Predigt von Hans Löhr beim
Feldgottesdienst in Liebersdorf.
Liebe Gemeinde,
wohl die meisten von uns haben als Kind das
Glaubensbekenntnis gelernt, im Religionsunterricht oder im
Konfirmandenunterricht oder im Firmunterricht. Die Absicht dahinter war, dass
wir es lernen sollten, an Gott zu glauben. Seitdem haben wir das
Glaubensbekenntnis schon oft im Gottesdienst gesprochen: »Ich glaube an Gott
den Vater, den allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.« Aber was
heißt das? An welchen Gott glaubst du? Ist er die Energie, der Urknall, aus der alles
hervorgegangen ist: Das ganze Universum mit seinen Milliarden von Sonnen, Planeten und Galaxien? Ist er eine Kraft, die sich in der Natur zeigt? Oder eine unpersönliche Macht? Oder glaubst du
an einen persönlichen Gott, an den Vater im Himmel, wie Jesus ihn uns gezeigt
hat? Glaubst du, dass er eine persönliche Beziehung zu dir hat und will, dass
auch du eine persönliche Beziehung zu ihm hast?
Ich meine, wie jemand glaubt, so betet er auch. Ist
dir Gott fern und hat mit deinem alltäglichen Leben nichts zu tun, dann wirst
du mit dem Mund das Vaterunser oder den Psalm 23 oder andere vorformulierte
Gebete sprechen. Ist dir aber Gott nahe, dann wirst du mit dem Herzen und mit
eigenen Worten beten. Dann sagst du vielleicht: „Guter Gott, du kennst dieses
Problem von mir. Ich braucht jetzt dringend deine Hilfe. Lass mich spüren, dass
du da bist und mich nicht im Stich lässt.« Wenn du so mit eigenen Worten
betest, dann gehst du auch davon aus, dass Gott dich hört und in dein Leben
eingreifen kann. Dann hast du eine persönliche Beziehung zu ihm. Wer so glaubt
wie es Jesus gesagt hat, der hält nicht irgendwelche klugen Sätze für wahr,
sondern hat ein persönliche vertrauensvolle Beziehung zu seinem himmlischen
Vater.
In der Bibel, im Evangelium des Markus steht die
Geschichte, wie ein Vater sein epilepsiekrankes Kind zu Jesus bringt, damit er
es heile. Er sagt zu Jesus: »Wenn du etwas kannst, so hab Mitgefühl mit uns und
hilf uns!«. Und Jesus antwortet: »Was soll das heißen, wenn du etwas kannst?
Alle Dinge sind möglich dem, der glaubt.« Darauf der Vater: »Herr, ich glaube.
Hilf meinem Unglauben!« Mit anderen Worten: »Jesus, ich traue dir zu, dass du
es kannst. Stärke mein Vertrauen.« Danach heilt Jesus das Kind.
Aus dieser Geschichte ergibt sich für uns die Frage:
»Was traust du, was traue ich Gott zu? Je mehr Sorgen ich habe, desto geringer
ist mein Gottvertrauen und umgekehrt. Je mehr ich Gott zutraue, desto mehr
erlebe ich, wie er mich leitet und mir hilft.
Aber was ist, wenn mein Gebet, wenn meine Wünsche
nicht in Erfüllung gehen? Ich glaube, Gott ist nicht dann für mich, wenn er mir
in allem meinen Willen lässt, sondern wenn sein Wille zu meinem Besten geschieht.
Was Glaube bewirken kann, möchte ich zuletzt an einer
Zeitungsmeldung vom 15. August dieses Jahres zeigen. Damals wurde berichtet,
dass ein 70 jähriger Rentner beim Bergwandern 15 Meter tief in eine
Gletscherspalte gefallen ist. Er landete auf einem schmalen Vorsprung von zwei Quadratmetern.
Vor ihm ging es weiter in die Tiefe. Beim Sturz hatte er sich das Becken
gebrochen. Aber in der Kälte im Gletschereis spürte er keine Schmerzen. Er
machte sich aus seinen Wanderstöcken einen Sitz, damit er nicht weiter
abstürzte, wenn er einmal ein wenig eingenickt war. Er rationierte seine
Nahrung, sammelte Schmelzwasser in seiner Trinkflasche und hüllte sich in seine
Rettungsdecke ein. Von 10:00 Uhr bis 16:00 Uhr hat er um Hilfe gerufen: einen
Tag, zwei Tage, drei Tage – insgesamt sechs Tage lang hat er gerufen. Dann
haben ihn andere Bergwanderer gehört, und er wurde gerettet.
Später fragte ihn ein Reporter: »Wie haben Sie denn
die vielen Tage da unten in der Gletscherspalte überlebt?« Und der Rentner
antwortete: »Ich habe von Pfirsichen geträumt und davon, dass ich heiße
Schokolade trinke. Ich habe meine Hände unter meine Achseln gesteckt und in
meinen Anorak geatmet. Ich hab versucht, nur zu dösen und nicht zu schlafen,
damit ich nicht abstürzte. Ich wollte unter allen Umständen meine Kinder wieder
sehen. Vor allem aber habe ich gebetet. Mein Glaube hat mir geholfen, zu
überleben. Ich hab die Hoffnung nie aufgegeben, dass ich mit Gottes Hilfe
gerettet werde. Sobald ich wieder gesund bin, werde ich aus Dankbarkeit eine
Wallfahrt machen.«
Liebe Gemeinde, das ist eine ungewöhnliche Geschichte,
wie diesem Mann der Glaube geholfen hat, in einer schier ausweglosen Situation
zu überleben. Aber es gibt, wenn man sich erst einmal dafür interessiert, viele
solcher Geschichten. Ich selbst habe welche erlebt und ich bin überzeugt, dass
auch hier unter uns einige sind, die ähnliche Geschichten erzählen können, wie
ihnen der Glaube geholfen hat.
Wir brauchen solche Glaubensgeschichten, die uns Mut
machen, wieder neu auf Gott zu vertrauen. Wir brauchen solche
Glaubensvorbilder, die uns zeigen, wie man das macht. Entscheidend aber ist,
dass wir unser eigenes Leben an jedem Tag neu mit Gott zusammensehen. Dass wir
mit ihm den Tag beginnen und mit ihm den Tag beschließen. Wenn wir so mit Gott
leben, dann wissen wir auch, was wir sagen, wenn wir gemeinsam sprechen: »Ich
glaube an Gott den Vater, den allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der
Erde.« Amen
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