Losung: Verlass dich auf den HERRN von
ganzem Herzen, und verlass dich nicht auf deinen Verstand, sondern gedenke an
ihn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen. Sprüche
3,5-6
Lehrtext: Christus spricht: Bleibt
in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst,
wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir
bleibt. Johannes 15,4
Liebe Leserin, lieber Leser,
na gut, geben wir den Religionskritikern mal vorläufig Recht
und hinterfragen wir die heutige Losung: Ist das nicht ein Kennzeichen des
Menschen, dass er Verstand hat? Und haben die Religionen weltweit nicht immer
wieder Dinge gesagt und getan, die dem gesunden Menschenverstand zuwiderlaufen?
Ja, das stimmt. Leider. Aber ebenfalls stimmt, dass die sogenannten
Vernunft-Apostel und Verstandesmenschen spätestens seit den Tagen der französischen
Revolution Ende des 18. Jahrhunderts die Welt auch nicht besser gemacht haben.
Die größten Menschenquäler und -vernichter im letzten Jahrhundert, die Nazis
unter Hitler und die Kommunisten unter Stalin, Mao und Pol Pot, waren
Atheisten, die von Religion nichts hielten und stattdessen auf die Kraft ihres
Verstandes und ihrer Vernunft bauten.
Aber das gegenseitige Aufrechnen bringt uns nicht weiter.
Stattdessen versuche ich die heutige Losung mit meinem Verstand zu verstehen,
aber auch mit meinem Glauben zu erfassen. Und so meine ich, dass Verstand und
Glauben keine Gegensätze sein müssen. Ich halte einen Verstand ohne Glauben für
lieblos und gewissenlos und einen Glauben ohne Verstand für fanatisch. So viel
ist mir klar, dass es nicht gut geht, wenn ich den menschlichen Verstand, die
menschliche Vernunft an die Stelle Gottes setze wie es auch nicht gut geht,
wenn ich wissenschaftsfeindlich und fundamentalistisch glaube.
Meines Erachtens leitet der Glaube meinen Verstand und
erleuchtet die Vernunft. Er bewirkt, dass ich meinen Verstand nicht kalt und
bürokratisch, sondern barmherzig und menschlich einsetze. Ich denke, wer aus
tiefem Gottvertrauen heraus seinen Verstand und seine Vernunft gebraucht,
trifft Entscheidungen, die lebensdienlich sind. Wer, um mit dem Lehrtext zu
reden, aus Christus heraus lebt, denkt und handelt, bringt gute Frucht, die
vielen zugute kommt.
Auszug aus einem Morgengebet:
Meinen Leib und meine Seele
samt den Sinnen und Verstand,
großer Gott, ich dir befehle
unter deine starke Hand. Amen
Meinen Leib und meine Seele
samt den Sinnen und Verstand,
großer Gott, ich dir befehle
unter deine starke Hand. Amen
Herzliche Grüße
Glauben mit Verstand ist gut und richtig. Aber die Entmündigung und Entwürdigung des Verstands ist eine alte und immer noch gepflegte kirchliche Tradition. Wenn beides zusammen nicht zu haben ist, lassen viele den Glauben fallen und bleiben bei Verstand.
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