Sonntag, 8. September 2013

Behalte deine Lebensfreude! hl

Predigt von Hans Löhr am 15. Sonntag nach Trinitatis 2013 (8. September) Predigttext: Sirach 30,21-26. 

Liebe Gemeinde,

„Behalte deine Lebensfreude, sei fröhlich! ”– Geht das denn? Geht das, dass ich mich auffordern lasse, fröhlich zu sein und es dann auch bin? Die Bibel sagt ja. Hört dazu den Predigttext für den heutigen Sonntag aus dem Alten Testament, Buch Sirach Kapitel 30:
»21 Gib dich nicht dem Trübsinn hin, quäl dich nicht selbst mit nutzlosem Grübeln! 22 Freude und Fröhlichkeit verlängern das Leben des Menschen und machen es lebenswert. 23 Überrede dich selbst zur Freude, sprich dir Mut zu und vertreibe den Trübsinn! Der hat noch nie jemand geholfen, aber viele hat er umgebracht. 24 Neid und Ärger verkürzen das Leben und Sorgen machen vorzeitig alt. «

Dass in der Bibel solche Sätze stehen, hat offenbar damit zu tun, dass wir Menschen es nötig haben. Allzu leicht rutschen wir in Trübsinn und schlechte Laune hinein, wenn es nicht so läuft, wie wir uns das vorstellen. Und, wie ist es mit dir heute Morgen? Bist du fröhlich oder bist du mit Sorgen und Ärger hierher in die Kirche gekommen?
Ich beneide diejenigen unter uns, die ein glückliches Naturell und ein sonniges Gemüt haben. So wäre ich auch gern – von Haus aus fröhlich und unbeschwert. Aber bin ich deswegen gleich ein Griesgram, ungenießbar und übellaunig, der an allem etwas auszusetzen und an nichts Freude hat? Ich hoffe nicht. Das müssen auch andere beurteilen. Aber so viel weiß ich: Eine ausgesprochene Frohnatur bin ich leider nicht.

Zwischen Trauerkloß und Frohnatur

Ich denke mal, dass es den meisten von uns hier so geht. Wir liegen irgendwo zwischen dem Trauerkloß und der Frohnatur. Aber etwas mehr Lebensfreude und Fröhlichkeit würde wohl keinem von uns schaden. In der Bibel heißt es dazu: »Überrede dich selbst zur Freude, sprich dir Mut zu und vertreibe den Trübsinn!« Und so frage ich nochmal: Geht das überhaupt? Gründe um trübsinnig zu sein, gibt es alle Mal.
Da ist die gegenwärtige Weltlage mit dem Syrienkonflikt. Ausgerechnet die US-Regierung schwingt sich zum Moralapostel auf und will mit Waffengewalt die syrische Regierung strafen. Giftgas gegen das eigene Volk, das ginge nicht, heißt es. Das stimmt. Da muss die Weltgemeinschaft politisch, aber nicht militärisch handeln. Die Risiken sind einfach zu groß. Der Friede in der ganzen Region wäre bedroht und Unschuldige wären wieder die Leidtragenden.
Nur was können wir hier dagegen tun? Beten, ja. Sonst aber gar nichts. Was ändert es, wenn wir deswegen trübsinnig werden? Gar nichts. Was hilft es, wenn ich mir wegen etwas den Tag verderben lasse, worauf ich keinen Einfluss habe? Das gilt auch für die Dinge in meinem persönlichen Umfeld, deretwegen ich mir Sorgen mache.
Vieles, worüber ich grüble, habe ich gar nicht in der Hand vor allem, wenn es andere Menschen betrifft. Ist jemand unfreundlich zu mir, warum soll ich mir dadurch meine Laune verderben lassen? Das Problem hat doch er und nicht ich. Und darum sage ich zu mir und zu dir: Versuche deinen guten Mut zu behalten, wenn ihn dir andere mit ihrem Grant und ihrer Übellaunigkeit nehmen wollen.

Neid und Ärger verkürzen das Leben

Und wenn du dir Sorgen machst wegen deiner Gesundheit, wegen des Altwerdens, wegen Schwierigkeiten in der Familie oder anderer Dinge – verhindern denn die Sorgen, dass du alt wirst? Oder lösen Sie deine finanziellen oder familiären Probleme? Wirst du gar gesund, wenn du dir Sorgen machst? Im Gegenteil. Die Bibel sagt schon längst, was jetzt auch die moderne Medizin sagt: „Trübsinn hat noch nie jemandem geholfen, aber viele hat er umgebracht. Neid und Ärger verkürzen das Leben und Sorgen machen vorzeitig alt.” Zweieinhalb tausend Jahre ist diese Einsicht alt und doch so aktuell wie eh und je.
Aber auch die Therapie, die Arznei gegen Sorgen und Trübsinn finden wir in diesem Buch. Jesus sagt in der Bergpredigt: „Schaut euch die Vögel unter dem Himmel an. Sie säen nicht, sie ernten nicht und ihr himmlischer Vater ernährt sie doch. Wenn sich Gott schon um sie kümmert, umso mehr wird er sich um euch kommen. Also, macht euch keine Sorgen. Es reicht schon das, womit ihr euch heute herum schlagt.“ Werft eure Sorgen vielmehr auf Gott, denn er sorgt für euch.
Die beste Medizin gegen Sorgen und Trübsinn und dagegen, dass sie uns das Leben vergällen, krank machen und vorzeitig altern und sterben lassen, die beste Medizin ist das Gottvertrauen. Immer wieder ruft uns die Bibel, ruft uns Jesus dazu auf: „Habt doch Vertrauen! Fragt nicht, was alles passieren kann, sondern fragt danach, wie ihr nach Gottes Willen leben könnt. ”

Vertreibe die Vögel der Sorge

Von Martin Luther stammt der schöne Satz: »Dass die Vögel der Sorge über deinem Kopf flattern, kannst du nicht verhindern. Aber dass sie in deinen Haaren Nester bauen.« Lass also nicht zu, dass sich die Sorge und der Trübsinn bei dir einnisten. Hör auf zu grübeln, steh auf, geh an die frische Luft, lächle, auch wenn dir nicht danach zu Mute ist, tu Dinge, die dir gut tun, sing ein Lied und vertreibe so den Trübsinn.
Letzten Mittwoch besuchte unser Bundespräsident Gauck das französische Dorf Oradour, in dem am 10. Juli 1944 die Waffen SS ein Massaker verübt hat. 642 Dorfbewohner wurden in der Kirche verbrannt oder erschossen. Ganze sechs überlebten unter den Leichen. Einer von ihnen, Robert Hébras, ist heute 88 Jahre alt. In der Zeitung sah man ein Bild von ihm, wie der französische Staatspräsident Hollande und Bundespräsident Gauck ihn links und rechts stützen und durch die Trümmer des Dorfes führen, die als Mahnmal stehen geblieben sind. Robert Hébras sagte in einem Interview: „Ich habe die Mörder meiner Mutter und meiner beiden Schwestern so besiegt, indem ich versuchte, ein ganz normales Leben zu führen.” Er hätte allen Grund gehabt, verhärmt, verbittert, vom Hass zerfressen und trübsinnig zu sein. Doch dann hätten die SS-Mörder auch ihn, hätte sie seine Seele zerstört. Nein, stattdessen suchte und fand er die kleinen und großen Freuden des Lebens und wurde darüber alt.

Lass dir die Lebensfreude nicht nehmen, auch nicht von dir selbst

Ich lerne für mich daraus: Was auch geschehen ist und geschieht, ich darf mir die Lebensfreude von anderen nicht nehmen lassen und sie mir auch nicht selbst nehmen. Darum halte ich mich an das, was die Bibel von Gott im Psalm 103 sagt: »Lobe den Herrn, meine Seele, der dein Leben vom Verderben erlöst, der deinen Mund fröhlich macht und du wieder jung wirst wie ein Adler«.
Trübsinn, Neid, Ärger und Sorgen lassen selbst junge Menschen alt erscheinen. Aber die Freude an Gott machen auch alte wieder jung, nicht äußerlich, aber jung im Herzen. Und das spüren die Menschen, mit denen du zusammen bist. Ich finde, wir haben allen Grund, dass wir uns unseres Gottes freuen, der uns bis zu dieser Stunde so viel Gutes getan hat, und dass wir ihn loben und preisen für seine große Güte.
Ja, immer wieder werden wir in der Bibel aufgefordert, fröhlich zu sein und uns des Lebens zu freuen. Offenbar haben wir es nötig, weil wir nur allzu leicht von den Alltagssorgen beherrscht werden.

Lebe den Augenblick


Und darum gilt wie für jeden Tag so auch für den heutigen, was uns Gottes Wort sagt: »Dies ist der Tag, den der Herr macht. Lasst uns freuen und an ihm fröhlich sein!« Denn was gestern war, ist vergangen. Ich kann es nicht mehr ändern. Und was morgen sein wird, weiß ich nicht. Ich habe nur das Heute, diesen Tag, diesen Augenblick. Und den will ich nicht vertun, indem ich andere beschuldige oder in Selbstmitleid versinke. Ich will den Augenblick leben, so gut ich kann. Er ist ein Geschenk Gottes. So will ich mein Bestes tun, um mich auch heute wieder zu freuen und fröhlich zu sein. Denn Freude und Fröhlichkeit verlängern das Leben des Menschen und machen es lebenswert. Amen

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