Sonntag, 5. Juli 2015

Auf des Hirten Schulter hl

Losung: Der HERR hebt auf den Dürftigen aus dem Staub.  1.Samuel 2,8

Lehrtext: Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe hat und, wenn er eins von ihnen verliert, nicht die neunundneunzig in der Wüste lässt und geht dem verlorenen nach, bis er's findet? Und wenn er's gefunden hat, so legt er sich's auf die Schultern voller Freude. Lukas 15,4-5

Liebe Leserin, lieber Leser,

in meinem Heimatort, in Neuendettelsau steht neben der Laurentiuskirche eine überlebensgroße Steinfigur von Jesus, dem guten Hirten, der ein Schaf auf seinen Schultern trägt. Schon als Kindergartenkind hat mich dieser Jesus angesprochen. Offenbar hatte uns damals Tante Margot die Geschichte vom Verlorenen Schaf (Lehrtext) erzählt, weshalb ich wusste, was die Figur darstellt. Ich selbst wollte zwar kein verlorenes Schaf sein – wer will das schon –, aber in dem Schäflein auf Jesu Schultern habe ich mich wiedererkannt. Das wollte ich schon sein, ganz nah bei meinem guten Hirten, von ihm persönlich getragen, behütet und geliebt.
Viele Jahre später wurde am Sockel dieser Statue eine Bronzetafel angebracht, auf der steht: »Christus spricht: Niemand wird sie mir aus meiner Hand reißen. Mahnung und Trost im Gedenken an alle Behinderten, die 1940/1941 unsern Heimen entrissen wurden.« Gut, dass dieser Ärmsten der Armen gedacht wird, die von Nazi-Schergen im weißen Arztkittel auf grausame Weise in Ansbach und Strüth umgebracht worden sind. Weniger gut, dass dieser Text beschönigt. Von Ausnahmen abgesehen, wurden damals von den Verantwortlichen der Diakonie die behinderten Kinder ihren Mördern ohne großen Widerstand ausgeliefert. »Entrissen wurden« sie eher nicht. Es wäre an der Zeit für eine Ergänzung, in der auf das Versagen und die Schuld der Kirche damals hingewiesen wird, dass man dafür um Vergebung bittet und sich das für künftige Zeiten eine Mahnung sein lässt. Doch ich möchte für mich auch daraus lernen. Jeder von uns soll ein guter Hirte für seinen Mitmenschen sein, der in Not ist. Jeder, der Christ sein will.
Gleiches gilt für die heutige Tageslosung. Auch da soll mir der Herr ein Vorbild sein, wie man mit Menschen umgeht, die seelisch am Boden (= Staub) sind. Du kannst sie verachten, du kannst auf ihnen herumtrampeln, du kannst sie aber auch aufheben und aufrichten und ihnen mit deiner Liebe auch ihre Würde zurückgeben. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass Gott jeden Menschenkrümel am Wegrand sorgsam aufhebt. Er wird auch an mir nicht achtlos vorübergehen, wenn ich daliege. Und darum will ich das bei meinen Menschengeschwistern auch nicht tun.

Gebet: (Kinderlied für Erwachsene)
Weil ich Jesu Schäflein bin,
freu' ich mich nur immerhin
über meinen guten Hirten,
der mich wohl weiß zu bewirten,
der mich liebet, der mich kennt
und bei meinem Namen nennt. 

Herzliche Grüße und noch einen schönen Sonntag!


Ihr / dein Hans Löhr 

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