Predigt von Hans Löhr in der Peterskirche Thann
Predigtwort: Siehe, um Trost war mir sehr bang, du, Herr, aber hast dich meiner Seele herzlich angenommen. (Jesaja 38,17)
Liebe Gemeinde,
eure
Peterskirche hier ist ein ganz besonderer Ort. In unserer Kirchengemeinde sind noch
andere Orte, zum Beispiel unser Gemeindehaus nebenan, wo schon viele
Versammlungen der Vereine stattgefunden haben, wo Geburtstage, Taufen, Konfirmationen
und Hochzeiten gefeiert worden sind. Wo ihr euch nach einer Trauerfeier
versammelt und die Trauernden in eurer Mitte nehmt. Auch in Kaudorf hat man ein
Gemeinschaftshaus, wo man sich trifft, feiert und miteinander ins Gespräch
kommt. Aber wenn ihr in eure Kirche kommt, seid ihr in einer anderen Welt. Da
geschehen Dinge, die an anderen Orten nicht geschehen. Da betest du gemeinsam
mit anderen, singst mit ihnen, hörst mit ihnen Worte aus der Bibel, sprichst
mit ihnen das Glaubensbekenntnis, hörst einer Predigt zu und lässt dich am Ende
des Gottesdienstes segnen.
Niemand von euch, der hier herkommt, tut das gezwungenermaßen. Früher war das vielleicht noch so, dass einen die Eltern dazu angehalten haben, in die Kirche zu gehen. Oder man kam, damit einen der Pfarrer nicht schief anschaut. Oder man kam, weil die anderen eben auch gegangen sind und man kein Außenseiter sein wollte. Oder man kam aus wer weiß was für Gründen. Das alles spielt heutzutage so gut wie keine Rolle mehr. Wer heute in die Kirche geht, tut das aus freien Stücken. Viele tun das aus Gewohnheit. Aber zugleich tun sie es doch auch deshalb, weil ihnen ein Gottesdienst gut tut und erst danach der Sonntag zu einem richtigen Sonntag wird. Zu einem besonderen Tag der Woche. Und ich denke mir, dass viele von euch, vielleicht sogar alle, auch deshalb in die Kirche kommen, weil sie hier Trost erfahren.
Kirche - Ort des Trostes
Außerhalb
der Kirche möchte man die Leute eigentlich nicht wissen lassen, dass es einem
gut tut, getröstet zu werden. Wer Trost braucht, der erscheint in unserer
Gesellschaft und Zeit als schwach. Der hat offenbar nicht die Kraft, sein Leben
selbst in die Hand zu nehmen. Und das möchte sich niemand nachsagen lassen.
Und
trotzdem bin ich überzeugt, dass jeder Mensch immer wieder Trost braucht, aber
nicht jeder findet ihn auch. Statt Trost sagen wir heute, ein Mensch braucht
Bestätigung und Anerkennung. Jeder lebt davon, dass andere ihm freundlich
begegnen, ihm etwas Gutes sagen und sich ein bisschen Zeit nehmen, ihm
zuzuhören. Und jeder geht nach einer guten Begegnung ein bisschen getröstet
seiner Wege.
Hier aber, in der Kirche, wirst du mit den Worten der Bibel, den Liedern, der Predigt und den Gebeten ganz bewusst getröstet. Hier tröstet dich nicht ein anderer Mensch, sondern dein Schöpfer und Erlöser. So glauben wir es. Und genau dazu ist diese Kirche ja da. Und dazu haben sie eure Vorfahren auch gebaut, damit hier wahr werde, was der Prophet sagt: "Siehe, um Trost war mir sehr bang, du, Herr, aber hast dich meiner Seele herzlich angenommen." (Jesaja 38,17)
Daran erinnern wir uns heute am Kirchweihsonntag. Und wenn wir auch nicht die Kirchweih wie sonst feiern können mit großem Festzelt, Umzug, Kirchweihbaum, Unterhaltungsprogramm, Speisen und Getränken, so feiern wir doch jetzt Kirchweih an dem Ort, der den Anlass dazu gibt.
Wie wird es in Zukunft sein?
Jetzt in
der Zeit der Corona-Seuche ist vieles anders geworden. Und die meisten von uns,
vielleicht sogar wir alle sind mehr oder weniger verunsichert. Niemand weiß ja,
wie es wirklich weitergehen wird in den nächsten Monaten oder vielleicht sogar
Jahren. Ob es jemals ein Ende dieser Epidemie geben oder ob sie uns, wie die
normale Grippe auch, Jahr für Jahr wieder heimsuchen wird. Wir wissen nicht, ob
die Welt jemals wieder so sein wird, wie sie zuvor war. Wir hoffen auf
Medikamente, die dieser Krankheit ein Ende machen. Aber niemand weiß, wann sie
kommen und ob sie wirklich helfen. Wir wissen nicht, welche Auswirkungen Corona
auf unsere Gesellschaft haben wird im Großen wie im Kleinen, weltweit und in unserem Land, in unseren Dörfern und Familien. Und darum wissen wir auch nicht,
ob wir nächstes Jahr wieder problemlos in den Urlaub fahren oder Kirchweih
feiern können wie bisher. Das alles kann uns niemand sagen. Das alles wissen
wir nicht.
Aber das weiß ich, dass aller Voraussicht
nach auch nächstes Jahr noch die Kirche in Thann stehen wird so wie sie auch in
den schlechten Jahren zuvor gestanden hat, in den Kriegs- und Nachkriegszeiten,
in Zeiten wirtschaftlicher Not und politischer Unruhen. Vieles ist in der
Vergangenheit durcheinander geraten. Vieles hat sich gegenüber früher verändert.
Aber die Kirche in Thann steht nach wie vor. Und nach wie vor werden hier
Kinder getauft und konfirmiert, werden Paare getraut und finden hier
Trauerfeiern statt. Nach wie vor feiern wir in dieser Peterskirche Gottesdienst
und vergewissern uns dabei, dass wir Gott gehören, der uns geschaffen hat, der
unser Leben bis heute erhält, der uns unser Versagen vergibt, den wir um Hilfe
bitten und dem wir für seine Hilfe danken können und, liebe Freunde, der uns
liebt.
Diesem Gott vertrauen wir. Er ist in
seinem Sohn Jesus Christus zu uns gekommen. An ihm erkennen wir, wie Gott ist.
Durch ihn erfahren wir, dass ein menschenfreundlicher Gott für uns da ist,
einer, der nicht abrechnet und nicht verurteilt, sondern hilft und heilt. Der sich unserer trostbedürftigen Seele herzlich annimmt.
Wie oft sind nicht schon Menschen aus
unserer Gemeinde hierher gekommen mit einem verwundeten Herzen, weil andere sie
zutiefst verletzt haben oder weil sie ein schweres Unglück getroffen hat, weil
sie vom Arzt eine schlechte Nachricht bekommen haben oder weil sie einen
geliebten Menschen verloren haben.
Und dann
haben sie hier die gute Nachricht gehört, das Evangelium, dass sie nicht allein
und verloren sind. Haben von dem guten Hirten gehört, der sein verlorenes und verirrtes
Schaf sucht bis er es gefunden hat und wieder heimträgt. Und dann haben sie
hier den gekreuzigten Jesus gesehen und haben sich in ihrer Not, in ihrem Leid und
ihrer Angst in ihm wiedergefunden, fühlten sich ihm nahe und von ihm verstanden.
Und dann sind sie hier gesegnet worden und mit einem leichteren Herzen als
zuvor wieder heimgegangen.
Glück gehabt oder Fügung?
Und,
liebe Freunde, ich sage das nicht so obenhin. Ich selbst brauche immer wieder
Trost, den ich im Gottesdienst und vor allem in meinem Glauben finde. Ihr kennt
ja meine persönliche Situation. Zunächst ging es mir wirklich nicht gut. Aber
wisst ihr auch, dass ich jeden Tag Gott danke, weil ich inzwischen so viel
Gutes erlebe? Ich hatte nicht zu hoffen gewagt, dass ich in Sommersdorf ein passendes Häuschen finden würde, in dem meine Kinder bei mir sein können. Ich
hatte nicht zu hoffen gewagt, dass ich meine guten Nachbarn und meine Freunde
in den Dörfern unserer Gemeinde behalten könnte. Und jetzt kann ich dankbar
sein für so viel Freundlichkeit und Unterstützung, die ich in der letzten
Monaten bekommen habe. Natürlich kann ich sagen: „Glück gehabt“. Aber ich sehe
das anders. Ich glaube, dass Gott auf seine Weise die Dinge gefügt hat. Und
deshalb habe ich auch allen Grund mich über ihn zu freuen und ihm zu danken.
Da bin
ich nicht der einzige in unserer Gemeinde, der so etwas erlebt. Ich denke, dass
viele von euch hier ebenfalls dankbar sein können, wenn sie auf ihr Leben
zurückschauen und sehen, wie sie immer wieder gesegnet, behütet und geführt
worden sind. Freilich gibt es auch harte und schwere Zeiten. Aber
gerade in ihnen zeigt sich, dass keiner von Gott verlassen ist, dass er auch im
finsteren Tal bei dir ist und dich mit seinem Stecken und Stab tröstet.
Doch,
liebe Gemeinde, wir haben allen Grund jedes Jahr aufs Neue Kirchweih zu feiern,
nicht nur im Zelt, sondern vor allem hier in diesem Gotteshaus. Im Jahr 1766 ist es dazu geweiht worden, damit wir hier die gute Nachricht von
Jesus Christus hören und von Gott getröstet werden. Das soll in dieser Kirche
auch künftig geschehen. Amen
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