Sonntag, 9. Juli 2017

Auch dein Leben zählt (Predigt) hl

Predigt von Hans Löhr in Wernsbach Sankt Laurentius und Neuendettelsau Sankt Nicolai. Predigttext: 1. Mose 50,15-21. 

Liebe Gemeinde,
heute heißt das Thema: „Auch dein Leben zählt“. Dazu spreche ich über einen Ausschnitt aus einer der schönsten Geschichten der Bibel. Sie steht im ersten Buch Mose, in den Kapiteln 37 bis 50 und enthält alles, was eine gute und spannende Geschichte ausmacht: Leidenschaft und Gefühlsausbrüche, eine Familientragödie, ein vertuschtes Verbrechen, Höhen und Tiefen im Leben des Helden unserer Geschichte, sexuelles Begehren und Gefängnis, Träume und Pläne, Überfluss und Hungersnot und schließlich das große Happy End.
Und dieses glückliche Ende ist auch der Predigttext für diesen Sonntag. Ich lese ihn euch jetzt aus dem Alten Testament vor:
Die 10 Brüder Josefs aber fürchteten sich, als ihr Vater Jakob gestorben war, und sprachen: Josef könnte uns gram sein und uns alle Bosheit vergelten, die wir an ihm getan haben. Darum ließen sie ihm ausrichten: Dein Vater befahl vor seinem Tode und sprach: So sollt ihr zu Josef sagen:Vergib doch deinen Brüdern die Missetat ihre Sünde, dass sie so übel an dir getan haben. - Nun vergib doch diese Missetat uns, den Dienern des Gottes deines Vaters!Aber Josef weinte, als sie solches zu ihm sagten.
Hier will ich unterbrechen und sagen, warum Josef geweint hat. Er sah die Angst seiner Brüder, dass er sich nun, nach des Vaters Tod, an ihnen rächen könnte. Und noch einmal lief seine Lebensgeschichte wie ein Film vor ihm ab: Wie der Vater ihn als Kind seinen zehn Brüdern vorgezogen hatte. Wie er selbst ihnen hochmütig seine Träume erzählte, in denen er über sie herrschte. Wie sie ihn dann aus Eifersucht, Neid und Hass beseitigen wollten und ihn als Sklaven in das ferne Ägypten verkauften. Josef sah sich im Hause des Ägypters Potiphar, in dem er es bis zum Vorgesetzten über die anderen Sklaven brachte. Er sah vor sich, wie ihn Potiphars Frau verführen wollte und er daraufhin unschuldig ins Gefängnis kam. Er erinnerte sich der Träume, die er deuten konnte und dass ihn diese Begabung nach über zehn Jahren die Freiheit wieder brachte. Und nun sah er sich als Stellvertreter des Pharao, des Königs von Ägypten. Nun hätte er die Macht, sich an seinen Brüdern zu rächen und sie zu vernichten. Das alles sah Josef vor sich und die Tränen liefen ihm übers Gesicht. Und Josef sah noch etwas, dass Gott in alledem am Werk war und sein Ziel mit ihm verfolgte.
Und während er das sah, heißt es weiter in der Bibel:
Und seine Brüder gingen hin und fielen vor ihm nieder und sprachen: Siehe, wir sind deine Knechte. Josef aber sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Stehe ich denn an Gottes Statt? Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen, um zu tun, was jetzt am Tage ist, nämlich am Leben zu erhalten ein großes Volk. So fürchtet euch nun nicht; ich will euch und eure Kinder versorgen. Und er tröstete sie und redete freundlich mit ihnen.
Soweit diese Geschichte. Und jetzt frage ich dich: Was siehst du, wenn du auf dein Leben schaust? Welche Freude hast du erlebt? Und welches Leid, das sich vielleicht eingegraben hat in dein Gesicht? Welches Glück ist dir widerfahren? Welche Verluste haben dich gezeichnet und welche Narben hat deine Seele? Und - wie war es mit Gott in alledem? Hast du sein Wirken gespürt? Verstehst du im Nachhinein, warum dieses und jenes so kommen musste, wie es gekommen ist? Und kannst du erkennen, ob alles einem guten Zweck dient? - - -
Die Brüder des Josef gedachten es böse mit ihm zu machen, wie die Bibel sagt. Und weiter: Gott aber gedachte es gut zu machen. Wozu? Um Josef einen Gefallen zu tun? Um ihm zu helfen? Das mag vordergründig so aussehen. Aber im Hintergrund hat Gott sich den eitlen, hochnäsigen Josef ausgesucht, um seine Verheißung zu erfüllen, die er Abraham gegeben hatte. Dessen Nachkommen sollten ein großes Volk werden und nicht wieder untergehen. Und dazu hatte Gott sich zuvor den betrügerischen Jakob ausgesucht, der seinen Bruder Esau und seinen blinden Vater Isaak hintergangen hatte, und zuvor die grausame Sarah, die ihre Magd Hagar mit dem kleinen Ismael in die Todeswüste schickte. Aber Gott rettete auch diese beiden. Später hat er sich für seine Verheißung König David ausgesucht, der eine verheiratete Frau schwängerte und ihren Mann umbringen ließ. Und wieder später den feigen Petrus und den Christenverfolger Paulus und so weiter und so weiter.
Immer waren es Menschen aus Fleisch und Blut mit ihren guten und schlechten Seiten, die Gott sich ausgesucht hat und bis heute aussucht, um seine Pläne zu erfüllen, aber keine Engel und keine Heiligen. Und warum? Gott hat nur solche Menschen wie wir sind. Und mit uns baut er seine Welt, mit unseren guten Taten und mit unserem Versagen. Ja, Gott gebraucht auch unser Versagen, um daraus schließlich etwas Gutes zu machen. Auch die bösen Absichten der Menschen müssen dazu dienen, dass er seine Pläne erfüllt.
So war das mit den Brüdern des Josef. Doch er hat seinen Plan auch mit dir und mit mir. Rückblickend, hatte schon alles seinen Sinn. Darum wird auch das, was heute ist, seinen Sinn haben, auch wenn wir das noch nicht verstehen können. Genauso wie das, was war und was morgen sein wird. Und wenn du gerade schwere Zeiten durchmachst, dann hilft es dir vielleicht, wenn du so betest: „Herr, ich verstehe meine Not nicht, aber du weißt, welchen Sinn sie hat.“
Liebe Freunde, mögen Kirchen und Religionen ihre Heiligen haben. Gott hat nur Menschen wie dich und mich, um seine Pläne zu verwirklichen, fehlbare Menschen und doch bemüht. Solche, die scheitern und denen dann doch auch etwas gelingt. Solche, die sich schuldig machen, denen er aber vergibt. Genau zu solchen Leuten ist Jesus mit Gottes Liebe gekommen, um ihnen, um dir und mir zu sagen, wie wichtig wir für ihn sind.
Mögen die Menschen denken, dass nur die Erfolgreichen und Tüchtigen, nur die Vornehmen und Angesehenen, die Besseren und Frömmeren, die Mächtigen und Reichen,  die mit der weißen Weste und einem schwarzen Talar, - mögen Menschen denken, dass nur solche bedeutend sind und einen großen Einfluss auf das Weltgeschehen haben. Solche, die sich in Hamburg zum G 20 Gipfel getroffen haben. Mögen Menschen das denken. Gott denkt so nicht.
Ihm sind unsere Maßstäbe herzlich egal. Er misst mit seinem Maß. Und dabei fragt er uns nicht, ob uns das passt. Gehen wir noch einmal zurück zur Josefsgeschichte. Gott hatte Josef in Ägypten gebraucht. Und damit der dorthin kam, haben ihn seine Brüder verkauft. Gott hatte Josef als zweitmächtigsten Mann nach dem Pharao gebraucht. Und damit er diese Stellung erreichte, musste er zuvor ins Gefängnis, wo er die Träume seiner Mitgefangenen deutete, weshalb der Pharao auf ihn aufmerksam wurde.
Jetzt endlich hatte Gott den Josef an der Stelle, an der er ihn haben wollte. Jetzt konnte Josef mit seinen Begabungen die heraufziehende, große Hungersnot abwenden und somit auch seine Brüder und die ganze Sippe retten, die Nachkommen des Abraham. Die zogen nun nach Ägypten, um von Josef Getreide zu kaufen und so am Leben zu bleiben.
Die Brüder hatten das nicht verstanden. Aber Josef. Er wusste nun, wozu er das alles durchgemacht hatte, all die Höhen und Tiefen in seinem Leben. Er wusste, dass Gott seine Hand im Spiel hatte, damit die Geschichte mit seinem Volk weitergehen konnte. Viele Generationen später ging aus diesem Volk Jesus hervor, der uns Menschen nicht nur aus einer Hungersnot rettet, sondern aus der Macht des Bösen und des Todes.
So verbindet sich die uralte Josefsgeschichte mit unserer Lebensgeschichte heute. So gilt auch für dich und für mich, dass unser Leben einen Sinn hat, den Gott stiftet und einen Zweck, den er bestimmt. Auch wir wissen meist nicht, warum es neben den ruhigen und normalen Tagen auch wieder Höhen und Tiefen gibt, die uns im Innersten treffen, Tage der Freude, an denen Kinder geboren werden, eine Ausbildung erfolgreich beendet oder eine Hochzeit gefeiert wird, aber eben auch Tage des Leids, an denen man am Grab eines lieben Menschen steht, wo Partnerschaften zerbrechen, der Arzt eine schlechte Nachricht hat, Kinder Sorgen machen oder eine finanzielle Notlage droht.
Doch in all dem Auf und Ab, in der Weltgeschichte ebenso wie in unserer Lebensgeschichte, geht Gott unbeirrt seinen Weg mit uns. Er will uns an das Ziel zu bringen, das er vorgesehen hat und seine Schöpfung vollenden. Und dabei spielst auch du und spiele auch ich eine Rolle für ihn. Er braucht uns für sein großes Ziel. Auch du bist ihm wichtig. Auch dein Leben zählt.
Das Happy End, das gute Ende der Bibelgeschichte ist, dass Josef sich mit seinen Brüdern versöhnt. Er nimmt ihnen die Angst, redet freundlich mit ihnen und versorgt sie.

Das Happy End, das gute Ende unserer Lebensgeschichte ist, dass Jesus sagt: Komm zu mir. Alles ist gut. Was dich quält und was dir Angst macht, ich habe es überwunden. Amen

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