Montag, 16. November 2020

Den Nächsten und den Fernsten lieben hl

Losung: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst; ich bin der HERR. 3.Mose 19,18 

Lehrtext: Bleibt fest in der brüderlichen Liebe. Gastfrei zu sein vergesst nicht; denn dadurch haben einige ohne ihr Wissen Engel beherbergt. Hebräer 13,1-2 

Liebe Leserin, lieber Leser, 

dass man seinen Nächsten lieben soll, dieses Gebot gibt es so gut wie in allen Religionen, so auch im Judentum (siehe Losung). Doch in der Regel bezieht sich das nur auf die Angehörigen der eigenen Gruppe, also auf die Familie, die Verwandtschaft, die religiöse Gemeinschaft, die Sippe. Aber sind die Leute aus dem Nachbardorf auch gemeint? Und wie steht‘s mit der Nachbarschaft?

     Und wie ist es, wenn dein Nächster schwul ist oder schwarz oder einen Migrationshintergrund hat oder früher mal im Gefängnis war oder einer politischen Gruppierung anhängt, die du verabscheust? Sollst du den dann auch lieben?

     Wenn ich jetzt einfach nur mit „Ja“ antworte, würde ich es mir zu leicht machen. Ja, wenn Jesus dieses Gebot aufgreift, dann gilt es auch für die, die ich gerade genannt habe. Aber ist das denn so einfach? Nein, einfach ist es überhaupt nicht. Ich jedenfalls muss mich in dem einen oder anderen Fall echt überwinden und meine Vorbehalte wenigstens hintanstellen.

     Friedrich Nietzsche sagt, du sollst nicht deinen Nächsten, sondern den Fernsten lieben. Ich sehe da keine Alternative. Gerade in unserer Zeit ist die Liebe zu den Fernsten eine Voraussetzung dafür, dass wir Menschen auf diesem kleinen Planeten Erde überleben können und auch noch unsere Kinder und Enkelkinder eine Zukunft haben. Bei dem, was wir hier in Deutschland machen, müssen wir mit bedenken, wie sich das auf Menschen in Indonesien oder Peru auswirkt. Wir müssen ihre Interessen im Blick haben und sie berücksichtigen, wenn wir hier technologische und wirtschaftliche Entscheidungen treffen.

     Doch was heißt hier „lieben“? Ich denke, es geht darum, dass ich gegenüber jedermann einfach hilfsbereit bin, freundlich und versöhnlich. Dass ich meine negativen Gefühle und Einstellungen beherrsche. Und dass ich konkrete Menschen liebe und nicht abstrakte, künstliche, erfundene Gebilde wie Nation, Kirche, Kapitalismus, Deutschland, Sozialismus, das Christentum, den Islam, den Staat, das Geld das Gesetz usw. Das alles sind menschliche Erfindungen und Fiktionen. Der frühere Bundespräsident Gustav Heinemann, ein engagierter evangelischer Christ, wurde mal gefragt, ob er seine Kirche liebe. Er antwortete kurz und knapp: »Nein, ich liebe meine Frau.«

     Ich meine, wir können es uns nicht mehr leisten, nationalistisch zu denken und zu fühlen so als ob die deutsche Nation – was immer das sein soll – oder die deutsche Kultur besser und edler sei als die anderer Nationen. So hat man in der Steinzeit gefühlt und gedacht. Doch wir müssen die Steinzeit in unseren Köpfen und Herzen endlich überwinden. Statt wieder egoistisch zu sein wie ein Kleinkind und Parolen auszugeben wie „Amerika zuerst“ oder „Deutschland über alles“ müssen sich die Menschen in allen Ländern dieses Planeten als eine Gemeinschaft erkennen. Sie wird nach menschlichem Ermessen nur dann überleben, wenn sie die ungeheuren Herausforderungen wie künstliche Intelligenz, Biotechnologie, die Kontrolle der Datenmengen, eine Pandemie, Überbevölkerung, atomare Bedrohung und den Klimawandel gemeinsam meistert. Bei alledem haben Nationalisten keine Lösung parat, sondern sind Teil des Problems.

Ja, ich finde es richtig, den Nächsten zu lieben. Aber ich darf darüber auch den Fernsten nicht vergessen. 

Gebet: Herr, ich will bei Fremden nicht mehr auf die Unterschiede starren, sondern das Gemeinsame sehen. Wir alle sind ja auf diesem Planeten deine Kinder, alle mit gleicher Würde und gleichen Rechten begabt. Alle sind wir nach deinem Bild geschaffen. Das soll mein Denken und Fühlen bestimmen und nicht mehr die Angst vor dem Unbekannten und Fremden. Amen 

Herzliche Grüße, 

Ihr / dein Hans Löhr 

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4 Kommentare:

  1. Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst!!!!
    Leider haben viele den 2. Teil nicht gelernt.
    Wie kann ich den Nächsten lieben, wenn ich mich selber nicht liebe. Sich- und alle Anderen - so lieben wie Gott uns gedacht hat.
    Nicht mit Egoismus vergleichen.
    Elisabeth

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  2. Zeit für sich selber nehmen -das ist z.B. sich selber lieben....
    Jesus und die Fischer mit ihrem Boot: Einmal stieg er nicht ein, er sagte ihnen, fahrt ihr mal schon über den See, ich nehme derweile den Uferweg und wir treffen uns drüben... (weiß jemand, wo das in der Bibel steht? Bitte helfen...)

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  3. Hoffentlich wird es weiterhin Nationen geben und davon ist auch in der Bibel die Rede. Nur Deutschland hat hiermit ein Problem: historisch bedingt und weil der EU-Zentralstaats-Größenwahnsinn als Vision (noch) steht und hierbei Deutschland wieder mal anführen will. Leider hat man aus den Erfahrungen zwangsweise zusammengehaltener Völker nichts gelernt: Jugoslawien, Sowjetunion. Nationen sind zum Glück deren jeweilige Besonderheit, verschieden und deshalb oft genug einzigartig. Eine Auflösung von Nationen führt zu Chaos und erfolglosem und menschenverachtenden Sozialismus. Das Merkmal einer Nation ist doch nicht edler oder besser - auch wenn es leider mal für einen begrenzten Zeitraum bei uns so sein sollte, als schon mal der Größenwahnsinn von D ausging. Nun schlagen manche in's Gegenteil um: Alle Menschen der Welt handeln künftig als eine Gemeinschaft - eine neue Illusion bzw. die erklärte Vision einer sog. Neuen Weltordnung (neuer Versuch zu Sozialismus, Kommunismus) von UN, WHO, WEF, IWF, Weltbank - und Covid19 ist nun der Stillhalter. Was Nietzsche meinte, braucht nicht zu interessieren - in der Bibel ist 'nur' von Nächstenliebe die Rede und das dürfte anspruchsvoll genug sein.

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  4. Ich denke Liebe äußert sich vor allem in Aufopferung. Einfach nur nette Worte sagen ist leicht. Aber wer ist schon bereit dazu, einem Bettler 20€ zu schenken? Dabei haben die meisten Menschen mehr als genug zum Leben und der Bettler hat gar nichts. Die 20€ würden kaum jemanden wehtun, dafür würden sie dem Bettler viel bedeuten und helfen. Stell dir mal vor du bist selbst obdachlos und hast überhaupt gar nichts. Du bist es gewohnt von den Menschen ein paar Cents zu bekommen, ab und zu mal auch ein paar Euros. Dann kommt aber ein Fremder daher und gibt dir gleich 20€! Wärst du nicht über alle Maßen dankbar? Und würdest dich fragen, warum diese Person das getan hat? Am Ende könnte dich dieses kleine Erlebnis tatsächlich noch zu Gott und dem Glauben führen und dein ganzes Leben ändern.

    https://www.staybiblical.com

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