Freitag, 7. Oktober 2016

Was wird nur aus unserem Land? hl

Losung: Als jene ganze Generation zu ihren Vorfahren versammelt worden war, kam nach ihnen eine andere Generation, die weder vom HERRN wusste, noch von dem Werk, das er für Israel getan hatte. Richter 2,10

Lehrtext: Simeon betete: Du hast dein rettendes Werk begonnen, und alle Welt wird es erfahren. Allen Völkern sendest du das Licht, und dein Volk Israel bringst du zu Ehren. Lukas 2,31-32

Liebe Leserin, lieber Leser,

so, sagt die Losung, war das damals: »Als von der Generation der Israeliten, die Gott aus der Sklaverei in Ägypten befreit hatte, keiner mehr lebte, gab es eine neue Generation, die den Herrn weder kannte noch wusste, was er für sie getan hatte. Sie taten, was der Herr verabscheute: Sie warfen sich anderen Göttern an den Hals und wandten sich ab vom Herrn, dem Gott ihrer Vorfahren.«

Das alles ist längst Vergangenheit. Doch irgendwie erinnert mich das an die Gegenwart. Ich frage mich, ob man das heute so ähnlich sagen könnte:
‚Seitdem von der Generation der Deutschen keine mehr leben, die im Nationalsozialismus schreckliche Schuld auf sich geladen hatten, deren Land im Bombenhagel untergegangen ist und die der Herr auf wunderbare Weise aus jener Finsternis herausgeführt hat, dass sie wieder zu Wohlstand kamen und in die Völkergemeinschaft wieder aufgenommen wurden und so lange wie nie zuvor im Frieden leben durften, - seitdem von dieser Generation keine mehr leben, gibt es eine neue Generation, die den Herrn weder kennt noch weiß, was er für unser Volk getan hat. Sie tun, was der Herr verabscheut: Sie werfen sich anderen Göttern an den Hals und wenden sich ab vom Herrn, dem Gott ihrer Vorfahren.‘
Kann man das so sagen? Was meinst du? Was meinen Sie?
Dagegen spricht, dass diese Aussage doch sehr pauschal ist. Weder haben in der Generation unserer Eltern und Großeltern alle an Gott geglaubt, noch ist die heutige Generation komplett nichtgläubig. Aber auffällig ist schon, wie stark der Glaube in unserer Gesellschaft auf dem Rückzug ist. Auffällig ist, wie stark das Bewusstsein schwindet, wem wir letzten Endes Frieden und Wohlstand verdanken. Auffällig ist auch, dass das Wissen untergeht, warum wir einen Rechtsstaat haben, warum wir ein gemeinsames Europa brauchen, warum jeder, wirklich jeder, Verantwortung dafür hat, was aus unserem Land wird. Und wie brandgefährlich es ist, denen nachzulaufen, die auf schwierige Fragen einfache Antworten haben und andere dazu verführen, die Errungenschaften einer offenen Gesellschaft mit Füßen zu treten.
Unsere Verantwortung, liebe Leserin, lieber Leser, ist auch, dass wir gemeinsam das Fähnchen des Glaubens hochhalten und so deutlich machen: Es gibt noch Werte, an denen man sein eigenes Leben und den Weg unseres Landes ausrichten kann. ‚Ehrfurcht vor dem Leben‘, heißt ein solcher Wert oder ‚Solidarität und Nächstenliebe‘ oder ‚Gastfreundschaft und gute Nachbarschaft‘ oder ‚Verantwortung und Demut‘… oder wie es in der Bibel heißt: Gott ehren und dem Nächsten dienen. Unsere Aufgabe, so meine ich, ist es, dies stellvertretend auch für die anderen zu tun, die nicht glauben können oder wollen. Wir können und dürfen nicht nur für uns selber glauben. Wir haben auch Verantwortung für diejenigen, die blind für Gott sind und kein Herz für ihn haben. Doch wir würden dieser Verantwortung nicht gerecht, kämen wir ihnen mit dem Zeigefinger statt sie mit unserem eigenem Beispiel für den Glauben zu interessieren und zu gewinnen.
Simeon betet im Lehrtext, dass Gott sein rettendes Werk für alle (!) begonnen hat und nicht ein Werk der Vernichtung. Und dass er in dem Kind in der Krippe das rettende Licht sendet und nicht eine verderbliche Finsternis. Davon sollen wir reden mit Worten und mehr noch mit Taten und ausstrahlen, was es heißt, ein erlöster Mensch zu sein.

Gebet: Herr, ich mach mir Sorgen, dass so viele in unserem Land dich nicht mehr kennen oder kennen wollen. Das verheißt nichts Gutes. Denn wer dich vergisst, vergisst woher er kommt und wohin er geht, wem er sein Leben verdankt und von wem er bis jetzt am Leben erhalten worden ist. Was gibt einem solchen Menschen Halt? Woran kann er sich orientieren? Aber damit, dass ich mir Sorgen mache, ändere ich nichts. Darum bitte ich dich, dass wieder mehr Menschen dein rettendes Werk und dein rettendes Licht erkennen und ich dazu einen kleinen Beitrag leisten kann. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr 

1 Kommentar:

  1. Zu „Seitdem (…) Gott ihrer Vorfahren“

    Ich halte die Darstellung nicht für treffend, in verschiedener Hinsicht. Der Glaubensverlust ist schon viel früher passiert. Im 1. Weltkrieg sind fast einer ganzen Generation ihre Ideale einschließlich tradierter Religion („mit Gott für Kaiser und Vaterland“) verlorengegangen. Die Generation im 2. Weltkrieg war bereits weitgehend religionslos (vgl. Bonhoeffers Aussagen dazu oder Ö. v. Horvath „Jugend ohne Gott). Die Kirchen waren danach ebenfalls stark kompromittiert und hatten eigentlich als Glaubensorganisation ihre Existenzberechtigung verloren, wurden aber für Sozialarbeit, Traditionspflege und Kasualien beibehalten. Die fortschreitende Schrumpfung, die jetzt über viele Jahre passiert, ist nur äußerer Nachvollzug einer weitverbreiteten inneren Kündigung.

    Deutschlands Entwicklung nach dem 2. Weltkrieg war das Resultat der Politik und der Interessen der ehemaligen Kriegsgegner. Das kann man religiös deuten, muss man aber nicht.

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