Dienstag, 25. November 2014

Gottes Beruf hl

Losung: Ach HERR, sieh doch, wie bange ist mir. Mir dreht sich das Herz im Leibe um, weil ich so ungehorsam gewesen bin. Klagelieder 1,20

Lehrtext: Der Zöllner stand ferne, wollte auch die Augen nicht aufheben zum Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig! Lukas 18,13

Liebe Leserin, lieber Leser,

stellen Sie sich / stell dir vor, einer sagt im Gasthaus laut zu dir, so dass alle es hören können: „Du bist ein Sünder!“ Ruckartig würden sich die Köpfe der übrigen Gäste in deine Richtung drehen. ‚Sünder?‘ Würden die Leute vielleicht denken. ‚Was hat er / sie denn angestellt? Hat bestimmt was mit Sex zu tun.‘
Wie ginge es dir dabei? Also ich möchte mich in der Öffentlichkeit nicht unbedingt ‚Sünder‘ nennen lassen. Da würde vielleicht der eine oder die andere von mir abrücken und nichts mehr mit mir zu tun haben wollen. Menschen sind in der Hinsicht oft gnadenlos.
Aber, im Unterschied zur Losung*, ist mir nicht bang, vor Gott als Sünder dazustehen. Das bin ich ihm gegenüber sowieso. Dafür schäme ich mich auch. Doch weder rückt er von mir ab, noch will er mit mir nichts mehr zu tun haben. Im Gegenteil. Er sucht in Jesus meine Nähe, um mir zu vergeben und mich zu heilen (Matth 9,12)Gott ist in der Hinsicht gnadenreich.
Der große Dichter Heinrich Heine hat, bevor er gestorben ist, noch den bemerkenswerten Satz gesagt: »Gott wird mir verzeihen. Das ist sein Beruf.«
Aber, so meine ich, er verzeiht nur dem, der sich danach sehnt und weiß, wie sehr er seiner Barmherzigkeit bedarf (Lehrtext). Wie soll Gott auch einem Menschen verzeihen können, der glaubt, mit sich selbst im Reinen zu sein und sich nichts zu Schulden habe kommen lassen? Die Selbstsicheren und Selbstgerechten sollen sich von ihrem selbstgemachten Moralgott tätscheln lassen. Ich will mir lieber von dem lebendigen Gott vergeben und eine neue Chance geben lassen. Ich will, um mit Martin Luther zu sprechen, lieber „tapfer sündigen“ und noch „tapferer glauben“, als ein steriles Leben führen, nur darauf bedacht, eine weiße Weste zu haben.

Gebet: Herr, du bist kein Buchhalter, der mir alle meine Fehler vorrechnet. Du legst meinen Glauben nicht auf die Goldwaage, um zu messen, ob er schwer genug wiegt. Vor dir soll ich nicht eingeschüchtert, aber auch nicht selbstsicher sein, sondern vertrauensselig und zuversichtlich. Denn du hast viel auf dich genommen, damit ich unbeschwert leben kann. Danke!

Herzliche Grüße

Hans Löhr


*Hier spricht kein Mensch, sondern die Stadt Jerusalem.

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