Mittwoch, 18. November 2020

Nicht mit den Wölfen heulen hl

Losung: HERR, unser Gott, es herrschen wohl andere Herren über uns als du, aber wir gedenken doch allein deiner und deines Namens. Jesaja 26,13 

Lehrtext: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. Apostelgeschichte 5,29 

Liebe Leserin, lieber Leser, 

als junger Pfarrer sollte ich Religionsunterricht am Gymnasium geben. Dazu musste ich vor dem Schulleiter eine Art Treuebekenntnis zum bayerischen Staat unterschreiben. Die Einzelheiten weiß ich nicht mehr. Aber das weiß ich noch: Ich habe damals eigenhändig hinzugefügt, dass Apostelgeschichte Kapitel 5 Vers 25 (siehe Lehrtext) über dieser Erklärung steht. Der Schulleiter war empört. Sowas war ihm bisher noch nicht vorgekommen. Er musste erst bei der Regierung nachfragen, ob diese Art von eingeschränktem Treuebekenntnis zum Staat gilt und ob ich Religionsunterricht erteilen darf. Offenbar wollten seine Vorgesetzten es nicht auf einen Konflikt ankommen lassen und haben grünes Licht gegeben.

     Und nun frage ich dich: Was ist für dich die höchste Instanz, der gegenüber du dich verantwortlich weißt und der du im Konfliktfall folgst? Die Eltern, der Partner, der Chef, die Polizei, der Bischof, die Justiz, der Staatschef, du selbst?

     Ich kann mir nicht vorstellen, dass Jesus dem König Herodes oder dem Kaiser Tiberius in Rom oder dem Hohenpriester Kaiphas in Jerusalem mehr gehorcht hat als Gott. Man wusste damals sehr gut, warum man ihn umbringen wollte. Der böhmische Reformator Jan Hus hat den Kirchenfürsten auch nicht gehorcht und musste deshalb 100 Jahre vor Martin Luther auf dem Scheiterhaufen brennen. Luther hat in Glaubensfragen weder dem Papst noch dem Kaiser gehorcht. Dafür wurde er für vogelfrei erklärt. Dietrich Bonhoeffer hat sich Hitler nicht unterworfen. Dafür bezahlte er im KZ Flossenbürg mit seinem Leben.

     Es ist schon so, wer Gott mehr folgt als den Menschen, muss die Konsequenzen dieser Menschen fürchten. Doch heute kann dich der Chef schlimmstenfalls entlassen. Die Kirche kann dir Gott sei Dank nichts mehr tun. Der Staat kann dir den Zugang zu seinen Ämtern verwehren oder je nach Lage der Dinge dich anderweitig bestrafen. In unserem Rechtsstaat musst du aber deswegen nicht viel fürchten.

     Ja, »es herrschen wohl andere Herren über uns als Gott« (Losung). Sie können gegebenenfalls äußeren Zwang anwenden. Aber sie können nicht über dein Herz herrschen, wenn du es nicht willst. Niemand kann das. Doch um dich nicht von anderen beherrschen zu lassen, sagt die Bibel: »Rühme allein Gott und seinen Namen.« 

Gebet: Herr, was für ein Glück und eine Gnade, dass ich in diesem Land meinen Glauben unbehelligt leben kann. Aber auch in dieser Gesellschaft und in meinem Leben werde ich immer wieder einmal vor die Frage gestellt, wer eigentlich mein Herr ist, wem ich folgen will und wem nicht. Ich will lieber auf dich hören als auf meine augenblicklichen Gefühle und Bedürfnisse, die sich so schnell wieder ändern können. Und auch sonst im Umgang mit anderen Menschen will ich deinem Kurs folgen und nicht meinen Mantel nach dem Wind hängen oder mit den Wölfen heulen. Amen 

Herzliche Grüße, 

Ihr / dein Hans Löhr

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1 Kommentar:

  1. Nun müssen wir auch Gott mit Maske rühmen und loben, jedenfalls in der Öffentlichkeit. Mein Chor fehlt mir sehr, und so geht es ja vielen...

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