Mittwoch, 12. November 2014

Straft Gott? hl

Losung: Der HERR züchtigt mich schwer; aber er gibt mich dem Tode nicht preis. Psalm 118,18

Lehrtext: Ihr Lieben, lasst euch durch die Hitze nicht befremden, die euch widerfährt zu eurer Versuchung, als widerführe euch etwas Seltsames, sondern freut euch, dass ihr mit Christus leidet, damit ihr auch zur Zeit der Offenbarung seiner Herrlichkeit Freude und Wonne haben mögt. 1.Petrus 4,12-13

Liebe Leserin, lieber Leser,

hoffentlich gehörst Du nicht zu denen, die sich für besonders gute Christen halten und bedeutungsvoll mit den Augen rollen, wenn sie über einen anderen sagen: ‚Sein Unglück ist die Strafe Gottes.‘ Denn das ist schlicht und einfach verboten, von einem anderen zu sagen, dass Gott ihn straft. Auch die Aids-Seuche ist keine Strafe für die Schwulen so wenig wie die Ebola-Seuche eine Strafe für die Afrikaner. 
Doch kann man dann überhaupt noch davon sprechen, dass Gott Menschen straft? In unserem heutigen Losungswort ist schließlich davon die Rede. Aber, und das ist der entscheidende Unterschied, Du kannst, wie in der Losung, das nur von Dir selbst sagen. Du darfst es aber nicht von einem anderen sagen. Denn woher willst Du wissen, was genau Gott bei einem anderen tut? (siehe Lukas 13,4+5)
Eigentlich gefällt mir das Bibelwort aus dem Psalm 118 nicht. Denn ich rede lieber von einem liebenden statt von einem strafenden Gott. Und trotzdem hat es seine Berechtigung und hat Eingang gefunden in den Psalm (Introitus), den wir in den Ostergottesdiensten in den Kirchen singen. Denn in diesem Wort spiegelt sich die Erfahrung von vielen.
Vor vielen Monaten habe ich einen Mann auf der Intensivstation besucht, der mit großer Mühe diesen Satz herausgebracht hat: »Gott straft seine Sünder.« Erst war ich geneigt, ihm das auszureden. Aber das habe ich sein lassen. Es war sein Gefühl, sein Eindruck, seine Erfahrung – und die habe ich zu respektieren. Ich habe damals nur gesagt: »Und jetzt liegt es auch an Ihnen, dass sie sich nicht aufgeben, sondern um Ihr Leben kämpfen, auch mit Gebeten.« Dann haben wir miteinander gebetet. Bald ging es in eine ähnliche Richtung wie im heutigen Losungswort und der Mann hat wieder neuen Lebensmut geschöpft.
Den Satz „Gott straft mich“ wird man wohl nur in großer Verzweiflung sagen. Aber damit sagt man immerhin noch: ‚Ich bin mit mir und meinem Leid nicht allein. Es gibt noch eine Beziehung zwischen ihm und mir. Ich kann ihm mein Elend klagen, kann ihn um Hilfe bitten und auf seine Liebe hoffen. 
Doch bevor ich davon rede, dass Gott mich straft, sollte ich bedenken, ob meine Probleme nicht die natürlichen Folgen eines Fehlverhaltens sind. Ein todkranker Mann hat mir einmal mit einer kleinen, verschämten Geste zu verstehen gegeben, dass sein Zustand mit Alkoholmissbrauch zu tun hat. Er hat wenigstens sich und anderen nichts mehr vorgemacht. 
Der Glaube hilft uns, auch Leidenserfahrungen mit Gott zusammen zu bringen und ihnen so einen Sinn abzugewinnen.  Davon bin ich überzeugt. Aber das machen die Betroffenen am besten selbst. Als Außenstehender kann man zwar beten und vielleicht auch trösten. Aber mit Bewertungen sollte man sich zurückhalten.

Gebet: Herr, mir ist lieber, Du fasst mich hart an, bevor Du mich aufgibst. Denn solange ich mit Dir zu tun habe, bleibt mir die Hoffnung, dass Du mich hörst und mir hilfst. Amen  

Nachdenkliche Grüße

Hans Löhr 

Vergewisserung:
Nachdem du das gelesen hast, nimm dir noch ein paar Sekunden Zeit, schließe die Augen und mach dir bewusst:
Jetzt, in diesem Augenblick umgibt mich Gott wie die Luft, die ich atme. Er hält mich mit seiner Kraft, wie die Sonne die Erde in ihrer Bahn hält. Er will auch in mir leben, um mir ganz nah zu sein. Ich öffne mich und lass ihn in mir wirken. So von ihm umhüllt und erfüllt, lebe ich mein Leben.

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