Freitag, 16. Juni 2023

Nicht die Kirche, der Glaube soll wachsen hl *

Losung: Das sei ferne von uns, dass wir uns auflehnen gegen den HERRN und uns heute von ihm abwenden. Josua 22,29 

LehrtextWir wollen die Versammlung der Gemeinde nicht verlassen, wie es bei einigen üblich geworden ist, sondern einander mit Zuspruch beistehen. Hebräer 10,25

 

Liebe Leserin, lieber Leser,


der Aderlass der Kirchen ist enorm. Seit kurzem ist weniger als die Hälfte der Deutschen noch Mitglied in einer der beiden großen Kirchen, und die Austritte nehmen zu. 2022 haben 380.000 Evangelische ihre Kirche verlassen. So viele wie noch nie.


Die Gründe dafür sind vielfältig. Doch der Hauptgrund ist wohl, dass die Menschen Gott verloren haben. Vielleicht wurde er ihnen so vermittelt, dass er mit dem Leben heute nichts zu tun hat. Nur noch 16 Prozent der Evangelischen (!) glauben an Gott, wie er uns in Jesus Christus begegnet. Anders gesagt: 84 von 100 Mitgliedern der evangelischen Kirche glauben irgendetwas oder auch nichts. 


Austritte von Anfang an


Doch schon im Alten Testament gab es das Problem, dass sich Menschen von Gott abgewandt haben (Losung). Im Neuen Testament heißt es: "Viele seiner Jünger wandten sich  ab und gingen hinfort nicht mehr mit Jesus.  Da sprach er zu den Zwölfen: Wollt ihr auch weggehen?“ (Johannes 4,66+67). Und auch bei den ersten Christen haben einige die "Versammlungen der Gemeinde wieder verlassen"(Lehrtext). Austritte aus dem Glauben, aus der Gemeinschaft, aus der Kirche gehören offenbar von Anfang an dazu. 


Lange Zeit glaubte ich, mich an Reformprogrammen für die Kirche beteiligen zu müssen. Doch es geht nicht um die Kirche, nicht um Mitglieder- und Kirchensteuerzahlen, sondern in erster Linie um Menschen. Kirche kann so oder so sein. Menschen aber sind nicht irgendetwas. Sie sind und bleiben, ob sie das glauben oder nicht, Gottes Geschöpfe, seine geliebten Töchter und Söhne. Sie sind Geschwister Jesu. Wenn sie Gott verloren haben, so er sie doch nicht. Das haben die Kirchengemeinden ihnen zu vermitteln und dieser Aufgabe haben sie ihre Ordnung und ihre Arbeitsweise jeweils neu anzupassen. Auf keinen Fall darf jemand einen Nachteil haben, wenn er aus der Kirche austritt. In einem solchen Fall muss die Kirche beziehungsweise die Gemeinde die Gründe bei sich suchen: "Was haben wir falsch gemacht? Was haben wir unterlassen?"


Palmesel-Kirche


Die Organisation, die Landeskirche oder die Kirchenverwaltung, ist lediglich ein Lasttier, ein Palmesel, um jene Botschaft zu den Menschen zu bringen. Die Organisation und ihre hauptamtlichen Angestellten sind Dienstleister der Gläubigen und derer, die für den Glauben ansprechbar sind. Ein Bischof, eine Dekanin, ein Pfarrer, eine Diakonin sind nicht dazu da, um Macht auszuüben, sondern um als Palmesel den HERRN zu den Menschen zu tragen und ihnen zu dienen. Jesus selbst hat, obwohl er 'Herr' genannt wird, sich als Diener verstanden und seinen Jüngern die Füße gewaschen (Johannes 13).


Darum, so meine ich, sollten wir uns nicht mehr auf das Wachstum der Kirche konzentrieren, sondern auf das Wachstum des Glaubens. Der große Theologe Karl Barth sagte einmal: "Christen sind in dieser Welt fröhliche Partisanen des lieben Gottes". Sie passen sich dem jeweiligen Geist der Zeit nicht an. Sie plappern nicht nach, was Politiker, Politikerinnen und Medien vorbeten. Sie streicheln nicht die herrschenden Verhältnisse, sondern bürsten sie gegen den Strich. Sie verbreiten Jesu provokante Botschaft, die selten so subversiv, so kritisch und befreiend war wie in unserer Zeit der Orientierungslosigkeit, der künstlichen Intelligenz und des neuerlichen Waffenfetischismus.


Jesus sagt im Lukasevangelium: »Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es hat eurem Vater gefallen, euch das Reich zu geben.« (Lukas 12,32) Anders gesagt: Mitten in dieser alten Welt ist sein Reich unter euch (Lehrtext von morgen, Lukas 17,20-21). Ihr tragt es jetzt schon »inwendig in euch«. "Kleine Herde" - na und? Wenn sie nur mit Gottvertrauen und Selbstvertrauen den Menschen dient, unter denen sie lebt.

Gebet: Herr, ich brauche deine Kraft, um dem allgemeinen Anpassungsdruck widerstehen zu können. Ich brauche deinen Freimut, um mich nicht von der herrschenden Meinung vereinnahmen zu lassen. Ich brauche Gelassenheit, damit ich unbeirrt tun kann, was in deinem Sinn ist und meinen Mitmenschen dient. Du bist mir in all den Jahren meines Lebens treu geblieben. Darum will auch ich dir und deiner Gemeinde treu bleiben. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr

Hinweis für Smartphone-Nutzer: So finden Sie alle Losungsauslegungen seit 2010: Weiter nach unten gehen. Auf den Link "Web-Version anzeigen" tippen. In der rechten Spalte gewünschtes Jahr, Monat und Tag aufrufen.
***************************************************************
Sie können die Losungsauslegungen gerne über WhatsApp, E-Mail, Twitter, Facebook etc., weitergeben: Den Link einfach markieren, kopieren und versenden.
Mit Spracherkennung diktiert. Erkennungsfehler bitte melden. Sie werden nachträglich korrigiert.
************************************************************
1728 erschien in Herrnhut die erste Tageslosung, ein Bibelwort aus dem Alten Testament, das für jeden Tag des Jahres ausgelost wird. Dazu wird der Lehrtext, ein passendes Bibelwort aus dem Neuen Testament, ausgesucht. Inzwischen erscheinen die täglichen „Losungen“ in etwa 50 Sprachen.
Ich lege Losung und Lehrtext aus, weil einer Untersuchung zufolge das Nachdenken über Bibelworte den Glauben am stärksten wachsen lässt. 

2 Kommentare:

  1. Danke Herr Löhr,
    eine wundervolle Auslegung,die ich prima auf meine Selbsthilfegruppe ,der ich angehöre übertragen kann.
    Schon So oft kamen Ihre Auslegungen zu einem Zeitpunkt,wo Rat und Hilfe gefragt war.
    Danke

    AntwortenLöschen
  2. Den vorletzten Absatz kann ich nur unterstreichen. Der Kirchentag in Nürnberg war das Gegenteil davon: eine linksgrüne Politveranstaltung - um die Regierungsideologien zu unterstützen? So hatte sich Amtskirche vor vielen Jahrzehnten schon mal verhalten. Offenbar nichts gelernt. Die gewaltigen Kirchenaustritte sind doch auch auf die laufenden politischen Haltungen der Kirchenoberen zurückzuführen. Mal sehen, wie viele es in 2023 sein werden. Einen Unterschied könnte vlt. noch der Ortspfarrer/-pfarrerin darstellen, wenn er das verkündigt, was die eigentliche Aufgabe der Kirche ist.

    AntwortenLöschen