Gottesdienst zum Gedenken der Verstorbenen im letzten Kirchenjahr
Bibelwort: Matthäus 11,28+29
Liebe
Angehörige der Verstorbenen, liebe Gemeinde,
ihr wurdet zu diesem Gottesdienst eingeladen, um euch dabei zu unterstützen,
einen weiteren Schritt durch die Zeit der Trauer zu tun. Denn Trauer ist ja
nicht nur ein Gefühl. Sie ist ein Weg, den jeder gehen muss, der vom Tod eines
ihm nahestehenden Menschen betroffen ist. Dabei hilft es, wenn ihr eure
verschiedenen Gefühle zulassen könnt, den Schmerz, den der Verlust euch
bereitet, aber auch andere, oft verwirrende Gefühle, die auftauchen und
vielleicht auch beunruhigen. Auch sie haben ihr Recht und wollen gefühlt sein,
damit sie wieder vergehen können.
Jeder von euch hier trauert anders. Und
deshalb soll auch jeder von euch zu seiner ganz persönlichen Trauer stehen.
Schaut also nicht darauf, was andere vielleicht dazu sagen. Verhaltet euch so,
wie ihr es selbst für richtig haltet. Ihr müsst niemandem etwas vorspielen, was
ihr nicht seid. Seid vielmehr so, wie euch zumute ist.
Ihr wurde in die Kirche und in diesen
Gottesdienst eingeladen, weil ihr hier einen Raum habt, wo ihr zur Ruhe kommen
könnt und eure Seelen vielleicht Frieden finden. Hier wollen wir gemeinsam der
Verstorbenen des letzten Jahres gedenken. Hier können wir uns daran erinnern,
was uns der Mensch bedeutet hat, der von uns gegangen ist. Hier können wir Gott
im Gebet sagen, was wir auf dem Herzen haben. Hier könnt ihr ihm bringen, was
das Herz beschwert. Er selbst sagt in Jesus zu einem jeden einzelnen von euch:
Du bist eingeladen
»Kommt alle zu mir, die ihr bedrückt seid und schwer an eurem Leid tragt. Ich will es euch leichter machen. Vertraut euch mir an,
denn ich gehe behutsam mit euch um und sehe auf niemanden herab. So findet ihr
Ruhe für euer Leben.« (Matthäus
11,28+29)
Vielleicht bist du jetzt unsicher, weil du
nicht weißt, wie du auf diese Einladung reagieren sollst. Vielleicht meinst du
sogar, dass sie dir nicht gilt, weil du nicht glaubst. Dann lass dir sagen:
Jesus lädt dich nicht ein, weil du ein besonders vorbildlicher Mensch bist und
im Glauben alles richtig machst. Wer ist schon so? Er lädt dich ein, weil er
sieht, dass dein Herz schwer ist. Und weil er dir helfen kann. Ob und wie du
glaubst, ist ihm nicht so wichtig. Wichtig ist ihm allein, dass dein
verwundetes Herz heilen kann und die Schmerzen der Trauer vergehen. Und dafür
brauchst du keinen Krankenschein und kein Rezept. Da genügt es, wenn du dich
öffnest und an ihn abgibst, was dir weh tut.
Trauer ist ein Weg
Nein, da wird nicht sofort alles gut. Wie
gesagt, Trauer ist ein Weg. Aber es ist ein Unterschied, ob ich diesen Weg
allein gehen muss, oder ob da einer mitgeht so wie wir bei der Trauerfeier mit
dem Psalm 23 gebetet haben: »Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal,
fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir.«
Selbst wenn du nicht weißt, wer das ist, der
da mitgeht, so gilt doch auch für dich, was Dietrich Bonhoeffer gedichtet hat: »Von
guten Mächten wunderbar geborgen erwarten wir getrost, was kommen mag«. Ja, in
dieser oft so schwierigen Welt und auch in deinem nicht immer einfachen Leben
gibt es diese guten Mächte. Das sind zunächst einmal all die Menschen und
Dinge, die dir gut tun. Und dass es sie gibt, ist kein Zufall. Ich glaube, Gott
hilft uns vor allem durch sie. Und darum geht das Gedicht von Bonhoeffer so
weiter: »Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen
Tag.«
Auch morgen ist wohl für die
meisten von euch hier wieder ein Tag der Trauer. Manchmal erlebt ihr sie
intensiver und manchmal ist sie weniger stark. Manchmal tut es mehr weh, aber
dann auch wieder ein bisschen weniger. Ja, das finstere Tal kann ganz schön
lang sein. Und doch hat es einen Ausgang. Und dann wird es allmählich wieder heller
auch in deinem Leben. Und vielleicht kannst du irgendwann auf diesem Weg zu
Gott sagen: „Lass mich spüren, dass du da bist. Geh mit mir durch dieses Tal
und bring mich wieder hinaus.“
Im Rahmen der Aussegnung oder
der Trauerfeier werden oft diese Worte gesagt:
»Wir nehmen Abschied von diesem Menschen. Wer ihn lieb gehabt und geachtet hat, trage diese Liebe und Achtung weiter. Wen er lieb gehabt hat, danke ihm alle Liebe. Wem er etwas schuldig geblieben ist an solcher Liebe in Worten und Taten, bitte Gott um Vergebung. Und wem er wehgetan haben sollte, verzeihe ihm, wie Gott uns vergibt, wenn wir ihn darum bitten. So nehmen wir Abschied mit Dank für alles Gewesene und im Frieden.«
Annehmen, was war und was ist
Diese Sätze, die allen Trauernden gelten,
sollen helfen, dass sie annehmen, was und wie es zu Lebzeiten des Verstorbenen
war. Da geht es um das, was schön und gut war, aber auch um das, was schwierig
war. Niemand kann das mehr ändern. Aber du hast die Möglichkeit, so damit
umzugehen, dass es dir gut tut. Jene Sätze geben einen Hinweis, wenn es da
heißt: »So nehmen wir Abschied mit Dank für alles Gewesene und im Frieden.« Wohl
kaum jemand kann für alles Gewesene dankbar sein. Aber im Lauf der Zeit
verändert sich der Blick auf das, was war. Und dann versteht man allmählich,
dass auch das seinen Sinn hatte, was schwierig war und dass es am besten für
den eigenen Seelenfrieden ist, insgesamt dankbar auf die gemeinsame Zeit zurückzublicken.
Doch es geht nicht nur darum, anzunehmen,
was war und seinen Frieden damit zu machen. Es geht jetzt auch darum,
anzunehmen was ist. Nämlich, dass der Abschied unwiderruflich ist. Wenn die Verstorbenen länger leiden mussten, sagen wir gewöhnlich bei ihrem Tod:
Er oder sie ist erlöst. Das stimmt schon. Aber es ist doch nur ein kleiner
Trost, weil der Tod eben auch endgültig ist. Weil er einen harten Einschnitt
ins Leben bedeutet. Und alle, die trauern, merken das auch daran, dass es seine
Zeit braucht, bis die eigene Seele so weit ist, das anzunehmen. Doch genau das
ist auch die Aufgabe in der Trauerzeit, dass wir annehmen, was ist und zu dem
Punkt kommen, an dem man sagen kann: „Ja, jetzt bin ich damit einverstanden,
denn jetzt habe ich meinen Frieden gefunden.“
Der Tod ist nicht das Letzte
Seit zweieinhalb tausend Jahren steht dieses Wort in der Bibel: »Der Herr hat‘s gegeben, der Herr hat‘s genommen.« Ich weiß nicht, ob diejenigen, die glauben, leichter annehmen können, was ist. Aber sie können zu sich sagen: "Ich hab diesen Menschen, der von mir gegangen ist, aus Gottes Hand bekommen und ich gebe ihn nun wieder dahin zurück. Denn mit ihm, dem Schöpfer aller Dinge, hat alles begonnen und mit ihm wird alles enden. Nicht der Tod ist das Letzte. Er ist nur ein Vorletztes. Das Letzte aber ist, was Gott tut. Er wird niemand verlieren und niemand verdammen, niemand bestrafen und niemand vergessen. Er wird heilen, was krank war und zerbrochen ist. Er wird aufrichten, was krumm ist. Er wird vergeben, was misslungen ist."
Und er wird vollenden, was er begonnen hat
mit dem Verstorbenen, mit dir und mit mir. So bringt er alles zu einem guten
Ende. Denn trotz allem, was wir in diesem Leben auch an Leid und Schmerz
erfahren, vertrauen wir auf den Gott der Liebe, der in Jesus Christus zu uns
gekommen ist und bleibt. Amen
Musik nach dem Verlesen der Namen der Verstorbenen: "Wachet auf, ruft uns die Stimme"
Vielen Dank für diese wertvollen Worte. Sie haben mir gut getan.
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