Samstag, 29. Oktober 2016

Herrschen oder dienen? hl

Losung: Da sprachen die Männer von Israel zu Gideon: Sei Herrscher über uns, du und dein Sohn und deines Sohnes Sohn, weil du uns aus der Hand der Midianiter errettet hast. Gideon aber sprach: Ich will nicht Herrscher über euch sein und mein Sohn soll auch nicht Herrscher über euch sein, sondern der HERR soll Herrscher über euch sein. Richter 8,23

Lehrtext: Jesus sprach: Ihr wisst, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an. Aber so ist es unter euch nicht; sondern wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein. Markus 10,42-43

Liebe Leserin, lieber Leser,

das klingt gut, was Gideon da sagt als ihm die Herrschaft angetragen wird. Er verweist auf Gott und sagt, dass ER über das Volk herrschen soll. Damit stellt Gideon klar, wer tatsächlich die Macht hat über Himmel und Erde, wer tatsächlich herrscht über Raum und Zeit. 
Dieser Gedanke nahm 2000 Jahre später in der deutschen Kaiserkrone wieder Gestalt an. Otto der Große wurde mit ihr im Jahre 962 zum Kaiser des Heiligen römischen Reiches Deutscher Nation gekrönt. Seitdem ist sie fast tausend Jahre lang  bis 1806 das Herrschaftssymbol für alle deutschen Kaiser und Könige geblieben. 
Auf ihr befindet sich die lateinische Inschrift „per me reges regnant“. Auf Deutsch: Durch mich (Christus, den König der Könige) herrschen die Könige. Und so haben sich auch die deutschen Kaiser und Könige als Herrscher von Gottes Gnaden verstanden und sich zumindest den Anschein gegeben, dass sie nicht selbstherrlich regieren wollten. Ganz anders Napoleon, der sich selbst zum Kaiser gekrönt hat, indem er sich eine Krone eigenmächtig auf den Kopf setzte.

Trotz des Untergangs des Heiligen römischen Reiches Deutscher Nation ist dieser Gedanke nicht verschwunden. Die Bibel hält daran fest, dass Gott durch Christus die Erde und das Universum regiert und alle menschliche Regierungsgewalt von ihm nur geliehen ist. Manchen, die an die Spitze ihres Staates aufgestiegen sind, ist das noch heute bewusst. Sie sagen, wenn sie den Amtseid ablegen: „So wahr mir Gott helfe!“ Sie haben eine Ahnung davon, dass sie Gottes Geist brauchen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Für die meisten Regierungschefs aber spielt das heute keine Rolle mehr.
Doch wie ist das nun in der Gemeinschaft der Gläubigen, in den Gemeinden und Kirchen? Die Aussage von Jesus ist klar und unmissverständlich: „Wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein.“ In der Gemeinde und in der Kirche soll es keine Herrscher geben wie sonst in der Welt, sondern Dienstleister. Sie sollen sich demütig in den Dienst an der Gemeinschaft stellen und dafür sorgen, dass sie gut geleitet und zusammengehalten wird.
In der Reformationszeit hat man das noch verstanden. Luther und seine Mitstreiter haben die Herrschaftstitel in der Kirche abgeschafft. Doch inzwischen haben viele lutherische Kirchen wieder eine Hierarchie mit Bischöfen und Bischöfinnen bzw. Regionalbischöfen und Regionalbischöfinnen an der Spitze. Offenbar sind wir Menschen zu schwach, um es auszuhalten, ohne Titel und Machtansprüche zu regieren und regiert zu werden. 
Um es drastisch zu sagen: Jesus hat noch sein Kreuz auf sich genommen und wurde an dasselbe geschlagen. Die Herrschenden unserer Kirche vom Bischof bis zum Dekan tragen es als Machtsymbol vor sich auf dem Bauch. Doch damit sowas funktioniert, braucht es immer zwei: den einen, der das für sich beansprucht und den anderen, der sich das gefallen lässt.

Gebet: Herr, deine Krone war die Dornenkrone und dein Thron war das Kreuz. So hast du uns Menschen gedient und uns von dem Bösen erlöst. So regierst du uns noch heute. Du bist der demütige König der Liebe. Du hast dich besonders der gering Geschätzten angenommen. Du hast deinen Jüngern die Füße gewaschen und uns damit ein Beispiel gegeben, wie auch wir Verantwortung übernehmen sollen. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr

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