Predigt zur Josefsgeschichte
1. Buch Mose Kapitel 37 bis 50 (in Auszügen) von Hans Löhr
Liebe Freunde,
ich werde heute zu euch über das Thema predigen: »Du,
Herr, weißt es besser als ich«. Dabei orientiere ich mich an der Geschichte von
Josef, dem Sohn Jakobs, und seinen Brüdern.
Wer von uns weiß denn schon so genau, wohin ihn sein
Weg einmal führen wird? Niemand kann garantieren, was in der nächsten halben
Stunde passiert und niemand kann um die nächste Kurve schauen. Wir leben unser
Leben von Tag zu Tag ohne zu wissen, was morgen sein wird. Doch ich vertraue
darauf, dass Gott den Überblick hat und, wie es im Psalm 23 heißt, mich auf
rechter Straße führt.
So war es auch bei Josef, dem Sohn von Jakob und Rahel. Leider kann ich aus
Zeitgründen diese wunderbare Geschichte nur im Telegramm-Stil erzählen. Doch
zuvor will ich vorausschicken, dass jede biblische Geschichte immer auch eine
Bedeutung für den Hörer hat. Deshalb geht es in der Josefsgeschichte auch um
dich und um mich, darum, wie wir unser Leben im Licht des Glaubens verstehen.
Denn was Gott für die Menschen der Bibel getan hat, das kann er auch für uns
heute tun. Was er zu ihnen gesagt hat, das gilt auch uns. Er ist derselbe Gott
damals wie heute.
Tief ist der Brunnen der Vergangenheit
Tief ist der Brunnen der Vergangenheit
»Tief ist der
Brunnen der Vergangenheit, sollten wir ihn nicht unergründlichen nennen?«
So beginnt Thomas Mann seinen großen Roman „Joseph und seine
Brüder“. Schauen wir also hinunter in diesen Brunnen, hinab in die Zeit von
Abraham, Isaak und dessen Sohn Jakob, der mit seiner Familie und den Herden
noch als Nomade durch das Land Kanaan gezogen ist. Zwölf Söhne hatte Jakob.
Josef aber war sein absoluter Liebling. Er wurde bevorzugt und verwöhnt und zog sich damit den Hass seiner älteren Halbbrüder zu. So nimmt die Geschichte
ihren Lauf, eine Geschichte voll böser Gefühle und Handlungen, in der Josef
himmelhoch jauchzen konnte und dann auch wieder zu Tode betrübt sein musste,
eine Geschichte voll schlimmer Absichten, die aber Gott schließlich doch zum
Guten wendet.
Bis zu seinem 17. Lebensjahr war Josef oben auf und
genoss die Gunst Jakobs. Seine Halbbrüder aber warfen den verhassten Angeber in eine Grube, verkauften ihn als Sklaven in das ferne Ägypten und erzählten ihrem ahnungslosen Vater, ein wildes Tier hätte ihn zerrissen. Damit
könnte die Geschichte bereits zu Ende sein.
Weil aber Josef von Gott in jeder Hinsicht gesegnet
war, erwarb er sich schnell die Gunst des Ägypters Potiphar, eines hohen ägyptischen Beamten. In dessen Hause diente er und stieg bald zum Verwalter des Gutshofs auf. auch Potiphars Frau fand an dem attraktiven
jungen Mann gefallen und machte ihm eindeutige Angebote, die er aber aus Treue zu seinem Herrn ablehnte. In
ihrem Stolz tief verletzt, beschuldigte sie ihn, er hätte sie vergewaltigen
wollen. Josef wurde ins Gefängnis geworfen.
Zum zweiten Mal fällt er tief wie es tiefer
eigentlich nicht mehr geht. „Warum lässt Gott das zu?” Wird er sich ein ums
andere Mal gefragt haben. Doch er hat am Gott seiner Väter Abraham, Isaak und
Jakob festgehalten und sich den Lebensmut nicht nehmen lassen. Statt in
Selbstmitleid zu versinken oder sich in Rachegefühlen zu verlieren hat er
darauf vertraut, dass es auch aus dieser hoffnungslosen Situation einen Ausweg
für ihn geben würde, dass Gott eine Tür für ihn öffnen würde, wo er noch keine
sah.
Und so war es auch. Nach über zehn Jahren wurde er
aus dem Gefängnis geholt, um dem Pharao einen seltsamen Traum zu deuten. Da
stand kein gebrochener Gefangener vor dem König, sondern ein inzwischen
dreißigjähriger Mann, den die Leidenszeit nur stärker und reifer gemacht hatte.
Mit Gottes Hilfe deutete er dem Pharao den Traum und sagte ihm, dass sieben
gute Jahre mit reichen Ernten auf Ägypten zukommen würden, danach aber sieben
Hungerjahre. Und er machte auch gleich den Vorschlag, den Überfluss der sieben
guten Jahre für die nachfolgenden schlechten Jahre aufzubewahren. Das gefiel
dem König von Ägypten und er erhob ihn zu seinem Stellvertreter. Und wieder,
zum dritten Mal schon, war Josef wieder oben auf.
Nein, Josef
wusste nicht, warum er diese Achterbahn, dieses Auf und Ab erlebte. Er sah
nur sich und sein Schicksal, wie wir es heute auch tun. Wenn wir uns freuen
oder wenn wir leiden, kreisen wir in unseren Gedanken und Gefühlen um uns
selbst und denken kaum darüber nach, ob die Wendungen in unserem Leben
vielleicht eine Bedeutung haben könnten, die weit darüber hinaus weist. Wir
wissen nicht, wie es in Zukunft mit uns selbst weitergeht. Und noch weniger
wissen wir, welchen Beitrag wir mit unserem Leben für die nächsten Generationen
und das große Ganze leisten, für den großen Plan, den Gott mit seinen Menschen
hat. Aber wenn ich das auch nicht weiß, kann ich doch darauf vertrauen, dass Gott
den Weg für mich weiß. Er weiß es besser als ich.
Gottes Werkzeug
Gottes Werkzeug
Und so war es auch mit Josef. Er war Gottes Werkzeug, mit dem er an einem
wichtigen Plan arbeitete. Alles, was Josef erlebte, diente nur dem einen Zweck, dass das große Versprechen in
Erfüllung gehen konnte, das Gott dem Abraham, dem Urgroßvater des Josef gegeben
hatte. Damals sagte Gott zu Abraham: „Ich
will dich segnen und zu einem großen Volk machen. Und in dir sollen gesegnet
werden alle Generationen auf der Erde.”
Als dann die sieben schlechten Jahre über Ägypten kamen,
herrschte in der ganzen Region eine große Hungersnot, auch in Kanaan, und Jakob
mit seiner Familie, die Nachkommen des Abraham, drohten zu sterben. Um sie zu
retten, musste Josef dieses Auf und Ab
erleben. Gott brauchte ihn in Ägypten, damit er zu gegebener Zeit die Macht und
die Mittel in Händen haben würde, seine Familie und mit ihr das Volk Gottes vor
dem Tod zu bewahren. Dazu schickte er ihn sozusagen in die Schule des Leidens,
in die Grube und in die Sklaverei nach Ägypten, ins Haus des Potiphar, ins
Gefängnis und machte ihn schließlich zum Stellvertreter des Pharao. Nun war
Josef innerlich so stark und äußerlich so mächtig, wie Gott ihn haben wollte.
Als dann seine Brüder nichtsahnend nach Ägypten kamen, um dort für sich und
ihren Vater Jakob Korn zu kaufen, - denn sie wussten nichts von Josef und
seinem weiteren Schicksal - hat er sich nicht an ihnen gerächt, sondern sie und
die ganze Jakob-Sippe nach Ägypten geholt, wo sie in Sicherheit waren und
überleben konnten.
Der Sinn
Der Sinn
Ja, Gott hat den großen Überblick und weiß das, was wir heute tun, für die Zukunft
zu nutzen. Und auch Josef verstand nun, welchen
Sinn sein bisheriges Leben gehabt hatte. Und er sagte zu seinen Brüdern: »Um eures Lebens willen hat mich Gott nach
Ägypten gesandt, dass er euer Leben erhalte zu einer großen Errettung. Nicht
ihr habt mich hierher gebracht, sondern Gott. Denn ihr gedachtet es böse mit
mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen, um zu tun, was jetzt
offensichtlich ist, nämlich am Leben zu erhalten ein großes Volk.« (1. Mose
45,5-8; 1. Mose 50, 20)
Gottes großer Plan mit dir und mit mir
Gottes großer Plan mit dir und mit mir
Die Bibel erzählt von dem großen Plan Gottes mit
seinem Volk, auch mit dir und mir. Er überblickt unser ganzes Leben und die
Geschichte der Menschheit. Er hat in Jesus Christus sein Versprechen erfüllt,
sein Volk zu segnen und zu retten, aus manchen Nöten dieses Lebens, aber auch
aus Sünde und Tod. Er weiß den Weg für seine Schöpfung im Großen und für dein
Leben im Kleinen. Jeder von uns hat für Gott eine Bedeutung für sein großes
Ziel, dass alle seine Geschöpfe für immer mit ihm zusammen sind. Und wenn du
meinst, du seist nicht wichtig oder gut genug für ihn, dann sagt die Bibel
etwas anderes.
Schauen wir noch einmal in die Josefsgeschichte. Auch das Böse ist darin ein Werkzeug für
Gott. Die Überheblichkeit des jungen Josef, die Eifersucht der Brüder, die
Grube, die Sklaverei, der gekränkte Stolz von Frau Potiphar, das Gefängnis –
all das, was in unseren Augen zurecht so schlimm und böse ist, benutzt Gott um
seinen Plan zu verfolgen und sein Volk zu retten.
Freiheit zum Bösen
Freiheit zum Bösen
Ja, er lässt dir und mir die Freiheit auch zu negativen, zu bösen Gefühlen, zu Wut, Neid und allerlei
Gemeinheiten. Aber er lässt uns nicht die Freiheit, damit seine Verheißung und
seinen Plan zu durchkreuzen. Er weiß auch das Böse so zu nutzen, dass es seinen
guten Absichten dienen muss. Auch unsere schlimmen Gedanken und Taten können
für ihn Werkzeuge sein, daraus etwas Gutes zu machen.
Im letzten Teil der Predigt möchte ich noch einmal
auf deine und meine Lebensgeschichte zu sprechen kommen. Wie ist das nun? Wenn
Gott seinen großen Plan verfolgt und auch für dich und für mich einen Plan hat,
geschieht dann nicht sowieso alles wie es muss? Ist es dann nicht egal, was ich
tue und was ich lasse, was ich glaube und was ich denke?
Kauf dir ein Los!
Kauf dir ein Los!
Vielleicht kennt ihr die amüsante Geschichte von dem frommen Juden Baruch, der jeden Tag
betet: „Ach Herr, lass mich doch im Lotto gewinnen!” Aber nichts geschieht.
Trotzdem betet Baruch unverdrossen weiter Woche um Woche, Monat um Monat, Jahr
um Jahr. Bis es eines Tages Gott zu dumm wird und er zu ihm sagt: „Baruch, kauf
dir doch endlich ein Los!” Ja, Gott ist durchaus bereit, das Seine für dich zu
tun. Aber er will auch, dass du mit deinen Möglichkeiten das Deine dazu tust. Wenn
du zum Beispiel willst, dass er dir deine Gesundheit erhält, musst du auch
gesund leben. Josef, so erzählt es die Bibel, hatte aus seiner Situation im
Gefängnis versucht das Beste zu machen. Statt sich selber aufzugeben und Gott
abzuschwören hat er sich, wo er nur konnte, nützlich gemacht. Damit konnte ihn
Gott auch für höhere Aufgaben am Königshof gebrauchen. Er braucht auch dich mit
deinen Fähigkeiten und Begabungen, mit deinem Glauben und deinen Gebeten. So
kann er auch in deinem Leben und mit deinem Leben vieles bewegen.
Gott arbeitet hinter den Kulissen
Gott arbeitet hinter den Kulissen
Wenn du vielleicht zurzeit familiäre Probleme hast,
in finanziellen Schwierigkeiten steckst, gesundheitlich angeschlagen bist oder
was auch immer – gib nicht auf, gib vor allen Dingen deinen Glauben nicht auf,
sondern vertraue weiter auf ihn. Er kann nicht nur tun, was menschenmöglich
ist, sondern auch, was Menschen nicht vermögen. Und während es dir nicht gut
geht, arbeitet Gott längst hinter den Kulissen daran, dich aus deinen
Schwierigkeiten wieder herauszuholen. Während du noch krank bist und Schmerzen
hast, hat er im Verborgenen längst den Heilungsprozess in Gang gesetzt. Und
dann ist es eines Tages soweit und du bist wieder gesund. Das haben wir alle
doch schon mehrmals erlebt.
Er bestimmt den Zeitpunkt
Er bestimmt den Zeitpunkt
Die Älteren unter uns kennen den Liedvers
»Wenn ich auch gleich nichts fühle von deiner Macht, du führst mich doch zum
Ziele auch durch die Nacht.« Diese Erfahrung hat Josef gemacht und diese
Erfahrung können wir heute auch machen. Auch wenn du jetzt nicht sehen kannst,
dass sich etwas zu deinen Gunsten verändert, kann Gott längst etwas für dich tun.
Aber nicht du bestimmst den Zeitpunkt, wann es so weit ist, sondern er.
Manchmal muss man länger warten, bis sich wieder etwas zum Positiven verändert.
In der Bibel heißt es dazu beim Propheten Habakuk (Kapitel 2, 3):
»Denn was ich dir jetzt offenbare, wird nicht sofort eintreffen, sondern
erst zur festgesetzten Zeit. Es wird sich ganz bestimmt erfüllen, darauf kannst
du dich verlassen. Warte geduldig, selbst wenn es noch eine Weile dauert!«
Alles nur Zufall?
Alles nur Zufall?
Schau zurück auf den
bisheriges Leben und beurteile es. War alles nur Zufall? Der Partner, mit dem
zu zusammen bist, deine Kinder und Enkel, dass du manchen Gefahren im
Straßenverkehr entkommen bist – alles nur Zufall oder hatte da ein anderer
seine Hand im Spiel? Oft versteht man ja sein Leben erst in der Rückschau und
entdeckt dann hoffentlich Gottes Wirken und Plan.
Und auch das Negative, das
du erlebt hast: eine Scheidung, ein Todesfall, eine schwere Krankheit,
Niederlagen, Unfälle und Enttäuschungen – war das im Nachhinein betrachtet nur
schlecht, oder bist du dadurch auch reifer, stärker, erfahrener geworden und im
Glauben gewachsen? Und hat manches von dem, was du als böse erlebt hast, nicht
auch neue Möglichkeiten eröffnet, die du sonst nicht gehabt hättest?
Er bestimmt, was gut ist und was böse
Er bestimmt, was gut ist und was böse
Ich stelle mir vor, wie
Josef im Gefängnis zu Gott sagt: „Du willst ein lieber Gott sein, der du mir so
viel Böses widerfahren lässt?” Und wie dann Gott zu ihm sagt, was er auch dir
und mir sagen kann: „Woher willst du wissen, was wirklich und letztlich gut und
böse ist? Das bestimmst nicht du, sondern ich.”
Deshalb beten wir auch im
Vaterunser „Dein Wille geschehe“. Deshalb kann ich auch einstimmen und du vielleicht auch in dieses Lied, das Josef singt:
»Du weißt es besser als ich.
Du
kennst den Weg.
Ich
setz mein Vertrauen in dich,
aus
tiefstem Dunkel führst du mich;
denn
du weißt es besser als ich.«
(aus dem Film: "Joseph, König der Träume")
Amen
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen