"Du meine Seele singe,
wohlauf und singe schön, dem welchem alle Dinge zu Dienst und Willen stehen;
ich will dem Herren droben hier preisen auf der Erd, ich will ihn herzlich
loben, so lang ich leben werd."
Ich freue mich jetzt schon,
liebe Gemeinde, wenn ich dieses Lied mit euch nach der Predigt singen werde. Es
gehört zu meinen Lieblingsliedern. Wenn ich euch aber erklären soll, warum das
so ist, komme ich ins Stocken. Denn dass uns Lieder berühren, das hat weniger
mit dem Verstand, aber viel mit Gefühl zu tun. Lieder reichen offenbar in die
Tiefenschichten der Seele; sie erreichen den Menschen noch dort, wo bloße Worte
nicht mehr hinreichen. Dazu hatte ich als junger Pfarrer vor 40 Jahren ein unvergessliches
Erlebnis:
Es war einer meiner ersten
Besuche im Altenheim einer fränkischen Kleinstadt. Eine Frau hatte ihren 90.
Geburtstag. Sie war dement und lag in der geschlossenen Abteilung. Die
Schwester führte mich an ihr Bett:
"Grüß Gott, Frau Meier!",
sagte ich laut und vernehmlich, "ich bin der Pfarrer und ich will Ihnen
zum Geburtstag gratulieren." Da schaute sie mich aus dem Kissen heraus misstrauisch
an und sagte in unverfälschtem Fränkisch: "Du Lumbers (=Schlingel) kummst mer net in mei
Bett nei (=hinein)!"
Ich war komplett verblüfft. Auch mein
zweiter Versuch, ihr zu erklären wer ich sei und was ich wolle, blieb
fruchtlos. Sie wiederholte nur diesen ominösen Satz. Ganz schön verunsichert,
aber auch ein wenig belustigt zog ich wieder ab. Die Schwester, dier dabei war und sich das Lachen nicht verkneifen konnte, meinte noch mich
trösten zu müssen: "Machen Sie sich nichts draus, Herr Pfarrer, die Frau
erkennt nicht mal ihre eigenen Angehörigen. Das geht schon bald drei Jahre
so." Naja, jedenfalls wusste ich seitdem, dass ich mich bei solchen
Besuchen auf allerhand gefasst machen musste.
Einige Zeit später wurde ich
wieder an ihr Bett gerufen. Jetzt lag sie im Sterben. Sie war nicht mehr
ansprechbar, aber ihre Angehörigen wollten bei ihrer Mutter noch einmal
Abendmahl feiern. Ich nahm meinen Koffer mit den Abendmahlsgeräten und meinen
Talar. Dann standen wir um ihr Bett und ich eröffnete die Feier mit einem Lied.
Die Angehörigen sangen leise mit, die Sterbende aber schlug überraschend die
Augen auf und fiel deutlich hörbar in den Gesang ein. Sie sang auch die Gesänge
der Abendmahlsliturgie mit, betete die vertrauten Gebete, nahm in offenkundiger
geistiger Klarheit die Hostie und den Kelch und ließ sich segnen. Kaum war die
Feier vorüber, fiel sie in den alten Zustand zurück und war nicht mehr zu
erreichen. Ihre Kinder hatte dieses Erlebnis richtig geschockt. Sie waren
fassungslos, die Mutter nach so langer Zeit noch einmal bei Sinnen erlebt zu
haben. Am nächsten Tag hörte ich, dass diese Frau gestorben sei.
Ich will mich hüten, aus dieser
Begebenheit weitreichende Schlüsse zu ziehen. Sie eignet sich nicht, damit
etwas beweisen zu wollen. Aber eines meine ich doch sagen zu können: Der
Schlüssel zu jener Frau waren offenbar das Lied und die vertrauten Elemente der
Liturgie. Neues hatte sie nicht mehr erreicht. Aber die vertrauten Melodien und
Worte haben in ihr einen Widerhall gefunden, haben eine Brücke gebaut, auf der
sie uns noch einmal für ein paar Augenblicke begegnen konnte. Die Lieder haben
geschafft, was bloße Worte nicht mehr schaffen konnten, sie sind bis zu ihrer,
von der Krankheit verschütteten Persönlichkeit vorgedrungen.
Ja, dass uns Lieder im
Innersten berühren, das hat weniger mit Verstand, aber viel mit Gefühl zu tun.
Deshalb ist es auch schwierig zu erklären, weshalb mir ein Lied gefällt. Deshalb
ist es am besten, einfach zu singen. Im Predigttext für den Sonntag Kantate,
welcher zugleich der Wochenspruch ist, heißt es dazu:"Singt dem Herrn ein
neues Lied, denn er tut Wunder.“ (Psalm 98,1)
Wir singen heute hier keine
neuen Lieder. Dazu kenne ich euch zu wenig. Ich weiß nicht, welche neuen Lieder
ihr kennt und ob sie euch gefallen. Mir gefallen zum Beispiel auch die alten
Lieder, die wir heute in diesem Gottesdienst singen. Ich bin mit ihnen
aufgewachsen. Sie sind mir vertraut. Viele Verse kann ich auswendig.
Aber in unserem gut besuchten Lichtblickgottesdienst
in Burgoberbach singen wir fast nur neue Lieder, kaum älter als 20 Jahre. Und
da erlebe ich, dass stimmt, was das Bibelwort sagt. Gott tut tatsächlich
Wunder, weil da plötzlich aus dem ganzen Landkreis Menschen kommen, die sich in
einer Kirche und in einem Gottesdienst wie diesem nicht mehr wohl fühlen. Da
sind mehr Menschen als man denkt, die gerne ihren Glauben feiern und leben
möchten. Aber sie können mit den alten Formen nichts anfangen, weil sie ihnen
nichts mehr sagen.
Ein Pfarrer im schwarzen Talar
ist für sie abgehoben. Eine traditionelle Gottesdienstordnung ist für sie ein
Buch mit sieben Siegeln. Orgelmusik hören sie auch sonst im Alltag nicht. Sie
kommen sich in einem Kirchengebäude fremd vor, haben aber keine Probleme, in
ein Schulhaus zu gehen und dort Gottesdienst zu feiern. Sie fühlen sich von
zeitgenössischer Musik angesprochen, von Rhythmen und Instrumenten, die sie
auch aus dem Radio kennen.
Und plötzlich sind sie da, die wir sonst in unseren
Kirchengottesdiensten immer so schmerzlich vermisst haben. Für mich ist das ein
Wunder, welches auch mit den neuen Liedern zu tun hat, die wir da singen und
die denen, die kommen, gut tun.
Soll man nun die traditionellen
Kirchengottesdienste abschaffen und nur noch solche Lichtblickgottesdienste
feiern? Das wäre ein Fehler. Ich meine, eine ganze Zeit lang muss es noch
beides nebeneinander geben. Noch gibt es Leute in unseren Dörfern, die
sich in einem Gottesdienst wie diesem hier in der Kirche zu Hause fühlen. Doch
gleichzeitig gibt es noch mehr, die sich nach einem zeitgemäßen Gottesdienst
sehnen, wo sie mit ihrem Leben heute vorkommen. Und so meine ich, ein
Kirchenvorstand hat Verantwortung für beide, für die, die das Traditionelle
lieben genauso wie für die, die sich für ihren Glauben neue Formen wünschen.
Beides nebeneinander anzubieten ist nicht einfach. Aber es geht. Und der
Zuspruch und die Begeisterung sind einfach beglückend.
Ich erlebe Singen als etwas
Befreiendes. Im Musikunterricht in der Schule wurde es mir fast verleidet.
Später habe ich es gerade in den Gottesdiensten wieder gelernt. Es tut einfach
gut, sich so richtig auszusingen, seine Freude herauszusingen und seinen
Kummer, die Sehnsüchte und die Ängste, die Bitten und den Dank. Doch das klappt
nur, wenn ich auch wirklich den Mund aufmache und laut singe statt verschämt
und verdruckst vor mich hin zu flüstern.
Jeder, der gern im Gottesdienst
singt, hat wohl so seine speziellen Lieder. Und wenn einem die Predigt nicht's
sagt, so ist es doch meistens ein Lied, das wieder aufbauen kann. Oft hilft es
mir, mich von der Melodie tragen und von den Worten ansprechen zu lassen. Ich muss nichts Eigenes erfinden.
Ich kann mich aber mit meinen Gefühlen wiederfinden in dem, was Menschen vor
mir geglaubt und gehofft haben. Und wenn es mir bei einem traurigen Anlass die
Sprache verschlägt, dann sind es nicht zuletzt Liedverse, die dazu beitragen, dass
Leid und Tod nicht das letzte Wort haben.
Darum: „Singt dem Herrn alte
und neue Lieder, denn er tut Wunder!“ Amen
Wenn Sie den Service eines zuverlässigen Hackers benötigen, um ein Mobiltelefon oder eine Systemdatenbank zu hacken, Strafregister zu löschen oder Ihr gestohlenes Bitcoin wiederherzustellen, wenden Sie sich an easybinarysolutions@gmail.com oder whatsapp: +1 3478577580, sie sind äußerst zuverlässig und vertraulich.
AntwortenLöschen