Mittwoch, 30. Januar 2013

Gott und das Böse hl

Losung: Gott ist weise und mächtig; wem ist's je gelungen, der sich gegen ihn gestellt hat? Hiob 9,4

Lehrtext: Ja, lieber Mensch, wer bist du denn, dass du mit Gott rechten willst? Römer 9,20

Liebe Leserin, lieber Leser,

»Gott« – wie unbedacht sprechen wir dieses kurze Wort oft aus und machen uns nicht klar, dass wir damit alles sagen, was zu sagen ist. Mehr geht nicht. Wer Gott sagt, der sagt „das Ganze". Wer Gott sagt, der sagt Leben und Tod, Licht und Finsternis, Himmel und Erde, gut und böse. Wie bitte, auch böse? Gerade wer das Hiob-Buch kennt, aus dem die heutige Losung stammt, weiß, dass angesichts von Gottes Allmacht unsere menschlichen Begriffe von gut und böse nicht mehr passen. Hiob hat das, was er erleiden musste, als durch und durch böse erfahren, zumal er sich keiner Schuld bewusst war. Aber er hat nicht irgendeinen Teufel angeklagt, sondern Gott. Er hat sich gleich an die oberste Instanz gewandt, weil nur von dort auch echte Hilfe kommen kann.
Was ist schon gut, was ist schon böse! Wir kleinen und kurzlebigen Menschen mit einem schwachen Erinnerungsvermögen und der Unfähigkeit, in die Zukunft zu schauen, wir können nur für den Augenblick sagen, was wir jetzt als gut und als böse erfahren. Aber wissen wir denn, ob aus dem, was uns jetzt gut erscheint, nicht Böses werden kann und umgekehrt? Kann Gott nicht auch aus Bösem Gutes entstehen lassen? Gott macht keine Fehler. Aber ich.
Nehmen wir den Zweiten Weltkrieg, eine durch und durch böse Geschichte. Dadurch wurden die Verhältnisse in Europa und weltweit dermaßen durchgeschüttelt, das anschließend eine völlig andere Ausgangslage da war als wenn es ihn nicht gegeben hätte. Meine Eltern hätten sich ohne diesen bösen Krieg niemals kennen gelernt, und dann wären ich und infolge meine Kinder und mein Enkelsohn nie geboren. Gut, an mir und meinen Nachkommen soll es nicht liegen. Aber das trifft wohl für die meisten Menschen zu, die heute leben, zumindest in Deutschland. Kurz gesagt, ohne diesen Krieg würden heute andere Menschen leben als wir. Und so lassen sich zahllose andere Beispiele anführen. Wir haben in unserer Sprache dafür Sprichwörter wie „Alles hat seine zwei Seiten" und wir Franken sagen manchmal „Es gibt keinen Schaden, wo nicht auch ein Nutzen dabei ist."
Natürlich brauchen wir Begriffe wie „gut" und „böse", damit wir uns über Werte verständigen können und ein Zusammenleben möglich ist. Doch ich muss mir klar machen, wie relativ und vorläufig diese Begriffe sind. 
Ein guter Richter weiß, dass er einem Angeklagten mit seinem Urteil nach dem gegenwärtig geltenden Wertesystem nicht gerecht werden kann, dass er aber trotzdem Recht sprechen muss, damit der Rechtsfriede gewahrt bleibt. Auch ein Verbrechen kann in der Zukunft eine positive Auswirkung haben, von der ich mir jetzt keine Vorstellung machen kann, aber Gott. Ich überblicke das Ganze nicht, aber er. Deshalb möchte ich vorsichtig sein mit meinen Urteilen über andere Menschen, über mich, über die Welt und über Gott. Mit ihm rechten, ihn zur Rechenschaft ziehen zu wollen, ist unmöglich. 
Ja, du kannst mit ihm hadern, ihn in deiner Verzweiflung anklagen, ihm dein ganzes Leid vorhalten – so wie es die getan haben, von denen die Psalmen in der Bibel stammen. Aber ihm nachweisen zu wollen, dass er nicht recht getan hat, geht nicht. Das hat auch Hiob eingesehen. Und als er soweit war, erlebte er den Wendepunkt in seinen Leiden und kehrte ins Leben zurück. Wir können nur mit Gott leben und nicht gegen ihn. Schließlich setzt sich sein Wille durch und nicht der unsere.

Gebet: Vater unser im Himmel, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Amen

Herzliche Grüße

Hans Löhr 

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