deshalb fordert uns der heutige Lehrtext auf: »Wir wollen an der Hoffnung festhalten, zu der wir uns bekennen, und wollen nicht schwanken; denn Gott steht zu seinem Wort.« Das ist der Stab, an dem ich mich festhalten kann, wenn ich durch die Wüsten meines Lebens wandern muss, wo ich mich nicht mehr darauf verlassen kann, was ich gesät und geschaffen habe. Wo ich ganz und gar auf den angewiesen bin, der mir hilft. 

Gebet: Herr, alles was ich bin und habe, kommt von dir. Solange es mir gut geht, ist mir das nicht ständig bewusst ist. Aber es kommen auch andere Zeiten. Dann bist du meine einzige Hoffnung. Dann habe ich nichts mehr, worauf ich mich verlassen kann, als dein Wort. Amen

Herzliche Grüße


Ihr / dein Hans Löhr 

Dienstag, 25. Oktober 2016

Der Glaubensvogel hl

Losung: Siehe, was ich früher verkündigt habe, ist gekommen. So verkündige ich auch Neues; ehe denn es aufgeht, lasse ich's euch hören. Jesaja 42,9

Lehrtext: Groß und einzigartig ist die geheimnisvolle Wahrheit unseres Glaubens: In der Welt erschienen als schwacher Mensch, im Himmel in seiner göttlichen Würde bestätigt - so wurde Christus den Engeln gezeigt und den Völkern der Erde verkündet. Überall in der Welt fand er Glauben, und im Himmel erhielt er die höchste Ehre. 1.Timotheus 3,16 (Übersetzung: Gute Nachricht Bibel)

Liebe Leserin, lieber Leser,

»Glaube ist der Vogel, der singt, wenn die Nacht noch dunkel ist«, schreibt der bengalische Dichter Rabindranath Tagore. Noch ist die Sonne nicht aufgegangen. Doch der Glaube singt bereits vom neuen Tag. Noch ist das finstere Tal der Sorgen und des Leids nicht zu Ende. Doch der Glaube verkündigt bereits das Licht am Ausgang. Gott selbst spricht durch den Glauben zu dir vom Licht, wenn die Nacht noch dunkel ist.
Und so hat er vor langer Zeit durch die Propheten seinem Volk, den Israeliten, verkündigt, dass noch einmal etwas ganz Neues kommen werde, ein neuer Bund (= Testament) zwischen ihm und uns Menschen. Er hat den Engel sein kleines, schwaches Kind gezeigt, das später ohnmächtig am Kreuz hängen und so zu höchsten Ehren kommen sollte.
Er will den Menschen, dir und mir, diese große, einzigartige und geheimnisvolle Wahrheit des Glaubens verkünden. Eine Wahrheit, die du nicht mit deinem Verstand begreifen, der du dich nur im Glauben anvertrauen kannst.
Er hat uns Vernunft und Verstand geschenkt, damit wir unsere Angelegenheiten auf der Erde regeln können. Er schenkt uns aber auch den Glauben für all die geheimnisvollen Wahrheiten zwischen Himmel und Erde, die unser Leben in das Licht der Hoffnung tauchen und mit Liebe erfüllen.

Gebet/Kanon:
Hoffnung die dunkle Nacht erhellt,
Hoffnung, die niemals zusammenfällt.
Hoffnung, Christus schenkt sie aller Welt.

(Bayrisches Gesangbuch EG 28..Walter Christlein für den Kirchentag 1979 in Nürnberg)                                                                                                                                                                                                                                   
Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr 

Montag, 24. Oktober 2016

Meine Schlaftablette hl

Losung: Ich liege und schlafe ganz mit Frieden; denn allein du, HERR, hilfst mir, dass ich sicher wohne. Psalm 4,9

Lehrtext: Er ist unser Friede. Epheser 2,14

Liebe Leserin, lieber Leser,

das heutige Losungswort ist meine Schlaftablette. Ich nehme sie zu mir, wenn mich etwas so bewegt, dass ich nicht einschlafen kann. Ich muss dazu nicht aufstehen und zur Medikamentenkiste laufen. Ich muss weder eine Verpackung öffnen noch gar den Beipackzettel lesen: »Zu Risiken und Nebenwirkungen fressen Sie die Packungsbeilage oder schlagen sie Ihren Arzt und Apotheker.« (Sorry wegen dieses Kalauers, aber der musste jetzt sein). Und ich muss nichts schlucken. Das einzige, was ich muss, ist, dass ich dieses kurze Wort aus Psalm 4 auswendig weiß. Und dann sage ich es mir vor, einmal, zweimal, dreimal – und schlafe ein. Also bei mir wirkt es erstaunlich gut. Und da so gut wie alle Schlafstörungen psychosomatisch sind, müsste es auch bei dir wirken.
»Ich schlafe ganz mit Frieden« – diesen Satzteil verstehe ich so, dass ich mit und in seinem Frieden schlafe, den ich mir nicht selbst und den mir auch kein anderer geben kann. Es ist der Friede Gottes, von dem es in der Bibel heißt, er „ist höher als alle Vernunft“ oder, wie es im Lehrtext heißt, der Friede ist Jesus Christus selbst. Er sitzt sozusagen an meinem Bett und wacht über meinem Schlaf. Wo er ist, muss die Unruhe weichen, der Stress abfallen, die Angst verschwinden. Daran glaube ich. Und genau das, mein Glaube und mein Gottvertrauen, ist der eigentliche Wirkstoff in dieser „Schlaftablette“.

Gebet: Herr, du bist der Friede der Friedlosen, die Ruhe der Unruhigen und der Trost der Untröstlichen. Bei dir dürfen ausruhen alle, die aufgewühlt sind. Schenke uns neue Kraft und neuen Mut für den morgigen Tag. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr 

Sonntag, 23. Oktober 2016

Der zerrissene Himmel hl

Losung: Ach dass du den Himmel zerrissest und führest herab! Jesaja 63,19

Lehrtext: Sie werden sehen den Menschensohn kommen in den Wolken mit großer Kraft und Herrlichkeit. Markus 13,26

Liebe Leserin, lieber Leser,

1622, vier Jahre nach Beginn des 30-jährigen Krieges, dichtete Friedrich Spee von Langenfeld:
O Heiland, reiß die Himmel auf,
herab, herab vom Himmel lauf;
reiß ab vom Himmel Tor und Tür,
reiß ab, wo Schloss und Riegel für.
Bei diesem Vers hatte der Dichter das Kriegselend vor Augen und unsere Tageslosung im Kopf. Heute ist uns diese Sehnsucht eher fremd. Oder doch nicht? Die noch wenigen verbliebenen Christen im syrischen Aleppo würden sich und ihr Schicksal darin wieder finden und genauso inbrünstig beten wie damals die Menschen in Deutschland: »Ach dass du den Himmel zerrissest und führest herab! – O Heiland reiß die Himmel auf, herab, herab vom Himmel lauf!«
Hoffentlich müssen nicht wir oder unsere Kinder und Enkel wieder einmal so beten. Vor 71 und mehr Jahren, zur Zeit des Zweiten Weltkriegs, haben unsere Eltern, Groß- und Urgroßeltern dieses Lied noch mit großer Innigkeit und Hingabe gesungen, auch den anderen Vers:
Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt,
darauf sie all ihr Hoffnung stellt?
O komm, ach komm vom höchsten Saal,
komm, tröst uns hier im Jammertal.
Ihr Gebet damals wurde erhört. Die Mächte der Finsternis hatten sich im Krieg vorübergehend ausgetobt. Der Friede hielt wieder Einzug in unserem Land und mit ihm nach und nach auch immer bessere Lebensbedingungen, die bis heute anhalten.
Gebet: Jesus Christus, Heiland und Herr, komm du auch heute zu allen, die nach dir schreien, und tröste sie im Jammertal ihrer Not, ob sie auf der Flucht sind oder im Krieg, ob sie mit einer tödlichen Krankheit ringen oder schwer am Verlust des Partners tragen. Tröste, wie nur du trösten kannst. Und wo es möglich ist, gib auch uns die Fähigkeit andere zu trösten und sie deine Liebe spüren zu lassen. Nicht zuletzt aber bitten wir dich auch für uns selbst, dass du den Himmel zerreißt und zu uns kommst, wenn wir dich dringend brauchen. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr

Samstag, 22. Oktober 2016

Aber die anderen auch hl

Losung: Vom Aufgang der Sonne bis hin zu ihrem Untergang ist mein Name groß bei den Nationen, spricht der HERR. Maleachi 1,11

Lehrtext: Viele werden kommen von Osten und von Westen und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen. Matthäus 8,11

Liebe Leserin, lieber Leser,

es ist egal, woher die Menschen kommen, die Gott an seinen Tisch lädt und wann sie gelebt haben. Für ihn zählen weder Raum noch Zeit. Ob es Abraham, Isaak und Jakob sind, die sogenannten Erzväter der Israeliten aus ferner Vergangenheit oder ob es heute ein Kind aus Afrika ist oder ein Inuit (Eskimo) aus dem hohen Norden oder Menschen, die jetzt noch gar nicht geboren sind – Gott macht bei seinen Gästen keinen Unterschied. Wen er einlädt, den lädt er ein, unabhängig davon, was wir davon halten. Er fürchtet sich nicht vor Flüchtlingen und nicht vor dunkelhäutigen Afrikanern. Er fürchtet sich nicht vor Roma (Zigeunern) und nicht vor Mongolen. Er fürchtet sich nicht vor Muslimen und nicht vor Atheisten. Nicht einmal vor Sachsen und Schwaben, nicht einmal vor deinem Nachbarn und auch nicht vor mir. Gott hat absolut keine Berührungsängste gegenüber uns  Menschen, die er geschaffen hat so wie sie sind. Ich glaube, bei ihm sind alle willkommen, die mit ihnen allen und vielen anderen mehr an seinem Tisch sitzen wollen. Wenn, dann laden wir uns nur selbst aus, falls wir mit einem dieser Leute nicht an Gottes Tisch sein wollen.
Bei der Gelegenheit fällt mir wieder die Anekdote des berühmten Theologieprofessors Karl Barth ein, der von einer älteren Kirchgängerin gefragt wurde: „Herr Professor, werde ich im Himmel meine Lieben wieder sehen?“ „Ja“, antwortete er, „aber die anderen auch“.

Gebet: Herr, willst du mich nur zusammen mit denen, die mir unsympathisch sind, bei dir haben? So wie ich dich kenne, ist das so. Denn dir ist niemand unsympathisch. Gott sei Dank, dann bin ich es auch nicht. Amen


Herzliche Grüße


Ihr / dein Hans Löhr 

Freitag, 21. Oktober 2016

Kinder sind Zukunft. Glaube ist Halt. hl

Losung: Der HERR spricht: Ich will mich zu euch wenden und will euch fruchtbar machen und euch mehren und will meinen Bund mit euch halten. 3.Mose 26,9

Lehrtext: Ihr seid Gottes Ackerfeld und Gottes Bau. 1.Korinther 3,9

Liebe Leserin, lieber Leser,

in Deutschland werden wieder mehr Kinder geboren. Nun hat, wie jüngst die Medien berichteten, eine Frau im Durchschnitt nicht mehr 1,3 Kinder wie in den vergangenen Jahren, sondern 1,5 Kinder. Das ist vor allen Dingen den Paaren mit Migrationshintergrund zu verdanken. Doch um dem Überalterungsprozess in unserem Land entgegenzuwirken, sind das noch immer zu wenige Kinder. Es bleibt die Frage: Wer bezahlt künftig die Renten? Wer kümmert sich künftig um die Alten und um die Kranken? Wer ist bereit, auch niedrigere Arbeiten zu verrichten?
Man nennt diese Überlegungen ‚Demographie‘. Und so sind unter dem Gesichtspunkt der Demographie und der Volkswirtschaft die Flüchtlinge für unser Land ein Zugewinn. Auch die deutsche Industrie fordert eine schnelle Integration, damit durch entsprechende Ausbildung der Zugewanderten der Facharbeitermangel in Deutschland abgemildert werden kann.
Dass in einer Bevölkerung für die Zukunftssicherung genügend Kinder geboren werden, war auch in biblischen Zeiten wichtig. Doch damals hat man nicht verhütet noch aus wirtschaftlichen Gründen auf Nachwuchs verzichtet. Im Gegenteil. Viele Kinder waren eine Garantie dafür, dass es den Eltern und Großeltern später einmal gut ging. Genau dafür steht auch das 4. Gebot: »Du sollst deinen (alten) Vater und deine (alte) Mutter ehren auf das es (auch) dir (später einmal) gut gehe und du lange lebest auf Erden.« Und deshalb gehörte das Gebet um Fruchtbarkeit zu den zentralen Anliegen der Menschen damals. Doch damals wie heute gilt: Kinder sind unsere Zukunft.
Gott verspricht in der Losung genau dies. Aber zu seinem Fruchtbarkeitssegen kommt auch der Bund, den er mit seinem Volk schließt und in dem die Menschen geborgen sind.
Im Lehrtext wird dieser Gedanke ins Geistliche gewendet. Da geht es darum, ob wir im Glauben fruchtbar sind und Gott mit uns sein Reich bauen kann. So gesehen soll ich mich darum bemühen, in meinem Glauben nicht stehen zu bleiben, sondern ein Leben lang zu wachsen. Es genügt nicht, den Glauben, den ich als Kind oder Jugendlicher erworben habe, für den Rest meines Lebens zu verwalten. Und damit das nicht geschieht, gibt es unter anderem diese Losungsauslegungen. Sie sollen ein Beitrag sein, über den eigenen Glauben nachzudenken und weitere Glaubensschritte zu tun.

Gebet:  Herr, ich danke dir für meine Kinder und Enkel. Sie sind ein Geschenk und ein Segen. Und da ich weiß, wie zerbrechlich alle menschlichen Beziehungen in dieser Welt sind, bitte ich dich, dass unser Verbundensein auch Krisen überdauert. Und dort, wo sich Eltern und Kinder auseinandergelebt haben, bitte ich dich, dass sie wieder zusammenfinden, weil sie zusammengehören. Ich danke dir auch für meinen Glauben. Auch er kann wieder zerbrechen. Und so bitte ich dich ebenso, dass seine Wurzeln in deinem Wort Halt finden und er, allen Stürmen des Lebens zum Trotz, weiterwachsen kann. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr 

Donnerstag, 20. Oktober 2016

Wo Christus aufleuchtet hl

Losung: Seid stille vor Gott dem HERRN, denn des HERRN Tag ist nahe. Zefanja 1,7

Lehrtext: Seid nun besonnen und nüchtern zum Gebet. Vor allen Dingen habt untereinander beständige Liebe. 1.Petrus 4,7-8

Liebe Leserin, lieber Leser,

ich weiß nicht, in welcher Verfassung du bist, wenn du die nachstehenden Bibelverse liest. Aber setz dich dazu lieber erst mal hin:
So spricht der Herr: "Mit Stumpf und Stiel werde ich alles ausrotten, was auf der Erde lebt: Menschen und Vieh, die Vögel am Himmel und die Fische im Meer. Die Menschen, die von mir nichts wissen wollen, lasse ich vom Erdboden verschwinden und mit ihnen alles, was sie zur Auflehnung gegen mich verleitet hat. Alle sollen umkommen, die mir den Rücken kehren und denen ich gleichgültig geworden bin, ja, alle, die mit mir nichts zu tun haben wollen. Seid jetzt still vor Gott, dem Herrn! Der Tag, an dem er Gericht hält, steht vor der Tür.“
Ausrotten, verschwinden, umkommen, Gericht – puh, das ist heftig. Steht das wirklich so in der Bibel? Ja. Muss ich das glauben? Nein. Ob die Juden, für die das Alte Testament auch Heilige Schrift ist, das glauben, weiß ich nicht. Jedenfalls gibt es einige Christen, die meinen, ihre Bibeltreue dadurch unter Beweis stellen zu müssen, dass sie auch solche Sätze glauben.
Aber, liebe Leserin, lieber Leser, wir sollen nicht bibeltreu sein im Sinne eines blinden Buchstabenglaubens, sondern christustreu. Mich interessiert nicht das Gottesbild des Propheten Zefanja. Mich interessiert der Vater Jesu Christi, dessen Ebenbild Jesus ist und in dem er sich verherrlicht. Und darum lese ich von Jesus her die Bibel, auch das Alte Testament, und entscheide, was wichtig ist und was nicht oder, wie Luther sagt: ‚Was Christum treibet‘, das heißt, wo er aufleuchtet. Und im heutigen Losungswort mit seinen vorausgehenden Versen leuchtet er nicht auf. Dieses Bibelwort verdunkelt ihn nur.
Demgegenüber heißt es im heutigen Lehrtext: »Werdet nicht müde zu beten.  Vor allem aber lasst nicht nach, einander zu lieben. Denn Liebe sieht über Fehler hinweg«. Was für ein Unterschied! Was für ein Kontrast! Dort Zorn, hier Liebe. Dort Gericht und Hinrichtung, hier Barmherzigkeit.
Ich kann und will nicht zu einem Gott beten, der mir mit Vernichtung droht. Vielleicht wollte ja der Prophet Zefanja seinen Landsleuten Angst und Schrecken einjagen, damit sie sich wieder zu Gott bekehren. Aber dieses Konzept hat noch nie funktioniert weder im Glauben noch in der Erziehung. Du kannst nicht zu jemanden vertrauen haben, der dir Angst macht. Du kannst niemanden lieben, der dir droht.
Doch auch wenn du geliebt wirst, liebst du nicht automatisch den, der dich liebt oder die, die deine Liebe brauchen. Darum weist der Lehrtext darauf hin, dass Liebe aus einer innigen Beziehung erwächst, daraus, dass man miteinander im Gespräch bleibt. In der Bibel ist das Gebet diese innige Beziehung, dieses vertrauensvolle Gespräch eines Menschen mit Gott. Und wenn ich so mit ihm in Kontakt bin, wie lange kann ich dann einen Mitmenschen, der meiner Liebe bedarf, ignorieren?

Gebet: Herr, wie vielen Menschen wurde der Glaube verdorben, weil man ihnen Angst mit dir gemacht hat?! Wie viele haben dich nur als verzerrte Karikatur kennengelernt mit der Maske von Rache und Zorn?! Ich bitte für diese Menschen um eine zweite Chance, dass sie dich so kennenlernen, wie du dich in Jesus zeigst. Und auch um das bitte ich: Deine Liebe möge mir die Augen öffnen, wer meine braucht. Amen

Herzliche Grüße


Ihr / dein Hans Löhr 

Mittwoch, 19. Oktober 2016

Auch in Zukunft hl

Losung: HERR, deine Güte ist ewig. Das Werk deiner Hände wollest du nicht lassen. Psalm 138,8

Lehrtext: Wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, dass wir darin wandeln sollen. Epheser 2,10

Liebe Leserin, lieber Leser,

um die heutige Losung zu verstehen, muss man sie in einer neueren Übersetzung lesen und am besten gleich im Zusammenhang mit den vorausgehenden Versen. König David betet im Psalm 138: »Herr, von ganzem Herzen will ich dir danken! Ich preise dich, deine Liebe und Treue. Ja, du hast deine Versprechen eingelöst und alle meine Erwartungen übertroffen. Als ich zu dir um Hilfe schrie, hast du mich erhört und mir neue Kraft geschenkt. Ja, du bist hoch erhaben - trotzdem sorgst du für die, nach denen keiner mehr fragt, und durchschaust die Stolzen schon von ferne! Ja, Herr, du wirst dich auch in Zukunft um mich kümmern, deine Gnade hört niemals auf! Was du angefangen hast, das führe zu einem guten Ende
Dieses Gebet kann ich 3000 Jahre später Wort für Wort nachsprechen. Es hat von seiner Aktualität nichts verloren. Davids Gott ist auch meiner und deiner. Was er damals für David getan hat, kann er auch heute für dich tun. Was er damals zu ihm gesagt hat, sagt er auch heute für dich. Sein Wort gilt durch die Jahrtausende hindurch. Wie viele andere Worte wurden inzwischen gesprochen. Doch auf keins kann ich mich so verlassen wie auf seins.
Und nun zum Lehrtext. Er lautet in einer neueren Übersetzung: »Durch eigene Leistungen kann man bei Gott nichts erreichen. Deshalb kann sich niemand etwas auf seine guten Taten einbilden. Gott hat etwas aus uns gemacht: Wir sind sein Werk, durch Jesus Christus neu geschaffen, um Gutes zu tun. Damit erfüllen wir nur, was Gott schon im Voraus für uns vorbereitet hat
Darüber nachzudenken, lohnt sich. Denn das heißt wohl: Alles Gute, was geschieht, ist von Gott bereits vorgesehen. Nicht ich bin es, der eine gute Tat aufgrund eigener Entscheidung oder Fähigkeit vollbringt. Vielmehr führe ich nur aus, was Gott vorbereitet hat. Das ist meine Aufgabe. Das ist der Sinn meines Lebens. Dafür bin ich auf der Welt. So sagt es jedenfalls Paulus in seinem Brief an die Christen in Ephesus.
Ob ich das auch so sehen kann? Ob du das auch so siehst? Wenn ja, was hätte das für Folgen für unser Selbstbewusstsein, für unsere Hilfsbereitschaft, für unsere Nächstenliebe? Ich weiß spontan keine Antwort darauf, sondern muss erst mal in Ruhe darüber nachdenken. Vielleicht möchtest du mir mitteilen, was du dazu denkst.

Gebet: Ja Herr, das stimmt, du hast bis jetzt die Erwartungen übertroffen. Hast mir geholfen, als ich dich gebeten habe. Und so wirst du dich auch in Zukunft um mich kümmern. Darauf verlasse ich mich. Ich möchte dir damit danken, dass ich dich bitte, mich in deinen Dienst zu nehmen, um in dieser Welt etwas Gutes zu bewirken. Amen

Herzliche Grüße


Ihr / dein Hans Löhr 

Dienstag, 18. Oktober 2016

Kennst du Gott? hl

Losung: Ihr seid meine Zeugen, spricht der HERR. Jesaja 43,10

Lehrtext: Wir predigen nicht uns selbst, sondern Jesus Christus, dass er der Herr ist. 2.Korinther 4,5

Liebe Leserin, lieber Leser,

welchen Gott hat man dir eigentlich beigebracht? Was für ein Bild hast du von ihm? Sieht er so aus, wie Michelangelo ihn gemalt hat in der Sixtinischen Kapelle im Vatikan: Ein alter Mann mit wehendem weißen Haar und weißem Bart? Die Muslime dürfen sich ja kein Bild von Gott machen. Aber in ihrer Vorstellung dürfte auch Allah ähnlich aussehen: Eine Gestalt mit Männergesicht, die Autorität und Macht ausstrahlt und einem das Fürchten lehren kann.
Aber wer kennt schon Gott so gut, dass er genau sagen könnte was und wer und wie er ist? Der Nachsatz zum heutigen Losungswort heißt zwar: »Ich möchte, dass ihr mich kennt und mir vertraut, spricht der Herr. Ihr sollt begreifen: Ich bin der einzige Gott.« Aber wie kann man jemanden kennen, den man nicht sieht, von dem man nur hört? 
Da kommt jetzt der heutige Lehrtext ins Spiel. Zusammen mit dem Satz, der ihn einleitet, heißt er in einer neueren Übersetzung: »Und doch erkennen wir Gott selbst nur durch Christus, weil Christus Gottes Ebenbild ist. Nicht wir sind der Mittelpunkt unserer Predigt, sondern Christus, der Herr! Wir sind nur eure Diener, aus Liebe zu Jesus.«
Damit tun sich viele Christen schwer. Wenn sie überhaupt glauben, dann am ehesten noch an eine göttliche, geistige Macht. Aber dass diese Macht in Jesus Christus Gestalt angenommen hat, Mensch geworden ist, sich in ihm sichtbar gemacht und mitgeteilt hat, das können viele nicht mehr mit ihrem Verstand vereinbaren. Und doch, wenn wir überhaupt meinen von Gott reden zu können, dann nur so. Denn in Jesus wird Gott eindeutig und konkret. Da zeigt er sich, wie er von uns gesehen und erlebt werden will: Als der gute Hirte, der sein Leben lässt für seine Schafe. Als der barmherzige Gott, der die Sünder liebt und ihnen vergibt. Als der rettende Gott, der aus der Macht der Finsternis und des Todes befreit. Als der himmlische Vater, in dessen offene Arme jeder und jede kommen kann, ohne Angst und ohne Scheu.
In Jesus zeigt er, dass er nahe ist und wir unmittelbar in ihm leben und auch einmal sterben und dann auferstehen. Wenn wir als Christen von Gott reden, dann können wir mit der Bibel (1. Johannesbrief) sagen und glauben: »Gott ist Liebe. Und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.«

Gebet: Himmlischer Vater, du bist ein Gott der Liebe für alle deine Geschöpfe. Ich weiß, es geschehen auch Dinge, die ich damit nicht zusammenbringen kann. Und trotzdem halte ich daran fest, dass du die Liebe bist und bleibst und mich nichts und niemand von dir trennen kann. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr

Montag, 17. Oktober 2016

Dein Reich komme hl

Losung: Er wird herrlich werden, so weit die Welt ist. Micha 5,3

Lehrtext: Dein Reich komme. Matthäus 6,10

Liebe Leserin, lieber Leser,

wer einigermaßen regelmäßig die Weihnachtsgottesdienste besucht und aufmerksam zuhört, kennt wohl den Vers aus dem Buch des Propheten Micha kurz vor unserer heutigen Losung, wenn es heißt: »Und du, Bethlehem, die du klein bist unter den Städten in Juda, aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei.«
Bis heute warten die Juden auf den Heilskönig, auf den zweiten David, der König der ganzen Welt werden soll. Dann, so hoffen sie, gibt es nur noch eine Regierung unter einem König, durch den Gott selbst regiert und alles zum Guten wendet. Dann werden sich alle Völker zu Gott bekehren und für immer das Kriegsbeil begraben. Dann wird es gerecht zu gehen. Alle werden genug zu essen haben und niemand muss mehr im Elend leben. Die Juden nennen diesen Zustand Shalom.
Eine schöne Vision! Doch Christen haben eine andere. Sie glauben, dass dieser König mit der Dornenkrone in Bethlehem bereits geboren ist. Auch sie glauben, dass er die Welt regiert, und zwar jetzt schon. Aber nicht so wie normalerweise regiert wird, sondern so, dass dieser König die Herzen vieler Menschen in vielen Nationen regiert und sie ihn als ihren Herrn anerkennen.
Ob diese Vision der Christen zutrifft, kann jeder, der das liest, an sich selbst sehen. Du musst dich nur fragen: Wovon lasse ich mich leiten? Wer regiert mich? Ist es die gewählte Regierung? Sind es meine Wünsche und Bedürfnisse? Ist es gar die Angst? Oder richte ich mich nach Jesus Christus und erkenne ihn als meinen Herrn an?
Ich meine, unter all den Nationen auf der Erde gibt es noch eine unsichtbare Nation ohne Grenzen, ohne eine gemeinsame Sprache, ohne Steuern und ohne Militär. Es ist die Nation derer, die Jesus Christus als ihren Herrn angenommen haben und sein Gesetz befolgen. Zu ihr gehören Afrikaner und Asiaten, Europäer, Australier und Amerikaner, Einheimische und Flüchtlinge. Die katholische Kirche versteht sich ja nicht ganz zu Unrecht als Weltkirche und somit auch als diese „Nation der Christen“. Doch aus meiner Sicht ist diese Nation noch viel größer. Sie überschreitet alle Konfessionen. Und vielleicht gehören zu ihr auch diejenigen, die zwar dem Papier nach gar keine Christen sind, aber doch das Gesetz Jesu befolgen, nämlich Gott und den Mitmenschen so zu lieben wie sich selbst.
Im Vaterunser bitten wir darum, dass sich diese Nation oder auch dieses Reich durchsetzen möge gegenüber allen anderen Mächten und Gewalten. Und jeder von uns, der sich als Christ versteht, trägt etwas von diesem Reich in sich und trägt so dazu bei, dass da, wo er ist, Jesus als der Herr anerkannt und sein Gesetz beachtet wird.

Gebet: Herr, dein Reich komme. Es komme in unsere Welt. Es komme aber auch zu mir, dass ich in deinem Einflussbereich lebe und mich nach dir richte. Amen

Herzliche Grüße


Ihr / dein Hans Löhr 

Sonntag, 16. Oktober 2016

Fürchte dich nicht! (Predigt) hl

Predigt im Lichtblickgottesdienst von Hans Löhr
Liebe Freunde,
vor 150 Jahren tagte in einem Staat des nordamerikanischen Mittelwestens das Parlament. Ein fürchterliches Unwetter, wie es in jener Gegend vorkommt, zog herauf und verdunkelte den Himmel. Es wurde schwarz wie die Nacht, und der Weltuntergang schien nahe. Die Parlamentarier wollten voll Schrecken die Sitzung abbrechen und aus dem Sitzungssaal stürmen. Der Sprecher des Parlaments rief ihnen zu: ,Meine Herren! Entweder die Welt geht jetzt noch nicht unter und unser Herr Jesus Christus kommt noch nicht – dann ist kein Grund vorhanden, die Sitzung abzubrechen. Oder unser Herr kommt jetzt – dann soll er uns bei der Arbeit finden. Die Sitzung geht weiter!
Der Sturm der Angst hat nicht nur damals geweht. Der Sturm der Angst hat in den Jüngern Jesu geweht, als sie auf dem See Genezareth waren und fürchteten, unterzugehen. Der Sturm der Angst weht immerzu. Auch heute.
Zur Zeit weht er verstärkt in unserem Land und droht das gesunde Urteilsvermögen weg zu blasen. Drei von vier Deutschen fürchten sich vor Terrorismus, aber nur jeder zweite vor einer schweren Krankheit. Das hat eine neue Umfrage der R + V Versicherung ergeben. Und nur wenige fürchten sich, ins Auto zu steigen, obwohl die Wahrscheinlichkeit, dabei verletzt oder getötet zu werden extrem viel höher ist als Opfer eines Terroranschlags zu werden. Nach einem Bericht der AOK sterben jährlich 19.000 Menschen im Krankenhaus an Behandlungsfehlern, die hätten vermieden werden können. Trotzdem werden solche Meldungen verhältnismäßig gleichmütig zur Kenntnis genommen. Warum also gerade die extreme Angst vor Terroranschlägen? Warum werfen sich inzwischen bei Wahlen immer mehr Menschen den Populisten an den Hals? Aus meiner Sicht ist das eine viel größere Gefahr für unser Land und unser aller Zukunft als der Terror.
Offensichtlich haben viele Leute Probleme, die Verhältnisse bei uns so wahrzunehmen, wie sie wirklich sind, statt sie verzerrt durch die Brille der Angst zu sehen.
Bundestagspräsident Lammert hat am 3. Oktober in Dresden eine Rede bei den Einheitsfeiern gehalten. Er erwähnte eine Untersuchung des amerikanischen Gallup-Instituts bei 138 Nationen. Dabei sollten die Menschen einschätzen, wie glücklich sie in ihrem Land sind. Die Deutschen verorten sich selbst auf Platz 46 zwischen dem Senegal und Kenia, obwohl wir hier in Verhältnissen leben, um die wir fast von der ganzen Welt beneidet werden. In den Augen von Afrikanern, Menschen aus Südamerika und Asien sind wir hier die reinsten Glückspilze.
Der Sturm der Angst weht in unserem Land. Doch die Welt geht nicht unter. Der jüngste Tag ist noch nicht angebrochen. Die Sitzung, liebe Freunde, geht weiter. Unser alltägliches Leben geht weiter. Und dazu brauchen wir einen kühlen Kopf und ein tapferes Herz und dürfen uns von Angst nicht lähmen lassen.
Aber man fürchtet sich bei uns ja nicht nur vor Terror, vor Überfremdung durch Flüchtlinge, vor dem Islam oder vor dem Zusammenbruch der Finanzmärkte. Viele von uns sorgen sich wegen möglicher Krankheiten wie Krebs oder Demenz, wegen Arbeitslosigkeit, zu wenig Rente, wegen ihrer finanziellen Situation, wegen ihrer krisengeschüttelten Partnerschaft oder davor, dass die Kinder auf einen falschen Weg geraten. Viele haben Angst vor dem Altwerden oder davor, den Ansprüchen anderer nicht gerecht zu werden und das tägliche Pensum nicht zu schaffen…
Der Sturm der Angst weht auch immer wieder im persönlichen Leben eines jeden von uns. Egal, ob das berechtigt ist oder nicht. Aber auch für dich und für mich gilt: Die Welt geht nicht unter. Die Sitzung geht weiter und dein und mein Leben auch.
Ich finde, dass man es ernst nehmen muss, wenn jemand Angst hat. Man kann sie ihm nicht so ohne weiteres ausreden. Doch was hilft gegen die Angst egal wovor?
Am ehesten hilft wohl, dass du sie aussprechen kannst und ein anderer dir zuhört. Damit trägst du sie nicht immer nur tief innen mit dir herum, sondern kannst sie dir von der Seele reden.
Manche suchen deshalb Hilfe bei Profis wie bei Psychotherapeuten oder Lebensberatern. Manche rufen die Telefonseelsorge an und sprechen sich anonym aus. Manche haben einen guten Freund oder eine gute Freundin, der sie sich anvertrauen können. Das alles kann eine große Hilfe gegen die lähmende Angst sein.
Doch was machst du, wenn gerade niemand erreichbar ist oder wenn du mitten in der Nacht aufwachst, weil dir die Angst auf der Brust sitzt und den Schweiß auf die Stirn treibt?
Manche stehen auf, nehmen Beruhigungstabletten, essen etwas, lenken sich ab, schauen fern, lesen und versuchen so auf andere Gedanken zu kommen. All das kann hilfreich sein. Mir hilft am besten, wenn ich das, was mich bewegt, bedrückt oder mir Angst macht, Gott sage. Ihn kann ich jederzeit erreichen. Ihm kann ich meine innersten Gefühle zeigen. Ihm kann ich alles sagen, was mir durch Kopf und Herz geht.
Und das ist deshalb sinnvoll, weil ich darauf vertraue, dass er mich kennt und hört und weiß, wie es um mich steht. Im Glauben bin ich mit meiner Angst nicht allein. Da habe ich einen zur Seite, der größer und stärker ist als sie. Die Bibel ermutigt mich zu diesem Glauben. Wie ein roter Faden durchzieht sie der Satz: Fürchte dich nicht!
Beim Propheten Jesaja sagt Gott: »Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein!«
Und der Weihnachtsengel singt vor den Hirten auf den Feldern von Bethlehem: »Fürchtet euch nicht, siehe ich verkündige euch große Freude, die allen Menschen zuteil wird. Denn euch ist heute der Retter geboren, Christus, der Herr
Und als die Frauen am Ostermorgen zum leeren Grab kommen, sitzt dort wieder ein Engel und sagt: »
Fürchtet euch nicht! Jesus ist auferstanden.« Immer wieder klingt es aus der Bibel beruhigend, ermutigend und tröstend: »Fürchtet euch nicht, fürchte dich nicht!«.
Das hat schon seinen Grund. Jesus sagt im Johannesevangelium: »In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.« Das kann mir kein Psychotherapeut, kein Seelsorger, kein Freund sagen. Das kann nur er sagen. Und ich kann es hören, so wie ihr jetzt diesen Satz hört. Und ich kann es glauben. Und ihr, und du, bist du nicht auch deswegen in diesen Gottesdienst gekommen, damit du hier etwas hörst, was du sonst die Woche über nicht hörst? Damit du hier von Gottes Wort getröstet und ermutigt wirst? Damit du wieder innerlich gestärkt nach Hause und morgen auf die Arbeit gehen kannst? Lass es dir sagen, dass du nicht allein bist. Lass es dir sagen, dass Christus die Welt überwunden hat. Lass dir von ihm seine Angst nehmen. Gib sie ihm und alle deine Sorgen. Und sage: ‚Herr, ich habe niemand anderen, der mich so gut kennt wie du. Du weißt was ich brauche. Darum gebe ich dir alle meine Sorge und bitte dich um deinen Frieden. Darum gebe ich dir alle meine Angst und bitte dich um deinen Trost. Darum gebe ich dir alle meine Unsicherheit und bitte dich, dass du meinen Glauben stärkst.‘
Wenn es in der Bibel immer wieder heißt „Fürchte dich nicht!“, dann heißt das für mich auch: Fürchte dich nicht, glaube nur und lebe. Lebe auch auf die Gefahr hin, etwas falsch oder dich schuldig zu machen. Riskiere, dass du scheitern kannst. Hab keine Angst zu versagen. Hab keine Angst vor Gott und erst recht nicht vor den Menschen. Höre immer wieder auf sein Wort. Höre, was König David im Psalm 27 sagt: Der Herr ist mein Licht und mein Heil, vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft. Vor wem sollte mir grauen? Das sind goldene Worte, die dir die Furcht nehmen können.
Natürlich kannst du nicht wissen, was die Zukunft bringt. Niemand kann das wissen. Aber selbst, wenn du niedergeschlagen bist und meinst, mit deinen Möglichkeiten am Ende zu sein, bedenke, dass dann Gottes Möglichkeiten erst anfangen. Er zeigt dir einen neuen Weg, wo vorher keiner war. Er öffnet dir eine Tür, wo vorher keine war. Darum fürchte dich nicht, sondern vertraue. Denn wenn auch die Stürme in deinem Leben wehen, so geht doch die Welt nicht unter. Die Sitzung geht weiter und dein Leben auch.
Mit einer Hoffnungsgeschichte habe ich diese Predigt begonnen. Mit einer Hoffnungsgeschichte möchte ich sie beschließen. Sie erzählt, wie man recht Gottesdienst feiern soll, wenn einen die Angst lähmen will:
Einst lebte ein Zimmermann, den eines Abends auf seinem Heimweg ein Freund anhielt und fragte: "Mein Bruder, warum bist du so traurig?"
"Wärest du in meiner Lage, du empfändest wie ich", sagte der Zimmermann. "Erkläre dich", sprach der Freund. "Bis morgen früh" sagte der Zimmermann, "muss ich elftausendelfhundertelf Pfund Sägemehl aus Hartholz für den König bereit haben" oder ich werde enthauptet."
Der Freund lächelte und legte ihm den Arm um die Schulter. "Mein Freund", sagte er, "sei leichten Herzens. Lass uns essen und trinken und den morgigen Tag vergessen. Der allmächtige Gott wird, während wir ihm Anbetung zollen, statt unserer des Kommenden eingedenk sein."
Sie gingen also zum Hause des Zimmermanns, wo sie Weib und Kind in Tränen fanden. Den Tränen wurde Einhalt getan durch Essen, Trinken, Reden, Singen, Tanzen und allsonstige Art und Weise von Gottvertrauen und Güte. Inmitten des Gelächters fing des Zimmermanns Weib zu weinen an und sagte: "So sollst du denn, mein lieber Mann, in der Morgenfrühe enthauptet werden und wir alle vergnügen uns indessen und freuen uns an der Güte des Lebens. So steht es also." "Denke an Gott", sprach der Zimmermann und der Gottesdienst ging weiter. Die ganze Nacht hindurch feierten sie.
Als Licht das Dunkel durchdrang und der Tag anbrach, wurde ein jeglicher schweigsam und von Angst und Kummer befallen. Die Diener des Königs kamen und klopften sacht an des Zimmermanns Haustür und der Zimmermann sprach: "Jetzt werde ich sterben" und öffnete.
"Zimmermann", sagten sie, "der König ist tot. Mache ihm einen Sarg!"
(William Saroyan)
Amen

Samstag, 15. Oktober 2016

Propheten, Bob Dylan und Wölfe im Schafspelz hl

Losung: In eurer Zeit rede ich ein Wort und tue es auch, spricht Gott der HERR. Hesekiel 12,25

Lehrtext: Petrus schreibt: Wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus; sondern wir haben seine Herrlichkeit selber gesehen. 2.Petrus 1,16

Liebe Leserin, lieber Leser,

inzwischen wissen es wohl die meisten: Bob Dylan, der amerikanische Songschreiber und Sänger, hat vorgestern für seine zahlreichen Liedtexte den Literaturnobelpreis bekommen. Ob gerechtfertigt oder nicht, sei mal dahingestellt. Ich höre Bob Dylan seit 51 Jahren. Erst in den letzten 15 Jahren hat meine Begeisterung für seine Lieder etwas nachgelassen. In den sechziger Jahren waren einige seiner Songs richtige Prophezeiungen, besonders sein weithin bekanntes The Times They Are A-Changin‘ auf Deutsch: Die Zeiten ändern sich. Er hat den großen Umbruch, der seit Mitte der sechziger Jahre die westlichen Gesellschaften ergriffen hatte, vorausgespürt.
Ist Bob Dylan deswegen ein Prophet? Er selbst wollte das nie sein. Und doch hat der neue Zeitgeist durch ihn gesprochen. So ähnlich kann man es zumindest in diesen Tagen in den Zeitungen lesen. Aber ob das der Zeitgeist war? Wer oder was sollte das denn sein? Es gibt nur einen Geist, der alle anderen großen und kleinen Geister beherrscht und sich dienstbar macht: Gottes Geist. Und darum heißt es im Anschluss an den heutigen Lehrtext in der Bibel: »Niemals haben sich die Propheten selbst ausgedacht, was sie verkündeten. Immer trieb sie der Heilige Geist dazu, das auszusprechen, was Gott ihnen eingab.«
Die Geister zu unterscheiden, ist ein schwieriges Unterfangen. Schon mancher trat mit dem Anspruch auf, im Namen von Gottes Geist zu sprechen, und war doch nur von sich selbst besoffen. Schon von manchem Super-Christ wurde geglaubt, dass aus ihm der Heilige Geist spräche, und dann hat er sich doch über kurz oder lang als Wolf im Schafspelz herausgestellt. Der Antichrist, von dem die Bibel spricht, gibt sich ja gerade nicht durch glaubensfeindliche Reden zu erkennen, sondern tarnt sich als Christ und treibt unter diesem Deckmantel sein finsteres Werk.
Und so kann es auch durchaus umgekehrt sein, dass einer, der gar kein Prophet sein will, sagen muss, was Gott ihn sagen lassen will, ohne dass er selbst das weiß. Jedenfalls spricht Gott auch heute für diejenigen, die Ohren haben zu hören. Nur beweisen kann man das nicht. 
Ich persönlich glaube zum Beispiel, dass er uns seit Jahren vor der größten Katastrophe warnt, auf die die Menschheit noch immer ungebremst zusteuert, vor dem Klimawandel. Jahrelang wurde das von maßgeblichen Politikern in unserem Land und anderswo bestritten. Seitdem der Klimawandel durch extreme Wetterphänomene wie Überschwemmungen und Wirbelstürme jetzt schon Jahr für Jahr tausende von Menschenleben fordert, kann er von niemanden mehr, der bei Verstand ist, geleugnet werden. Aber das heißt noch lange nicht, dass global wirksam etwas dagegen unternommen wird.
     Was den Glauben betrifft, so haben sich Gottes Voraussagen, die im Alten Testament stehen, in Jesus Christus erfüllt. Allerdings anders, als sich die Menschen das damals und auch die Juden heute noch vorstellen. Da kam eben kein Heilskönig mit Feuer und Schwert vom Himmel, zerstörte das Reich der römischen Besatzer und rottete das Böse ein für alle Mal aus. Sondern da lag ein kleines Kind armer Leute im hintersten Winkel der Provinz in einem erbärmlichen Futtertrog und hing später als Mann am Kreuz. Gott will sich uns nicht beweisen. Er will von uns geglaubt werden.
Auch von den weit mehr als zwölf Jüngern, die mit Jesus unterwegs waren, haben trotz allem, was sie gehört und gesehen haben, viele immer wieder an ihm gezweifelt und ihn schließlich wieder verlassen. Auch Judas hat ihn verraten und Petrus, in dessen Brief der heutige Lehrtext steht, hat ihn verleugnet. Erst das Wunder seiner Auferstehung und der Geist, den sie an Pfingsten empfangen hatten, haben sie endgültig überzeugt und zu seinen Boten gemacht.
Und wir? Das einzige, woran wir uns im Glauben festhalten können, ist die Bibel. Und auch da muss sich jeder Einzelne immer wieder von neuem fragen: Überzeugt mich, was da steht? Sind die Evangelisten, die die Geschichten über Jesus und seine Worte aufgeschrieben haben und die Apostel, die von ihm gepredigt haben, glaubwürdig? Die Nagelprobe darauf ist die Wirklichkeit. Sie entscheidet darüber ob sich Gottes Wort auch heute in meinem Leben als tragfähig erweist. Ob es mir hilft, mit meinem Leben in dieser Welt zurechtzukommen.

Gebet: Herr, gib mir Ohren, die dich aus dem Gewirr der vielen Stimmen heute heraushören. Gib mir den Verstand, dein Wort zu verstehen und den Glauben, darauf zu vertrauen. Gib mir die Gabe, die vielen Geister unserer Zeit zu unterscheiden und mich von deinem Geist führen zu lassen. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr