Dienstag, 14. Juli 2020

Durch die Zeit sehen hl

Losung: Man wird wieder hören den Jubel der Freude und Wonne, die Stimme des Bräutigams und der Braut und die Stimme derer, die da sagen: »Danket dem HERRN Zebaoth; denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.« Jeremia 33,11 

Lehrtext: Jesus sprach zu ihnen: Wie können die Hochzeitsgäste fasten, während der Bräutigam bei ihnen ist? Markus 2,19 

Liebe Leserin, lieber Leser, 

kann man etwas mit anderen Augen sehen? Einerseits nein. Ich bin nun mal wer ich bin und sehe alles mit meinen Augen. Andererseits kann ich mich schon bemühen, Menschen und Dinge mal mit den Augen eines Kindes zu sehen oder eines Kranken oder eines Flüchtlings … Dann werde ich vielleicht etwas entdecken, das mir bisher verborgen war. Dann werde ich hoffentlich verständnisvoller und mache mich nicht zum Maß aller Dinge.

     Kann ich die Welt und mich selbst mit Gottes Augen sehen, geht das überhaupt? Und wenn ich das tue, wenn du das tust, was siehst du dann?

     Dann, so glaube ich, hast du zum Beispiel die Chance, durch die augenblickliche Wirklichkeit hindurchzusehen und das, was jetzt ist und gilt, im wahrsten Sinn des Wortes zu durchschauen. Normalerweise sehen wir, was vor Augen ist. Oft sind wir geneigt, das, was gerade ist, absolut zu setzen. Dann geben wir uns dem Irrtum hin, als sei diese Welt und als seien wir selbst unveränderlich. Aber Gott sei Dank bleibt nichts, wie es ist. Gerade auch nicht das Belastende und Erschreckende.

     Als sie Israeliten aus dem Exil in Babylon nach Jerusalem zurückkamen, lag ihre Stadt in Schutt und Asche. Der Tempel war niedergebrannt. Die Stadtmauern waren geschleift. Die Häuser zerstört. Wir kennen ähnliche Bilder aus unserem Land im Jahr 1945. Bei diesem Anblick waren sie erst einmal deprimiert. Würde es je wieder so werden wie es war? Würden sie jemals wieder eine gute Zukunft haben? Würde sich jemals der Nebel aus Trauer und Leid lichten?

     Da stand der Prophet Jeremia auf. Er hatte vor der Katastrophe das Königshaus und die Kirchenleitung auf das Heftigste kritisiert und auf die verderblichen Folgen ihres Tuns hingewiesen. Nun aber war eine andere Situation. Nun brauchte es nicht mehr seine Kritik, nicht mehr seine Anklagen im Namen Gottes, sondern dessen Trost. Und so sagte er seinen Landsleuten, was er von Gott vernahm: „So, wie es jetzt ist, bleibt es nicht. Es wird die Zeit kommen, da wird man wieder Hochzeitsfeste feiern, da wird man lachen und nicht mehr weinen, da wird man tanzen und nicht mehr schlurfen, da wird man jubeln und nicht mehr klagen. Da wird das Leben wieder gut sein und wir alle werden Grund haben zu sagen: ‚Danket dem Herrn, denn er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich!‘“

     So also sah Gott damals durch die schlechte Zeit und die bedrückende Gegenwart hindurch und ließ auch seinen Propheten in eine bessere Zukunft blicken. Und deshalb will auch ich mich nicht mit meinen schweren Zeiten abfinden. Will mich ihnen nicht ergeben und sie als unabänderlich hinnehmen. Ja, jetzt kann das Leben düster sein. Deins und meins. Aber so bleibt es nicht. Es werden auch wieder helle Tage kommen. Denn Gott ist der Herr über Zeit und Ewigkeit. Er ist Licht und nicht Finsternis. Er hat in der Hand, was schließlich kommen wird. Und was aus seiner Hand kommt, das, so glaube ich, ist gut.

     Und nun noch kurz zum Lehrtext: Als Jesus durch Galiläa und das jüdische Land zog, war die Begegnung mit ihm für viele Menschen ein Fest: Für Kranke, für Ausgegrenzte (‚Aussätzige“), für die, die schuldig geworden waren, aber auch für Frauen und Kinder, die damals wenig galten. In seiner Gegenwart konnten sie aufatmen und ihre Lasten ablegen. Wenn sie ihn erblickten, hellte sich ihr Gesicht auf, sie konnten sich wieder freuen und unbeschwert lachen. Mit einem Wort, sie konnten seine Gegenwart und ihr Leben feiern wie den Bräutigam beim Hochzeitsfest.

     Ich frage mich, ob das nicht auch heute noch geht. Wenn er das Erste ist, was ich beim Aufwachen vor Augen habe und das Letzte, bevor ich einschlafe, wenn ich darauf vertraue, dass er mit mir durch den Tag geht und mich von allen Seiten umgibt auch in der Nacht – dann habe ich doch keinen Grund, in Sack und Asche zu gehen und mich mit Fasten und irgendwelchen Bußübungen selbst zu quälen. Dann kann ich dieses alte, wertvolle Lied singen:  

Gebet:

(klick) In dir ist Freude in allem Leide,
o du süßer Jesu Christ!
Durch dich wir haben himmlische Gaben,
du der wahre Heiland bist;
hilfest von Schanden, rettest von Banden.
Wer dir vertrauet, hat wohl gebauet,
wird ewig bleiben. Halleluja.
Zu deiner Güte steht unser G'müte,
an dir wir kleben im Tod und Leben;
nichts kann uns scheiden. Halleluja.

Wenn wir dich haben, kann uns nicht schaden
Teufel, Welt, Sünd oder Tod;
du hast's in Händen, kannst alles wenden,
wie nur heißen mag die Not.
Drum wir dich ehren, dein Lob vermehren
mit hellem Schalle, freuen uns alle
zu dieser Stunde. Halleluja.
Wir jubilieren und triumphieren,
lieben und loben dein Macht dort droben
mit Herz und Munde. Halleluja.

(Text: Cyriacus Schneegass 1598. Melodie Giovanni Giacomo Gastoldi 1591)

Herzliche Grüße, 

Ihr / dein Hans Löhr 

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1 Kommentar:

  1. "Gott sei Dank" - es bleibt nichts, wie es ist - auch nicht das Erschreckende und Belastende.
    Meine Zuversicht und meine Hoffnung in einer Zeit, die ich mit Augen des Schmerzes sehe.
    Vielen Dank für diese Worte.
    Ela

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