Losung: Ich habe meinen Geist auf meinen Diener gelegt, das Recht trägt er
hinaus zu den Nationen. Jesaja 42,1
Lehrtext: Jesus sagt: Ihr wisst, die als Herrscher der Völker gelten,
unterdrücken sie, und ihre Großen setzen ihre Macht gegen sie ein. Unter euch
aber sei es nicht so, sondern: Wer unter euch groß sein will, sei euer Diener. Markus
10,42-43
Liebe Leserin, lieber Leser,
was meinen Sie / meinst du kommt in der Kirche an erster
Stelle: Der Landesbischof? Die Landessynode? Der Oberkirchenrat? Der Dekan? Es
mag sein, dass jeder von diesen vier genannten meint, er sei der wichtigste und
käme zuerst. Aber nach der Bibel und Martin Luther ist es die Ortsgemeinde. Sie
ist die wichtigste Größe in der Kirche und alles andere, vom Landesbischof bis
zum letzten Sachbearbeiter im Landeskirchenamt, vom Pfarrer / von der Pfarrerin
bis zur Putzfrau kommt danach und hat der Gemeinde zu dienen. Hier allein fällt
die Entscheidung, ob ein Mensch Christ wird und zum Glauben kommt oder nicht. Dass
einer den Wunsch hat, Gott und seinen Mitmenschen wie sich selbst zu lieben, dafür
allein ist Kirche da. Wenn sie das nicht leistet, ist sie überflüssig. Alle
kirchlichen Feste und Zeremonien, Gebäude und Ämter, all ihre Satzungen und
Einrichtungen und ihr ganzes Geld sollten nur den einen Zweck haben, den
Menschen zu dienen, die zu einer Gemeinde gehören, damit sie im Glauben und in
der Liebe wachsen können. Wie sagt Jesus im Lehrtext? „Unter euch soll es nicht
so sein, wie es sonst in der Welt zugeht. Wer unter euch wichtig und groß sein
will, muss bereit sein, sich klein zu machen und anderen zu dienen."
Schön wär's. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Da geht es
auch in der Kirche weitgehend so zu wie in der Welt. Da wurde beispielsweise vor
wenigen Jahren schnell noch der Titel „Regionalbischof" erfunden, weil die bisherige Bezeichnung
„Kreisdekan" zu wenig her machte.
Aber dieses Wort von Jesus steckt als Stachel im Fleisch der
Kirche und lässt sie nicht zur Ruhe kommen. Immer wieder in der
Kirchengeschichte sind Menschen aufgestanden, die sich auf dieses und ähnliche
Worte unseres Herrn Jesus Christus berufen und die Kirche zur Umkehr und zur
Erneuerung gerufen haben, mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Aber immer
mussten sie gegen heftige innerkirchliche Widerstände angehen und bereit sein, Anfeindungen
zu ertragen.
In der Welt gibt es Herrscher, die unterdrücken. In der
Kirche sollen Diener sein, die nicht die Macht ihres Amtes einsetzen, sondern
die Macht der Liebe.
Vielleicht nickt jetzt der eine oder die andere beifällig.
Doch leider gilt auch, dass ich das, was ich von anderen erwarte, selbst zuerst
tue. Bin ich wirklich zum Dienen bereit? Und bin ich, wie es die Tageslosung
nahe legt, bereit, das Recht der Schwachen vor die Starken zu tragen, das Recht
der Patienten vor die Ärzte, das Recht der Schüler vor die Lehrer, das Recht
der Pflegebedürftigen vor die Heimleitung?…
Gebet: Herr, sei du mein Lehrer, damit ich lerne,
dir in den Schwachen zu dienen so wie du mir dienst, wenn ich schwach bin. Amen.
Gottes Segen für die neue Woche!
Hans Löhr
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