Losung: Du sollst deinen Bruder nicht hassen in deinem Herzen, sondern du sollst deinen Nächsten zurechtweisen, damit du nicht seinetwegen Schuld auf dich lädst. 3.Mose 19,17
Das passende Zitat:
Lehrtext: Weist die Nachlässigen zurecht, tröstet die Kleinmütigen, tragt die Schwachen, seid geduldig mit jedermann. 1.Thessalonicher 5,14
Liebe Leserin, lieber Leser,
mal ehrlich, möchtest du von jemandem zurechtgewiesen werden? Von deinen Eltern, deinem Partner, deinem Chef? Ich nicht. Mir gefällt das Wort „zurechtweisen“ nicht. Gut, wenn jemand der Meinung ist, aus irgendwelchem Grund mit mir unzufrieden zu sein, dann kann er ja mit mir darüber reden und sagen: „Ich verstehe nicht, warum du das und das gesagt oder getan hast“. Dann kann ich mich dazu verhalten. Aber wenn einer kommt und herumkritisiert: ‚Das hast du falsch gemacht, da hast du dich daneben benommen, du hast versagt …‘ – wenn mir jemand so kommt, mache ich zu und lass mir auch nichts sagen. Ich frage mich dann und manchmal auch ihn: ‚Wer bist du, dass du so mit mir redest? Bist du denn vollkommen? Wie steht's mit dem „Balken in deinem Auge“ (Matthäus 7,3-5) und dem Glashaus, in dem du sitzt?‘
Andererseits ist Schweigen auch keine Lösung, wenn etwas geschieht, womit ich nicht einverstanden sein kann. Aber immer gilt der Grundsatz: „Der Ton macht die Musik“. Das gilt erst recht für denjenigen, der in der stärkeren Position ist und einen Schwächeren kritisiert. Einfach unkontrolliert losbrüllen und seinen Emotionen freien Lauf lassen, ist zumeist die schlechteste Variante. Leider platzt auch mir manchmal der Kragen, wenn meine jüngeren Kinder überhaupt nicht mehr vom Smartphone aufschauen und zuhören, wenn ich ihnen etwas zu sagen habe. Aber stolz bin ich nicht darauf. Doch wenn die Schwächeren bei den Starken und Mächtigen kein Gehör finden, haben sie meines Erachtens das Recht, auch mal richtig laut zu werden.
Am Schluss des heutigen Lehrtextes steht, was an erster Stelle stehen sollte, wenn man sich mit jemandem auseinandersetzt: »Seid geduldig mit jedermann!« Das gilt meines Erachtens umso mehr, weil Gott doch auch mit mir geduldig war und ist. Was mir aber an der Losung gefällt, ist, dass ich mich nicht im Hass von meinem Bruder abwenden, sondern mich mit ihm auseinandersetzen soll, um zu klären, was die Beziehung stört. Und was mir am Lehrtext gefällt, ist, dass er uns Christen einen Auftrag gibt, den wir der ganzen Gesellschaft zumuten sollten: „Tragt die Schwachen!“ Wir können das nicht nur an die sozialen Einrichtungen delegieren. Jeder ist aufgerufen, ob von der Bibel oder von seinem sozialen Gewissen, dazusein und anzupacken, wenn Not am Mann und an der Frau ist.
Gebet: Herr, von dir lasse ich mir gern etwas sagen, weil ich weiß, dass mir das zum Besten dient. Ich will nicht orientierungslos durchs Leben irren, sondern auf den Weg schauen, den du zeigst. Gib mir aber auch die nötige Geduld mit meinen Mitmenschen, weil doch auch du Geduld mit mir hast. Gib mir Kraft, sie, wenn nötig, zu tragen, weil auch du mich trägst. Gib mir die Bereitschaft, sie bei Bedarf zu trösten, weil auch du mich tröstest. Amen
Herzliche Grüße
Hans Löhr
»Unruhestifter zurechtweisen, Kleinmütige trösten, sich der Schwachen annehmen, Gegner widerlegen, sich vor Nachstellern hüten, Ungebildete lehren, Träge wachrütteln, Händelsucher zurückhalten, Eingebildeten den rechten Platz anweisen, Streitende besänftigen, Armen helfen, Unterdrückte befreien, Gute ermutigen, Böse ertragen und – ach – alle lieben.« Aurelius Augustinus (354-430), Bischof von Hippo
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