Montag, 16. Februar 2015

Vom Zweifeln hl

Losung: Wie ein Hirte seine Schafe sucht, wenn sie von seiner Herde verirrt sind, so will ich meine Schafe suchen. Hesekiel 34,12

Lehrtext: Erbarmt euch derer, die zweifeln. Judas 1,22

Liebe Leserin, lieber Leser,

heute bekommen Sie / bekommst du zum Wochenanfang eine Scharade, ein Worträtsel von Friedrich Daniel Schleiermacher. Welches Wort wird gesucht?:
Mein Erstes ist nicht wenig
mein Zweites ist nicht schwer.
Gemeinsam lassen wir dich hoffen (zweifeln),
doch hoffe (zweifle) nicht zu sehr.
Die Lösung ist gar nicht so schwer. Der erste Teil des gesuchten Wortes ist ein anderes Wort für „nicht wenig“. Der zweite Teil ist ein anderes Wort für „nicht schwer“
zusammengesetzt ergeben die beiden Teile das gesuchte Wort: viel–leicht.
Und damit sind wir mitten im heutigen Lehrtext. Denn das Lieblingswort der Hoffnung wie des Zweifels heißt „vielleicht“: Vielleicht ist an der Sache mit dem Glauben gar nichts dran. Oder andersherum: Vielleicht ist an der Sache mit dem Glauben doch etwas dran. Einfacher gesagt: Vielleicht gibt es Gott gar nicht. Vielleicht gibt es ihn aber doch. (Wobei man sich vor dem Missverständnis hüten muss, als könne es Gott wie den Bodensee geben).
Wie ist das bei dir mit dem Zweifel? Wo wirst du dein Kreuzchen machen auf folgender Zweifel-Skala im Hinblick auf Gott:
a) ich zweifle total   /  b) ich zweifle großenteils   /  c) ich zweifle hin und wieder   /  d) ich zweifle gar nicht.
Wenn du zur Gruppe a) bis c) gehörst, bist du in guter Gesellschaft. Auch was den Zweifel betrifft, ist die Bibel brutal ehrlich. Da werden die Jünger Jesu nicht schöngefärbt. Da heißt es von ihnen, die doch den auferstandenen Jesus mit eigenen Augen sehen: „einige aber zweifelten“ (Matthäus 28,17). Und der bekannteste Zweifler unter ihnen ist Thomas, der erst wieder zum Glauben kommt, nachdem er mit seinen Fingern die Kreuzigungswunden Jesu berührt hatte. Daraufhin sagt Jesus: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“
Nein, die Zweifler werden in der Bibel nicht kritisiert, aber die Unentschiedenen und die Lauen, die weder heiß noch kalt sind. Luther war ein Zweifler und viele andere berühmte Christen. Manche allerdings sind mit dem Glauben nie so weit gekommen, als dass sie zweifeln könnten. Wenn du also zweifelst, kannst du fest damit rechnen, dass Gott mit dir barmherzig ist, sofern du mit deinem Zweifel nicht kokettierst und dir darauf etwas einbildest. Wenn du also zweifelst, kannst du fest damit rechnen, dass der große Hirte dich nicht verloren gibt, sondern dir nachgeht und dich sucht, bis er dich gefunden hat (Losung), sofern du dich finden lässt.

Gebet: Herr, du kennst mein Menschenherz wie schnell es verzagt. Und ich kenne dich, wie viel Geduld du mit mir hast und dass du mich nicht verloren gibst. Aber dann kommt wieder der Zweifel, und ich kenne dich nicht mehr. Dann bin ich ein Blatt im Wind, haltlos und orientierungslos. Doch plötzlich ist der Glaube wieder da und mit ihm das Vertrauen. Ich weiß nicht, wie das geschieht. Aber ich danke dir, dass es geschieht. Amen

Herzliche Grüße und Gottes Segen in der neuen Woche


Ihr / Dein Hans Löhr 

2 Kommentare:

  1. Früher habe ich viel gezweifelt. Es ging mir vor allem um Widersprüche zu den Naturwissenschaften oder auch in der inneren Logik von Glaubensaussagen. Ich fand es schwierig und unergiebig, mit Gläubigen darüber zu reden:

    Vier schlechte Antworten waren z. B.: 1) Autorität/Mein Vater: „Du sollst das glauben!“ 2) Wohlklingende Umdeutung/Nettes Presbyterpaar: „Es geht nicht um ein Glauben-Müssen, sondern um das Glauben-Dürfen.“ Oder „Glauben heißt nicht Für-Wahr-Halten, sondern Vertrauen.“ 3) Spitzfindige Antwort/Akademischer Theologe: „Die Naturwissenschaften sind weder abgeschlossen noch perfekt, also kann man nicht sicher sein, dass das alles nicht doch passiert ist.“ 4) Totschlagargument/Glaubenspraktiker „Ein allmächtiger Gott kann selbstverständlich auch Ausnahmen von seinen Naturgesetzen machen.“

    Intellektuell redlich und befriedigend war für mich keine dieser Antworten. Ich habe irgendwann aufgehört, das Thema anzusprechen, fast resigniert, aber auf kleiner Flamme hier und da mal etwas gelesen. Letztlich habe ich damit 30 Jahre zu lange gebraucht, um meinen Weg zu finden bzw. davon überzeugt zu sein, dass mein Weg auch ein gültiger Glaubensversuch sein kann.

    Heute glaube ich auch dann, wenn vieles von dem biblisch Berichteten so nicht passiert ist, wenn manches andere davon falsch gedeutet wurde und bis heute wird, und wenn an der Religionskritik von Feuerbach (Religion ist Projektion), Marx (Religion ist Opium für das Volk) und vielen anderen durchaus etwas dran ist. Mein Glaube ist vielleicht klein und hässlich, aber dafür robust. Gelegentlich immer noch auftretende Zweifel setzen nicht mehr, wie früher, alles auf Anfang.

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    1. Mir gefällt Ihr Kommentar sehr. Auch mein Glaube "ist klein und hässlich, dafür aber robust". Nur eine Aussage, die Sie kritisch verstehen, verstehe ich durchweg positiv: "Glauben heißt nicht Für-Wahr-Halten, sondern Vertrauen.“
      Hans Löhr

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