Losung: HERR, warum stehst du so ferne, verbirgst dich zur Zeit der Not? Psalm 10,1
Lehrtext: Jesus rief laut am Kreuz: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Markus 15,34
Liebe Leserin, lieber Leser,
ich habe zur Zeit keinen Grund zu jammern oder mich zu beklagen. Nun, ein paar Kleinigkeiten gibt es immer, die nicht passen. Aber es sind Kleinigkeiten. Und in dieser Verfassung lege ich für den heutigen Tag Losung und Lehrtext aus. Wahrscheinlich würde ich andere Worte finden, würde es mir richtig schlecht gehen. Manchmal ist es aber auch ganz gut, nicht unmittelbar betroffen zu sein. Etwas Abstand hilft den Überblick zu behalten und das eine oder andere klarer zu sehen.
In unserem Land ist es Mode geworden, sich Buddha-Statuen in den Garten oder in die Wohnung zu stellen. Da sitzt er dann also, der Erleuchtete, im Lotussitz mit überkreuzten Beinen und dem berühmten Buddha-Lächeln im Gesicht. Stimmt schon, das ist cooler als ein Kruzifix, an dem der sterbende Jesus hängt. Doch wie geht es den Anhängern und Sympathisanten Buddhas mit ihm, dem ewig Lächelnden, wenn es ihnen so richtig dreckig geht? Ich weiß es nicht. Aber das weiß ich, dass gläubige Christen in ihrem Leid Trost finden, wenn sie auf den Gekreuzigten schauen. Da sehen sie einen, der nicht lächelnd über allem schwebt, fern von den Menschen und ihren Nöten. Einen, der gleich ihnen weiß, was Leiden und Sterben bedeutet. Der geweint hat wie sie weinen. Der Angst gehabt hat wie sie Angst haben. Der gelitten hat wie sie leiden, und der in seiner größten Not gefragt hat wie sie fragen: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Gerade dann, wenn Gott ferne steht (Losung), kommt Jesus nahe. Und er kommt nicht als Besserwisser oder Glaubensprüfer. Er kommt in menschlicher Gestalt als einer, der mit seinen Menschenbrüdern und -schwestern solidarisch ist. Der dich und mich in unserer Not versteht, ohne dass wir ihm viel erklären müssen. Der bei mir aushält bis zuletzt und auch mein Leiden aushält, ohne sich abzuwenden wie Menschen tun, die den Anblick eines Leidenden nicht lange ertragen können. Nein, auch Jesus wendet nicht alle Not. Er hat es am eigenen Leib gespürt, dass in dieser Welt auch das Leiden wie das Sterben ein Teil des Lebens ist. Aber er hat mir auch gezeigt, worauf es dann ankommt und was das Leben bis zuletzt sinnvoll und lebenswert macht: Liebe bis zum letzten Atemzug. Ich glaube, wir, denen es zur Zeit gut geht, leben auch von der Liebe der Leidenden und Sterbenden. Sie sind unsere Lehrer. Und der gekreuzigte Jesus ist unsere Hoffnung, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, sondern das Leben in Gott.
Aber was ist nun mit der Frage aus der heutigen Losung? Warum verbirgt sich Gott zur Zeit der Not? Ich weiß es nicht. Auf solche Warum-Fragen habe ich keine Antwort. Aber ich glaube und hoffe, dass er sich in dem Gekreuzigten verbirgt und mir in ihm nahe kommt.
Noch Vieles wäre zu Losung und Lehrtext heute zu sagen. Ich möchte am Schluss nur noch einen Gedanken hinzufügen: Ja, Menschen, die leiden, fragen zurecht: Warum ich? Warum hat Gott mich verlassen? Ich will ihnen diese Fragen nicht ausreden. Wer bin ich denn, dass ich das dürfte? Aber ich möchte zu bedenken geben, dass auch wir, die wir zurzeit keinen Grund zum Jammern haben, mal fragen könnten: Warum nur, Gott, lässt du es mir gut gehen? Wozu?
Gebet: Herr, einmal ist es soweit, dann muss ich mich in Geduld üben und ertragen lernen, was getragen werden muss: Schmerzen und Angst, Abschied und Sterben. Stärke mich dann in dem Glauben, dass du bei mir bist und mich, mit allem was ich ertragen muss, trägst wie der gute Hirte sein Schaf und mich durch das finstere Tal nach Hause bringst. Amen
Herzliche Grüße
Hans Löhr
Die einfachste Antwort auf die Ausgangsfrage haben die Atheisten.
AntwortenLöschen