Lehrtext: Eine Frau hatte den Blutfluss seit zwölf Jahren; die hatte alles, was sie zum Leben hatte, für die Ärzte aufgewandt und konnte von niemandem geheilt werden. Die trat von hinten heran und berührte den Saum seines Gewandes; und sogleich hörte ihr Blutfluss auf. Lukas 8,43-44
Liebe Leserin, lieber Leserin,
Zwölf Jahre leiden
Alles gegeben
Umsonst
Jesus, die letzte Hoffnung
Es geht um Leben und Tod des Kindes. Es geht um Minuten. Die einzige Tochter des Synagogenvorstehers Jaïrus liegt im Sterben. Er, der angesehenste Mann am Ort, ein religiöser Würdenträger, wirft sich Jesus vor die Füße und in den Staub (Lukas 8,40-42). Er ist bereit, alles zu tun, auf seine Würde und Ehre zu verzichten, wenn nur Jesus hilft. Wenn er nur auf der Stelle mit in sein Haus geht und sein Kind rettet.
Doch da ist noch jemand, der verzweifelt ist und seine Hilfe braucht. Eine namenlose Frau berührt ihn. Ihn, einen fremden Mann, gegen alle Sitte und Moral. Berührt den „Saum seines Gewandes”. Nur ganz wenig, doch so, dass Jesus es merkt.
Er bleibt stehen. Doch die Zeit drängt. Die letzten Lebensminuten für das Kind des Jaïrus verrinnen. Aber Jesus will wissen, wer ihn berührt hat.
Petrus beschwichtigt: »Ach bei so vielen Leuten um uns herum, wird dich wohl jemand unabsichtlich gestoßen haben.« Doch er erwidert: »Jemand hat mich ganz bewusst berührt. Ich habe gespürt, wie eine Kraft von mir ausgegangen ist!«
Als die Frau erkannte, dass Jesus alles bemerkt hatte, kam sie zitternd zu ihm und fiel vor ihm nieder. Vor allen Leuten erzählte sie, weshalb sie ihn berührt hatte und wie sie sofort gesund geworden war. »Meine Tochter «, sagte Jesus zu ihr, »dein Glaube hat dir geholfen. Geh in Frieden!«
Noch während er mit der Frau redete, kam jemand aus dem Haus von Jaïrus gelaufen: »Deine Tochter ist gestorben. Bemühe den Lehrer nicht länger!« Jesus hörte das und sagte zu dem Vater: »Verzweifle nicht! Vertrau mir einfach, und deine Tochter wird gerettet!«
Hat Jaïrus geahnt, mit wem er es da zu tun hatte? Hat die kranke Frau das geahnt? Eher nicht. Hat sie es verdient? War sie anständig und fromm genug? War sie rechtgläubig? Würde sie künftig an Jesus glauben und ihm nachfolgen?
Ich weiß nicht, ob dich das interessiert. Jesus interessiert das nicht. Auch nicht, wie es um den Glauben des Jaïrus steht. Warum auch. Zwei Menschen brauchen seine Hilfe, zwei Geschöpfe Gottes. Das genügt ihm.
Würde es dir an seiner Stelle auch genügen?
Was nützt mir heute, dass vor über 2000 Jahren eine Frau mit Blutfluss gesund geworden ist und Jesus der Erzählung des Lukas zufolge ein Kind wieder ins Leben zurückgeholt hat?
Aber das hilft mir, dass er der „Gott hilft” ist, wie sein Name sagt. Und dass er seine Hilfe nicht an Bedingungen knüpft, sei es der richtige Glaube, seien es gute Taten oder ein einwandfreier Lebenswandel. An ihn kann ich mich wenden, wann und wo und in welcher Situation auch immer. Schon ein Glaube klein wie ein Senfkorn kann Wunder wirken. Und er wendet sich mir zu, wie unscheinbar auch immer mein Gottvertrauen ist.
Ihm, so glaube ich, sind unsere menschlichen Grenzen und Abgrenzungen, unsere Urteile und Vorurteile, unsere Fremdenscheu und Berührungsangst egal. Ich bin leider nicht soweit. Aber ich weiß, in welche Richtung ich mich bewegen und wie ich von ihm dazuzulernen kann.
Gebet:
Nur den Saum deines Gewandes,
Einen Augenblick berühren.
Und die Kraft die von dir ausgeht,
Tief in meinem inneren spür'n.
Nur ein Blick aus deinen Augen,
Nur ein Wort aus deinem Mund.
Und die Heilungsströme fließen,
Meine Seele wird gesund.
Jesus berühre mich.
Hole mich ab, öffne die Tür für mich.
Nimm mich an deine Hand, entführe mich.
In deine Gegenwart.
(Anja Lehmann, 2004)
Herzliche Grüße,
Ihr / dein Hans Löhr
Die Auslegung des Lehrtexts hätte bereits gestern erscheinen sollen, aber ich konnte sie erst heute veröffentlichen.
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Hinweis zu Losung und Lehrtext
1728 erschien in Herrnhut die erste Tageslosung, ein Bibelwort aus dem Alten Testament, das für jeden Tag des Jahres ausgelost wird. Dazu wird der Lehrtext, ein passendes Bibelwort aus dem Neuen Testament, ausgesucht. Ich lege Losung und / oder Lehrtext aus, weil das Nachdenken über Bibelworte den Glauben reifen lässt.
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