Sonntag, 5. Januar 2014

Zum Glück hab‘ ich dich! ebl

Lichtblick-Predigt von Elfriede Bezold-Löhr

Einsteigen ins Thema
„Wünscht mir nicht viel Glück im neuen Jahr“, hat jemand in einem Forum im Internet geschrieben. „Das habt ihr letztes Jahr gemacht und es hat mir nichts gebracht. Schenkt mir lieber Geld, Alkohol oder Benzingutscheine. Danke.“

„Viel Glück im Neuen Jahr!“ – steht trotzdem auf der Karte, die mir ein Autohaus zum Jahreswechsel geschickt hat.

„Viel Glück“ - was ist das? Kein übermäßiger Stress mit dem Partner? Keine Sechser, wenige Fünfer und nicht zu viele Vierer der Kinder in der Schule? Unfallfrei durch die nächsten zwölf Monate kommen? Gesund bleiben – wobei Husten und Schnupfen für mich nicht als Krankheiten zählen? Ist das alles ‚Glück‘?

Was ich da genannt habe, macht mir das Leben leichter. Das steht außer Frage. Aber kann ich es Glück nennen?

Glück muss mehr sein. Denn es gibt durchaus Leute, die eine gute Partnerschaft leben und sich trotzdem nicht glücklich schätzen. Es gibt Eltern, deren Kinder nur gute oder sehr gute Noten heimbringen – aber glücklich scheinen sie trotzdem nicht. Es gibt viele unter uns, denen überhaupt nichts fehlt, die völlig gesund sind – und dennoch sehen sie nicht glücklich aus. Ich habe Leute in Tansania kennengelernt, die spartanisch leben – und doch glücklich zu sein scheinen. Ich kenne Menschen, die sind selber körperlich behindert oder haben ein behindertes Kind – und trotzdem spüre ich ihnen Glück ab.

Was ist ‚Glück‘? Vielleicht hat es mehr mit einer Haltung zu tun als mit einem Ereignis? Vielleicht geht es auf der Suche nach dem Glück darum, wie wir das deuten und verstehen, was wir gerade durchleben?

Die Jahreslosung 2014
Was ist Glück? Die Jahreslosung, die über diesem Jahr 2014 steht,  hilft uns ein großes Stück weiter auf der Suche nach einer Antwort auf diese Frage.
Für 2014 heißt sie: „Gott nahe zu sein ist mein Glück.“ (Wer nachschlagen möchte: Der Satz steht im Psalm mit der Nummer 73, dort ist es der Vers 28.)
Wenn wir jetzt diesen Satz ganz für sich hören, könnten wir denken: „Ein Glückspilz, wer das sagen kann. Klingt so entspannt, so positiv und froh: Gott nahe zu sein ist mein Glück.  Der hat’s gut. Für ihn scheint alles o.k. zu sein.“ Wir werden später ein Lied singen, da klingt genau diese entspannte und frohe Stimmung durch. Es lässt die Zehen wippen und an einen Walzer denken.

Aber an dem Punkt sind wir nicht. Noch nicht. Die Zehen wippen im besten Fall am Ende der heutigen Predigt und des heutigen Gottesdienstes J

Genauer hingesehen
Wenn ich genauer hinsehe, wer das sagt: „Gott nahe zu sein ist mein Glück“, dann erlebe ich eine handfeste Überraschung. Das ist ein Mensch, der aktuell absolut nicht auf der Sonnenseite des Lebens steht.

Er schlägt sich gerade mit der Frage herum, was der Glaube an Gott eigentlich wert ist, wenn der es erlaubt, dass es den Leuten ohne Glauben an ihn im täglichen Leben oft besser geht als denjenigen, die jeden Tag neu ihren Glauben zu leben versuchen. Noch schlimmer: Gerade die, denen Gott völlig egal ist, feiern Erfolg um Erfolg! Es gibt sie ja – diese Leute, bei denen einfach alles klappt. Womöglich sind sie sogar noch attraktiv und beliebt.

„So sind sie alle, die Gott verachten;
Sie häufen Macht und Reichtum und haben immer Glück.“ (V.12)

Ein verbittertes Fazit am Ende einer Litanei des Jammers. Der Psalmschreiber ‚kotzt sich‘ regelrecht vor Gott aus. Und dann? Dann beschließt er, dass er im Nebel seiner Verzweiflung nicht sitzen bleiben will.
„Ich mühte mich ab, das alles zu verstehen,
aber es schien mir ganz unmöglich.
Doch dann --- doch dann kam ich in dein Heiligtum.“ (V.17)
Als ich verbittert war und innerlich zerrissen, (V.21)
da hatte ich den Verstand verloren,
wie ein Stück Vieh stand ich vor dir.“ (V.22)

Unser Psalmdichter geht in den Tempel. Er geht – in unsere Zeit übersetzt – dorthin, wo Christen sich treffen. Damit trifft er eine Entscheidung. Er legt für sich fest: „Nein, ich verzettle mich nicht weiter in meinen Fragen, auf die ich keine Antwort bekomme. Nein, ich suhle mich nicht weiter selbstmitleidig in meinem Weltschmerz. Ich will mit anderen Leuten zusammen sein, denen ihr Glaube wichtig ist. Ich will mich in dieses Netz fallen lassen. Es wird mich in meiner Zeit der Krise auffangen und tragen.“

Irgendwann ist er so weit, dass er beten kann:
„Und dennoch gehöre ich zu dir!
Du hast meine Hand ergriffen und hältst mich; (23)
Du leitest mich nach deinem Plan
Und holst mich am Ende in deine Herrlichkeit. (24)
Wer im Himmel könnte mir helfen,
wenn nicht du?
Was soll ich mir noch wünschen auf der Erde?
Ich habe doch dich! (25)
Auch wenn ich Leib und Leben verliere,
du, Gott, hältst mich;
du bleibst mir für immer! (26)
(…) dir nahe zu sein ist mein ganzes Glück.
Ich will weitersagen, was du getan hast. (28)

Was für ein Sinneswandel. Eine völlig veränderte Sicht auf die Welt spricht aus diesen Sätzen. Der Blick geht weg von den anderen, die so viel haben, was er nicht hat. Weg von denen, die so sind, wie er nie sein wird.

‚Ich und du, Gott‘ – das ist der neue Focus.
Und das, was zählt, ist eigentlich nur noch, wie ich Gott möglichst nahe sein kann. Wenn ich das immer wieder für Augenblicke spüre: „Ja, ich bin in Gott geborgen. Ich weiß, dass er auf meiner Seite ist und dass ich mich auf ihn verlassen kann“ – dann kann ich mich glücklich schätzen.

Psalm 73 Version B könnte heißen –
wir singen sie später mit wippenden Zehen J:

Dir nahe zu sein ist mein Glück, o Gott,
dir nahe zu sein ist mein Glück.
Mein Herz findet Kraft, hat es dich nur im Blick.
Ich setz‘ mein Vertrauen auf dich.
Dir nahe zu sein ist mein Glück. Amen.

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