Predigt
von Hans Löhr am Sonntag Quasimodogeniti in den Kirchen von
Sommersdorf und Thann
Predigtwort = Monatsspruch: »Jesus Christus spricht:
Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.« Matthäus 28,20
Liebe Gemeinde,
hat jemand von euch zu
Hause ein Bibelwort als Wandspruch?
Früher habe ich das Wort für die heutige
Predigt in manchem Bauernhaus an der Wand gesehen. Es heißt: »Jesus Christus spricht:
Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.« Matthäus 28,20 In neueren Häusern
scheint ein Bibelwort an der Wand selten geworden zu sein. Zumindest kann ich
mich nicht daran erinnern, in den letzten Jahren eines gesehen zu haben. Dabei
würde doch unser heutiges Bibelwort auch in
einen Neubau oder in eine moderne Wohnung gut passen. Denn die Zusage, dass
Jesus Christus immer bei uns ist, tut einfach gut und kann in schwierigen
Zeiten ermutigen und trösten. Oder braucht die jüngere Generation etwa keine
Ermutigung und keinen Trost mehr?
Dieses Wort von Jesus hing auch in meinem
Elternhaus in der Ess-Ecke. Es war kunstvoll auf eine Holzplatte geschrieben,
und ich hatte es während meiner Kindheit und Jugendzeit bei jeder Mahlzeit vor
Augen. Irgendjemand musste es uns geschenkt haben, als wir damals in unser
neues Haus gezogen sind. Ich habe meinen Onkel Schorsch aus Windsbach in
Verdacht. Der war ein frommer, fränkischer Bauer und hat aus seinem Glauben
kein Hehl gemacht. Jetzt, da ich über jenes Bibelwort predige, fällt mir das
wieder ein. Aber wo ist dieser Wandspruch hingekommen? Keine Ahnung. Ich muss
mal meinen Bruder fragen. Als meine Eltern aus Altersgründen ausgezogen sind,
habe ich darauf nicht achtgegeben.
Ihre letzten Lebensjahre haben sie dann in
einem Wohnstift verbracht. Da hing neben ihrer Tür ein Bibelwort, das ihnen in
dieser Zeit seelische Kraft gegeben hat. Jedenfalls hoffe ich das. Als sie
gestorben waren, habe ich das eingerahmte Wort mitgenommen und jetzt ist es in
meinem Zimmer. Hier ist es: »Der Herr wird mit dir sein und wird seine Hand
nicht abtun noch dich verlassen.« 5. Mose 31,8. Dieses Wort erinnert mich an meine
Eltern. Und zugleich sagt es so ziemlich dasselbe, was auch das heutige
Predigtwort sagt: „Gott ist für dich da und bleibt für dich da, was auch immer
geschieht.“ Das verspricht er und das hält er. Darauf, liebe Gemeinde, will ich
vertrauen. Und wie ist das mit dir?
Manche meinen, gerade in ihren schweren
Zeiten hätten sie nichts von Gott gespürt. Da hätten sie sich allein
durchkämpfen müssen. Und das sei ganz schön hart gewesen. Ja, das glaube ich,
dass es hart ist, seine Sorgen und Probleme allein tragen zu müssen, ohne
Gottvertrauen, ohne den Glauben, dass er da ist und mitträgt. Aber ich möchte
die, die das sagen, mal fragen: „Was meint ihr, warum habt ihr eure schlechten
Zeiten überstanden? Warum seid ihr unter dem Leid nicht zerbrochen, das ihr
tragen musstet? Warum seid ihr wieder gesund geworden? Warum haben sich die
Probleme gelöst, die damals unlösbar schienen? Vielleicht wart ihr gar nicht
allein? Vielleicht war Gott die ganze Zeit unerkannt bei euch und hat euch
geholfen? Und vielleicht tut er das auch jetzt?
Und du in deiner Kirchenbank, glaubst du,
dass Gott da ist? Jetzt hier im Gottesdienst ist es gar nicht so schwer das zu
glauben. Aber wie ist es dann wieder daheim? Wie ist es morgen und in all den
Tagen der nächsten Woche? Ist er auch dann bei dir, wenn du auf der Arbeit
bist? Wenn du mit dem Auto unterwegs bist? Wenn du einkaufst oder beim Arzt im
Wartezimmer sitzt? Kannst du glauben, dass auch dann das Wort Jesu stimmt: »Siehe, ich bin bei dir alle Tage
bis ans Ende der Welt.«?
Ich frage mich das natürlich auch. Und dann lasse ich mich in meinem
Glauben auch dadurch bestärken, was ich von anderen weiß. Da war der Mann, der
sich darauf verlassen hat, dass Jesus auch in der Gefängniszelle bei ihm ist.
Da war die alte Dame, für die er auf der Palliativstation war bis sie gestorben
ist. Da ist die Frau, die auf ihrem Schreibtisch in der Firma ein gerahmtes
Bibelwort stehen hat. Und wenn es stressig wird, dann hilft ihr ein Blick auf
dieses Wort, den Kopf nicht zu verlieren. Ein Lkw-Fahrer hat eine Spruchkarte
mit einem Bibelwort am Armaturenbrett seines Trucks angebracht. Ein
Versicherungsbeamter hat ein solches Wort in seinem Geldbeutel. Eine
Verkäuferin in ihrer Handtasche. Ein Politiker in seiner Schreibtischschublade
...
Warum machen die das alle? Keiner hat das von ihnen verlangt. Und
trotzdem wissen sie, dass du dir bestimmte Worte nicht selber sagen kannst.
Dass es gut tut, wenn Gott so ein Wort zu dir spricht und damit deinen Glauben
stärkt. Und dass es dir Kraft gibt, wenn du weißt und darauf vertraust: Ich bin
nicht allein. Gott ist da. Er hält seine schützende Hand über mir. Jesus ist
da, er segnet mich. Sein guter Geist ist in mir und gibt mir neue Kraft.
Vielleicht vertraust auch du darauf. Aber dann rutscht dir sein
Versprechen wieder weg und du denkst nicht mehr daran. Früher hat man sich
einen Knoten ins Taschentuch gemacht, wenn man etwas nicht vergessen wollte. Das
geht heute mit den Papiertaschentüchern nicht mehr. Aber Erinnerungshilfen sind
immer möglich. Ich lege zum Beispiel vor dem Einschlafen etwas auf den Boden
vor meinem Bett, was da nicht hingehört, meinen Geldbeutel zum Beispiel. Und am
nächsten Morgen erinnere ich mich an das, was ich nicht vergessen wollte. Am
besten aber ist es, wenn dir das Gebet nach dem Aufwachen und vor dem Einschlafen
zur Gewohnheit geworden, wenn es dir sozusagen in Fleisch und Blut übergegangen
ist. Und was immer du dann betest, sage auch „Danke, Herr, gut dass du da bist.
Du umgibst mich von allen Seiten und hältst deine Hand über mir. Bleibe bei mir
mit deinem Schutz und Segen auch an diesem Tag, auch in dieser Nacht.“
Darum, liebe Predigthörerin und lieber Predigthörer, grüble erst gar
nicht darüber nach, ob das stimmt und ob ein solches Gebet sinnvoll ist. Tu’s einfach
und fang noch heute damit an. Du wirst Gottes Nähe am ehesten spüren, wenn du
mit ihm redest. Sag ihm mit deinen eigenen Worten, was du auf dem Herzen hast. Sage
ihm deine Freuden und deine Sorgen, deine Bitten und deinen Dank. Das stärkt
dein Gottvertrauen. Er ist ja nur ein Gebet weit von dir entfernt. Immer und
überall. Und damit du das bis morgen nicht wieder vergisst, lege noch heute vor
dem Einschlafen deinen Geldbeutel auf den Fußboden. Amen
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Hans Löhr / Sommersdorf 5 / 91595 Burgoberbach
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