Sonntag, 16. August 2020

Jesus und die Kriminellen hl

Losung: Der HERR dachte an uns, als wir unterdrückt waren, denn seine Güte währet ewiglich. Psalm 136,23 

Lehrtext: Denkt an die Gefangenen, als wärt ihr Mitgefangene, und an die Misshandelten, weil auch ihr noch im Leibe lebt. Hebräer 13,3

Liebe Leserin, lieber Leser, 

mit das Wichtigste, was Kirche tut, ist ihr Dienst an den Gefangenen unabhängig von der Schuldfrage. Denn, und das ist nach üblichen, menschlichen Maßstäben völlig abwegig, in ihnen begegnet uns Christus selbst (Matthäus 25,36+40). Er begegnet uns auch in Menschen hinter Gittern, die andere schwer geschädigt oder gar umgebracht haben. Er begegnet uns nicht in Verbrechern, sondern in Menschen, die in der Vergangenheit ein Verbrechen begangen haben und dafür jetzt nach menschlichem Recht büßen. Sie behalten in unserem Rechtsstaat ihre Menschenwürde. Und erst recht behalten sie ihre Würde, die Gott ihnen verliehen hat. Denn sie sind auch seine Geschöpfe, seine Kinder, ob mir das gefällt oder nicht. Und damit sind sie auch meine Brüder und Schwestern. 

Beten für Täter und ihre Opfer 

     Christus begegnet uns in jedem Geschöpf, das unsere Liebe braucht. Das seine Liebe braucht. Und wir können und sollen sie unseren Mitgeschöpfen entgegenbringen. Leider lehnen manche von den Gefangenen jeden Kontakt mit einem Seelsorger ab. Ich selbst habe das bei einem ehemaligen Terroristen der Roten Armee Fraktion (RAF) erlebt, der in Straubing eine langjährige Haftstrafe verbüßte. Aber wenn ich ihn auch nicht erreichen konnte, so hat doch Christus auf seine Weise Möglichkeiten ihn zu erreichen. Das glaube ich, auch wenn ich nicht sagen kann, wie das geschieht. Meine Aufgabe ist es dann, wenigstens für solche Menschen zu beten – und immer auch für die Angehörigen ihrer Opfer.

     Die Losung bringt eine Erfahrung zur Sprache, die schon viele Christen in Vergangenheit und Gegenwart gemacht haben und machen. Sie sind in der Haft nicht zusammengebrochen, weil sie sich im Glauben von Gott gesehen wussten. Manche, wie Dietrich Bonhoeffer, haben sogar noch unter dem Galgen an ihrem Glauben festgehalten. Andere haben durch diese seelische Kraft die Konzentrations- und Vernichtungslager der Nazis in Deutschland und Osteuropa, die Straflager der Stalinisten in der UdSSR, die Gefängnisse der Ayatollahs im Iran oder der Diktatoren Nordkoreas überlebt. Und das ist nur eine Auswahl. 

Möglichkeiten, an Gefangene zu denken 

     Aber wie denke ich nun an alle diese Gefangene? Zuerst einmal kann ich für sie beten. In speziellen Fällen kann ich ihnen schreiben und sie besuchen oder ihnen gemeinsam mit anderen ein Zeitungsabo spendieren. Das wäre zum Beispiel mal eine Idee, sich zum Geburtstag statt irgendwelcher Geschenke einen Zuschuss zu so einem Abo zu wünschen. Du kannst aber auch die Gefangenenhilfsorganisation „amnesty international“ mit einer einmaligen oder regelmäßigen Spende unterstützen oder da Mitglied werden.    

Gebet: Herr Jesus Christus, du bist auch dort, wo ich nicht gern hingehe. Du bist auch bei den straffällig Gewordenen und in ihnen, auch wenn sie selbst das nicht wissen. Aber ich weiß das aus deinem Wort, und darum will ich über sie nicht lästern, sondern sie segnen mit meinem Gebet, mit meiner Zuwendung, mit meiner Unterstützung. Du begegnest mir in den Verachteten und Ausgegrenzten. Darum will ich auf sie zu gehen, statt mich von ihnen zu distanzieren. Amen 

Herzliche Grüße, 

Ihr / dein Hans Löhr 

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