Sonntag, 5. April 2015

Nur Gott darf wecken. Osternacht 2015 hl

05:15 Uhr: Wachfeuer vor der Kirche
05:30 Uhr: Beginn der Osternacht

[Atemgeräusche (Kirche dunkel)] 
„Oskar, mein Kind, schläfst du?“

[Atemgeräusche]
„Lass ihn schlafen; komm wir gehen mal vor die Tür. Die Nachtschwester hat uns Kaffee gemacht.“

Zehn Jahre ist Oskar alt. Doch er sieht jünger aus, wie er so ohne Haare in den Kissen liegt, klein und zerbrechlich. Er schläft. Ob er träumt? (Pause)
Oskar hat Leukämie. Seine Eltern haben Angst vor Oskars Tod. Sie haben Angst, dass er ihnen ansieht, dass sie Angst haben.  
Wie eine Mauer steht die Angst zwischen ihnen und ihrem Kind. Das ist schlimm, für Oskar und für sie.
Doch eines Tages kommt Oma Rosa in sein Krankenzimmer.
Oskar nennt sie so, weil sie eine ältere Dame ist und die rosa Bluse des Besuchsdienstes vom Krankenhaus trägt.
Aber er nennt sie vor allem "Oma
 Rosa", weil sie der Mensch ist, den er jetzt braucht.

Oma Rosa druckst nicht herum. Sie findet für Oskar die richtigen Worte und sie hört Oskar zu. Auch der Tod ist kein verbotenes Thema zwischen den beiden.
So kommt es ganz schnell, dass Oskar Oma Rosa lieb gewinnt - und umgekehrt.
Und bei so viel Liebe ist dann irgendwann kein Platz mehr für die Angst.
Jetzt wird gelebt – jeder Tag vor Oskars Tod wird voll und prall gelebt mit Geschichten und Spielen, mit Reden und Schweigen, mit Lachen und - Liebe.
Dann rückt Oma Rosa mit einer Idee raus:
„Oskar“, sagt sie „wie wäre es, wenn du dem lieben Gott einen Brief schreiben würdest?“

Oskar versucht es: Er schreibt Briefe an Gott, alles, was ihm passiert und was er auf dem Herzen hat,
und legt sie auf den Nachttisch.
Denn Oma Rosa hat gesagt, dass Gott Besuche macht.
"Er hat allerdings seine besondere Art, Besuche zu machen.“ Sagt sie. „Er besucht dich in Gedanken. In deinem Geist.
Du wirst sehen: Seine Besuche tun sehr gut."
‚Das gefällt mir‘, denkt Oskar, ‚das finde ich bärenstark‘.

Warum ich Euch das alles erzähle?
Ich meine, Oskar ist auf dem Weg zum Himmel, weil der Himmel zu ihm kommt, jetzt schon, vor seinem Tod,
und er kommt immer wieder zu ihm, der Himmel, auf erstaunliche Weise.
Nehmen wir Oma Rosa:
Das ist eine alte Frau mit einem Herzen aus Gold – die ist zu Oskar gekommen. Die hat ihm der Himmel geschickt. Das glaube ich.

Oma Rosa liebt den kleinen sterbenden Jungen,
das ist wie ein warmer Ofen voller Liebe.
So bringt sie Gott ins Spiel.
Sie bringt ihn ins Krankenzimmer,
in die Gedanken, in das Herz des kleinen Oskar.
Immer wieder kommt Gott nun zu Besuch, findet Oskar.
Das kommt, weil Oskar ihm schreibt, an ihn denkt, mit ihm redet.
Gott zusammen mit Oma Rosa, so kommt der Himmel zu Oskar.

Wie ist das bei dir? Kommt der Himmel auch zu dir, wenigstens ab und zu?
Auch wir hier singen gemeinsam Lieder, die uns Jesus nahe bringen, unser Gebet verbindet uns mit Gott,
wenn wir von ihm sprechen ist er bei uns und redet mit uns dujrch sein Wort oder eine Predigt,
und wenn wir euch nachher segnen, dann ist es in Wahrheit Gott, der Euch in den Arm nimmt wie eine Mutter, um euch zu zeigen:
Hab keine Angst, ich bin ja da!.

Auch so besucht uns Gott, dich und mich. Ihr merkt schon: Oma Rosa hat Recht:
Das tut so gut, wenn Gott uns besucht.
Da spürst du endlich mal wieder, wie sich Geborgenheit anfühlt,
wie es ist, einmal frei zu sein von deinen Sorgen und innerlich so wunderbar leicht,
weil nichts Schweres auf dir liegt.
Da ist dann ein Stück Himmel bei dir und bei mir, und manchmal spüre ich schon die Sehnsucht, dass es immer so wäre, immer so frei und leicht
und denke, ob diese wunderbaren Erlebnisse mich nicht vorbereiten auf den ganzen Himmel, der einmal für mich kommen wird ...

[Atemgeräusche… Ein letzter tiefer Atemzug. Hand-Kerze wird ausgeblasen. (Kirche wieder dunkel; Pause)]

Oskars Eltern und Oma Rosa haben ihren Kaffee ausgetrunken. Leise öffnen sie die Tür zu seinem Zimmer. Es ist ganz still.
„Oskar, schläfst du? (Pause, dann lauter), Oskar?, Oskar! O Gott, schnell einen Arzt!“
„Nein“, sagt Oma Rosa, „jetzt keinen Stress. Oskar ist eingeschlafen, für immer. Lassen wir ihm seinen Frieden. Aber eine Kerze wäre jetzt schön.“
Die Nachtschwester bringt eine Kerze. Als sie sie auf den Nachttisch stellt, sieht sie einen Zettel. Darauf hat Oskar vor seinem Tod mit krakeliger Schrift geschrieben:

»Nur der liebe Gott darf mich wecken.« (Pause)

MV [mit brennender Osterkerze am hinteren Kircheneingang]: „Christus, Licht der Welt!“
HL: „Dank sei Gott!“  (leise)
MV [im Mittelgang (etwas lauter)]: „Christus, Licht der Welt!“
HL [etwas lauter und mit anderen zusammen]: „Dank sei Gott!“
MV [vorne am Altar zur Gemeinde (laut)]: „Christus, Licht der Welt!“
HL [und alle]: „Dank sei Gott!“
[Osterkerze auf Ständer vor dem Altar, MV und HL zünden Altarkerzen an und reichen das Licht in der ersten Bank weiter. Gleichzeitig: Zwei MA geben Licht nach erstem Drittel, zwei weitere MA nach zweitem Drittel weiter. Währenddessen singt HL:]

Lied: EG 697 „Meine Hoffnung und meine Freude“ [(beim ersten Mal eher leise). Ab dem zweiten Mal Textprojektion. Alle singen mit. Mehrmals. Kronleuchter wird angezündet.]

HL: Vielleicht fragt ihr:  Warum musste das Kind sterben? Ich weiß es nicht. Doch wenn ihr fragt: Wozu hat Oskar denn gelebt, diese zehn Jahre?
Dann will ich euch sagen, was ich insgeheim denke: Um dem Himmel näher zu kommen,
dem Himmel, den ihm Oma Rosa und Gott gezeigt haben.
Und noch etwas:
Ich glaube, dass Oskar auch für Oma Rosa gelebt hat.
Denn bei ihm in seinem Krankenzimmer, da hat die alte Frau gelacht, geweint und geliebt;  und sie hat Gott gespürt - alles durch Oskar.
So haben sie sich gegenseitig ein Stück vom Himmel geschenkt.
Das ist es, wozu wir leben, meine Lieben,
ob viele oder nur wenige Jahre:
Um einander ein Stück vom Himmel zu schenken.
Denn Jesus sagt: "Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt." Johannes 11, 25

Lied EG 556,1-4 „Die Sonne geht auf: Christ ist erstanden“

MV: Lesung Lukas 24
1 Ganz früh am Sonntagmorgen gingen die Frauen mit den wohlriechenden Ölen, die sie zubereitet hatten, zum Grab. 
2 Der Stein, mit dem man es verschlossen hatte, war zur Seite gerollt. 
3 Als sie die Grabhöhle betraten, fanden sie den Leichnam Jesu, des Herrn, nicht. 
4 Verwirrt überlegten sie, was sie jetzt tun sollten. Da traten zwei Männer in glänzend weißen Kleidern zu ihnen. 
5 Die Frauen erschraken und wagten nicht, die beiden anzusehen. "Warum sucht ihr den Lebenden bei den Toten?", fragten die Männer. 
6 "Er ist nicht hier; er ist auferstanden! Denkt doch daran, was er euch in Galiläa gesagt hat: 
7 'Der Menschensohn muss den gottlosen Menschen ausgeliefert werden. Sie werden ihn kreuzigen, aber am dritten Tag wird er von den Toten auferstehen.'" 
8 Da erinnerten sich die Frauen an diese Worte Jesu. (MV nimmt Platz)

HL:  „Nur der liebe Gott darf mich wecken.“ Hatte Oskar vor seinem Tod auf den Zettel geschrieben –
So, liebe Freunde, möchte ich auch sterben können, so voll Zuversicht, dass Gott mich wecken wird, wenn es an der Zeit ist, 
so wie er Jesus geweckt hat, als es an der Zeit war.
 
Und deshalb feiern wir Ostern,
 
heute und immer wieder, Jahr für Jahr,
 
damit unser Glaube wächst, unser Vertrauen auf Gott,
 
der uns wecken wird, dich und mich.
 
Und wenn wir dann die Augen aufschlagen,
 
sehen wir sein Gesicht, strahlend vor Liebe und Glück,
 
weil wir daheim sind - für immer, frei und leicht. 
Darum durfte nur Gott den kleinen Oskar wecken und deshalb darf auch nur er das bei uns tun, er allein, der Vater im Himmel  – wenn es soweit ist. Amen

Lied EG 112, 1-2"Auf, auf, mein Herz, mit Freuden"

MV: Durch den Glauben kommt Licht in unsere Welt und in unser Leben. Wenn es in uns und um uns finster geworden ist, dann ist Gott unser Licht, er, der am Anfang der Schöpfung sagt: „Es werde Licht!“ Und siehe, es ward Licht.
In der Heiligen Schrift, im Buch der Psalmen bekennen Menschen und wir mit ihnen: »Der Herr ist mein Licht und mein Heil, vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft, vor wem sollte mir grauen?«
Und Christus sagt: »Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, bleibt nicht in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.«
HL: Lasst uns darauf antworten mit dem Bekenntnis unseres Glaubens und gemeinsam sprechen:

Alle: „Ich glaube an Gott, den Vater, den …“

Lied EG 116, 1-5 „Er ist erstanden, Halleluja“

HL: »Nur der liebe Gott darf mich wecken« – so hatte es Oskar bestimmt. So gilt es für jeden der getauft ist und glaubt.
Durch die Taufe sind wir mit dem Sterben Jesu verbunden und werden, wie er, von Gott geweckt zum ewigen Leben. (Römer 6)
Darum lade ich euch ein, dass ihr euch hier vorne mit einem Kreuz aus Taufwasser in die Hand segnen lasst. Das soll euch im Glauben stärken und vor allem Bösen bewahren.

MV / HL: [Segenshandlung jeweils mit einer Taufkanne. Sie zeichnen den Gläubigen ein Wasserkreuz in die Hand und sagen:]
»Es segne dich der dreieinige Gott mit Gesundheit, Freude und Zuversicht!« (oder ein ähnliches Segenswort)
HL: Gebet
HL: Schluss-Segen und
FROHE OSTERN!

Lied: EG 100, 1-5 "Wir wollen alle fröhlich sein" 
[Halleluja nach dem ersten und dem letzten Vers

Einladung zum Osterfrühstück]


Nach einer Erzählung von Éric-Emmanuel Schmitt und Predigtideen von Pfarrer Lars Prüßner. Neufassung, Ergänzungen, Dramaturgie und Konzeption: Hans Löhr.

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