Losung: HERR, ich preise dich! Du
hast mir gezürnt! Möge dein Zorn sich wenden, dass du mich tröstest. Jesaja 12,1
Lehrtext: Gott hat uns nicht
bestimmt zum Zorn, sondern dazu, die Seligkeit zu besitzen durch unsern Herrn
Jesus Christus. 1.Thessalonicher 5,9
Liebe Leserin, lieber Leser,
„Ich, Aguirre, bin der Zorn Gottes“.
Das sagte der spanische Eroberer Lope de Aguirre im März 1561 als er
sich zum Herrscher über Peru, Panama und Chile ausrief. Er war
ein gößenwahnsinniger, irrsinniger und überaus grausamer Despot.
Schließlich wurde sein Terrorregime durch die eigenen Anhänger beendet. Sie
konnten ihn nicht länger ertragen und brachten ihn um. Damals, im 16.
Jahrhundert, war es noch üblich, die entsetzlichen Leiden, die Menschen erfahren
haben, als Gottes Zorn zu verstehen. Schließlich wurde Gott auch lange genug
gepredigt als einer, der über die sündigen Menschen zürnt und sie mit
Katastrophen, Hunger, Seuchen, Krieg und Tod straft.
Zornige und
strafende Götter gab es auch in anderen Religionen. Irgendwie mussten sich die
Menschen ja Leid, Elend und Tod erklären. Und wenn sie meinten, selbst daran
schuld zu sein, hatten sie zumindest die Hoffnung, durch Opfergaben, Riten und
entsprechendes Verhalten darauf einzuwirken und die großen Schrecken
abzuwenden. Auch die Menschen zur Zeit des Alten Testaments lebten in der Angst
vor einem strafenden Gott. Und noch heute gibt es christliche Gruppen und
Sekten, in denen mit dieser Angst noch immer die Mitglieder gefügig
gemacht werden. Der Zorn Gottes war und ist eines der wirksamsten Instrumente
aus der Folterkammer der Religionen. Das lodernde Fegefeuer ist dafür das
sinnfällige Bild.
Auch Martin Luther
lebte zunächst in der Angst vor Gottes Zorn bis er sein wahres Wesen in Jesus
Christus entdeckt hatte. Aber ganz ist es auch ihm nicht gelungen, die
Vorstellung von einem zornigen Gott aufzugeben, obwohl es in der Bibel, im
ersten Johannesbrief zweimal und unmissverständlich heißt: „Gott ist Liebe“ (1.
Joh 4,8 und 4,16)
Aber warum gibt es
dann Unglück, Hunger, Seuchen, Krieg und Tod, wenn doch Gott Liebe ist? Ich
kann darauf nur antworten: Weil die Welt so ist wie sie ist und wir Menschen so
sind wie wir sind. Und genau darum brauchen wir in dieser Welt Gottes Liebe.
Mir ist klar, dass diese Antwort nicht befriedigt. Und wie ist es mit dem
Gegenteil? Warum gibt es Wohlstand, Gesundheit, Frieden, Glück und Freude? Was
meinst du? Weißt du darauf eine Antwort?
Ich glaube, Gott hat
alles geschaffen wie es ist. Er hat mit allem zu tun, mit Licht und Finsternis,
Freude und Leid, Leben und Tod. Alles hängt auf eine oft undurchschaubare Weise
zusammen und eins geht aus dem anderen hervor. Alles ist miteinander verwoben
wie ein bunter Teppich, von dem wir jetzt erst die Unterseite sehen und nicht
wissen, wie er wirklich ausschaut. Wir Menschen sprechen dann von Schicksal,
wenn wir nicht von Gott reden wollen. Auch mein Leben ist ein Faden in diesem
Gewebe und hat da seinen Platz. Doch ich glaube, einmal wird Gott den
Teppich wenden und ich werde das Muster sehen, gewoben aus hellen und dunklen
Farben, aus hellen und dunklen Stunden, aus Schmerzen und Glück, auch aus
deinem und meinem Lebensfaden. Dann werde ich das große Ganze erkennen, das mir
jetzt noch verborgen bleibt und ich werde den Satz in seiner ganzen Tragweite
verstehen, wenn die Bibel sagt „Gott ist Liebe“.
Von ihm heißt es im
Johannesevangelium, dass er die ganze Welt mit ihren Schrecken und Freuden so
sehr geliebt hat, dass er für sie seinen einzigen Sohn gab, für dich und für
mich (Joh 3,16). Die sichtbaren Zeichen dafür sind Krippe und Kreuz. Genau
da, wo Jesu Ohnmacht am tiefsten war, war Gottes Macht am höchsten. Und darum
gilt das Bibelwort auch für dich und mich, wenn es heißt: »Meine Kraft ist in
den Schwachen mächtig.« (2. Kor 12,9 = Jahreslosung 2012) Ich nehme ihn
beim Wort. Und ich will glauben, was im Lehrtext steht, dass wir nicht dazu
bestimmt sind, seinen Zorn zu spüren, sondern seine Rettung zu erfahren. Denn
Aguirre, der Zorn Gottes ist tot. Jesus, die Liebe Gottes, lebt.
Gebet: Herr, wenn ich über diese Welt und mein
Leben nachdenke, bleiben so viele Fragen offen, auf die ich keine Antwort
finde. Aber ich will mich damit nicht quälen. Es soll mir genügen, dass du die
Antwort weißt. Und es soll mir genügen, dass du alles aus Liebe geschaffen hast
und vollenden wirst, auch mich. Amen
Herzliche Grüße
Hans Löhr
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