Liebe Leserin, lieber Leser,
wie nehmen wir von einander würdevoll Abschied. Wie wollen auch wir einmal aus dieser Welt und diesem Leben gehen? Ob noch viele über diese Fragen nachdenken? Ob sie überhaupt noch eine Rolle spielen? Inzwischen ist es auch in den fränkischen Dörfern selten geworden, was früher selbstverständlich war: Die Menschen sterben kaum noch Zuhause im Kreis ihrer Familie. Wo das aber geschieht, wo man mit dem Sterbenden noch einmal gemeinsam Abendmahl feiert, mit ihm das Brot des Lebens isst und den Wein der Versöhnung trinkt, mit ihm betet und singt, da, so erlebe ich es, ist der Segen des Glaubens mit den Händen zu greifen.
So ging es mir vorgestern, als ich zu einem hochbetagten Sterbenden gerufen wurde, den ich noch aus meiner aktiven Zeit im Pfarrdienst gut kannte. Nach der kleinen, spontanen Abendmahlsfeier im Sterbezimmer hat es noch eine Stunde gedauert, bis der Anruf kam, dass der Vater soeben verstorben ist.
Gestern nun fand für ihn die Hausaussegnung in seinem Geburts- und Wohnhaus statt. Er wurde im offenen Sarg im Hausflur aufgebahrt. Die Haustür blieb offen, damit die Nachbarn aus dem Dorf an der Zeremonie teilnehmen konnten. Es waren wohl 60 Personen, die abends um 18 Uhr bei Null Grad im Hof standen. Anschließend wurde der Sarg geschlossen und auf den Friedhof überführt. Daran nahmen dann nur noch die Familienmitglieder und nächsten Angehörigen teil. Dort ist der Verstorbene nun bis zur Beerdigung Mitte nächster Woche aufgebahrt.
Weil viele so eine Aussegnung nicht miterleben können, beschreibe ich im Folgenden den Ablauf. Ich denke, dass eine solche Feier die Dorfgemeinschaft stärkt und den Zusammenhalt in der Familie des Verstorbenen fördert. Sie kann die Teilnehmenden daran erinnern, was für ihr Leben wesentlich ist. Ich hoffe, dass vor allem die nächsten Angehörigen getröstet und in ihrem Glauben gestärkt werden.
Im vorliegenden Fall konnte ich davon ausgehen, dass die ältere Generation noch die Lieder kennt und das Vaterunser und den Psalm 23 mitbeten kann. Das erleichtert das gemeinsame Abschiednehmen sehr. Ob nachfolgende Generationen geeignete Formen finden werden, die ihnen beim letzten Abschied von einem lieben Menschen helfen? Ob sie Rituale und Worte des Glaubens finden werden, mit denen sie ihr Leben deuten können und die sie trösten werden? Ich wünsche es ihnen.
Aussegnungsfeier für Friedrich D,
Eröffnungswort: Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen
Begrüßung: Liebe Angehörige,
liebe Trauergemeinde,
wir
tun jetzt gemeinsam den ersten Schritt des Abschieds von Friedrich D,
indem wir ihn aussegnen für seinen Weg aus diesem Leben in das ewige Leben. Wir
tun das im Vertrauen auf den lebendigen Gott, der bei uns ist in Zeit und
Ewigkeit.
Lied: Singen wir gemeinsam das Lied: "Harre, meine Seele"
Gebet mit Worten aus der Bibel:
Herr,
von allen Seiten umgibst du uns und hältst deine Hand über uns. In dir leben,
weben und sind wir. In dir sterben wir. In dir werden wir auferstehen. Amen
Liedvers: "Ein Tag, der sagt dem andern"
Wort zu den Anwesenden:
Liebe
Kinder des Verstorbenen (HL nennt sie beim Vornamen), liebe Angehörige und
Nachbarn,
jetzt
ging es doch schnell. Man kann den Eindruck haben, als hätte gestern euer Vater noch
auf die gemeinsame Abendmahlsfeier im Kreis der Familie gewartet, um loslassen zu können. Gut, dass dies für ihn der Schlusspunkt war und wir ihm diesen
Wunsch noch erfüllen konnten. So war es ein guter Abschied für alle. Und auch
ihm war es vergönnt, im Frieden gehen zu können und nicht noch lange
dahinsiechen zu müssen.
Auch
wenn euch der Abschied wehtut und euer Herz schwer ist, so wollen wir doch Gott
danken
für
den großen Segen, den er Friedrich D geschenkt hat:
für
die fast 102 Lebensjahre, die er in seinem Heimatdorf und in seinem Elternhaus
verbringen durfte.
Für
seine Kinder, Enkel und Urenkel.
Für
die lange, gemeinsame Zeit mit seiner Frau Frieda, der er nun folgt.
Wir
wollen ihm danken für den Glauben, der Friedrich D durch die Höhen und
Tiefen seines langen Lebens getragen hat, durch die dunklen Zeiten in unserem
Land und durch viele helle, unbeschwerte Jahre.
Wir
wollen danken, dass er bis zuletzt in seiner Familie geborgen war und Gott euch
ihm zur Seite gestellt hat.
Danken wir für die Liebe, die er von euch empfangen hat und die er euch gegeben hatte.
Danken wir für die Kraft, die Gesundheit und den wachen Geist, womit er gesegnet war.
Er war aus meiner Sicht der Mittelpunkt seiner großen Familie. Nach ihm habt ihr euch immer wieder ausgerichtet, auf ihn habt ihr gehört, auch wenn das mit zunehmendem Alter nicht nur einfach war. Noch viel wäre zu sagen, doch jetzt soll dieser Dank bei seiner Aussegnung genügen. Ihr wisst am besten, was ihr eurem Vater, Großvater und Urgroßvater zu verdanken habt und wofür ihr Gott danken könnt.
So wollen wir ihn jetzt noch einmal in Gottes Namen segnen, im Namen unseres Herrn Jesus Christus, in dem uns der Allmächtige menschlich begegnet mit seiner Liebe und Barmherzigkeit:
Valet-Segen (HL legt die Hand auf die Stirn des Verstorbenen und spricht:)
Friedrich D,
-
es segne dich Gott der Vater, der dich erschaffen und behütet hat,
-
es segne dich Gott der Sohn, Jesus Christus, dein Herr, der dich geliebt und erlöst hat,
-
es segne dich Gott der Heilige Geist, der in dir lebendig und stark war in
deinem Leib und deiner Seele, in deinem Glauben und deinem Geist.
So
geleite dich unser Gott aus dieser vergänglichen Welt in seine Herrlichkeit,
dass du schauen kannst, was du geglaubt hast. Ihm vertrauen wir dich an. In
seinem Frieden wissen wir dich geborgen: (Kreuzzeichen auf die Stirn des
Verstorbenen). Amen
Gemeinsames Vaterunser: ...
Segen für alle Teilnehmenden an der Aussegnungsfeier
Lied: Wer nur den lieben Gott lässt walten (Verse 1,2,7)
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Überführung auf den Friedhof
In der Friedhofskapelle
HL zündet ein Teelicht an und stellt es auf den inzwischen geschlossenen Sarg:
Votum: Christus ist das Licht in den Dunkelheiten unseres Lebens, in der Finsternis dieser Welt, in der Nacht des Todes. Sein Licht vertreibt die dunklen Schatten und leuchtet uns mit warmem Schein.
Liedvers: Der Tag nimmt ab, ach schönste Zier, / Herr Jesu Christ, bleib du bei mir; / es will nun Abend werden. / Lass doch dein Licht / auslöschen nicht / bei uns allhier auf Erden.
Gemeinsames Psalmgebet: "Der Herr ist mein Hirte ..." (Psalm 23)
Segenswort für die Anwesenden zum Abschluss der gesamten Aussegnungsfeier mit dem Psalmwort:
"Der Herr segne unseren Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit!"
Liedvers zum Abschluss: "Unsern Ausgang segne Gott, unsern Eingang gleichermaßen"
(Wer die Lieder und Gebete nachlesen möchte, kann sie googeln: dazu den Liedanfang eingeben und das Suchwort "Text")
Herzliche Grüße und einen gesegneten Sonntag!
Ihr / dein Hans Löhr
Danke für diese Aussegnungsworte lieber Herr Löhr . Mein Mann wurde auch mit der Aussegnung verabschiedet . Es tat uns sehr gut .
AntwortenLöschenIhnen lieber Herr Löhr, Ihren Lieben und allen Lesern wünsch ich einen gesegneten Sonntag 🙏
Vielen Dank lieber Herr Löhr es ist ein Geschenk sich von Menschen die an Jesus glauben sich am Ende ihres Lebens würdevoll zu verabschieden ich durfte es bei beiden Eltern erleben die im Alter zum glauben kamen mit meinem Vater habe ich das "Übrtgabegebet" einen Tag vor seinem Tod gebetet.Er durfte in Frieden nach Hause gehen.Die meisten meiner Familie glauben nicht an Jesus dann Schmerz es sehr wenn sie sterben man weiß ich sehe sie nie wieder und konnte sie in ihrem Leben nicht davon überzeugen das Jesus lebt aber bis zu meinem Heimweg in Gottes Gegenwart werde ich mit Gottes Hilfe nicht aufgeben für die Lebenden zu beten herzliche Grüße und Gottes reichen Segen Angelika
AntwortenLöschenEs gibt auch für unsere nicht frommen Kinder Hoffnung,Unsere Tochter starb mit 38 Jahren .Sie wurde von uns als Familie und einer Pastorin die letzten Tage begleitet und auch wir hatten eine Aussegnungsfeier .Sie wurde getragen ,von uns Frommen und den Nichtfrommen .....und ich glaube jetzt ,daß sie im Himmel ist !Warum sollte dieses Menschenkind,das kein einfaches Leben hatte ,nicht Gottes Barmherzigkeit würdig sein?
AntwortenLöschenDenn diese Gnade
Gott liebt alle Menschen, ob gläubig oder ungläubig. Er wird Sie aufnehmen in sein himmliches Reich. Darauf kannst Du trauen. 🙏
LöschenVielen herzlichen Dank für diese Veröffentlichung. So eine Aussegnung im Familienkreis durften wir beim Tod unserer Mutter auch erleben. Anschließend haben wir ihren Sarg durch den Garten zum Leichenwagen begleitet. Es war so tröstlich, dass wir sie aus ihrem Haus so würdevoll verabschieden konnten.
AntwortenLöschenSorry, ich bin keine so gute Schreiberin. Ein kleiner Einblick zur Verabschiedung meiner Mutter.
AntwortenLöschenDanke lieber Herr Pfarrer Hans Löhr. Danke, dass Sie uns da haben Teil lassen. Unbeschreiblich wertvoll. Ich zünde jetzt eine Kerze für den Friedrich D. an und für eine 91jährige liebe verstorbene Freundin ( Dez. 24 ) meiner Familie und für einen 92järigen verstorbenen Verwandten ( Feb. 26). Die Kerze stelle ich aufs Fensterbankl. Sie soll für die genannten verstorbenen in die Nacht hinein leuchten. Das Ewige Licht leuchtet ihnen. Ich wünsche Ihnen lieber Herr Pfarrer und allen LeserInnen eine gesegnete Woche. Herzlichst Ursula Anna
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